Widmung

Nun wird ein längerer Beitrag sein. (mit einigen etw. freien Übersetzungen der Briefauszüge):

Bei Sergei Rachmaninoff sollten wir nicht vergessen, dass trotz seinem immensen Beitrag zur Entwicklung der Klaviermusik, hat er sich ebenso aktiv mit der Vokalmusik auseindandergesetzt. Dies sind nicht nur seine Opern, sondern auch zahlreiche Lieder ("Romanzen"), die er auch sehr früh angefangen hat zu komponieren.

Sein Opus 34 beginnmt mit einem elegischen Lied "Die Muse", das eine sehr interessante Widmung hat: "R.E.". Dieses Werk ist Marietta Schaginjan gewidmet. Sie war eine sehr enge Freundin und extrem wichtige Figur in Rachmaninoffs Leben in den Letzten ca. fünf Jahren vor der Immigration. Sie ist heute vor allem als eine leidenschaftliche Kommunistin und Schriftstellerin bekannt. Damals, im Jahre 1912, war Schaginjan gerade fertig mit dem Studium und Finanzierte ihre Existenz als Journalistin.

In diesen Jahren wurde die Musik von Rachmaninoff leider nicht immer entsprechend wahrgenommen, weil formale Innovativität als eines der wichtigsten Kriterien in der Musik und Kunst gesehen wurde. Über seine Musik hörte man häufig: "Tja, Rachmaninoff ist ein genialer Interpret, aber als Kompoinst ist er ein Ekletiker". Zu dieser Zeit lebte Schaginjan in Moskau und gehörte zu Rachmaninoffs Anhängern. Obwohl er damals total beliebt beim Publikum und sehr erfolgreich war, gab es auch viele Gerüchte hinter den Kulissen über seinen schweren psychologischen Zustand. Im Februar 1912, gerade 15 Jahren nach der tragischen Erstaufführung sener ersten Sympshonie, war Rachmaninoff unterwegs in St. Petersburg, um Pique Dame in Mariinsky zu dirigieren. Um den Lieblingskomponisten irgendwie zu unterstützen, hat Schaginjan ihm einen Brief geschickt wo sie viele ermutigende Sachen und ihren ganzen Glauben an ihn ausdruckte. Der Brief wurde anonym geschrieben und als unterschrift hat sie die Note "D" hingeschrieben. Rachmaninoff hat ihr geantwortet und wendete sich an "Re" (In Russisch verwendet man solmisierte Tonlagen ).

Das war nun eine blinde Brieffreundschaft, bei der Sergej Rachmaninoff seine ganze Seele und seine Leiden an die Unbekanntin öffnete. Das war übrigens sehr ungewöhnlich, weil es ganz wenige Leute gab, mit denen er sehr offen und ehrlich war. Die beiden haben sich auch später im gleichen Jahr kennen gelernt, wobei dies auch eine etw. ungewöhnliche Geschichte war.

Schaginjan Schrieb:

"Am 5. December 1912 gingen Rachmaninoffs ins Ausland. Ein Paar Tage vor ihrer Abreise war ich beim Rachmaninoffs Konzert. Als ich in der Künstlergarderobe ihm vorbei ging, blickte ich ihn an. Plötzlich er, ohne was zu sagen, erstreckte seinen langen Arm und hielt mich am Kleid an. So unerwartet von ihm gefangen, bin ich an seinem Sessel stehen geblieben und er, als ob wir alte Freunde wären, rief seine Frau und noch jemanden. Er sprach mit seiner leisen aber sehr deutlichen Stimme und stellte mich mit dem Vor- und Nachnamen vor. Er wusste zwar von Slonov, wer sich under der Note "Re" versteckte, konnte allerdings noch nicht wissen wie ich aussah. Als ich im Erstaunen ihn fragte wie er mich erkannte, antwortete er: "Sie haben mich wie eine bekannte Person angeschaut".

Schaginjan, die sich perfekt mit russischer und europäischer Literatur auskannte, hat unter anderem geholfen, Rachmaninoff Texte für seine Lieder zu suchen:

"Meine Liebe Re, könnte ich mich an Sie mit einer Bitte wenden? Falls die Erfüllung dieser Bitte für Sie keine große Schwierigkeit darstellen wird, könnten Sie vielleicht diese Erfüllen? Nun Sage ich Ihnen, wie Sie mir helfen könnten... Ich brauche Texte für Romanzen. Könnten Sie mich auf was passendes hinweisen? Ich habe das Gefühl, dass "Re" sich in diesem Gebiet bestens auskennt, kennst fast alles, oder sogar alles. Ob dies ein zeigenossischer oder gestorbener Schriftsteller sein wird - ist mir egal! - hauptsache, dass das Werk originell und nicht eine Übersetzung ist, bzw. nicht länger als 8-12 (maximal 16) Zeilen ist. Und noch etwas: Die Stimmung eher traurig als lustig. Ich tue mich schwer mit hellen Farben! (15 März 1912).

Als Opus 34 vollendet Wurde, schrieb Sergej Wassiljewitsch:

"Liebe Re, vor einigen Tagen habe ich meine neuen Lieder fertig geschrieben. Für etwa die Hälfte davon habe ich Texte aus Ihrem Heft verwendet. Nun werde ich für Sie die Titel auflisten, falls es Sie Interessiert: A. Puschkin: "Der Sturm", "Arion" und "Die Muse" (Das letzte widme ich Ihnen)." ..... "Mit allen Liedern bin ich im großen und ganzen zufrieden und bin froh, dass ich sie relativ leicht und ohne große Leiden komponierte."
 

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Eine charmante Widmung (Robert O. Gjerdingen – Music in the Galant Style):

Widmung.jpg
 
Bemerkenswert ist nach meiner Ansicht die Widmung von Franz Liszts Klaviersonate h-Moll:

An Robert Schumann

Schreibt da jemand einen Brief? Nein, es ist seine einzige Sonate, eine "alte Form", wie sich Liszt gegenüber Brahms geäußert haben soll. Schumann wie Liszt waren ja auf ihre Art musikalische Revoluzzer, auch wenn sie sich in verschiedenen Kreisen bewegt haben, es muss eine gewisse Wertschätzung bestanden haben und vielleicht auch das Einverständnis einer tiefen Humanität. Darüber hinaus hatten beide den verbürgten Willen, junge Talente zu fördern. Hier schreibt er also „an“ den Kollegen und teilt mit: Ich kann das auch, aber auch wieder ganz anders...

Es grüßt
Die Drahtkommode
 
Bemerkenswert ist nach meiner Ansicht die Widmung von Franz Liszts Klaviersonate h-Moll:
dazu gibt es folgende Deutung: dass die Widmung eine Reaktion auf Schumanns enthusiastische Besprechung der ersten Brahmssonaten - "neue Wege" - sei und quasi mitteile, dass neue Wege anders auszusehen haben (ob das Liszts Absicht entspricht, weiß ich nicht; findet sich in einem ansonsten recht guten Buch über die h-Moll Sonate)
 

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