Steinway B oder Steingraeber 205? Restauriert oder nur leicht gebraucht?

B

belsha

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Meine 6-monatige Flügelsuche um meinen 100-jährigen und nun leider Resonanzbodenbeschädigten Steinway A zu ersetzen scheint sich langsam zu einem glücklichen Ende zu bewegen. Ich habe nun 3 interessante Angebote, muss aber teilweise weit reisen um Sie auszuprobieren:

Ein Steingraeber 205 von 2007, mit ein Paar Konzerten im Bauch, zu einem ausgezeichneten Preis (ist aber weit weg).

Ein voll vom französichen Steinway Repräsentanten restaurierter Steinway B aus dem Jahre 1979 (ich habe selber auf dem Land einen 1980er B, unrestauriert)

Gestern ruft mich ein Händler an er bekäme einen 10 Jahre alten kaum gespielten Steinway B, in einem absolut Top Zustand, für 45000€.

Ich war ursprünglich sehr aufgeregt nach Deutschland zu fahren um einen preiswerten, fast neuen Steingraeber zu kaufen. Ich fande auch die Idee toll, ein selteneres, vielleicht originelleres Klavier als den "Standard" Steinway zu spielen. Ich muss aber sagen das der Hamburger B Flügel mein absolutes Lieblingsklavier ist. Ist der Steingraeber ihm wirklich ebenbürtig? Ein Klavierladen in meinem Viertel vertreibt Steingraeber (und nicht Steinway), nach Probe ist er einverstanden dass der 170er einmalig und ohne Konkurrenz, der neue 212er zwar wunderbar, aber eben mit heftiger, heftigster Konkurrenz, natürlich von Steinway sei. Ich fande den 212 Steingraeber schön, wunderbar voller, saftiger aber klarer, singender Ton. Aber ich vermisste eben schon die grössere Komplexität des Steinways, dass etwas holzige, zugleich urig und raffiniert, und die vollkomment irrsinige Dynamik. Erstaunt was ich zu sehen dass ein daneben stehender Yamaha S4 ein grösseres dynamische Spektrum hatte, aber natürlich einen blasseren Grundton.

Was meint ihr?

Kann man ernsthaft zum gleichen Preis auf einen Steinway B für einen Steingraeber verzichten ? Oder sollte die Tatsache dass ich schon einen B Flügel an anderm Ort besitze mich nicht hindern einen neuren (und hoffentlich besseren) zu kaufen.

Sollte man einen 30 jährigen voll restaurierten Steinway einem 10 jährigen kaum gespielten vorziehen (der ältere ist ca 8000€ billiger)? Oder umgekehrt? Der Händler mit dem 10 jährigen Steinway wollte mir zuvor einen Vorführ Fazioli f183 von 2004 für 49000€ anbieten. Aber selbst diers Fazioli-Fan meint das dass im Vergleich zum grösseren und billigeren Steinway keine interessante Option mehr ist.
 
Hi belsha, Du gibst Dir Deine Antort ja eigentlich schon selbst. Steinway B! Das isses wohl. Bleibt die Frage: 10 oder 30 Jahre alt. Hast Du beide angespielt? Nimm den, der DIR besser gefällt. Die Preise kommen mir völlig ok, sogar eher günstig vor*. Aber ich bin da wirklich kein Experte.

Andererseits: 2 Steinway B wären MIR zu eng beisammen (Konkurrenz). Ich würde ein Instrument kaufen, dass sich absetzt und Qualitäten dort aufweist, wo der S&S vielleicht nicht ganz so perfekt ist. Wenn es Dir aber darum geht, an beiden Orten möglichst ähnliche Instrumente vorzufinden - dann ist es wiederum der B.

* Technischer Top-Zustand natürlich.
 
Hallo belsha,

eigentlich ein sehr positives Problem, was du da hast :) ! Ich könnte deine Fragen nur dadurch beantworten, indem ich auf den Instrumenten spiele. Auch wenn's leider viel Fahrzeit in Kauf nimmt. Jedes Instrument ist eben doch anders. Da alle von dir beschriebenen Flügel sehr gut sind, würde ich den nehmen, bei dem du dich am wohlsten fühlst oder der dir als der Interessanteste erscheint.

Viele Grüße

chiarina
 
Achja- solche Probleme möchte ich auch mal haben!^^:)

Also, ich würde, wenn beide gleich gut sind und gefallen, dann würde ich den nehmen, der sich vom anderen mehr unterscheidet.

Passt das Budget für beide?

LG
violapiano
 
Sie kosten etwas mehr als das ursprüngliche Budget, ich plante aber einen kleineren und älteren Flügel (so etwa 80er Jahre Model A) Es ist aber machbar 45000Eur der 2000er Steinway, 43500 der Steingraeber 2007. Ein bisschen Verhandlung sollte drin sein..
 
Hallo, warum lässt Du nicht Deinen alten Steinway restaurieren? Ich habe im letzten Jahr einen Steinway aus dem Jahr 1918 von der Firma Weschenfelder in Forst bei Bruchsal gekauft. Ein phantastisches Instrument von einer hervorragenden Klavierbau-Firma. Herr Weschenfelder ist ein Perfektionist was seine restaurierten Steinway´s angeht.
Übrigens hat "Chiarina" dort erst vor kurzem ein Instrument gekauft und sich auch nur positiv über die Firma geäussert.
Liebe Grüsse,
Mozarteum
 
Erfahrung gibts nur gebraucht

Hallo belsha.

Wenn der ältere der beiden B's wirklich mit tadellosen Referenzen top restauriert ist, dann wäre nach der Vorgeschichte zu fragen. Zu wünschen wäre, dass dieser Flügel eine Geschichte intensiven pianistischen Gebrauchs auf möglichst hohem Niveau hinter sich hat. In diesem Fall wird er sehr begehrenswert: Du kannst dann davon ausgehen, dass im Resonanzboden und im gesamten Flügel der Klang bis in den letzten Quadratmillimeter freigespielt ist. Dann hat er im Klangpotenzial das gewisse Etwas, das man nur gebraucht und niemals neu kriegt. Vorausgesetzt, die Generalüberholung war nicht übereifrig und hat nicht alles Bewährte und Funktionsfähige rausgeschmissen und alles Sichtbare mit neuem Lack zugekleistert.
Also, in dem erwähnten günstigen Fall würde ich den älteren B dem jüngeren vorziehen.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang
 
Ich habe den Steingräber 205 Kammerkonzertflügel selber angespielt und ich bin auch absolut begeistert davon. Verarbeitungstechnisch steht er Steinway sicher nicht Nichts nach. Der Werterhalt ist aber nicht so wie bei Steinway, das sollte Dir klar sein. Klanglich ist der Steingräber sehr "edel" im Klang.- So klingt nicht jeder andere Flügel, Steingräber Flügel klingen sehr "glockig". Zudem hat mit am 205er der Bass sehr gut gefallen. - Unglaublich stark und massig für die Größe.

Was Du letztlich machst ist deine Sache und ich kann deine Entscheidungsfrage gut nachvollziehen. Falsch machen kannst Du aber eigentlich in keinem der Fälle etwas...
 
Man muss immer und immer wieder darauf hinweisen, dass jeder Flügel ein Unikat ist. Es handelt sich z.v.a. um Holzverarbeitung. Holz aber ist nun ein anisotropes Material, d.h. nicht in jeder Richtung gleich belastbar etc., es hat hoch individuelle Eigenschaften, die erst bei der Verarbeitung und teils - vollkommen richtig - erst mit den Jahren herauskommen.

Generalisierungen über Typenreihen von Flügeln helfen also nur begrenzt weit bei solchen Entscheidungen. Man muss JEDEN EINZELNEN in Betracht kommenden Flügel kennenlernen, anspielen und beurteilen.

Auch die individualen Raumverhältnisse, unter denen Flügel sich präsentieren, spielen eine enorme Rolle und sind nur begrenzt gedanklich übertragbar auf den späteren möglichen Aufstellungsort im eigenen Heim.

Hierzu möchte ich ein Beispiel geben. Ich hatte vor einigen Wochen das ausgesprochene Vergnügen und die Gelegenheit, in einem namhaften Dortmunder Klavierhaus zwei gebrauchte Steinway-Flügel zu spielen. Im Untergeschoss einen Steinway O-180, und im Erdgeschoss einen Steinway B-211. Die Instrumente ungefähr vergleichbaren Alters, der O aus Hamburger Fertigung und den späten 1960er Jahren, das genaue Baujahr des B habe ich mir nicht gemerkt, auch ein Hamburger Instrument (nach Japan zu versenden geplant, es war bereits verkauft).

Nun sollte jedermann denken, ahhh!, die Göttin des Klanges, der B-Flügel, stehe vorn..

Irrtum.

Es war genau umgekehrt. Der O-Flügel im Tiefgeschoss, in "seiner eigenen" Ecke (ein schönes schleiflackweißes Instrument im Ornat des fünfzehnten Ludwig, Goldbordüren) war herausragend im Klang und im Spielgefühl. Der B-Flügel hochparterre, Standard-Outfit Polyester schwarz tiefglanz, war auch OK, aber erschient im Vergleich dazu doch ein wenig schwach, wenn nicht gar "abgeritten". Er litt in seinen Klangeigenschaften merklich unter dem Aufstellungsort: "mittendrin" im Gewühle.., neben der Treppe ins Untergeschoss, keinerlei Wandflächen zur Klangreflektion benachbart, derweilen die wunderschöne weiße O-Flügelin eine ganze Ecke, zwei 90 Grad gesetzte Wände "für sich" allein hatte.
;)

Die lobesamen Worte für "freigespielte" Vibrationen usw. in allen Ehren (schönes Argument.., ich selbst besitze einen vor urlanger Zeit bereits "pensionierten" Konzertflügel..), aber Alter ist mir Kriterium nur insoweit, als es "gute Phasen" einzelner Firmen und teils auch mal "weniger gute" Phasen gegeben haben soll.

Kleine Denkspielchen hierzu: es gibt zum einen generelle Wirtschaftszyklen -weder ist es sehr ratsam - Instrumenten-Neukauf, uU vor Jahrzehnten.., in der Krise zu kaufen, wenn denn ein Verdacht trüge, dass Hersteller in Krisenzeiten bei der Qualität zu sparen begännen - ein Argu, das sicherlich für Weltklassefirmen wie Steinway nicht zutreffen dürfte. Noch ist es sehr ratsam, zu Zeiten massiven Produktionsdrucks und irrer Abverkaufszahlen zu kaufen, wenn denn die Vermutung wäre, dass auch das Auswüchse auf beiderseitiges Hühneraugen-Zudrücken bei der Qualität haben könnte.

Dann gibt es noch firmen-individuale Zeitläufe, zB. diese unsägliche Story der amerikanischen Steinway-Mechaniken mit den verbauten Teflon-Teilchen, die aus den 1960er bis frühen 1980er Jahren enstammen und subtil das Klackern anfangen können - aber nur zu bestimmten Jahreszeiten, wenn die Ausdehnungen, Holz, Filz versus Teflon nicht mehr passen.. Wo Steinway New York das Management Hamburg unter Druck setzte, noch doch endlich auch mal sich zum Teflon-aalglatten Fortschritt zu bekennen.. Wo das Hamburger Management mit seinem Bedenken, dass das alles noch nicht so ganz ausgereift erschiene, gegen New York nur deshalb "recht" behielt, weil Hamburg weit besser verdiente als New York...

Auch ältere Instrumente können von diesen Mechaniken bei Restaurationen damals "ereilt" worden sein..., so wie auch heute noch in den USA uralte Steinways von dem Komplettaustausch der Klaviaturen "ereilt" werden können, unter Verlust des Elfenbeins.. , aber 100% "Original Steinway"... Da man sich proaktiv (siehe S+S-Website) dazu bekennt, bei einer Flügelrestauration die "Schublade" mit den 11.000 Spiezeugteilen komplett herauzuziehen und schlicht WEG-ZU-WER-FEN...

Back to the track...

Das alles aber ist - mit Verlaub - Tinneff gegen die individuale Beurteilung eines Instrumentes - die, wenn es irgend geht, am Standort seines späteren jahrzehntelangen Wirkens stattfinden sollte (OK, ein Argument, das ich bei meinem schwarzen Glücksdrachen mangels Kunde und aus anderen Gründen auch nicht praktizierte).

Wenn man bereit ist, 40 Kilonen für einen wertvollen Flügel auszufassen, sollte mindestens mit dem einen Instrument der Wahl ein Probebetrieb daheim möglich sein. Ein Flügel-Hin-und-Hertransport mag 600 oder 700 Euronen kosten; diese Kosten sind im Vergleich zur Anschaffung und den in Jahrzehnten später auflaufenden Betriebskosten m.E. dann doch eher geringfügig.

Aber dies posting ist eh "für die Katz". :D Denn wenn ich für mich spräche: Ich würde mich NICHT von einem 100 Jahre alten Steinway trennen - egal, was daran gemacht werden müsste, oder wie "klein" der sei.. So ein Instrument dürften dann gern meine Erben verticken, wenn ich dereinst mit den Füßen voran mein Haus in der letzten Kiste verlassen werde.

Hope this may have helped a little..
 
PS NB ein Nachklapp noch - apropos Steingräber.

(Zu den laut Christian herausragenden Klangeigenschaften kann ich nichts beitragen, da ich leider noch keinen Steingräber unter den Fingern hatte bislang. Aber er kennt sich doch gut aus und mag gern recht haben hierin.)

Jedoch eine Info: Deren Instrumente bieten seit einiger Zeit (in der "Phoenix"-Version) zum einen die Möglichkeit, dass das Soundboard aus Carbonfasern bestehe.

Und zum anderen, optional verbaut man - statt der sonst obligaten Renner-Hebeglieder und Mechanik-Innereien - auf Wunsch auch Carbon-Verbundwerkstoff-Hebeglieder und anderes hochmoderne, leichtere Spielzeug aus den USA von Wessell, Nickel and Gross.

Wie ich finde, sehr interessante Dinge. Denn WN&G solle die Probleme, die Steinway vor 40 Jahren hatte, mittlerweile zur Zufriedenheit gelöst haben können, wie mir einige Jungs auf der anderen Teichseite bei www.pianoworld.com/forum mitteilten.

Sowas möchte ich unbedingt mal probehalber spielen; ich hege den Verdacht, dass sich diese Mechaniken in derjenigen (traumhaft schönen, leichtgängigen) Weise einstellen lassen, die einzelnen exzellent einregulierten Flügeln von Blüthner nahekommen mag.

Diese Mechaniken - wenn es denn stimmt - verbunden mit der Klanganlage eines uralten Steinway...

:)
 
Danke, BerndB, für das Prädikat "lobesame Worte".
Mir war es ein Anliegen, in diesem nach meiner Erfahrung wichtigen und mehrfach erlebten Punkt die Entscheidung für unseren Themengeber, entlang einer seiner Fragen, zu erleichtern.

Zu deinem Konzertflügel: Generell sind Konzertflügel eher selten in der beschriebenen Weise freigespielt, da sie üblicherweise zwar anspruchsvoll konzertant genutzt werden, dies aber nur sporadisch. Ein Hausflügel, der ein bis drei Jahrzehnte als pianistisches Arbeitspferd drangekriegt wurde, hat nach gründlicher Überholung mehr zu bieten. (Vielleicht hast du ja im Laufe der Zeit aus dem deinigen so etwas gemacht...)

Gruß
Martin
PianoCandle


... .............. Klang
 

Ja Bernd, es gibt tatsächlich diese Inovationen bei Steingräber und es werden auch Carbonfasern eingesetzt. Ich weiß es aber nur von den derzeit neuen Instrumenten, besonders von Klavieren (130 Studio).

Der Kammerkonzertflügel 205 wird seit 2 Jahren gar nicht mehr produziert. Man hat ihn auf 212 cm erweitert. Sicher hängt dieser gute Preis auch damit zusammen.

Ich habe in der letzten Zeit ungefähr 40 Flügel angespielt (Liste kann ich gerne mal veröffentlichen). Darunter auch neue Steinways und Steinway D Flügel. Es haben mich genau zwei Flügel angesprochen: Der Steingräber 205 und ein Schimmel K230. Die neuen Steinways haben mich nicht im geringsten Angesprochen: Ausnahme das Steinway K132. Vielleicht waren das aber auch einfach "schlechte" Instrumente, man darf nicht pauschalisieren, genau wie Bernd es betonte...
 
Danke, BerndB, für das Prädikat "lobesame Worte".
Mir war es ein Anliegen, in diesem nach meiner Erfahrung wichtigen und mehrfach erlebten Punkt die Entscheidung für unseren Themengeber, entlang einer seiner Fragen, zu erleichtern.

Zu deinem Konzertflügel: Generell sind Konzertflügel eher selten in der beschriebenen Weise freigespielt, da sie üblicherweise zwar anspruchsvoll konzertant genutzt werden, dies aber nur sporadisch. Ein Hausflügel, der ein bis drei Jahrzehnte als pianistisches Arbeitspferd drangekriegt wurde, hat nach gründlicher Überholung mehr zu bieten. (Vielleicht hast du ja im Laufe der Zeit aus dem deinigen so etwas gemacht...)

Gruß
Martin
PianoCandle


... .............. Klang


Hallo Martin,

ich darf es nicht mehr noch hoffen, dass da noch etwas „freizuspielen“ sei, denn mein Flügel ist ururalt.. Seine ersten Vibrationsveränderungen wird er bereits auf dem Weg von New York nach Liverpool erlitten haben, denn die damaligen Dampfmaschinen als Schiffsantriebe liefen bekanntermaßen alles andere als schwingungsarm.. ;) (Ich bin Ingenieur und habe u.a. Maschinendynamik und Schwingungslehre studiert.)

Vielleicht habe ich dennoch eine Chance auf Klangverbesserung, falls er eventuell gar noch gesegelt sein sollte.. Das ist auch nicht auszuschließen, denn der Flügel verließ die New Yorker Premises von Steinway & Sons bereits am 12. September 1877 - vor 133 Jahren also.

Ich gehe mal davon aus, dass er in London dann eine Weile referentiell recht heftig „rangenommen“ wurde, denn seine Auslieferung fällt in die Zeit nach der Weltausstellung 1876 in Philadelphia, auf der diese „lousy german newcomer“ derer Steinweg plus Söhnen dea altetablierten amerikanischen Klavierbäckereien Weber und Chickering eine Nase drehen konnten, mit einer Goldmedaille als bestes Klavier prämiert worden war - für just dieses Flügelmodel, das als Urvater der heutigen D-Konzertflügel gelten darf, denn die ersten D-Konzertflügel waren nicht 274cm lang (ab 1884), sondern „nur“ 270cm (1878-1884), und wurden bereits im Jahre 1878 durch schlichtes Umtaufen des 1875er Erfolgsmodells „Cenntennial Grand“ geboren. Meiner ist - wegen „zu früher“ Geburt – kein D-270, sondern noch ein baugleicher Concert Grand „style 5“, der ausweislich der Preislisten damals zum Kurs von 1800 USD verfügbar war.

Richard Wagner erhielt einen (geschenkt, ein „Art Case Piano“, über und über verschnörkelt), und auch Thomas A. Edison besaß einen.

Weesentlicher Unterschied zu den heutigen D: meiner hat noch kein „RIM“-Gehäuse aus verleimten Holzblättern, sondern ist noch mit (vermutlich dampfgebogenen) Hölzern im Flügelprofil aufgebaut. Zudem hat er einen derart massiven Unterbau, den ich gerne mit den jahrhundertelang haltbaren Kirchendachstühlen vergleiche. Damit ist ein wesentlich höheres Gewicht gegeben. Mit den mehr als 600 Kilogramm dürfte mein Drache zu den schwersten jemals gebauten Klavieren zählen, und sicherlich zu den (für Bassmöger) allerbest klingenden.

Referentiell gebaut deshalb, weil zu jener Zeit Steinway bereits in Frankreich eine Kooperation mit den Freres Mangeot zum Bau von Klavieren mit französisch gefertigten Gehäusen und amerikanischer Klanganlage unterhielt, da man in Paris bereits erfolgreich ausgestellt hatte und so mancher Europäer doch von diesen amerikanischen „Eisenklavieren“ angetan war..

Da hatte die Familie, samt dem im Wesentlichen in Deutschland verbliebenen Sohn Theodor(e), bereits beschlossen, dass trotz ausgewandert zu sein dennoch wieder eine Fertigung in Europa stattfinden solle – Theodore hatte die väterliche Manufaktur von Goslar über Wolfenbüttel nach Braunschweig verlegt und dann leider wegen Todesfällen seiner Brüder bereits an seine ehemaligen Mitarbeiter Grotrian und Helfrich verkauft.

Unklar war „nach Philadelphia“, wo genau man das aufbauen wolle: eine neue europäische Fertigung von Steinway-Pianos. Angeboten hatte sich hierfür auch der Freund von William Steinway, William Maxwell in Londen, der als Generalvertreter für England agierte.

Eine neue Fabrik entschied man dann in New York doch gegen London: es muss schweren Ärger mit Maxwell gegeben haben. Dabei solle es (dem Buch von Lieberman zufolge) um Geld gegangen sein. Möglicherweise um Geld aus genau der Belieferung einer ganzen Reihe der erfolgreichen Steinway-Klaviere in der Folge der Weltausstellung..

(..unter Umständen also wartet Steinway New York immer noch, seit 133 Jahren?, auf die Bezahlung für meinen Flügel? ... Und ich hoffe, dass derartige Ansprüche knapp nun verjährt sein müssten und keine Beschlagnahme durch ruppige amerikanische Anwälte geschähen..)

Das Modell für diese transatlantischen Geschäfte war wohl, dass entweder wohlhabende Klaviermöger selbst in Philadelphia waren und sich Nachschub orderten, oder aber dass Maxwell einen „batch“ Klaviere sich auf den Hof orderte, mit dem Vorsatz,. er werde die Klavier sicherlich dann schon an den englischen Mann bringen.

Genau dieser mein Konzertflügel, irgendwo um die 30. Produktionsnummer der insgesamt 424 jemals gebauten Centennials, hat das Muster der späteren Hamburger D-Grands. Als sei dieses Klavier damals zu Maxwell gegangen, mit der impliziten Aufforderung der Brüder Steinway (der Vater lebte da schon nicht mehr): so, hier hast du, Maxwell, ein Muster. DAS ist das Klavier, das es zu bauen gilt. Guck es dir genau an.

Kannst du das so, wie wir das brauchen, oder kannst du das nicht?

Später hatte sich dann Brüderchen Theodor(e) durchgesetzt, unter dessen Leitung dann 1880 die Hamburger Steinway-Fabrik im Norden von St. Pauli ihren Betrieb aufnahm. Nicht in England wurden dann folglich die neuen europäischen Steinways gebaut, sondern eben in Hamburg – mit einem Layout und Muster, das meinem Flügel von 1877 wie eineiige Zwillinge aus dem Gesicht geschnitten scheint. Die ersten Hamburger Onzertflügel D von 1880 sehen ganz exakt so aus wie mein New Yorker Centennial von 1877 – denn das Polyester, den „Klavierlack“, gab es damals ja auch noch nicht.. .

Den genauen Lebensweg meines Instrumentes „nach London – vor Hannover“ suche ich noch zu erforschen. Zur Zeit brüten die Vereinigten Organisten der Schottischen Kirche rund um Edinburgh über eine Mail, die um Hilfe bei der Suche nach dem vorigen Verbleib des Konzertflügels ersucht. Denn der Flügel solle in einem Gemeindehaus der Anglikanischen Kirche Schottlands gestanden haben und wird vermutlich der Ausbildung von Organisten, Chorleitern und einem Kirchenchor über lange Jahrzehnte zu Proben gedient haben – denke ich mir, nach den wenigen Hinweisen, die ich vom Verkäufer habe.

Es kann aber auch sein, dass der Konzerter tatsächlich lange Jahrzehnte „Bühnendienste“ verrichtete, (..oder aber eben nicht, so wie ein nahezu neuer Steinway D-274 von 1982 hier in einer Kleinstadt nach Spenden durch einen Freundes- und Förderverein nahezu unbespielt seit beinah 30 Jahren die Bühne einer Halle nutzlos ziert.. , weil diese westfälischen Pohlbörger einen geradezu bleiernen Hintern haben und sich nicht zu Tourneetheater- oder Konzertreihen von ihren – zugegeben kommoden - Gehöften wegbewegen möchten..)

Eine weitere Hoffnung auf gründliches Vibrieren des Flügelinneren böte also der vemutet schlechte Straßenzustand in England und Schottland zu Zeiten der Industriellen Revolution: dass z.B. die Eisenbahn-Schienenstöße und Weichenfahrten dem großen Konzerter alle restlichen Spannungen aus seinem gewaltigen Drachenleibe hieben. ;)

Noch also gibt es Hoffnung für weitere Klangverbesserungen. Da ich aber jetzt bereits eine Sound-Traummaschine mein Wohnzimmer regieren habe, wüsste ich momentan gar nicht, NOCH weitere Klangoptimierungen seelisch zu verdauen. ;)

Jux beiseite: große Teile der Clavio-Community kennen bereits meine immer mal gelegentlich erzählte Geschichte um den Kauf. Das gewaltige Ding war „Liebe auf den ersten Ton.“ Oder genauer: auf den Letzten Ton - beim Anspielen in der Werkstatt eines Klavierbauers. Da verklang der A-Dur-Akkord von Tarregas „Recuerdos de la Alhambra“ – und ich durfte – gehaltenen Dämpferpedales – Zeuge sein, wie der Pianissimo-Klang beinah fünf (!!) Minuten lang an die Himmelstüre des Klanges klopfte.

Und sie ward mir aufgethan.

:D

Freundliche Grüße vom Glücksdrachen-Futterdienstleister

BerndB
 
Hallo, warum lässt Du nicht Deinen alten Steinway restaurieren?
Mozarteum

Ich hatte zwei Kostenvoranschläge, der eine 20 000€ vor dem Resonanzbodenriss, der andere 30 000€ danach. Das lohnt sich für mich einfach nicht, und das Risiko ist gross dass der Boden wieder reisst. So sehr ich auch den "alten" Steinwayklang liebe, brauch ich unter anderem für Aufnahmen einen moderneren Flügel
 
Hallo belsha.

Wenn der ältere der beiden B's wirklich mit tadellosen Referenzen top restauriert ist, dann wäre nach der Vorgeschichte zu fragen. Zu wünschen wäre, dass dieser Flügel eine Geschichte intensiven pianistischen Gebrauchs auf möglichst hohem Niveau hinter sich hat. In diesem Fall wird er sehr begehrenswert: Du kannst dann davon ausgehen, dass im Resonanzboden und im gesamten Flügel der Klang bis in den letzten Quadratmillimeter freigespielt ist. Dann hat er im Klangpotenzial das gewisse Etwas, das man nur gebraucht und niemals neu kriegt. Vorausgesetzt, die Generalüberholung war nicht übereifrig und hat nicht alles Bewährte und Funktionsfähige rausgeschmissen und alles Sichtbare mit neuem Lack zugekleistert.
Also, in dem erwähnten günstigen Fall würde ich den älteren B dem jüngeren vorziehen.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang

Ich habe den älteren B inzwischen ausprobiert. Neue Saiten Hammer, usw usw sind drin. Er klingt etwas "grün", also unreif, sehr klar, klinisch, etwas hart. Das sind wohl all die neuen Teile die sich erst einleben müssen und eine gute Intonation braucht er sicher sowieso. Aber ich habe schon das Gefühl dass diese Totalrestaurierungen die Flügel etwas brutalisieren, die Teile gehören zusammen, altern zusammen, schwingen zusammen, atmen zusammen. War kein schlechtes Instrument, aber schwer sich so in es zu verlieben..;

Die Theorie vom Klang der im Resonanzboden sich erst freispielen muss ist mir vollkommen neu. Aus meiner Erfahrung gibt es sowohl wunderbare neue als alte Flügel, fade oder schrille alte und neue. Ist trotzdem interessant.
 
Ich habe den Steingräber 205 Kammerkonzertflügel selber angespielt und ich bin auch absolut begeistert davon. Verarbeitungstechnisch steht er Steinway sicher nicht Nichts nach. Der Werterhalt ist aber nicht so wie bei Steinway, das sollte Dir klar sein. ...

Ich bin mir da gar nicht so sicher. Steingraeber sind sehr selten, nur wenige werden produziert, und sind kaum gebraucht erhältlich. Ihr Ruf als Geheimtipp scheint immer grösser zu werden, den 205 gibt es nicht mehr neu, das könnte schon einige interessieren. Das Modell ist fast neu (2007) und nur 10 Mal gespielt, kostet 43000€ anstatt 60 000 damal oder 68000 der Nachfolger 212 heute. Also der grosse Wertverlust gleich nach dem Neukauf ist schon dahinter, den jetzigen Wert sollte der Flügel noch einige Zeit behalten.
Sicher ist, dass man den Steingraeber nicht so schnell wie einen Steinway verkaufen kann, da weniger bekannt, aber nicht unbedingt weniger teuer.
 
Aber dies posting ist eh "für die Katz". :D Denn wenn ich für mich spräche: Ich würde mich NICHT von einem 100 Jahre alten Steinway trennen - egal, was daran gemacht werden müsste, oder wie "klein" der sei.. So ein Instrument dürften dann gern meine Erben verticken, wenn ich dereinst mit den Füßen voran mein Haus in der letzten Kiste verlassen werde.

Hope this may have helped a little..

Es tut mir schon sehr weh diesen Flügel zu verkaufen, selbst wenn er in einem fürchterlichen Zustand ist. Es hat schliesslich ein etwas idealistischer Klavierbauer ihn für 6500€ gekauft, und will ihn auf nicht so aufwendige Art restaurieren und für etwa das doppelte wieder verkaufen. Ich habe schon mit der Idee gespielt ihn dann wieder zurückzukaufen... Wäre aber schon ein etwas exzentrischer Luxus (und ein Platzproblem). Es wäre natürlich schon neben einem modernen Steinway ein "vintage Instrument" stehen zu haben, aber ich hätte auch gerne einen Bösendorfer neben meinem Steinway, und wieso auch nicht noch einen Pleyel der 20er Jahre, und einen Bechstein der Jahrhundertwende, und und und...
 
Hallo Belsha,

Du hast schon recht, Steingräber sind einfach selten, aber das es kaum Gebrauchtinstrumente auf dem Markt gibt, ist ja auch ein gutes Zeichen, denn kaum einer will sein Instrument hergeben. Im Zeitalter des Internets haben ja auch Nischenhersteller wie Steingräber die Chance, bekannt zu werden. Bedenke nur mal, dass Steingräber derzeit vielleicht 150 Instrumente (Flügel und Klavier zusammen) im Jahr herstellt, während es bei Steinway immerhin über 3000 sind.
Wenn ich Deine Zahlen richtig lese, hat der Anbieter ja nicht nur diesen einen Steingräber im Angebot, so dass ein kleiner Testurlaub vielleicht gar keine so schlechte Idee ist.

Viele Grüße,
Kristian
 
Jedoch eine Info: Deren Instrumente bieten seit einiger Zeit (in der "Phoenix"-Version) zum einen die Möglichkeit, dass das Soundboard aus Carbonfasern bestehe.

Und zum anderen, optional verbaut man - statt der sonst obligaten Renner-Hebeglieder und Mechanik-Innereien - auf Wunsch auch Carbon-Verbundwerkstoff-Hebeglieder und anderes hochmoderne, leichtere Spielzeug aus den USA von Wessell, Nickel and Gross.



:)

Ich finde dass auch sehr spannend. Interessante Firma, die einerseits vollkommen traditionnell nur aus Hand und mit Naturstoffen Klaviere baut, auf der anderen Seite diese Phoenix Instrumente mit Carbonfasern macht. Möchte ich unbedingt ausprobieren und hören !

Ich habe so einen Tagtraum: in einer Hütte mitten im Amazon Urwald zu leben und Klavier zu spielen: tja, mit dem Steingraeber Phoenix scheint's möglich zu sein (und in der Sahara auch!)
 

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