Wie funktioniert das eigentlich mit der audiomotorischen Kontrolle?

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Nica

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Im Schneemannfaden und in vielen anderen Beiträgen hier im Forum wird immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass die motorische Steuerung durch die Klangvorstellung erfolgt. Das ist ja auch einleuchtend - nur: Wie funktioniert das eigentlich? Wenn ein Anfänger sich dem Klavier nähert, muss er ja erstmal eine Taste betätigen, um rauszufinden, wie sie klingt. Und damit sich eine Vorstellung für das jeweilige Liedchen einstellt, muss er es öfter wiederholen, denke ich. Kann ein Anfänger (also auch ein "älterer Anfänger" nach ein-zwei Jahren) wirklich eine Vorstellung haben, bevor er das jeweilige Anfängerstückchen zum ersten Mal spielt?

Als Beispiel für einen Anfänger nehme ich mal mich. Wenn ich mir Noten anschaue, dann kann ich mir bei einer einzelnen Stimme ungefähr (sehr ungefähr!) vorstellen, wie die Melodie verläuft, und -wenn ich mich noch mehr anstrenge- auch ungefähr den Rhythmus. Bei zwei Stimmen wird die Vorstellung dann abhängig vom Intervall/den beteiligten Tönen sehr vage bis nichtexistent. Das ist ein bißchen wie beim Essen: Wenn ich eine Kartoffel oder Nudel anschaue, habe ich eine ungefähre Erwartung, wie sie schmecken wird, aber um das wirklich zu wissen, muss ich sie essen. Bei Kartoffel + Bohne gleichzeitig wird die Vorstellung schon vager. Beim zweiten Biss habe ich dann aber schon eine viel genauere Vorstellung. Genauso beim Klavier: Wenn ich etwas dann ein paar Mal gespielt (mich durch die neuen Noten durchgekämpft) habe, hab ich dann natürlich eine Vorstellung, wie die jeweils nächsten Töne klingen.

Ob man eine Erwartung hat, kann man ja zumindest teilweise daran erkennen, ob man eine Abweichung (ein Verspielen) merkt. Wenn die Kartoffel sich als getarnte Nudel entpuppt, wird der Überraschungseffekt trotz eigentlich vager vorheriger Geschmacksvorstellung ziemlich groß sein. Genauso bei den Noten: Merke ich es, wenn etwas nicht richtig ist, oder nicht?

Mich würde also interessieren, wie das eigentlich funktionieren kann, eine audiomotorische Kontrolle zu etablieren. Das erscheint mir irgendwie nicht so logisch, weil doch immer das erste Betätigen der Taste am Anfang steht. Für mich ist das bei einem neuen Stück eher ein einheitlicher Prozess, bei dem Noten entziffern, Finger bewegen, Klänge vorstellen und erzeugen mehr oder weniger gleichzeitig besser werden. Kann ein Durchschnitts-Esser wirklich eine genaue Vorstellung von der Kartoffel bekommen, bevor er das erste Stück in den Mund steckt? Ist das nicht den erfahrenen Gourmets vorbehalten? Oder ist da nur bei mir selber Hopfen und Malz verloren?
 
Im Schneemannfaden und in vielen anderen Beiträgen hier im Forum wird immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass die motorische Steuerung durch die Klangvorstellung erfolgt. Das ist ja auch einleuchtend - nur: Wie funktioniert das eigentlich?

Kann ein Anfänger (also auch ein "älterer Anfänger" nach ein-zwei Jahren) wirklich eine Vorstellung haben, bevor er das jeweilige Anfängerstückchen zum ersten Mal spielt?

Als Beispiel für einen Anfänger nehme ich mal mich. Wenn ich mir Noten anschaue, dann kann ich mir bei einer einzelnen Stimme ungefähr (sehr ungefähr!) vorstellen, wie die Melodie verläuft, und -wenn ich mich noch mehr anstrenge- auch ungefähr den Rhythmus. Bei zwei Stimmen wird die Vorstellung dann abhängig vom Intervall/den beteiligten Tönen sehr vage bis nichtexistent. Das ist ein bißchen wie beim Essen: Wenn ich eine Kartoffel oder Nudel anschaue, habe ich eine ungefähre Erwartung, wie sie schmecken wird, aber um das wirklich zu wissen, muss ich sie essen. Bei Kartoffel + Bohne gleichzeitig wird die Vorstellung schon vager. Beim zweiten Biss habe ich dann aber schon eine viel genauere Vorstellung. Genauso beim Klavier: Wenn ich etwas dann ein paar Mal gespielt (mich durch die neuen Noten durchgekämpft) habe, hab ich dann natürlich eine Vorstellung, wie die jeweils nächsten Töne klingen.

Hallo Nica,

hier hast du eine auch für mich äußerst interessante Frage gestellt! Auch ich bin als Spätanfänger noch weit davon entfernt, von einem mir neuen STück schnell eine komplexe Klangvorstellung zu entwickeln.

Die Frage sollte man auch noch genauer fassen: Meinst du in etwa: wie entwickele ich eine zutreffende Klangvorstellung von einem mir völlig unbekannten Stück allein aus dem Notentext? Ich nehme es jetzt einfach mal an und antworte in dieser Richtung! Dein Vergleich mit dem Geschmack von Bohnen und Kartoffeln finde ich sehr gut, allerdings trifft er das Ganze m.E. nicht so ganz!

Zutreffend ist, dass ich Bohnen und Kartoffeln schon (mindestens einmal) gegessen haben muss, um mir beim Abbild derselben ihren Geschmack vorstellen zu können. Der Vergleich hinkt allerdings insoweit, dass man offenbar Noten (als abstraktes Abbild spezieller Klänge) konkreten Tönen nicht so leicht zuordnen kann wie die bildliche oder verbale Repräsentation von Bohnen dem im Leben bereits einmal erfahrenen Bohnengeschmack. Das Tongedächtnis lässt sich ja z.B. nur im frühesten Kindesalter installieren (absolutes Gehör), später kann man nur noch das relative Gehör erwerben.

Hinzu kommt, dass die Klangvorstellung sich ja nicht nur aus der vorstellbaren Tonhöhe bzw. Frequenz einer einzelnen Note ergibt, sondern vielmehr aus dem gesamten musikalischen Kontext. Dabei geht es auch nicht nur darum, sich akkordisch gleichzeitig erklingende KLänge oder parallel verlaufende Stimmen vorstellen zu können, sondern man müsste aus dem Notentext erkennen können, welchen Charakter das Stück hat, wo Schwerpunkte liegen und wo es sich eher um Nebenschauplätze handelt etc.

Um dies wirklich einmal rein aus der Ansicht des Notentextes erfassen zu können, benötigt man IMHO nicht nur ein einigermaßen trainiertes Gehör, sondern auch eine gewisses Hörrepertoire, d.h. man sollte schon viel und unterschiedliche Musik bewusst und aufmerksam gehört haben, außerdem sollte man sich z.B. gut mit der dynamischen Gestaltung auskennen und dadurch sensibilisiert für die musikalischen Zusammenhänge in einem Stück (oder auch nur einer Phrase, einem Takt, einer Akkord- oder Tonfolge) sein.

Ob man eine Erwartung hat, kann man ja zumindest teilweise daran erkennen, ob man eine Abweichung (ein Verspielen) merkt. Wenn die Kartoffel sich als getarnte Nudel entpuppt, wird der Überraschungseffekt trotz eigentlich vager vorheriger Geschmacksvorstellung ziemlich groß sein. Genauso bei den Noten: Merke ich es, wenn etwas nicht richtig ist, oder nicht?

Mich würde also interessieren, wie das eigentlich funktionieren kann, eine audiomotorische Kontrolle zu etablieren. Das erscheint mir irgendwie nicht so logisch, weil doch immer das erste Betätigen der Taste am Anfang steht. Für mich ist das bei einem neuen Stück eher ein einheitlicher Prozess, bei dem Noten entziffern, Finger bewegen, Klänge vorstellen und erzeugen mehr oder weniger gleichzeitig besser werden.

Ich glaube, dass man das ein wenig mit dem Lesenlernen vergleichen kann. Anfangs buchstabieren die Kinder noch herum, wissen anfangs gar nicht, welchen Inhalt sie lesen, weil das Entziffern und Worte erkennen noch so schwer ist. Später lesen sie flüssig, auch ohne den Finger unter die Zeile zu halten - und irgendwann können sie ein Gedicht, das sie zum ersten mal sehen, rein gedanklich bereits mit der entsprechenden Betonung und dem richtigen Sprechrhytmus lesen!

LG

Debbie digitalis
 
Mich würde also interessieren, wie das eigentlich funktionieren kann, eine audiomotorische Kontrolle zu etablieren. Das erscheint mir irgendwie nicht so logisch, weil doch immer das erste Betätigen der Taste am Anfang steht.
Aber das hängt doch davon ab, mit welcher Intention und mit welchem mus. Verständnis das geschieht.

Die Frage wäre für dich eher: kannst du dir vorstellen, dass man ein Musikstück innerlich (in Gedanken, im Bewußtsein, meinetwegen auch "im Hirn" :D) hören kann? Wenn ja, kannst du dir vorstellen, dass man das dann auch mit allen Nuancen hören kann? ---- Und dann ist es ja so, dass man meist das, was man spielen und irgendwann auch innerlich hören kann, mit Noten erlernt hat: nach und nach werden diese scheinbar toten Symbole lebendiger: man kann erstmal vielleicht die Melodie allein beim lesen innerlich hören zw. sich vorstellen, irgendwann kommen die Harmonien und Klangfarben hinzu ------- und das alles geschieht sehr oft, geschieht progressiv, dabei wird auch progressiv der taktilen Umgang am Instrument mit den Klängen immer mehr verfeinert ------- und irgendwann kann man Noten lesen UND innerlich hören UND spürt, welche Finger welche Tasten mit welcher Intensität bewegen: aber das ist erst nach vielen Jahren der Fall.

Also: das Klangvorstellungsvermögen en detail und speziell für ein Instrument kann man natürlich erwerben, aber man fängt damit nicht an. Freilich damit man überhaupt auf den Weg dahin kommt, ist sehr sehr sehr viel hören (auch mit Noten) nötig, und natürlich Interesse.
 
Also: das Klangvorstellungsvermögen en detail und speziell für ein Instrument kann man natürlich erwerben, aber man fängt damit nicht an. Freilich damit man überhaupt auf den Weg dahin kommt, ist sehr sehr sehr viel hören (auch mit Noten) nötig, und natürlich Interesse.

im Jazz-(Klavierunterricht) habe ich damit sehr früh begonnen.
Die Methode ist "einfach":p, aber auch mühsam.:D

METHODIK
- der Lehrer spielt eine Phrase vor ( Klaviatur nicht sichtbar)

-der Schüler
a.) beantwortet die Phrase (improvisierend)
b.) reproduziert die Phrase exakt nach Gehör (tonal und phrasiert)
c.) transkribiert die Phrase in Notentext

d.) sammelt Phrasen wie Vokabeln, lernt sie - und hört sie innerlich bevor er sie spielt.

Übungsmaterial:, z.B.

Stretta Noten Shop | Jazz Piano - Improvisations Concepts | Moehrke Philipp

hier kann man in die ersten Übungen hinein hören.


Im Bereich des klassischen Unterrichts habe ich solche Übungen (nicht gefunden).
.... muss man sich wohl selbst basteln, z.B. Kember; Vom Blatt-Spiel-Übungen einspielen (lassen) und dann wie oben verfahren.

Lieber Gruß, NewOldie

ach ja, und Fingersätze ergeben sich dann auch immer öfter von selbst
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vielen Dank für Eure Antworten! Ich glaube, ich kann meine Frage dadurch jetzt ein bißchen präziser stellen als gestern. Mir geht es dabei nicht so sehr darum, ob ich irgendwas tun kann/sollte (ich habe keine anderen Ziele am Klavier außer Freude dran), sondern es geht mir eher darum, wie das Prinzip funktionieren kann.

Zitat von Debbie digitalis:
Um dies wirklich einmal rein aus der Ansicht des Notentextes erfassen zu können, benötigt man IMHO nicht nur ein einigermaßen trainiertes Gehör, sondern auch eine gewisses Hörrepertoire

Also: das Klangvorstellungsvermögen en detail und speziell für ein Instrument kann man natürlich erwerben, aber man fängt damit nicht an.

Genau das, was ihr da schreibt, ist der Grund, warum ich verwirrt bin (deswegen auch die Frage, ob das den erfahrenen Gourmets vorbehalten ist). In den anderen Fäden, in denen diese audiomotorische Kontrolle betont wird, geht es ja immer um Methoden für den Anfängerunterricht. Nehmen wir mal nicht mich als Beispiel (Erwachsene sind da ja eher die Ausnahme), sondern das typische 7jährige Kind. So, wie ich das verstanden hatte, fängt man also ohne Noten an und läßt das Kind erstmal kleine Liedchen nachspielen. Später lernt es dann die Noten zu diesen Liedchen. Dabei ist natürlich klar, dass es schon eine Klangvorstellung hat und die Noten nur zuordnen muss.

Aber: Was kommt danach? Man kann ja nicht ewig so weitermachen, dass es Melodien erst nachspielt und danach die Noten dafür lernt. Und ich kann mir einfach schwer vorstellen, dass so ein Grundschulkind schon nach ein paar Monaten in der Lage ist, bei einem neuen Notentext, den es ja irgendwann mal bekommen muss, sich den Klang rein aus den Noten vorzustellen. D.h. das ist das, was ich gemeint hatte mit "am Anfang steht das Betätigen der Tasten" - auch dieses Grundschulkind wird doch bei einem neuen Stückchen erst mal nach den Noten vorgehen, oder nicht? Und die Klangvorstellung entsteht dann im Laufe des Übens. Und im Lauf der Jahre wird das dann besser, so dass die Vorstellung anhand von neuen Noten zunehmend präziser klappt. Mir ist also einfach nicht ganz klar, was bei dieser Methode der entscheidende Unterschied/Knackpunkt im Vergleich zu früheren Methoden ist, außer dem Anfang ohne Noten, der ja einleuchtet. Oder geht es bei dieser Methode gar nicht so sehr darum, aus neuen Noten eine Vorstellung zu bekommen, sondern eigentlich um was ganz anderes? Aber um was?

Zitat von Debbie digitalis:
Ich glaube, dass man das ein wenig mit dem Lesenlernen vergleichen kann.

Ich finde den Vergleich mit Lesenlernen nicht so gut, deswegen hatte ich den kulinarischen Vergleich genommen. Beim Lesenlernen lernt man, bereits bestehenden Begriffen Buchstabenbilder zuzuordnen. Ein Kleinkind lernt erstmal konkrete Kategorien (so sieht ein Hund aus) und dazu gehörige Klangbilder [hʊnt]. Beim Lesenlernen muss dann "nur noch" das Schriftbild Hund dieser Kategorie-Klangbild-Kombination zugeordnet werden. In der Musik ist das aber ja ganz anders, denn es ist ja nicht so, dass wir ein bereits ein innerliches Sortiment von Tonfolgen hätten, denen wir nur noch ein Schriftbild zuordnen müssen. Da sind die Töne ja ständig anders kombiniert, so dass man nicht einfach erkennen kann "aha, das ist jetzt also Ball".

Zitat von NewOldie:
-der Schüler
d.) sammelt Phrasen wie Vokabeln, lernt sie - und hört sie innerlich bevor er sie spielt.

Das ist interessant, denn das geht dann tatsächlich in Richtung des alphabetischen Lesenlernens. Man hat ein begrenztes Vokabular, dem man das Notenbild zuordnen kann. Das kann ich mir gut vorstellen, dass das funktioniert. Das ist aber ja eher nicht der Normalfall, und ich glaube, das ist mit der vielzitierten 'audiomotorischen' Methode auch nicht gemeint, oder?

Meine Frage wäre also am ehesten, worin sich diese Methode von anderen unterscheidet und wie das im Ablauf genau funktioniert, z.B. bei einem typischen Anfängerkind.
 
Meine Frage wäre also am ehesten, worin sich diese Methode von anderen unterscheidet und wie das im Ablauf genau funktioniert, z.B. bei einem typischen Anfängerkind.

Einfach mal dies hier lesen; das ist zwar keine "Bibel", in der ausschließlich in Stein gemeißelte Wahrheiten verkündet werden, aber Du bist anschließend zumindest ein gehöriges Stück schlauer:

http://www.amazon.de/Sch%C3%B6pferischer-Klavierunterricht-Carl-A-Martienssen/dp/376510194X/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1335687665&sr=8-1

LG,
Hasenbein
 
Im Grunde genommen funktioniert es exakt wie Sprache: du hörst zuerst irgendwas, ohne Buchstaben, Grammatik etc. zu können, dann wiederholst du es, dann erkennst du es wieder, dann kannst du irgendwann dem eine Bedeutung zuordnen, dann kannst du in Klängen denken, dann weißt du, wie man es schreibt und dann, wenn du ganz gut bist, kommt irgendwas wie Faust raus. Oder eben nicht exakt in dieser Reihenfolge aber das Grundprinzip ist eigentlich klar. Und je früher man damit anfängt, desto besser ist es, das sollte aber gerade dir klar sein ;)
 
Ich verstehe die Abläufe eher als einen Regelkreis, dessen Stellgrößen mit zunehmender Erfahrung immer präziser justiert werden und die Regelung daher immer schneller und besser funktioniert.
 

hallo hasenbein.

ich meine John Kember, ein ABRSM Lehrer, der ein 3-bändiges Sight-Reading Werk erstellt hat.
Sein Anspruch: "Vom-Blatt-Spiel" lernen anhand von "typisch klassischen" Mustern.

Piano Sight-Reading 1: A fresh Approach. Vol. 1. Klavier.: Pt. 1 (Schott Sight Reading Series): Amazon.de: John Kember: Bücher

ist ja für Amateure viel Zeitaufwand, besser gleich am lebenden Objekt lernen; also über Noten gespielter/zu spielender Originale.:p

Lieber Gruß, NewOldie
 
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß das ganze Buhuhu wegen mehrstimmiger Klangvorstellung etc. völlig überflüssig und kontraproduktiv ist.

Es reicht völlig, liebe Leute, wenn man in dieser Hinsicht zu Beginn erstmal als Lernziel hat,

- alle Intervalle bis zur None sukzessiv (auf- /abwärts) und simultan schnell und zuverlässig erkennen und singen zu können (z.B. von einem beliebigen vorgegebenen gespielten Ton aus); hier ist wichtig, daß das nicht "atonal" geschieht, sondern immer in einem auf einen Grundton bezogenen Kontext! (Hier liegt ein sehr beliebter Fehler, den Leute machen; Intervalle werden als etwas "Abstraktes", "Losgelöstes" betrachtet...)

- einfache Melodien vom Blatt singen zu können (geht mit Punkt 1 Hand in Hand)

- grundlegende Akkorde übers Gehör als "Farben" erkennen zu können, ohne unbedingt das genaue "Voicing" angeben zu können (zumindest Dur, Moll, vermindert, übermäßig, Dur-7, Moll-7)

- gängige Rhythmen (im 4/4- und 3/4-Takt, bis hinunter zur Achtel- bzw. Sechzehntelebene) vom Blatt klatschen/singen/klopfen... zu können.

Alles andere ergibt sich dann daraus.

Audiomotorik beinhaltet natürlich noch viel mehr als Tonhöhen und Rhythmen; Klangfarbe, Dynamik, beabsichtigter Ausdruck etc. sind eminent wichtig dafür, daß die Organe des Bewegungssystems ein klares, eindeutiges Signal vom Nervensystem erhalten.

LG,
Hasenbein
 

Einfach mal dies hier lesen; das ist zwar keine "Bibel", in der ausschließlich in Stein gemeißelte Wahrheiten verkündet werden, aber Du bist anschließend zumindest ein gehöriges Stück schlauer:

Schöpferischer Klavierunterricht: Amazon.de: Carl A. Martienssen: Bücher

Oh je, ganz so intensiv will ich mich meiner Wissenssuche auf diesem Gebiet dann doch nicht widmen. Ich will ja niemanden unterrichten, sondern war nur neugierig, weil das Stichwort hier so oft vorkommt. Aber ich hatte schon befürchtet, dass die Methode zu komplex ist, um sie hier zu erklären...

Zitat von Aleko:
Im Grunde genommen funktioniert es exakt wie Sprache: du hörst zuerst irgendwas, ohne Buchstaben, Grammatik etc. zu können, dann wiederholst du es, dann erkennst du es wieder, dann kannst du irgendwann dem eine Bedeutung zuordnen, dann kannst du in Klängen denken, dann weißt du, wie man es schreibt und dann, wenn du ganz gut bist, kommt irgendwas wie Faust raus. Oder eben nicht exakt in dieser Reihenfolge aber das Grundprinzip ist eigentlich klar.

Zitat von gubu:
Ich verstehe die Abläufe eher als einen Regelkreis, dessen Stellgrößen mit zunehmender Erfahrung immer präziser justiert werden und die Regelung daher immer schneller und besser funktioniert.

Das ist mir zu allgemein :) Schließlich könnten diese Abläufe / dieser Regelkreis ja immer ablaufen, egal nach welcher Methode man lernt.
 
- alle Intervalle bis zur None sukzessiv (auf- /abwärts) und simultan schnell und zuverlässig erkennen und singen zu können (z.B. von einem beliebigen vorgegebenen gespielten Ton aus); hier ist wichtig, daß das nicht "atonal" geschieht, sondern immer in einem auf einen Grundton bezogenen Kontext! (Hier liegt ein sehr beliebter Fehler, den Leute machen; Intervalle werden als etwas "Abstraktes", "Losgelöstes" betrachtet...)

Das sagst Du so einfach ;) Das mit dem auf Grundton bezogenen Intervall kriege ich nicht hin. Intervalle erkennen ja, aber im Kontext der Tonart? *seufz* (Aber wie gesagt, mir geht es hier auch nicht so sehr um mich.) Macht man das also auch mit den Kiddies?
 

Leider in der Mehrzahl der Fälle auch im Jahre 2012 nicht - weswegen nach wie vor mechanisches, visuell-motorisches Spiel sehr deutlich überwiegt sowie im Teeniealter das typische Buhuhu anhebt, wenn man "auch Gehörbildung machen soll" (die dann auch nur deswegen geübt wird, um irgendwelche Prüfungen zu bestehen).

LG,
Hasenbein
 
Es handelt sich außerdem bei der Audiomotorik nicht um eine "Methode" (gegenüber "Methoden" ist sowieso immer starke Skepsis angebracht), sondern um ein physiologisches Prinzip.
 
Noch was: Wer wissen will, was Audiomotorik ist, kann auch einfach z.B. ein Blechblasinstrument spielen lernen.

Ein Blechbläser würde niemals auf die Idee kommen, daß man erst irgendwie hineintutet (sowie evtl. ein Ventil drückt oder einen [Posaunen-]Zug in eine bestimmte Stellung bringt) und anschließend hört, "wie's so geworden ist" (das wäre das Analogon zu "ich drücke doch erstmal eine Taste, und dann...). Die Klangvorstellung ist bei solchen Instrumenten unabdingbar dafür, daß überhaupt einigermaßen die richtigen Töne rauskommen. Mangelnde Klangvorstellung wird unmittelbar bestraft durch sehr schiefe bis falsche Klänge. Daß diese Bestrafung beim Klavier für Anfängerohren nur sehr subtil bis nicht wahrnehmbar ausfällt, ist der große Nachteil des Klaviers.

LG,
Hasenbein
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zitat von Nica:
Und ich kann mir einfach schwer vorstellen, dass so ein Grundschulkind schon nach ein paar Monaten in der Lage ist, bei einem neuen Notentext, den es ja irgendwann mal bekommen muss, sich den Klang rein aus den Noten vorzustellen.

Hallo Nica,
warum sollte das Kind/der Erwachsene das nach ein paar Monaten nicht können? Wenn, wie bereits beschrieben, das Gehör und vor allem nicht nur das Nachhören, sondern besonders das Voraushören Bestandteil des Unterrichts ist, dann ist es doch bei angemessenem Notentext unproblematisch, sich das Geschriebene vorzustellen und sich als Ausdruck der Vorstellung vorzusummen.

Vielleicht legst du in typischer Erwachsenenmanier :D die Messlatte etwas zu hoch. Also ich befürchte du gehst bereits von wer weiß welch komplexem Notentext aus. Das ist aber nach ein paar Monaten nicht der Fall.

LG, Sesam
 
Kinder können ja auch Trompete lernen.

Also können Kinder auch lernen, Klavier bewußt hörend, mit Klangwille, zu spielen; dies erfordert jedoch, da das Klavier leider auch bei total "malen-nach-zahlen-mäßiger" Bedienung Töne hervorbringt, die einen ungebildeten Anfänger ausreichend zufriedenstellen ("Hey, ich bin ja Anfänger, und für mich klingt das doch schon echt ok!"), einen sehr qualifizierten, bewußten Unterricht.

LG,
Hasenbein
 
sondern es geht mir eher darum, wie das Prinzip funktionieren kann.
...um anhanddessen eine möglichst optimale Lernstratgie zu finden? ;)

...das wird sooo einfach nicht gehen, denn:
Mir ist also einfach nicht ganz klar, was bei dieser Methode der entscheidende Unterschied/Knackpunkt im Vergleich zu früheren Methoden ist, außer dem Anfang ohne Noten, der ja einleuchtet. Oder geht es bei dieser Methode gar nicht so sehr darum, aus neuen Noten eine Vorstellung zu bekommen, sondern eigentlich um was ganz anderes? Aber um was? ".
wie Hasenbein richtig gesagt hat, handelt es sich um keine Methode!

Wonach du fragst, das ist eines der Lernziele.
 
@Nica
Wonach du fragst, das ist eines der Lernziele.
und hierfür muss, da du nach Anfängern fragst, erst einmal die Wahrnehmung geschult, entwickelt und geschärft werden, ebenso das mus. Verstehen - z.B. damit irgendwann von allein, ohne das üben zu müssen, eine Begleitfigur leiser gespielt wird als die Melodie.
Ist, um bei diesem Beispiel zu bleiben, schon soviel Klangvorstellung UND motorischer Selbstverständlichkeit vorhanden, DANN lässt sich edleres Wild jagen :):) ...aber sehr oft dauert es sehr lange (und leider nicht mit Garantie, dass es bei jedem klappt), bis wenigstens das hergestellt/erreicht ist.
 

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