Skurrile Kleinanzeigen bei Ebay

Style IV. Ist doch kein Tesla..;-)

Nee, das ist es auch nicht. Das eines dieser Experimentierfelder, wo Theodore und Herr Ziegler noch rumexperimentiert haben, bevor sie dann 1884 den ersten D auf den Markt brachten, der eben nicht mehr abgleitet vom Centennial oder dem Model III war, sondern eine eigenständige Neuentwicklung war, parallel zu der Entwicklung der bereits existierenden Modelle B (ab 1884) und C.

The real deal steht hier in Wien, aber nicht beim Teppichhändler, sondern bei mir. Steinway D, gebaut 1887, 1888 nach London ausgeliefert und signiert vom ersten Besitzer. Alles original, bis auf die Saiten, Wirbel und roten Filze. Sogar die Hammerköpfe sind noch original und ließen sich intonieren, mit einem hörbaren Erlebnis der Extraklasse:

 
The real deal steht hier in Wien, aber nicht beim Teppichhändler, sondern bei mir. Steinway D, gebaut 1887, 1888 nach London ausgeliefert und signiert vom ersten Besitzer. Alles original, bis auf die Saiten, Wirbel und roten Filze. Sogar die Hammerköpfe sind noch original und ließen sich intonieren, mit einem hörbaren Erlebnis der Extraklasse:
Man sieht diese Besonderheit, „Spielerei“, wofür ich heute vielmehr den im Engineering verwendeten Begriff des ‚Proof of Concept‘ (POC) verwenden würde, ja sehr schön an der Verdickung der Querstrebe im Mittenregister (nahe Deiner linken Hand) und den da fehlenden Agraffen erkennbar ist, dass wir es hier mit einem Kapo über 3 Register mitsamt Front-Duplexskala zu tun haben. Nur die gedrehten Stegstifte sieht man hier nicht.

Anscheinend war dieser POC nicht erfolgreich, womöglich zu aufwendig zu bauen/zu stimmen und damit teurer in der Produktion? Oder weil Theodore schon wieder nach Brunswick zurückgekehrt war? Im C wurde das Feature offensichtlich nicht verwendet, erkennbar hier im Video eines C auch aus 1887, aber ohne die Verdickung an der Strebe und mit Agraffen im 3. Register (etwas unscharf, aber es reicht zu erkennen: https://www.chuppspianos.com/pianos...RnOrjUIsd9nouSWVIOpx14b-mgqwCGCpLEg_XwJAkGYPK)

Egal, aber was mich interessiert: wie wirkt sich die Duplexskala im 3. Register klanglich aus - gerade im Vergleich zu einem D ein paar Jahre soäter mit dem heutigen Design ohne dieses Feature? Hört man da wirklich einen Unterschied?
 
Egal, aber was mich interessiert: wie wirkt sich die Duplexskala im 3. Register klanglich aus - gerade im Vergleich zu einem D ein paar Jahre soäter mit dem heutigen Design ohne dieses Feature? Hört man da wirklich einen Unterschied?

Ich schlage einen anderen Ansatz vor: Nimm einen modernen Steinway der Modelle B, C und D und dämpfe die vorderen Duplexskalen der beiden oberen Diskantfelder ab, z.B. mit zwei Staubtüchern. Plötzlich klingen die Flügel deutlich flacher; der Vergleich zu älteren Bechsteins drängt sich geradezu auf.

Und dann extrapolierst Du diesen enormen Unterschied auf eine zusätzliche Frontduplexskala, beginnend bei G#2. Interessanterweise der Bereich, in dem Cantilenen der Spätromantik eine herausragende Rolle spielen, wie z.B. in allen Klavierwerken von Brahms ab Op.116. Für meine Ohren sind sie deutlich obertonreicher und unterstützen solche Cantilenen mit mehr Klangfarbe. Und dämpft man diese dritte Duplexskala vollständig ab, verschwindet ein erheblicher Teil der Klangfarbe, die durch diese "Spielerei" entstanden ist.

Theordore Steinway und Henry Ziegler waren Tüftler vor dem Herrn (mit Unterstützung von Herrn Helmholtz) und dieses Modell D war noch die letzte Experimentierwiese, um mit genau so etwas herumzuspielen. Die Modelle B und C waren 1884 praktisch "fertig" und haben 1892 nur noch kosmetische Änderungen erhalten, wie beim B die zusätzliche Töne 86-88, ohne aber die Mensur zu ändern. Mein 1886er B ist ein moderner Steinway B, es fehlen ihm halt nur drei Tasten.

Meine Hypothese für den Wegfall der dritten Frontduplexskala und der unterschiedichen Saitenlängen innerhalb einer Chores ist die, dass man für die "Konzerter" (als die ich B, C, D sehe, nicht aber den A) eine Homogenität im Klangbild haben wollte. Das ist für mich der Grund, warum seit mehr als einem Jahrhundert in ambitionierten Haushalten, die regelmäßig auf Ds spielen, entweder ein B oder, seltener, ein C vorhanden ist.

Zugunsten der Einheitlichkeit wurde halt die Einzigartigkeit eines Konzertes fallengelassen, eben weil er einem Spieler nicht vermittelte, dass der Gesamteindruck von Klang und Spielart direkt auf aktuelle Bs Und Cs übertragbar war.

Du bist nach Absprache gerne dazu eingeladen, ein Staubtuch mitzubringen und den für mich massiv hörbaren Klangunterschied selbst zu erfahren.
 
Theordore Steinway und Henry Ziegler waren Tüftler vor dem Herrn (mit Unterstützung von Herrn Helmholtz) und dieses Modell D war noch die letzte Experimentierwiese, um mit genau so etwas herumzuspielen.
Würde mich nicht wundern, wenn beide noch weitere Experimente durchgeführt hatten, die es dann allesamt nicht in die Produktion geschafft hatten.

Meine Hypothese für den Wegfall der dritten Frontduplexskala und der unterschiedichen Saitenlängen innerhalb einer Chores ist die, dass man für die "Konzerter" (als die ich B, C, D sehe, nicht aber den A) eine Homogenität im Klangbild haben wollte. Das ist für mich der Grund, warum seit mehr als einem Jahrhundert in ambitionierten Haushalten, die regelmäßig auf Ds spielen, entweder ein B oder, seltener, ein C vorhanden ist.

Zugunsten der Einheitlichkeit wurde halt die Einzigartigkeit eines Konzertes fallengelassen, eben weil er einem Spieler nicht vermittelte, dass der Gesamteindruck von Klang und Spielart direkt auf aktuelle Bs Und Cs übertragbar war.
Die Argumentation ist nachvollziehbar, trotzdem habe ich da noch einen gedanklichen Haken:
Wenn der Unterschied auch in den Mitten so frappierend deutlich ist, dann hätte Theodore doch auch den umgekehrten Weg zur Erzielung der Einheitlichkeit gehen können, indem er die 3. vordere Duplexskala zusätzlich auch noch in C und B mit eingebaut, so wie er es zuvor mit den Diskant-Skalen gemacht hatte. Nein, anstatt dessen hält er das nur ein paar Jahre durch bevor es es dann aus dem D wieder herausnimmt. Außerdem wäre das doch eine prima Möglichkeit für die Konkurrenz gewesen, sich damit abzusetzen, wenn es Steinway selbst nicht macht, hat aber m.W. Niemand sonst umgesetzt.
Von daher nehme ich an, daß der Effekt allgemein doch nicht signifikant genug gewesen ist (vor allem für die kleineren Baureihen mit entsprechenden Mensuren), um den zusätzlichen Aufwand & Kosten für alle Baureihen zu rechtfertigen. Grundsätzlich ist die Ausprägung des Effekts ja frequenzabhängig, weswegen das ja auch noch niemand im Baß versucht hat das umzusetzen. Aber trotzdem durchaus vorstellbar, dass bei Konzertlänge die Mitten hörbar profitieren. Das wäre doch was, wenn man das wie ein Silentsystem nachträglich einbauen könnte…
Du bist nach Absprache gerne dazu eingeladen, ein Staubtuch mitzubringen und den für mich massiv hörbaren Klangunterschied selbst zu erfahren.
Danke für das Angebot - diese Hörerfahrung würde mich reizen. Aber rein aus Jux nur deswegen mit Staubtuch von Düsseldorf nach Wien zu fahren, wäre jetzt leicht vermessen..;-) Aber wenn sich das mal mit anderen Dingen dort verbinden lässt, komme ich gerne darauf zurück.
 
Würde mich nicht wundern, wenn beide noch weitere Experimente durchgeführt hatten, die es dann allesamt nicht in die Produktion geschafft hatten.

Und einige, die es in die Produktion geschafft haben. Beim D gab es um 1900 noch einige weitere kleine Detailumarbeitungen, die es bei Kehl/Kirkland in eine eigene Abteilung geschafft haben, die vor allem übermittelt, dass ab dieser Zeit das Modell in gleicher Bauweise sowohl in New York als auch in Hamburg gefertigt wurden, natürlich mit Gußplatten, die allesamt in den USA gefertigt wurden, so wie auch heutige Hamburger Steinways immer noch Platten aus Ohio bekommen.

Die Argumentation ist nachvollziehbar, trotzdem habe ich da noch einen gedanklichen Haken:
Wenn der Unterschied auch in den Mitten so frappierend deutlich ist, dann hätte Theodore doch auch den umgekehrten Weg zur Erzielung der Einheitlichkeit gehen können, indem er die 3. vordere Duplexskala zusätzlich auch noch in C und B mit eingebaut, so wie er es zuvor mit den Diskant-Skalen gemacht hatte. Nein, anstatt dessen hält er das nur ein paar Jahre durch bevor es es dann aus dem D wieder herausnimmt.

Ich führe das auf mangelnde Skalierung der Fertigung zurück. Die Anzahl der A-, B- und C-Flügel in dieser Zeit dürfte überproportional groß im Vergleich zu den D-Flügeln gewesen sein. Ich kenne massig B-Flügel aus den 1880/90er Jahren in Europa und desgleichen C-Flügel in Amerika.

Die Bauart meines D-Flügels ist derart rar, dass ich bisher genau einen in Australien gesichtet habe (der mittlerweile unauffindbar ist) und einen weiteren, ziemlich abgerockten, in Finnland. Die verbliebenen 3-4 in den USA sind aufs wunderbarste nach der Methode "Alles neu macht der Mai" hingerichtet worden. Die bei Chupps gezeigten legen beredtes Zeugnis davon ab.

Außerdem wäre das doch eine prima Möglichkeit für die Konkurrenz gewesen, sich damit abzusetzen, wenn es Steinway selbst nicht macht, hat aber m.W. Niemand sonst umgesetzt.

Wäre da nicht die schon damals industrieweit bekannte Wehrhaftigkeit zum Thema Patente bei Steinway gewesen. Die dürfte auch schon damals die Ausmaße dessen gehabt haben, wie es heutzutage verbissen um die Markenrechte bei den Tastaturklappenemblemen durchgezogen wird.

Von daher nehme ich an, daß der Effekt allgemein doch nicht signifikant genug gewesen ist (vor allem für die kleineren Baureihen mit entsprechenden Mensuren), um den zusätzlichen Aufwand & Kosten für alle Baureihen zu rechtfertigen.

Das ist eine Annahme, die sich weder falsi- noch verifizieren läßt. Mein B von 1886 ist in jedem Fall obertonreich genug, als dass ich den Wunsch verspüren würde, dass da noch eine weitere Duplexskala im Tenorbereich reingehörte.

Grundsätzlich ist die Ausprägung des Effekts ja frequenzabhängig, weswegen das ja auch noch niemand im Baß versucht hat das umzusetzen. Aber trotzdem durchaus vorstellbar, dass bei Konzertlänge die Mitten hörbar profitieren. Das wäre doch was, wenn man das wie ein Silentsystem nachträglich einbauen könnte…

Könnte man ja alles digital nachbilden, aber dann wäre es nur modelliert. Wollte man es richtig haben, dann müsste man es samplen, mit allen möglichen Dynamikabstufungen plus Una Corda, mit und ohne rechtem Pedal. Diesen Luxus will sich wohl keiner leisten, weil der Zeitaufwand, neben Manpower und Studioreservierung dann doch überproportional groß wäre. Und man überhaupt erst einmal ein solches Instrument haben müsste, das eben nicht nach der Brachialmethode "aufgearbeitet" wurde.

Danke für das Angebot - diese Hörerfahrung würde mich reizen. Aber rein aus Jux nur deswegen mit Staubtuch von Düsseldorf nach Wien zu fahren, wäre jetzt leicht vermessen..;-) Aber wenn sich das mal mit anderen Dingen dort verbinden lässt, komme ich gerne darauf zurück.

Naja, ein Staubtuch habe ich zur Not auch noch in der Schublade...
 

Die Bauart meines D-Flügels ist derart rar, dass ich bisher genau einen in Australien gesichtet habe (der mittlerweile unauffindbar ist) und einen weiteren, ziemlich abgerockten, in Finnland. Die verbliebenen 3-4 in den USA sind aufs wunderbarste nach der Methode "Alles neu macht der Mai" hingerichtet worden. Die bei Chupps gezeigten legen beredtes Zeugnis davon ab.
Australien: dieses hier - https://specialtypianos.com.au/steinway-d-kayser/ ?

Aber nicht nur da, auch noch in Deutschland: https://www.pianelli.de/steinway-sons-d-fluegel-gebraucht.html
Nach der Seriennummer ist dieser D tatsächlich aus 1893, wahrscheinlich dann einer der allerletzten mit diesem ‚Klangturbo‘, denn der hat auch die vordere Duplexskala im 3. Register wie auch unterschiedliche Saitenlängen pro Chor. Allerdings ist er leider außer dem Reso ähnlich „entkernt“ worden wie die Amerikanischen - was so ziemlich auf die meisten bei Pianelli zugrifft.

Und dann wird noch so Werbung gemacht, die weh tut: „Bezüglich Klang und Spielart haben wir uns so nahe wie möglich an den neuen Steinway Instrumenten orientiert, ..“

Aus dem gleichen Baujahr 1893, aber ohne das Feature:
Also hat Steinway das Feature im Laufe des Jahres 1893 rausgenommen, d.h. Vielleicht gibt es noch irgendwo ‚frühe‘ 1893er..
 

Ja. Und mit der Wayback-Maschine kann man auch Bilder davon sehen:


In der Tat ist das Instrument identisch zu meinem, bis auf etwas mehr Schnörkel an den Beinen.

Aber nicht nur da, auch noch in Deutschland: https://www.pianelli.de/steinway-sons-d-fluegel-gebraucht.html
Nach der Seriennummer ist dieser D tatsächlich aus 1893, wahrscheinlich dann einer der allerletzten mit diesem ‚Klangturbo‘, denn der hat auch die vordere Duplexskala im 3. Register wie auch unterschiedliche Saitenlängen pro Chor.

Nein, der Flügel hat nur zwei Diskantfelder mit Capo d'Astro, wie man ganz klar auf:


sehen kann. Und bei den unterschidlichen Saitenlängen war der "Restaurateur" recht kreativ, als er einen neuen Steg geschnitzt hat. Die ersten 5 Töne im ersten Diskantfeld haben fälschlicherweise parallel gesetzte Stegstifte. Und auf:


Sieht man auch einigermaßen deutlich, dass die Stegstifte der ersten Blanksaiten gerade gesetzt sind. Wie gesagt, war offensichtlich sehr kreativer Handwerker.

Allerdings ist er leider außer dem Reso ähnlich „entkernt“ worden wie die Amerikanischen - was so ziemlich auf die meisten bei Pianelli zugrifft.

Und dann wird noch so Werbung gemacht, die weh tut: „Bezüglich Klang und Spielart haben wir uns so nahe wie möglich an den neuen Steinway Instrumenten orientiert, ..“

Ja, das meine ich mit "Alles neu macht der Mai". Grausam. Meinen habe ich einem Privatmenschen in letzter Sekunde abgekauft; der Flügel stand schon in der Spedition, die ihn zur Werkstatt bringen sollte, die den Flügel nach genau dem Prinzip generalüberholen sollte. Gottseidank war ich schon früher in Kontakt mit dem Herrn Schmidt und sprach genau zum richtigen Zeitpunkt mit ihm, als wir uns über die Restaurierung unserer zwei baugleichen Bechsteins Modell IV austauschten. In dem Kontext erzählte er mir davon, dass er demnächst einen 1887er Steinway D generalüberholen sollte. Da hatte ich plötzlich den Flügel wiedergefunden, von dem mir Uwe Weschenfelder einige wenige Fotos aus seiner Werkstatt geschickt hat:

signal-2022-08-19-17-36-21-549-12.jpg

signal-2022-08-19-17-36-21-549-18.jpg

Beim zweiten Foto habe ich halt gesehen, was Uwe da stehen hatte.

Dank der saubereren Recherchen von Herrn Schmidt und vielen Telefonaten konnte der Flügel komplett in seinem Originalzustand erhalten werden. Lediglich Saiten, Stimmwirbel und die roten Auflage- und Flechtfilze sind neu. Wir haben aktuell einen neuen Satz Hammerköpfe als Replica anfertigen lassen, aber die originalen sind noch vorhanden (und in hervorragendem Zustand) und können bei Bedarf z.B. für besondere Aufnahmen wieder eingebaut werden.

Aus dem gleichen Baujahr 1893, aber ohne das Feature:

Nö, der hat auch nur zwei Diskantfelder mit Capo d'Astro, wie man klar auf der Frontalansicht erkennen kann. Die Wulst des Capos fängt im vorletzten Diskantfeld an. Stegstifte sind ab Beginn der Blanksaiten parallel gesetzt. Erkennbar schräg sind nur die Stegstifte im vorletzten Diskantfeld.

Edit: Auf Bild 4 des Flügels kann man sehen, dass der schon einmal neu besaitet wurde. Wer findet den Fehler?

Der letzte D mit "Extended Capo d'Astro" hatte die Seriennumme 69930 und wurde am 25.2.1892 ausgeliefert, wenn man Kirkland/Kehl glauben darf.

Und das hier ist der abgerockte aus Finnland, von dem ich sprach:



Also hat Steinway das Feature im Laufe des Jahres 1893 rausgenommen, d.h. Vielleicht gibt es noch irgendwo ‚frühe‘ 1893er..

Nö, siehe oben.

Vielleicht sollten wir das ganze in einen eigenen Thread verschieben, den ich sowieso zu 62523 erstellen werde.
 
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