Ursachenforschung gleichmäßiger Tonhöheverlust und Berdux-Baugeschichte

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Sdeingraeber

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7. Juni 2008
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Hallo,
ich möchte mich hier erstmal kurz vorstellen, ich bin Freund einer Sängerin, habe für sie zum Einstudieren zwei Klaviere gekauft (und, damit meine Kaste gleich bestimmt werden kann, wird gleich zugegeben, beide via ebay ohne Besichtigung, nur aufgrund von Foto-/Einrichtungs- und Textstudium) und bin mit beiden sehr zufrieden. Ich kann mich seit der ersten Beschäftigung mit dem Thema Klavier(auf)bau vor einem Jahr für das Thema begeistern, habe aber eigentlich keine Zeit für genauere Beschäftigung damit.

Meine erste Frage wäre die nach dem möglichen Einfluß (daß der besteht, ist mir klar, aber in welchem Umfang) der Luftfeuchtigkeit auf die Tonhöhe.
Wie soll ich's kurz machen? Klavier, bei dem die Frage auftrat, ist Steingraeber Bj 1880 (achtzehnhundert), gekauft Juni 07, stand über 20 Jahre unbespielt im Wohnzimmer eines älteren Herrn, da Erinnerungsstück an zuvor verstorbene Frau, dort KNOCHENTROCKEN. Nach Kauf haben wir das gute Stück 3 Monate in unserem Wohnzimmer akklimatisiert und dabei eine eher höhere 'Zielluftfeuchte' anvisiert, da ein befreundeter Klavierstimmer und -bauer meinte, daß drei vier Wirbel etwas (nicht extrem, halt etwas) leichtgängig sind. Bei der Erststimmung (zweimal gleich hintereinander gestimmt) nach technischer Grundüberprüfung durch den Klavierstimmer/bauer hat das Klavier sofort 440Hz gehalten, sowohl Freundin als auch Klavierstimmer waren auf den Knien. Zustand des Instruments prinzipiell recht gut, die erwähnten drei, vier Wirbel hielten bei Stimmung wie neu, aber z.B. einige leichte Risse im Resonanzboden, Ton aber trotzdem einwandfrei.
Jetzt hatten wir vor einigen Tagen die zweite Stimmung (bis April hielten alle Töne perfekt, danach hörte man langsam Bedarf) und der Klavierstimmer war perplex, daß alle Töne absolut gleichmäßig um ca. 1/3 nachgelassen haben.
Ich hab dazu folgende Theorie:
Nachdem wir nach der Stimmung im Oktober nur noch begeistert waren, haben wir die Hygrometerinspektionen noch bis Ende des Jahres pedantisch weitergeführt und sind danach etwas 'toleranter' geworden, sprich wir haben nicht mehr diszipliniert drauf geschaut. Ich bin nun der Meinung, daß seit Februar im Schnitt 10-15% weniger Luftfeuchtigkeit vorhanden war, also auch genügend Zeit fürs Klavier, die Feuchtigkeit wieder abzugeben und dementsprechend zu 'schwinden'.
Kann bei einem so alten Klavier nach einem Feuchtigkeitsschwund von 10-15% alleine das 'Zusammenziehen' zu einem gleichmäßigen Tonhöheverlust von 1/3 führen? 'Mein' Klavierstimmer/bauer ist meines Erachtens ein Topmann Mitte zwanzig, der auch gleich meinte, er erkundigt sich lieber erstmal bei älteren Kollegen, bevor er ohne 100%ige Sicherheit was Falsches sagt, er zweifelte dran, daß allein der Feuchtigkeitsschwund soviel ausmachen kann und hat sich einen Wolf gesucht nach Rahmenschäden oder Ähnlichem, hat aber nichts gefunden, was nicht vorher schon 'gealtert' aussah (siehe Resonanzboden).
Ja, ich wäre begeistert, wenn sich jemand zu dem Thema melden würde, habe schon einige Tage (nicht komplett, aber doch schon etwas Zeit) recherchiert, fand aber keine befriedigenden Antworten.

Zweite Frage wäre zur Firmengeschichte von V. Berdux:
Zweites Klavier stammt von o.g. Klavierbauer, ist laut Auskunft von berdux.de von 1896 und ist ein Unterdämpfer. Mit meinen MediaMarkt/ebay-Grundstudiumskenntnissen habe ich mich bewußt immer u.a. auf 'gute Namen' bei Klavieren, was Qualität der Verarbeitung betrifft, konzentriert (wollte auch schon E.M. Berdux oder Kuhse kaufen, war mir aber da jeweils nicht über den Verkäufer sicher genug) und das nicht wegen Markenfetischismus, sondern wegen Empfehlung in Bezug auf Haltbarkeit über 40 Jahre aufwärts.
Jetzt bin ich glücklich bei Berdux gelandet, der ja auch für technische Experimentierfreudigkeit (oder Innovationsfreude) gerühmt wird und hätte die Frage, wann Berdux mit der Unterdämpfung anfing, 1896 ist ja in dem Kontext schon früh, oder?

Ich wäre begeistert, wenn sich der eine oder andere durch die Textflut kämpfen würde und eine kurze Antwort oder einen Verweis auf eine Aufklärung stiftende WebSite schreiben würde, berdux.de hat das vermutliche Produktionsjahr aufgrund der Seriennummer ermittelt, aber keine weitergehenden infos.
Schönes Wochenende noch!
Stefan.
 
Mehrere mögliche Antworten zu "Tonhöhe gleichmäßig abgesackt" (vermutlich ein Mix aus allen angeführten) :

1. Stimmstock kippt insgesamt langsam nach vorne (Konstruktion verwindet sich)

2. Stimmstockholz gibt nach (Stimmnägel kippen langsam nach unten)

3. Resonanzboden gibt nach (Saitendruck schwindet)

4. Saiten dehnen sich, weil übermaßen gespannt ("Stimmer hat zweimal gestimmt" - war vorher vermutlich mehr als ein Halbton zu tief gestanden)

Bedenke, daß die Konstruktionstonhöhe vermutlich nicht 440Hz war (müßte man vor Ort nachrechnen). - wer weiß wie oft Du es unter diesem Aspekt noch hochstimmen kannst.


Zur Berduxer Baugeschichte kann ich Dir leider nichts sagen.

LG
Klaviermacher
 
Danke für die Antwort!

Hallo,
herzlichen Dank für die erste Antwort, ist wahrscheinlich schon erschöpfend/ausreichend, da werden wir es dann eher etwas niedriger gestimmt lassen, daß die Konstruktion damals nicht für 440 ausgelegt war, war uns klar, aber wir dachten, daß bei einem gut erhaltenen Markenklavier mit besten Materialien ein wenig Sicherheit mit reinkonstruiert wurde. Aber mit dem Alter noch zusätzlich wirds dann anscheinend zuviel gewesen sein.
Herzlichen Dank nochmals!
 

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