Was (ver-)lernt der Anfänger durch "intuitives" Improvisieren, d.h. Geklimper?

Wenn du das d.h. als Gleichsetzung liest, stimme ich dir zu. Ich hatte es gemeint wie in
Es wäre ein Bärendienst für unsere Kinder, würde die Schulbehörde Laienlehrer, d.h. didaktisch-methodisch Unbedarfte, einsetzen um des Lehrermangels herrzuwerden.
Das d.h. lese ich zumindest oft als "oder besser gesagt" und verwende es auch gerne so. Kann ich mich aus meiner selbstverschuldeten Bredouille retten, indem ich "intuitiv" durch "naiv" ersetze?
 
Wäre die Frage, was man unter "unbedarft" oder "naiv" verstehen soll. :-)

Beispiel:
Durtonlieter. Kennt man vom Hören, man ist damit sozialisiert, irgendwann hat man die auch verinnerlicht und kann sie 'intuitiv' spielen, d.h. man muss nicht mehr nachdenbken, welche Taste als nächste dran kommt. Aber dennoch gibt es da eine Regel, die wir halt verinnerlicht haben.

Bogen zurück zur Improvisation:
Ich kann in dem Sinne "frei" improvisieren, in dem mir selbst die Regeln erwähle. Nicht, weil mir das einer vorgeschrieben hätte, sondern weil ich das ausprbieren möchte, damit spielen möchte, usw. Ich kann aber dennoch Struktur haben, hören was ich tue, darüber reflektieren, merken, was geht, usw.

Gegenbeispiel:
Die Pentatonik- und die Blues-Falle. Man spielt "irgendwie" irgenwelche Skalen rauf und runter, ohne Plan, weil "klingt" ja immer. Für die fortgeschrittene Version, bei der Leute das dann auch ganz schnell können, gibt es das böse Pejorativ "Skalenwichser". Das ist jemand, der viele Töne, aber wenig Musik spielt und immer nur die Skalen rauf- und runter dudelt.

Grüße
Häretiker
 
Das ist jemand, der viele Töne, aber wenig Musik spielt und immer nur die Skalen rauf- und runter dudelt.
Diese Frage finde ich viel interessanter als die, wie sich Geklimper und Improvisation voneinander unterscheiden: Wo fängt Musik an, wo hört Gedudel auf.

Als Anfänger, der noch hin und wieder überlegen muss beim Üben nach einem langen Arbeitstag, ob die nächste Taste schwarz oder weiß sein muss, vor allem bei Moll harmonisch, bei einer Skalenabschreitung -- die Abstraktion von der Farbe ist wahrscheinlich noch labil, am Ende zählen auf begrifflicher Ebene nur Ganz- und Halbtonschritte -- möchte ich freies Spiel jedenfalls Geklimper nennen.

Es wäre schön, könnten wir die Wortklauberei beenden. Am Ende zählt, was bei einem Publikum ankommt. Wenn der Maestro seine virtuosen Auszieselierungen Klimperei nennt, ist das Koketterie; wenn der Anfänger seine C-Dur-verwandten gebrochenen immergleichen Figuren Improvisationen nennt ist es lächerlich. Die Grenze ist doch eh fließend. Lassen wir diese unnötige Streiterei, die zu nichts führt.

Zur Frage, ob es sich um Gedudel oder Musik handelt, ziehen unterschiedliche Notenwerte mit wiederkehrenden Wechseln meine Bewertung jedenfalls stark in Richtung Musik bzw. Melodie, um so stärker, je häufiger kleinere gegenüber größeren Intervallen sind: Vgl. |: c4 >e g a <e c >f a | c <g d h >f <e c :| mit |: c4 >e g_ a <e c_ | >f a c_ <g d h_ | >f <e c_ . . . . :| (wer auch immer meine improvisierte Spontansyntax versteht, bringe es auch am Klavier zu was Gescheitem). Und wenn man jetzt auch noch umnotiert in die numerischen diatonischen Intervalle: |: 0 >2 2_ 1 <3 2_ | >3 2 2_ <3 3 2_ | >4 <1 2_ .... :|, stellt sich die Fragr, ob eine stärkere Regulierung unter diesem Aspekt die Melodie ohne Zugewinn nur verlangweiligt und man das durch unregelmäßige Harmonisierung wieder ausgleichen muss. Rhythmus, Intervallstruktur und Harmonisierung: Wenn exakt 2 von diesen dreien regelmäßig sind und eins beliebig, wird das Ergebnis nach Musik klingen. Diese Arbeitshypothese erscheint mir eine Überprüfung wert.
 
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Zur Spontansyntax gehört auch eine Spontanlegende. Sollen 4, >, < und _ Tondauern codieren, und warum steht _ als einziges nichtnumerisches Zeichen hinter den Tonbuchstaben statt davor?

Die Null in der umnotierten Notation dürfte falsch sein; das Melodieschnipsel fängt nicht mit einer Prime sn.
 
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Am Ende zählt, was bei einem Publikum ankommt.

Mit der Logik wäre Helene Fischer viel mehr Musik als Charlie Parker, Cecil Taylor, Hindemith, ... :-)

Zur Frage, ob es sich um Gedudel oder Musik handelt, ziehen unterschiedliche Notenwerte mit wiederkehrenden Wechseln meine Bewertung jedenfalls stark in Richtung Musik bzw. Melodie, um so stärker, je häufiger kleinere gegenüber größeren Intervallen sind:
Vgl. |: c4 >e g a <e c >f a | c <g d h >f <e c :| mit |: c4 >e g_ a <e c_ | >f a c_ <g d h_ | >f <e c_ . . . . :| (wer auch immer meine improvisierte Spontansyntax versteht, bringe es auch am Klavier zu was Gescheitem). Und wenn man jetzt auch noch umnotiert in die numerischen diatonischen Intervalle: |: 0 >2 2_ 1 <3 2_ | >3 2 2_ <3 3 2_ | >4 <1 2_ .... :|, stellt sich die Fragr, ob eine stärkere Regulierung unter diesem Aspekt die Melodie ohne Zugewinn nur verlangweiligt und man das durch unregelmäßige Harmonisierung wieder ausgleichen muss. Rhythmus, Intervallstruktur und Harmonisierung: Wenn exakt 2 von diesen dreien regelmäßig sind und eins beliebig, wird das Ergebnis nach Musik klingen. Diese Arbeitshypothese erscheint mir eine Überprüfung wert.

Du versuchst es aus dem Kopf zu lösen. Wo ist der Bauch? Wo ist der Gestaltungswille? Musik findet im Kopf statt (beide Gehirnhälften), das ist das Musikinstrument. Das Klavier ist das Instrument zur Umsetzung.

Es gibt da keine Formel, in der ich die MIDI-Daten einsetze und den Prozentgeahlt an Musik heraus bekomme.

Ich versuche mal heute, ws dazu zu schreiben, aberjetzt werde ich erst einmal zum (späten) Frühstück gerufen.

Grüße
Häretiker
 
Zur Spontansyntax gehört auch eine Spontanlegende. Sollen 4, >, < und _ Tondauern codieren, und warum steht _ als einziges nichtnumerisches Zeichen hinter den Tonbuchstaben statt davor
4 ist die Oktave, c4 ist das mittlere C. < Ton links des zuletzt angeschlagenen. Analog > T. r. d. z. a. Will man Oktaven überspringen, könnte man <<, <<<, >>>> nutzen. Nachgestelltes _ verdoppelt den nominellen Notenwert (__ verdreifacht ihn usw.). "." ist eine Pause, entsprechend viele davon dann Viertel-, punktierte Viertel- oder halbe Pausen. 0 ist korrekt, denn das ganze ist stupide C-Dur und ohne Ton davor sei es die Prim der Tonart auf beliebiger Oktave. Nach E-Moll transponiert wär der erste Ton E. Wer die 0 für repetierte Primen vorhalten will, muss als Anfangston halt c4 schreiben.
(Hier bisher nicht verwendet wird spezifische Syntax für Stimmen unter der Melodie. Um auch die theoretisch zu ermöglichen, gehen meine Gedanken hin zu "," und ";" als Trenner von Stimmen bzw. Zählzeiten, mehrere Stimmen enthaltend ... aber das wird bei weiterem Nachdenken selbst mir zu kompliziert für eine ad-hoc-Syntax zur Kommunikation ursprünglich einfacher, aus dem Bauch geklimperte Tonfolgen.)

Als Spontansyntax ersetzt das ne Bleistiftskizze auf Notenpapier bzw. am Computer ersetzt das den Start des Notensatzprogramms, Einstellen eines Dokuments, Setzen der Noten, Exportieren eines Bildausschnitts, Anhang im Forum hochladen etc. Und solange ich das Lernen von Lilypond vor mich herschiebe, lass ich euch unter meinem Faible für spontane Domain-specific languages primär zum Eigengebrauch "leiden" ... wiewohl diese Syntax lernbar ist für alle, bin ich überzeugt.

Bin aber kein Erfinder der ersten ASCII-Notation. Eine Kritik daran, dass ich nichts existierendes nehme, wie ABC, nehm ich an, diskutiert haben wird das schon an anderer Stelle. Proudly presenting you the Not-Invented-Here-Syndrome. ABC gefällt mir nicht, Lilypond ist mir auch zu verböse fürs Schnellniedergeschriebene ...

Klar sieht es so aus, als wär das aus dem Kopf gekommen. Sobald man etwas kommuniziert, ist immer der Kopf beteiligt. Ursprünglich hab ich mir das aus dem Bauch hervorgeklimpert. Und das war geklimpert, da die effektiven Notenwerte da noch keine Rolle spielten, ich das erst mal nur in die Finger kriegen wollte. Kopfsache ist tatsächlich das Vorhaben, das Geklimper etwas mehr in Richtung Musik zu bringen. Zunächst traue ich dem Anfängerbauch noch nicht viel mehr zu als Inspiration. Dann kommt der Kopf fürs grobe, und dann wieder Bauch für den Feinschliff.
 
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@Häretiker, wenn du dazu noch was schreiben möchtest, schreib bitte auch aus welchen meiner Worte du schließt ich wäre auf der Suche nach
[...]eine[r] Formel, in der ich die MIDI-Daten einsetze und den Prozentgeahlt an Musik heraus bekomme.
Das, mit Verlaub, erscheint mir auch reichlich absurd.

Eigentlich ist mein (fernes) Ziel, aus Geklimper Musik zu machen, die ein Publikum als solche erkennt, also eben zu improvisieren in dem Sinne, wie Profis die Improvisation verstehen. Es hat wohl mit Erwartungshaltung zu tun, und damit, dass man dieser mal entspricht, sie andermals enttäuscht, letzteres aber so, dass alles einen Roundtrip des Kurzzeitgedächnisses später doch Sinn ergibt. Der Korridor zwischen den Polen »langweilige Musik, die beim Bügeln nicht stört« und »Katze auf dem Klavier« ist schmal. Um mich da durch zu navigieren, sollte ich den Erwartungshorizont kennen. Und zwar nicht nur den eigenen. Das werde ich in diesem Leben sicher nur näherungsweise schaffen, ein Musikstudium werde ich nicht aufholen können.

Mein nahes Ziel ist auch ziemlich fern: meine Hände soweit zu bringen, dass sie nicht nur klimpern, sondern ich mit ihnen auch theoretischen Überlegungen, gesammeltes Wissen oder hypothetisches Halbwissen experimentell halbwegs spontan umsetzen könnte. Ich meine, dass Noten auf dem Pult mir diesen Weg versperren, zumindest in Überdosis. So hatte ich es fünf Jahre lang gehalten, jetzt brauche ich ne Pause davon.
 
Dieser Spontancode ist schon selten beknackt. Zu vermeinen, man könne es selbst herausfinden, halte ich für Hybris. Die Zeit zur Encodierung der drei Beispiele in ASCII wäre für händisches Notenmalen und Abfotografieren besser investiert gewesen.

Bin raus, zumal der Faden sich in Rabulistik weiterhin verliert.
:musik064:
 
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@Häretiker, wenn du dazu noch was schreiben möchtest, schreib bitte auch aus welchen meiner Worte du schließt ich wäre auf der Suche nach

Das, mit Verlaub, erscheint mir auch reichlich absurd.

Formaler Ansatz zu Ende gedacht. Oder einfach ein paar Schritte weiter.

Der Korridor zwischen den Polen »langweilige Musik, die beim Bügeln nicht stört« und »Katze auf dem Klavier« ist schmal.

Genau, zwischen Chaos und Langeweile, dazwischen lebt die Musik. Naja, viele Musik, jedenfalls.

Um mich da durch zu navigieren, sollte ich den Erwartungshorizont kennen.

- Dein Erwartungshorizont wird sich mit zunehmdender Erfahrung (hoffentlich) ändern.
- Es reicht auch erst einmal, zumindest eine grobe Richtung zu haben für die nächsten Schritte.

Das werde ich in diesem Leben sicher nur näherungsweise schaffen, ein Musikstudium werde ich nicht aufholen können.

Man muss nicht ein Musikstzudium hinter sich haben, um vernünftig improvisieren zu können.

Mein nahes Ziel ist auch ziemlich fern: meine Hände soweit zu bringen, dass sie nicht nur klimpern, sondern ich mit ihnen auch theoretischen Überlegungen, gesammeltes Wissen oder hypothetisches Halbwissen experimentell halbwegs spontan umsetzen könnte.

Ich habe als Kind ganz viel experimentiert, aus dem Gehör gespielt, Muster extrahiert, muster weider erkannt, ...

Ich meine, dass Noten auf dem Pult mir diesen Weg versperren, zumindest in Überdosis. So hatte ich es fünf Jahre lang gehalten, jetzt brauche ich ne Pause davon.

Deswegen sollte man eigentlich auch Musik im Unterricht ohne Noten machen.

In unseren Holzbläserensembles hat mein Saxlehrer in der Tat Leute ohne Noten ans Improvisieren bekommen. Die konnten sich vor der Ensembleprobe nicut vorstellen, auch einmal ohne Noten zu spielen.

Ich war ja nie so notenfixiert: UInterricht war strikt nach Noten, meine Experimente und Co. alle ohne.

Grüße
Häretiker
 
Bin raus, zumal der Faden sich in Rabulistik weiterhin verliert.
Ja, sorry, wenn Leute wegen ner Offtopic-Ausschweifung unnötigerweise aussteigen, frag ich mich auch, warum ich versucht habe, die Ergebnisse meiner Klimperei zu kommunizieren, ohne sie in Noten zu gießen. Alles, nur keine Noten, auch nicht abfotografiert von Papier, die geben der Klimperei eine Aura à la Musik, in einem Stadium, in dem es lächerlich ist von Musik zu reden und würde nur ungebührlich mehr Plattenplatz auf dem Server verschwenden. Dass ich mit meinem Spontancode, den vor allem ich verstehen muss (und bei dem es mir wurscht ist, wenn uninteressierte, mitunter individuelle Ansätze generell abwehrende Leute ihn nicht verstehen, logischerweise) das nicht gerade besser mache, hatte ich doch bauchweise vorher gewusst. [selbstmitleid]Ist halt nicht jeder so ein Spontan-Kompaktbeschreibungssprachenerfinder wie ich und diese Neigung ist absonderlich genug, dass man damit Aussätziger ist.[/selbstmitleid]

Danke für deine Beiträge hier.
 
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Ich habe halt damals als Kind herum expereimentiert und Co. ohne Zielvorstellung. Ich habe noch nicht einmal daran gedacht, ob es ein Publikum mögen würde, weil ich nicht an ein Publikum gedacht habe.

Manchmal ist der Weg das Ziel.
Manchmal ist das Ziel im Weg.

Grüße
Häretiker
 
... weil ich nicht an ein Publikum gedacht habe.
Das besiegt mein Lampenfieber und ist allgemein auch kein schlechter Tipp für Anfänger beim Improvisieren.
Da gibt es erstmal nur einen einzigen "Publikum", der interessieren sollte ... und das ist der Spielende selbst.

Wohin SOLL es jetzt gehen ("wohin könnte es jetzt gehen" ist schon fast zu viel Kopf) ... was ist mein "Hörwunsch" und wie könnte ich den umsetzen?
Das ist doch genau das Herumexperimentieren, das Entdecken ... die Beschäftigung mit dem Instrument (eigentlich ohne Anleitung).
Wer immer Angst hat, zu stolpern, bricht letztlich nicht auf ... das stolpern oder auf die Fresse fliegen ("dann klingts halt mal Kacke") gehört aber einfach dazu.
 

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