Von der Notiz zum Klang

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amalia

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17. Feb. 2008
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So jetzt stelle ich auch mal eine Frage. Ich hoffe es gab bis jetzt noch keinen Thread zu diesem Thema. In diese Richtung habe ich nur zum Thema Gehör und Rythmus etwas gefunden. Wenn schon würde ich mich sehr über einen Link freuen. :)

Meine Frage betrifft wie ihr Notizen zum Ausdruck auf das Spielen überträgt.
Während des Unterrichts mache ich mir immer unzählige Notizen was den Ausdruck anbelangt. Z.B.: das Gewicht auf diese Note; hier locker lassen; die Melodiestimme noch mehr herausheben; der Stückabschnitt geht auf diese Note hin usw. Zu Hause habe ich dann aber keine Ahnung mehr wie es klingen soll. Was hat meine Lehrerin jetzt genau mit Handgelenk locker lassen gemeint (wie klingt ein lockeres Handgelenk? :confused:)? etc. Erschwerden dazu kommt noch, dass auf meinen Klavier plötzlich alles anders klingt und alles anders zu spielen ist.
Natürlich gibt es die Möglichkeit sich das Stück auf CD oder im Internet anzuhören.
Das Problem dabei finde ich aber, dass
1) es nicht alle Stücke im Internet oder auf CD gibt und bei jedem Stück eine CD kaufen sehr kostspielig wird.
2) ich das Gefühl habe, einen anderen Klavierspieler zu immitieren.

Wenn ich dann übe, habe ich immer das Gefühl, was ich mache ist total umsonst. :(
Habt ihr irgendwelche Tipps? Meint ihr mein Problem ist ganz normal und was ich beschreibe nur der natürliche Prozess bis der Ausdruck langsam sitzt oder bedeutet es, dass ich ein anderer Lerntyp bin?

Würde mich über eure Erfahrungen freuen. :smile:
Grüße Amalia
 
Wenn ich dann übe, habe ich immer das Gefühl, was ich mache ist total umsonst. :(

Das Gefühl kenne ich gut :)

Aber auf längere Sicht gesehen stellt sich dann doch meist raus, daß es nicht ganz umsonst war.

Nun, der springende Punkt ist wohl der:

es gibt tausend verschiedene Arten, eine Stelle zu spielen. Manche davon "funktionieren" offensichtlich besser als andere und manche klingen auch besser als andere. Um zu entscheiden, welche die "beste" ist, kommt man oft nicht darum herum, auch die ganzen weniger guten Möglichkeiten durchzuprobieren. Also auch mal bewußt anders (möglicherweise falsch) spielen. Dann wird man sich klarer darüber, warum das eine gut und das andere schlecht ist. Oder vielleicht auch umgekehrt.

Man soll sich nicht immer darauf verlassen, daß alles, was der Lehrer einem erzählt, auch die engültige Wahrheit ist. Nicht. bevor man nicht auch andere Möglichkeiten ausprobiert hat.

Zwei, drei Jahre sieht man dann eh wieder alles mit ganz anderen Augen und hört es mit ganz anderen Ohren. :)
 
Während des Unterrichts mache ich mir immer unzählige Notizen was den Ausdruck anbelangt. Z.B.: das Gewicht auf diese Note; hier locker lassen; die Melodiestimme noch mehr herausheben; der Stückabschnitt geht auf diese Note hin usw. Zu Hause habe ich dann aber keine Ahnung mehr wie es klingen soll. Was hat meine Lehrerin jetzt genau mit Handgelenk locker lassen gemeint (wie klingt ein lockeres Handgelenk? :confused:)?

Hallo amalia,
da bist du aber ganz schön fleißig, wenn du dir all diese Notizen deiner KL aufschreibst. Das zeugt von Motivation und Arbeitswillen!

Mir scheint jedoch, dass du von deiner KL, die es sicherlich gut mit dir meint, zuviele Anregungen pro Stück auf einmal erhältst. Vielleicht genügen ja 2-3 Tipps pro Vorspiel, sodass du zu Hause auch noch weißt, was überhaupt gemeint war und wie die Anregung umzusetzen ist! Weniger ist oft mehr!

Natürlich gibt es die Möglichkeit sich das Stück auf CD oder im Internet anzuhören.

Das ist meiner Meinung nach eine Möglichkeit, die dir bei deinem hier beschriebenen Problem nicht weiterhilft. Es geht nicht darum, Interpretationen anderer Musiker zu übernehmen, sondern die Tipps deiner sicherlich kompetenten Kl anwenden zu können!

Weiterhin viel Spaß beim Spielen wünscht dir
Madita
 
Erstmals danke für eure hilfreichen Antworten.

Da bist du aber ganz schön fleißig, wenn du dir all diese Notizen deiner KL aufschreibst. Das zeugt von Motivation und Arbeitswillen!

Ich denke es zeugt eher davon, dass ich ein misserables Gedächtnis habe. :rolleyes:

Mir scheint jedoch, dass du von deiner KL, die es sicherlich gut mit dir meint, zuviele Anregungen pro Stück auf einmal erhältst. Vielleicht genügen ja 2-3 Tipps pro Vorspiel, sodass du zu Hause auch noch weißt, was überhaupt gemeint war und wie die Anregung umzusetzen ist! Weniger ist oft mehr!

Stimmt, ich habe eine Klavierlehrerin die sehr stark auf den Ausdruck achtet (was ich sehr gut finde), leider ist er nicht meine Stärke. Ich glaube trotzdem, dass die Anzahl ihrer Anregungen für mein Niveau (spiele bald 6 Jahre) passt, kann mich aber auch irren. Ich habe auch weniger Probleme mit der Umsetzung sondern eher mit dem Endprodukt (siehe weiter unten).

Aber auf längere Sicht gesehen stellt sich dann doch meist raus, daß es nicht ganz umsonst war.

Hoffe ich auch, dass auch ein völlig fehlgeschlagenes Stück nicht umsonst ist. Ich bin nur in letzter Zeit etwas ungeduldig geworden, weil ich vielleicht nicht mehr lange Klavierunterricht habe und gleichzeitig effizient üben muss, weil ich bald Abitur/Matura habe. Außerdem entfällt die nächste Stunde, wodurch ich noch mehr das Gefühl habe meine Zeit zu vergeuden.

es gibt tausend verschiedene Arten, eine Stelle zu spielen. Manche davon "funktionieren" offensichtlich besser als andere und manche klingen auch besser als andere. Um zu entscheiden, welche die "beste" ist, kommt man oft nicht darum herum, auch die ganzen weniger guten Möglichkeiten durchzuprobieren. Also auch mal bewußt anders (möglicherweise falsch) spielen. Dann wird man sich klarer darüber, warum das eine gut und das andere schlecht ist. Oder vielleicht auch umgekehrt.

Bei mir kommt es immer auf das Stück an. Bei manchen wenigen habe ich es einfach im Gefühl wie ich sachliche Hinweise gut klingend umsetze. Bei anderen kann ich mir einfach nicht vorstellen wie ich das Stück spielen soll. Entweder es klingt vollkommen übertrieben oder hingefetzt, obwohl ich mich wirklich bemühe. Ich kann zwar alle Hinweise technisch umsetzten, es klingt aber trotzdem nach nichts (weiß wer was ich damit meine?). Erst wenn ich das Stück und alles was mit dem Ausdruck zusammen hängt, im Ohr habe, kann ich es umsetzen.
Aber anscheinend ist das normal. :rolleyes:
Schwächt sich das ab einem gewissen Niveau ab?

Ist jetzt etwas lang geworden und ich habe beim schreiben teilweise selbst nicht mehr gewusst was ich meine ;). Wenn irgendwem zu dem Thema etwas einfällt würde ich mich über Erfahrungsberichte und Anregungen freuen. :)

Lg Amalia
 
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Erst wenn ich das Stück und alles was mit dem Ausdruck zusammen hängt, im Ohr habe, kann ich es umsetzen.

Vielleicht mal die Noten nur lesen (ohne die Töne zu spielen). Aber mit Ausdruck lesen :p

Also nicht nur die Töne und eventuell Finger überlegen, sondern tatsächlich den musikalischen Ausdruck beim Notenlesen berücksichten und lebhaft vorstellen. Ich weiß nicht, ob du das schon gemacht hast. Ich kann gar keine Noten lesen, ohne daß bei mir automatisch dieses Ausdrucksdings mit aktiv ist. Die Musik also von innen heraus erschaffen - nicht eine von außen kommende fertige Interpretationsvorstellung imitieren.
 
...Erst wenn ich das Stück und alles was mit dem Ausdruck zusammen hängt, im Ohr habe, kann ich es umsetzen...

Bekommst du die Anregungen grundsätzlich als Hausaufgaben oder probierst du sie gleich im Unterricht? CDs werden dir sicherlich nicht weiterhelfen, es sei denn, dein Lehrer hätte sie aufgenommen.

Mein Lehrer gibt mir seine Ideen in der Form, daß er mich die gleich umsetzen läßt. Dann können wir uns auch besser einigen. Wenn ich mir vorstelle, er würde mir eine Variante vorschlagen die ich nicht gleich ausprobieren würde, würde ich zuhause sicherlich zweifeln, ob ich es richtig in Erinnerung hätte, wenn sie mir völlig gegen den Strich ginge. Wenn ich sie aber im Unterricht ausprobiere, kann ich mich darauf einlassen und weiß sie auch zuhause noch.
 
Natürlich gibt es die Möglichkeit sich das Stück auf CD oder im Internet anzuhören.
Das Problem dabei finde ich aber, dass ... ich das Gefühl habe, einen anderen Klavierspieler zu immitieren.

ich weiss jetzt nicht wie lange / wie gut du schon spielst. Den oft gehörte Vorwurf, man würde nur andere kopieren, wenn man sich CDs anhört, kann ich nicht zu 100% nachvollziehen, zumindest nicht bei Anfängern oder mittelmäßig fortgeschrittenen.

Natürlich kann ich alles selbst herausfinden wollen, aber das ist mit Sicherheit die langsamste Methode (sie hat zugegebenermassen ihren Reiz). Als Anfänger wirst du immer auf Supervision eines Lehrers angewiesen sein. Wenn dieser gut lehrt, wird er dir ab und an auch mal vorspielen wie er dieses oder jenes meint. Das ist immer noch die eindrucksvollste Methode jemandem etwas beizubringen. Wie unterscheidet sich das vom Hören einer CD? Vorausgesetzt, es ist keine schlechte Interpretation... aber gerade als Anfänger kann ich von Aufnahmen sehr viel lernen.

Im Grunde hast du mit deiner Frage auch den Nagel auf den Kopf getroffen:
du weisst zuhause nicht mehr, wie es klingen soll, und genau das ist die Voraussetzung, das musikalische Bild, das man beim Spielen im Kopf hat (haben soll). Das muss immer am Anfang stehen, da ansonsten alle Übung nicht den möglichen Erfolg bringt. Ich habe an anderer Stelle mal von einem Soll-Ist-Vergleich geschrieben. Solange du keinen Sollwert im Kopf hast, wird die Übung nicht zielstrebig auf eine gute Interpretation zusteuern!
Du musst unbedingt wissen, wie es klingen soll, welchen Klang du erzeugen willst. Nur so bist du unzufrieden, wenn es dir nicht auf Anhieb gelingt, und ab der nächsten Wiederholung wirst du dich sukzessive an dein Ideal annähern; aber nur, wenn du eines hast.
Das CD-Tabu würde ich allenfalls für sehr fortgeschrittene Spieler gelten lassen, da hier längst so viel musikalisches Verständnis vorhanden ist, dass der Spieler sowieso nur ein stimmiges musikalisches Bild gelten lassen würde. In diesem Falle ist ein eigenes immer mehr wert als eine Kopie.

Der Hartmut
 
Vielleicht mal die Noten nur lesen (ohne die Töne zu spielen). Aber mit Ausdruck lesen

Das geht? Na ja ich kann mir schon vorstellen wie etwa das Stück anders klingt, wenn ich etwas herausheben muss oder ähnliches. Aber sich auch detailliertere Sachen vorzustellen, habe ich noch nie ausprobiert. Danke werde ich mal versuchen. :)

Bekommst du die Anregungen grundsätzlich als Hausaufgaben oder probierst du sie gleich im Unterricht?

Fast immer im Unterricht. Wenn als Hausaufgabe, dann soll ich es nur einmal ausprobieren und wir besprechen alles in der nächsten Stunde.

Mein Lehrer gibt mir seine Ideen in der Form, daß er mich die gleich umsetzen läßt. Dann können wir uns auch besser einigen. Wenn ich sie aber im Unterricht ausprobiere, kann ich mich darauf einlassen und weiß sie auch zuhause noch.

Ich probiere sie auch immer im Unterricht aus, trotzdem vergesse ich alles wieder (was mich dann immer verzweifeln lässt). Deswegen spiele ich gleich nach der Unterrichtsstunde die Stücke um mich an mein Klavier umzugewöhnen. Da geht es meistens noch irgendwie. Am nächsten Tag dann aber nicht mehr. Dann arbeite ich daran. Irgendwie kann ichs dann, aber ich bin mir dann überhaupt nicht sicher ob es richtig klingt und es passt (was es meistens auch nicht tut).

Liebe Grüße Amalia
 
Zunächst einmal: Deine Schwierigkeiten sind nichts Ungewöhnliches. Sie resultieren offensichtlich aus der Vorgehensweise Deines Lehrers - wobei ich dessen Ansatz (wenn ich es richtig verstanden habe) für sinnvoll halte.

Für mich als Lehrer gibt es zwei Möglichkeiten, Schüler an ein neues Musikstück heranzuführen:

(1) Ich spiele das Stück vor und mache sehr klare Ansagen, worum es musikalisch und technisch geht, worauf zu achten ist etc. Es ist eine Vorgehensweise, die zwar schnell zu passablen Ergebnissen führt, die ich aber nur bei unbegabten und denkfaulen Schülern anwende.

(2) Interessanter und spannender finde ich die Überlegung, daß jedes Stück irgendwann einmal zum ersten Mal gespielt wurde, ohne daß der Spieler einen vorgeprägten Klang im Ohr hatte oder wußte, worauf er sich einläßt. D.h. der Schüler geht ganz unvoreingenommen an die Musik heran und entwickelt seine eigene Vorstellung. In diesem Stadium sehe ich es als meine Aufgabe an, Anregungen zu geben, was möglich wäre, und die jeweiligen technischen Erfordernisse zu analysieren und zu bewältigen. Erst wenn der Schüler zu einer eigenen Klang- und Interpretationsvorstellung gefunden hat, konfrontiere ich ihn mit meinen "Überzeugungen" und ermuntere ihn auch, sich andere CDs von der Musik anzuhören.

Ich vergleiche beide Ansätze mit einem Urlaub für den betreuten Pauschaltouristen im Gegensatz zu einer Abenteuerreise. Der erste Weg ist gut zum "Wohlfühlen": "Das ist schön, das möchte ich aus so spielen." Der zweite Weg ist mühsamer, langwieriger, mitunter ein wenig frustrierend, aber dafür auch spannender. Die Schüler, mit denen ich auf diese Weise arbeite, entwickeln auf Dauer ein bewußteres Verhältnis zur Musik.

Gehen lernt man nur, wenn man auch bereit ist, hinzufallen. Wenn Du Fortschritte erzielen willst, mußt Du auch das Risiko Mißerfolg und zeitweiliger Stagnation in Kauf nehmen. - In diesem Sinne: mach weiter so! ;)
 
du weisst zuhause nicht mehr, wie es klingen soll, und genau das ist die Voraussetzung, das musikalische Bild, das man beim Spielen im Kopf hat (haben soll). Das muss immer am Anfang stehen, da ansonsten alle Übung nicht den möglichen Erfolg bringt. Ich habe an anderer Stelle mal von einem Soll-Ist-Vergleich geschrieben. Solange du keinen Sollwert im Kopf hast, wird die Übung nicht zielstrebig auf eine gute Interpretation zusteuern!

Wow! Ich habe bis jetzt nicht gewusst, wie ich meine Situation beschreiben soll. Das ist genau, das was ich meine. Danke! :p

Wie unterscheidet sich das vom Hören einer CD? Vorausgesetzt, es ist keine schlechte Interpretation... aber gerade als Anfänger kann ich von Aufnahmen sehr viel lernen.

Ich höre mir immer wieder wenn möglich verschiedene Versionen eines Stückes an. Ich versuche dabei aber nur einen Eindruck zu bekommen und sitze jetzt nicht mit Bleistift und Noten davor. Ich denke das ist am sinnvollsten. Ich höre mir auch die Stücke an, wenn ich unsicher im Rythmus bin oder nicht weiß, wo ich bei Chopin etwa einen Ton spiele. Ich denke auch wie du, dass es Anfängern nicht schadet sich andere Interpretationen anzuhören.

Zunächst einmal: Deine Schwierigkeiten sind nichts Ungewöhnliches. Sie resultieren offensichtlich aus der Vorgehensweise Deines Lehrers - wobei ich dessen Ansatz (wenn ich es richtig verstanden habe) für sinnvoll halte.

Ich versuche jetzt einmal genau zu beschreiben wie meine Lehrerin vorgeht. Meine bisherigen Beschreibungen waren bestimmt sehr verwirrend, wofür ich mich auch entschuldigen möchte. :-)
Zunächst spielt sie mir ein paar Stücke kurz vor (nicht ganz, sondern nur ein paar Takte), von denen ich mir dann eines aussuchen kann. Dann übe ich für jedes Stück meistens die ersten zwei Seiten (erstmals nur die Noten) ein. In der nächsten Stunde korrigiert sie erstmals die gröbsten Fehler (besonders Rythmus). Meistens geht es sich in der Klavierstunde aber nur aus ein Stück genau zu besprechen, fast immer das wo ich mich unsicherer fühle. Da gibt sie mir schon sehr genaue Anleitungen und manche Sachen probiere ich gleich aus (solche wie Gewicht auf eine Note geben, Handgelenk locker lassen). Manche Stellen spielt sie mir auch vor, wenn sie zeigen will was sie mit "düstere Stimmung" usw meint. Beim anderen Stück versuche ich mir selber etwas zu erarbeiten, was mir auch ziemlich Spass macht.
Mein eigentliches Problem ist das was Hartmut oben beschrieben hat, was mir nicht möglich war.

Ich habe keine Ahnung ob ich irgend etwas vergessen habe zu schreiben. Ich glaube fast mein größtes Problem ist, dass ich zu viel von mir selbst erwarte. Was ich auf jeden Fall mal versuchen werde ist Haydnspaß Vorschlag, vielleicht auch mit vorsingen.

Vlg Amalia

P.S.: Danke für eure Aufmunterungen und Ratschläge. :)
 
(2) Interessanter und spannender finde ich die Überlegung, daß jedes Stück irgendwann einmal zum ersten Mal gespielt wurde, ohne daß der Spieler einen vorgeprägten Klang im Ohr hatte oder wußte, worauf er sich einläßt. D.h. der Schüler geht ganz unvoreingenommen an die Musik heran und entwickelt seine eigene Vorstellung. In diesem Stadium sehe ich es als meine Aufgabe an, Anregungen zu geben, was möglich wäre, und die jeweiligen technischen Erfordernisse zu analysieren und zu bewältigen.
@Koenklavier:Das ist eigentlich auch die Vorgehensweise meiner Lehrerin wenn ich das Stück nicht kenne.
Aber das Problem ist, dass ich mir die meisten Stücke aussuche, weil sie mir richtig gut gefallen und die habe ich dann auch recht gut im Ohr.

Und umso mehr klassische Musik ich höre, umso wahrscheinlicher ist es doch auch, dass ich ein Stück, dass mir meine Lehrerin vorschlägt, schon kenne.

Außerdem ist die Motivation, an einem Stück zu arbeiten, dass man sehr mag, doch viel höher, als wenn es ein Stück ist, dass ich in erster Linie- um es mal krass auszudrücken- nur als Lernmittel nutze und in der ersten Zeit gar nicht mit Musik verbinde ( weil ich erst mal die Noten lesen und die Technik)erarbeiten muss.

Ich weiß nicht, mache ich da jetzt was falsch?

(Wobei ich mir jetzt vielleicht auch vorstellen kann, warum mir der dritte Satz der Mondscheinsonate leichter fällt als Beethovens Sonate Op.2 No.1)
 
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Außerdem ist die Motivation, an einem Stück zu arbeiten, dass man sehr mag, doch viel höher, als wenn es ein Stück ist, dass ich in erster Linie- um es mal krass auszudrücken- nur als Lernmittel nutze und in der ersten Zeit gar nicht mit Musik verbinde ( weil ich erst mal die Noten lesen und die Technik)erarbeiten muss.
Es ist durchaus eine Sache der Mentalität, der augenblicklichen Stimmung, Befindlichkeit etc. Und es ist sicherlich auch legitim, sich auch mal von der Seilbahn auf den Gipfel tragen zu lassen und nicht immer die beschwerlichen Pfade zu erklimmen.

Was das "kennen" anbelangt: Je länger ich mich mit dem Instrument beschäftige, desto bewußter wird mir, wie wenige Stücke ich letztlich "kenne" ich und wie wenig ich auch die vermeintlich bekannten Stücke kenne. Aber auch das ist eine Frage der Einstellung. Muß ich mich mit denselben Standards beschäftigen, die andere sicherlich weiß Gott besser und schneller spielen? Aber selbst bei Beethoven-Sonaten ist es doch eher so, daß man sie zwar alle schon mal gehört hat, aber op. 7 oder op. 79 sind nun nicht so präsent, daß ich sie auf Anhieb pfeifen könnte (im Gegensatz zu den "populären" Sonaten).

Ich denke, letztlich kommt es auf eine Mischung an, die einem gefällt, die einen befriedigt und nicht langweilt.
 
Ich möchte, was das "CD-Tabu" angeht, dem Hartmut vorbehaltlos zustimmen:

Die natürlichste Art des Lernens ist das NACHAHMEN. Ein Kind lernt dadurch Laufen, Sprechen, Singen und vieles mehr und könnte all dies nicht lernen, wenn es niemanden hätte, der es ihm vormacht.

Die natürlichste Art, Musik kennen zu lernen, ist das HÖREN. Und die fruchtloseste Art, das eigene Können verbessern zu wollen, ist der Verzicht aufs hörende Kennenlernen und auf Lehrmeister.

Ich verstehe darum nicht, warum einerseits so oft davor gewarnt wird, sich während der Einstudierung eines Stückes Aufnahmen anderer anzuhören, andererseits genauso oft gesagt wird, daß jemand, der's lernen will, ohne Lehrer nicht auskommt. Wo ist der Unterschied, ob einem ein Lehrer Tips gibt oder ob man sich von einer guten Aufnahme Anregungen holt? Die kann zwar keine spieltechnischen Tips geben, wohl aber kann sie klangliche Vorstellungen verbessern.

Von den ersten Versuchen bis zur selbständigen Reife ist es ein langer Weg, die Nachahmung von Vorbildern kann diesen Weg durchaus abkürzen. Schlecht ist nur, wenn jemand die Abnabelung vom Lehrer NIE schafft und auch im fortgeschrittensten Stadium immer noch jemanden braucht, der ihm etwas vormacht und gewissermaßen andere die eigenen Entscheidungen treffen lassen muß. Aber diese Abnabelung geht allmählich vonstatten und kann nicht von vornherein verlangt werden. Ich halte es für falsch, einem Lernenden das Kopieren von Vorbildern zu verbieten, ihm also bereits die Abnabelung zu befehlen, während er noch im Geburtskanal steckt. Im Gegenteil, ich halte das Nachahmen für außerordentlich nützlich.

Maler lernen, indem sie alte Meister kopieren (ich habe allerdings keine Ahnung, inwieweit das heute an Kunsthochschulen noch Usus ist). Warum sollte ein Musizierender nicht dadurch lernen dürfen, daß er versucht, wenigstens halb so gut zu spielen wie ein Vorbild?

Von tatsächlicher Imitation kann dabei ja gar nicht die Rede sein, denn einem Schüler wird es kaum gelingen, einen erstklassigen Pianisten zu imitieren, die Gefahr ist wahrlich gering. Und es scheint mir ziemlich egal, ob der Schüler auf das, was sein Lehrer ihm sagt, fixiert ist oder auf den Klang einer Aufnahme, vorausgesetzt sie ist vorbildhaft. Auch ein Lehrer kann genauso nur die eigene Vorstellung und Sichtweise transportieren, wie eine Aufnahme nur eine von möglichen Sichtweisen darstellt. Das elfte Gebot des Klavierübens: "Du sollst dir kein Bild machen von dem Spiel anderer, solange du kein eigenes Bild hast", wäre, wenn man es wörtlich nähme, logischerweise durch das zwölfte zu ergänzen: "Du sollst keinen Unterricht nehmen."

Amalia würde ich, vielleicht, vielleicht, den Rat geben, gar keine Notizen mehr zu machen, sondern zu versuchen, das klangliche Ziel zu begreifen, das die Lehrerin meint. Das wäre eher ein Weg in die Selbständigkeit als die Notierung von lauter Einzelheiten, die sich zum Schluß doch nicht zu einem Ganzen fügen -- nur vielleicht, vielleicht deswegen, weil ich es für unmöglich halte, jemandem, den man nicht kennt, zu seiner Spiel- und Übeweise, die man nicht kennt, aus der Ferne irgendeinen nützlichen Rat zu geben. Vergiß den Rat also wieder, er ist nutzlose Kaffeesatz-Leserei.
 
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Ich verstehe darum nicht, warum einerseits so oft davor gewarnt wird, sich während der Einstudierung eines Stückes Aufnahmen anderer anzuhören, andererseits genauso oft gesagt wird, daß jemand, der's lernen will, ohne Lehrer nicht auskommt. Wo ist der Unterschied, ob einem ein Lehrer Tips gibt oder ob man sich von einer guten Aufnahme Anregungen holt?

Nun, wenn man eine CD-Aufnahme hört, dann vermittelt diese eine vermeintliche Sicherheit alla "so hört es sich an, wenn man ein Stück perfekt kann".
Die Aufgabe ist dann nur noch alles möglichst genau so zu spielen wie auf der CD. Ein völlig hoffnungsloses Unterfangen. Und sinnlos dazu - weil die Interpretation, die nun rein zufällig zum angeblichen Ideal erhoben wird, in den seltensten Fällen "ideal" ist.

Wie J.Gedan selbstverständlich weiß, ist das was der Lehrer im Unterricht macht etwas völlig anderes. Er gibt Anregungen zum besseren Verständnis der musikalischen Details wie der formalen Anlage eines Stücks, er gibt Hilfestellung bei "technischen" Problemen, gibt Hinweise zum Umfeld des Stücks und des Komponisten, demonstriert eventuell auch unterschiedliche Möglichkeiten, wie ein Stück aufgefaßt und interpretiert werden könnte. Der Schüler bekommt im Unterricht ein "räumliches" Bild von dem Stück, der Spielraum weitet sich.

Bei der CD als Vorbild schränkt sich der Spielraum total ein. Die einzige Frage, die übrigbleibt ist: wie kann ich es machen, daß es sich bei mir genauso anhört wie auf der Platte. Die simple Antwort auf diese Frage ist: erstens geht das garnicht, und zweitens ist es auch garnicht wünschenswert.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
@Madita: Es war aber auch blöd von mir in das Anfängerforum zu posten, dachte einfach da meine Frage auch viele Anfänger und nicht die Profis betrifft stelle ich sie hier hinein.

-- nur vielleicht, vielleicht deswegen, weil ich es für unmöglich halte, jemandem, den man nicht kennt, zu seiner Spiel- und Übeweise, die man nicht kennt, aus der Ferne irgendeinen nützlichen Rat zu geben. Vergiß den Rat also wieder, er ist nutzlose Kaffeesatz-Leserei.

Tut mir leid, aber ich verstehe überhaupt nicht was du mir sagen möchtest. Wessen Rat soll ich vergessen? Wäre sehr nett von dir wenn du mir das nochmal erklären könntest. :)

Grüße Amalia
 
(2) Interessanter und spannender finde ich die Überlegung, daß jedes Stück irgendwann einmal zum ersten Mal gespielt wurde, ohne daß der Spieler einen vorgeprägten Klang im Ohr hatte oder wußte, worauf er sich einläßt. D.h. der Schüler geht ganz unvoreingenommen an die Musik heran und entwickelt seine eigene Vorstellung. In diesem Stadium sehe ich es als meine Aufgabe an, Anregungen zu geben, was möglich wäre, und die jeweiligen technischen Erfordernisse zu analysieren und zu bewältigen. Erst wenn der Schüler zu einer eigenen Klang- und Interpretationsvorstellung gefunden hat, konfrontiere ich ihn mit meinen "Überzeugungen" und ermuntere ihn auch, sich andere CDs von der Musik anzuhören.

Der zweite Weg ist mühsamer, langwieriger, mitunter ein wenig frustrierend, aber dafür auch spannender. Die Schüler, mit denen ich auf diese Weise arbeite, entwickeln auf Dauer ein bewußteres Verhältnis zur Musik.

Gehen lernt man nur, wenn man auch bereit ist, hinzufallen. Wenn Du Fortschritte erzielen willst, mußt Du auch das Risiko Mißerfolg und zeitweiliger Stagnation in Kauf nehmen.

Da kann ich Koelnklavier absolut zustimmen! Ein sehr anschaulich beschriebener Ansatz, der für motivierte, interessierte Schüler einen Weg aufzeigt, sich sinnvoll mit Musik auseinanderzusetzen. Klasse!!
 
Maler lernen, indem sie alte Meister kopieren (ich habe allerdings keine Ahnung, inwieweit das heute an Kunsthochschulen noch Usus ist). Warum sollte ein Musizierender nicht dadurch lernen dürfen, daß er versucht, wenigstens halb so gut zu spielen wie ein Vorbild?
Einspruch, Euer Ehren! ;)

Ich gebe Dir vorbehaltlos recht, daß Nachahmung in der Kunst eine wichtige Rolle spielt, in der Malerei ebenso wie in der Musik. Fast alle Komponisten haben ihr Handwerk nicht zuletzt dadurch perfektioniert, indem sie sich sehr bewußt und eingehend mit Vorbildern auseinandergesetzt haben.

Ich bin auch der Meinung, daß man sich viele Pianisten (möglichst in natura) anhören soll. Da das aus ökonomischen Gründen selten möglich sein wird, bleibt nur der Griff in den "Plattenschrank" (obwohl: wer hat noch Schallplatten? ;)). Der Interpret sollte sich aber stets darüber im Klaren sein, daß seine Rolle eine andere ist als die des Komponisten. Das künstlerische Moment des Interpreten ist das"nachschöpfende", nachvollziehende Gestalten des Notentextes. Oberstes (und letztlich einziges) Kriterium sollte deshalb nur der Notentext sein.

Meine Erfahrung als Lehrer (vielleicht - oder offensichtlich - sind Deine Erfahrungen ja anders): Schüler haben eine Aufnahme (oder auch mehrere) im Ohr und benutzen den Notentext nur noch zur groben Orientierung. Daß Herr Barenboim mit den dynamischen Angaben Beethovens sehr freizügig umgeht, daß Goulds Artikulationen mitunter schiere Willkür sind, daß bei den CD-Einspielungen manchmal abstruse Tempi gewählt werden - all das wird vom "unbedarften" Klavierspieler einfach so hingenommen und fleißig kopiert. Die runde, silbrige Scheibe suggeriert ja fatalerweise ein Maximum an Objektivität. Für denjenigen, der derart "verwildert" aufgewachsen ist, bedeutet es ein hartes Stück Arbeit, wieder an die Quellen zurückzukehren. (Für den Lehrer, der dies einfordert, ebenfalls ;))

Aber ich will keines Falls einen fundamentalistischen Klavierspiel-Gaubenskrieg anzetteln. :D Auch ich habe schon oft genug zur CD gegriffen, weil ich mit einem Stück nicht zu Rande kam und wissen wollte, was mich klanglich überhaupt erwartet.
 
Gehen lernt man nur, wenn man auch bereit ist, hinzufallen. Wenn Du Fortschritte erzielen willst, mußt Du auch das Risiko Mißerfolg und zeitweiliger Stagnation in Kauf nehmen.


Grundsätzlich sehe ich das genau so; es ist jedoch eine schmale Gratwanderung zwischen kopflosem Hinterherlaufen nach einem Ideal einerseits und ignoranter Verweigerung effizienter Hilfsmittel andererseits.
Abstecher sind erlaubt, aber zu weites Abdriften auf eine Seite hat wohl negative Auswirkungen. Abstumpfung der eigenen Kreativität einerseits und schnellem Lernfortschritt andererseits.

Hier eine kleine Einschränkung zu meiner positiven Sichtweise bzgl. Kopieren:

Die meisten Interpreten legen irgendwelche Besonderheiten in ihre Interpretation eines Stücks (das macht meines Erachtens einen guten Interpreten aus). Wenn ich nur kopiere, dann übernehme ich zwangsläufig diese Besonderheiten, wodurch ich mich unweigerlich lächerlich mache, da das nicht ich bin, und die meisten Kenner würden mich wohl durchschauen.

Der gute Kompromiss ich aus meiner Sicht dann gegeben, wenn ich trotz Hören von guten Aufnahmen die Noten sehr genau lese (dies ist übrigens gar nicht so leicht, bzw. u. U. ziemlich anstrengend), dann merke ich mitunter an manchen Stellen: mann, das hat der ja hier ganz anders gespielt als es da steht. Auch diese Erkenntnis ist viel wert, und kraft meines Verstandes kann ich dann bewusst entscheiden, welche Interpretation für mich am meisten Sinn macht. Selbst wenn ich dann kopiere, ist es ein Stück weit mein Stück, da ich es bewusst tue.

Die Arbeit am künstlerischen Bild ist wohl die wichtigste beim Musizieren, und das Hören von Aufnahmen, aber vor allem auch das Besuchen von Konzerten unterstützt diese notwendige geistige Entwicklung. Würde ich das total verweigern, hieße das das angesammelte Wissen und Können ganzer Generationen nicht nutzen.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass wir das alle tun, wie sollten wir sonst wissen, dass Klavier spielen etwas schönes ist? Vom eigenen Anfängergestümpere etwa? Nein, nur dadurch, dass wir jemanden hören, von dem wir sagen: Wow, ist das klasse, das möchte ich auch können.

Der Hartmut
 
sehr witzig, Kölnklavier!

Ich sehe gerade, unsere Antworten haben sich überschnitten und zeigen abschnittweise fast den gleichen Inhalt:)

Der Hartmut
 

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