wie gut kann man noch werden, wenn man erst spät angefangen hat?

hallo,

ich habe mich mit dem thema nochmal auseinandergesetzt. inzwischen war ich schon 2 mal bei vorspielen an der musikhochschule, die studenten waren etwa in meinem alter. was ich da zu sehen und vor allem zu hören bekam war klavierspiel auf sehr hohem niveau. meiner meinung nach kann man diesen vorsprung als erwachsener nicht mehr aufholen, so sehr man das auch will. diese einsicht habe ich inzwischen gewonnen. es wäre auch sehr verwunderlich, wenn jemand sein ganzes leben schon spielt und dann jemand anderes daherkommt und nach einem jahr schon besser spielen könnte. es ist schließlich eine hohe leistung, die da vollbracht wird, tägliches üben vorrausgesetzt.

stephan du hast volkommen recht. als kind lernt man anders, schneller und automatischer, während ein erwachsener viel disziplin mitbringen muss, um gut zu werden. ich spiele im übrigens ganz gemischte sachen: einerseits ja, die beethoven sonaten - weil mich die am meisten interessieren - andererseits ganz einfache sachen, um mich nicht zu überfordern.

ob ich das klavierspielen falsch angehe? ich weiß es nicht. ich spiele das was mich interessiert, ich denke das bringt einen am meisten voran. mir macht das üben und das spielen spaß, wobei ich nicht nur spiele um spass zu haben, sondern auch um erfolgreich zu sein (für mich selbst). hier bin ich recht ehrgeizig, es ist einfach ein gutes gefühl, etwas anspruchvolles spielen zu können nachdem man es lange geübt hat. deswegen bin ich mit meinem level noch nicht zufrieden, ich würde auch gerne stücke wie ein musikstudent spielen können, weiß aber, dass hierfür der zug wohl abgefahren ist. diese einsicht fällt mir sehr schwer.
stücke, die einfach sind, sind zwar gut zu spielen und machen auch spass, aber irgendwie werde ich mich immer danach sehnen, etwas anderes spielen zu können.

mal sehen wo die reise noch hinführt... bin ja noch am anfang (2 jahre spielen) und habe die möglichkeit mich zu entwickeln... und um keinen falschen eindruck zu erwecken: klar habe ich freude am klavierspielen, auch jetzt schon. ich würde mir einfach wünschen, dass ich eines tages die stücke spielen kann, die mir richtig gut gefallen (und das sind nunmal die anspruchsvollen sachen).

ich habe diesen thread erstellt, weil ich wissen wollte, ob es überhaupt noch möglich ist, solche träume zu verwirklichen oder ob es immer ein traum bleiben wird.
 
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Hallo Wumbo,

irgendwie klingt dein letzter Beitrag ein bißchen traurig.... Ich versuche mal, dich aufzuheitern:

Was denkst du denn, was auf dem Notenpult eines 8-jährigen Kindes steht, das gerade mal vor zwei Jahren mit dem Untericht begonnen hat? Da werden sich wahrscheinlich keine Beethoven Sonaten finden. Wenn dieses Kind dann weitere Jahre übt, sagen wir so an die 10, und wirklich täglich am Klavier sitzt und arbeitet -oder sagen wir fast täglich- dann ist es vielleicht in der Lage ein Klavierstudium zu beginnen. Dafür hat es dann immerhin 12 Jahre geübt, täglich, konzentriert. Und da es über die gesamte Zeit die Lust nicht verloren hat, hatte es vermutlich auch einen guten Lehrer.

Jetzt kommt die Auflösung: wenn du die kommenden 10 Jahre genauso fleißig bist und gaaaaaaaanz wichtig: einen guten Lehrer hast, dann kannst du bestimmt auch das ein oder andere anspruchsvolle Werk spielen, so wie du es jetzt bei den Klavierstudenten bewunderst. Aber die haben halt momentan noch ~ 12-15 Jahre Übevorsprung. Warte nur ab, wie gut DU nach so vielen Jahren sein wirst! :p

LG, Sesam
 
Lieber Wumbo,

Sesams Beitrag ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Ich kenne kenne bislang noch keinen der im Erwachsenenalter mit dem Klavierspiel von Null begonnen und wirklich 10-15 Jahre konsequent, diszipiniert und mit gutem Klavierlehrer geübt hat und somit den einzig sinnvollen Vergleichsmaßstab darstellen würde.

Auf der anderen Seite sind mir sehr viele Beispiele bekannt, die nach nicht einmal einem Bruchteil dieser Zeit sich schon äußerst passabel entwickelt haben.

Von daher sind mir diese immer wiederkehrenden langfristigen Prognosen, dass man null Chance hätte in einem bis anderthalb Jahrzehnten (!) das durchschnittliche Niveau eines Musikstudenten zu erreichen, vollkommen unverständlich.

Der Mensch neigt dazu, seine Leistungsfähigkeit auf kurze Sicht (und dazu zähle ich beim Klavierspiel alles was nicht über ein paar Jährchen hinausgeht) vollkommen zu überschätzen (und fragt sich, ob irgendwas verkehrt läuft, weils es mit den Beethoven Sonaten noch nicht so klappt) und in noch größerem Maße seine Leistungsfähigkeit auf lange Sicht (also in diesem Falle 10 Jahr bis lebenslang) erheblich zu unterschätzen.

Warum, weiß ich nicht. Vielleicht weil 10 Jahre plus X noch sehr weit weg ist und wir eine garantierte Ausbeute haben wollen. Je länger der Zeitraum, desto mehr muss dabei rumkommen. Dazu gab es schon sehr interessante Experimente wo Menschen gefragt wurden welchen Geldbetrag man Ihnen in einem Jahr zahlen müsste, wenn sie auf eine sofort fällige Schenkung in Höhe von X verzichten würden. Heraus kamen dabei zum Teil aberwitzige Zinssätze die mit der Realität nichts mehr gemeinsam hatte, aber unterstrich wie irrational wir über längerfristige Zeiträume denken.

Mit ein Grund, warum ein Großteil der langfristigen Prognosen (angefangen vom Klima bis zu gesellschaftlichen Entwicklungen oder Börsenkursen) sich nie bewahrheiten (nur berichtet man über die natürlich nicht, sondern nur über die wenigen "Helden" die "sensationeller Weise" irgendwas richtig vorhergesehen haben)

Also mein Vorschlag wäre daher auch deine Prognose erstmal über den Haufen zu werfen, weiter zu machen, viel Spaß zu haben und sich in 10 Jahren zu wundern wie weit man es geschafft hat.

Vergiß dann aber nicht hier als positives Beispiel zu posten! :p

Viel Spaß dabei!

Herzliche Grüße
Musicus
 
Hallo Wumbo,

also, ich selbst bin 53 Jahre alt, weiblich, und spiele nun seit 1 1/4 Jahren Klavier! Ich hatte sozusagen von Tuten und Blasen keine Ahnung, hatte einfach nur wahnsinnige Lust, Klavierspielen zu lernen! Es macht mir so einen Heidenspaß, ich habe eine richtig gute Lehrerin (Einzelunterricht, 45 Min. 1 x wöchentlich) und mache gute Fortschritte. Man muss natürlich das Wort "Gut" oder "Fortschritt" immer sehr individuell sehen: ich für meine Begriffe bin mit dem bislang Erreichten sehr zufrieden, andere würden da vielleicht sagen, ich komme zu langsam voran, wiederum andere wundern sich, dass ich schon so viel kann.

Meine Erfahrung ist einfach die, dass einen das Klavierspielen/-lernen regelrecht packen sollte, man gern und viel üben sollte, alles andere ergibt sich dann von ganz allein. Wenn ich z. B. heute die Stücke (immer MINI-Stücke!!!) sehe, die ich noch vor 1/2 Jahr als sehr schwer empfand, staune ich, wie flüssig sie mir nun von den Tasten kommen.

Einfach üben, spielen und bloß nicht verbissen werden!! Viel Erfolgt wünscht Dir
Isus
 
Warum ist Dir das Primavista-Spiel so wichtig? Ich habe da ebenfalls eine Schwäche, weil ich die meiste Zeit darauf verwende, auswendig zu spielen, aber anders als zu Beginn des Klavierspiels ist es mir auch nicht mehr wichtig.

Zur Frage, wie gut man werden kann: Ich habe mit 15 Jahren angefangen und kam mit 18 zu einem Lehrer, der mit 22 auf einem niedrigeren Niveau war als ich mit 18. Er hat aber von da an 6 Stunden am Tag geübt, Musik studiert und wurde später auch Dozent an der Musikhochschule.

Viele E-Bassisten haben zwar früh mit Musik angefangen, aber erst als Teenager oder gar später z. B. von Violine oder Klavier zum Bass gewechselt, was technisch ein vollkommen anderes Instrument ist, und sind dann weltklasse geworden. Es gibt kaum Bassisten, die schon mit 5, 6 oder 7 angefangen hat, wie es bei vielen Klavierspielern der Fall ist, weil die Instrumente einfach für Kinder zu groß sind. Ein hohes technisches Level kann mit entsprechender Übung fast jeder erreichen.

Wer hat im Erwachsenenalter als Berufstätiger für sein Hobby schon die Zeit und Disziplin, die junge Menschen oft aufbringen? Ich kenne zwar jemanden, der neben Beruf und Familie 2-3 Stunden täglich übt, aber das ist wohl die Ausnahme. Ich brauche etwa 20 Min. üben täglich, wenn ich das Niveau halten möchte. Manchmal habe ich aber gar keine Lust zu üben oder spiele nur ein paar Stücke, wonach mir gerade ist.
 
... und bitte nicht vergessen: Die Klavierstudenten bei den Hochschul-Vorspielen sind schon eine absolute, vielleicht 1%ige Auslese aus den "normalen" Klavierschülern, die zwar mit 7 anfangen, dann aber in den allermeisten Fällen mit mäßigem bis gutem Interesse noch die Pubertät überstehen und dann mit 18 ganz passabel spielen können, kurz bevor sie dann (oft für immer) damit aufhören, weil Studium, Beruf und geänderte Interessen keine Zeit und Gelegenheit mehr bieten.

Ja, wahrscheinlich erreicht man ein hohes Niveau später nur mit mehr Übeaufwand und Disziplin, und ja, um sich an das allerhöchste Niveau anzunähern, bräuchte es wahrscheinlich mehr Zeit und Aufwand, als ein Erwachsener auch bei guter Motivation und vieeeel Freitzeitverfügbarkeit aufbringen kann. Aber ansonsten stimme ich dem zuvor sehr schön Gesagten zu: Wieviele Erwachene kennen wir denn, die tatsächlich über 10 Jahre täglich 1 Stunde geübt haben (macht dann immerhin schon mal 3650 Stunden von den 10000, die man angeblich für eine "Profikarriere" braucht - das sind aber nur Zahlenspiele), und wie "gut" sind die denn ?

Gruß
Rubato
 
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