Sex sells - legitim bei Pianistinnen?

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Moin!

Ich habe die Doku gesehen, war letztens im Fernsehen:
"Da erzählte wer, dass in den 60-ern bei den Konzerten mit den kreischenden Mädchen „der Urin in Strömen von den Sitzen floss“. Und dass der typische Geruch der Stones Konzerte, „der nach frischem Mädchenurin“ war."

Oder:
"Bitte keine Slips mehr werfen"
http://www.stern.de/kultur/musik/tom-jones-bitte-keine-slips-mehr-werfen-3295896.html

Von daher ist doch alles sehr gesittet und zurückhaltend in der Klassikszene.

Hier geht um Nuancen. Hier ein paar mehr cm Bein sichtbar. Wir haben rigide Vorstellungen, wie Bühnenbekleidung auszusehen hat, und ein paar drücken da mal ein bisschen von innen. Wer jetzt 68, war '68 20. Was ist aus den 68ern geworden? Und aus deren Zielen?

Fällt mir Gulda ein:
"...
Guldas Auftreten auf der Bühne war unkonventionell. So spielte er einmal auf der Bühne nackt die Blockflöte. Auch wich er in Konzerten immer wieder vom angekündigten Programm ab und trug andere Werke vor. 1969, anlässlich der Verleihung des Beethoven-Rings durch die Wiener Musikakademie, kritisierte Gulda in seiner Dankesrede vor Direktoren, Professoren und Studenten den aus seiner Sicht verstaubten und verknöcherten Ausbildungsbetrieb. Wenige Tage später gab er den Ehrenring zurück. Im Sommer 1973 spielte Gulda beim 5. Internationalen Musikforum in Viktring das Eröffnungskonzert, doch statt des angekündigten Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach begann der Pianist (begleitet von Paul und Limpe Fuchs) mit ungewöhnlichen Klängen. Als der Musikvortrag nach zweieinhalb Stunden endete und der größte Teil der in Abendgarderobe gekommenen Gäste den Saal verlassen hatte, spielte Gulda zwei Stunden lang aus dem angekündigten Wohltemperierten Klavier. Im Winter 1980/81 spielte er in einer Serie von Konzert-Matineen an der Bayerischen Staatsoper sämtliche Klaviersonaten von Mozart.

1999 gab Gulda im Wiener Konzerthaus eine Paradise Night, die er Wochen vor seinem tatsächlichen Ableben nach einer von ihm selbst lancierten Falschmeldung seines Todes als Auferstehungsfest veranstaltete und bei der er durch Tänzerinnen, den Paradise Girls, und DJs unterstützt wurde.
..."

Dagegen sind ein paar cm mehr Bein und High Heels doch - übertriebe ausgedrückt - Spiel mit spießbürgerlichen Vorstellungen von Normen. Darüber würden meine Eltern nur lächeln.

Wo wären wir heute, wenn sich alle brav an die Normen gehalten hätten?

Also, provoziert mal schön.

Grüße
Häretiker
 
Ist dieses Thema immer noch nicht tot? Warum wundert mich das nicht :-D . Vielleicht ist es ja auch so, dass "Sexiness" einfach generell zum Bereich "Charisma" rechnet, und zwar unabhängig vom Geschlecht. Charismatische Musiker sind insofern eben erfolgreicher als jene mit der Ausstrahlung eines Hausschuhs. Rubinstein, Horowitz oder bei den Damen Argerich (im heutigen Alter) würde ich jetzt nicht unbedingt als sexy bezeichnen, aber dass die Damen und Herren Charisma haben/hatten dürfte wohl unbestreitbar sein, abgesehen davon, dass sie natürlich pianistische Ausnahmetalente waren/sind. Insofern würde ich die Aussage "Sex sells" zu "Not only sex sells" relativieren, schon um die Kleidung von Yuja Wang mal ein wenig aus dem Focus der Diskussion zu nehmen :-).
 
@mbast

Stellen wir uns vor, wir würden in einer Gesellschaft leben, in der wir problemlos an mit Menschen, die einem sympathisch sind, gleich welchen Geschlechts und Anzahl, Sex haben könnten, einfach so, wie man auch mit einem sympathischen menschen ein Eis essen oder ins Kino gehen würde.

Meine Vermutung ist, dass "Sex sells" einfach weniger ziehen würde und weniger statt finden würde oder man beachtet es gar nicht, redet nicht darüber. So wenig, wie man Verführungen zum Eis essen oder zu einem Kinogang bei einem Klavierabend sucht und findet.

Somit ist "Sex sells" eine Konsequenz unseres Umgangs mit dem Thema. Das Thema ist also nicht tot und wird es so schnell nicht werden.

http://www.springer.com/us/book/9783531181851

Grüße
Roland
 
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Stellen wir uns vor, wir würden in einer Gesellschaft leben, in der wir problemlos an mit Menschen, die einem sympathisch sind, gleich welchen Geschlechts und Anzahl, Sex haben könnten, einfach so, wie man auch mit einem sympathischen menschen ein Eis essen oder ins Kino gehen würde.

Meine Vermutung ist, dass "Sex sells" einfach weniger ziehen würde und weniger statt finden würde oder man beachtet es gar nicht, redet nicht darüber. So wenig, wie man Verführungen zum Eis essen oder zu einem Kinogang bei einem Klavierabend sucht und findet.

Somit ist "Sex sells" eine Konsequenz unseres Umgangs mit dem Thema. Das Thema ist also nicht tot und wird es so schnell nicht werden.

http://www.springer.com/us/book/9783531181851

@Häretiker Ich verstehe Deine These nicht. Glaubst Du wirklich, dass schrankenlose Verfügbarkeit von Sexualkontakten ohne jedes Tabu den Sex aus der Werbung verbannen würde? Oder habe ich Deine "Utopie" da missverstanden? Reicht "Sympathie" aus, um mit jemandem "Sex haben" zu wollen? Und könntest Du vielleicht ein wenig über den Inhalt des verlinkten Buches sagen, falls Du es gelesen hast?
 
@Charis

Es sollte die Frage beantworten, warum "Sex sells" ein Thema ist.

Die Werbung versucht unterschwellig zu vermitteln: Wenn Du unser Produkt nutzt, hast Du mehr Sex. Allerdings mehr oder weniger indirekt. Wenn das Tabu "Sex" anders ist (weil andere gesellschaftliche Regeln), dann zieht das nicht mehr so. Meine Annahme ist, dass die Werbeindustrie das weniger nutzt, weil sinnlos. Warum setzt Du Utopie in Anführungszeichen? Es ist - im Wortsinne - der Entwurf einer anderen Gesellschaft. Ohne Wunsch oder Anspruch, dass diese Form eintritt.

Ob Sympathie ausreicht, warum nicht? Oder, was wäre so schlimm daran? Unser Tabu (gesellschaftlicher Konsens) sagt: nein, reicht nicht. Früher musste noch einer einen Schamanenspruch ablassen, dann durfte man. Galt bis ins 20. Jahrhundert, in vielen Gegenden heute noch. Es gibt aber Individuen, bei denen das nicht so ist, bei denen Sympathie ausreichen könnte. In Swinger-Clubs wird nicht nur Halma gespielt, und es gibt noch weitere "Subkulturen".

Frei nach Robert Anton Wilson:
Soziologisch betrachtet gibt und gab es in allen Gruppen nur eine einzige Regel, die für alle Gruppen zu traf. Alle anderen Regeln sind konsistent, sie könnten so sein, sie könnten auch anders sein, aber die Gesellschaft hat sich auf was geeinigt. Diese einzige Regel heißt: "Sexualität ist nie ungeregelt." Alles andere kann so sein, aber auch anders. Beispiel: Wenn ich als US-amerikanischer Präsident gewählt werden will, sollte ich nicht auf die Idee kommen, meine Schwester heiraten zu wollen. Als ägyptischer Pharao wurde das aber genau von Dir erwartet. Und beide Gruppen hatten einen guten Grund, warum es so ist und nicht anders.

Zum Buch:
Leider habe ich den Inhalt de Buches noch nicht gelesen, liegt bei mir noch auf dem Stack. Da musst Du google bemühen für Rezensionen und Gedanken darüber. Ich habe davon in einer sehr interessanten Radiosendung gehört und habe bewusst noch keine Rezensionen gelesen, weil ich es gerne ohne eine vorgefasste Meinung lesen möchte. Es war als Denkanstoß gedacht, nicht als fertige Präsentation.

Jetzt ein wenig klarer!?

Grüße
Häretiker
 
Sex ohne Tabu?
Ist gar nicht sooo lange her, da galt auch bei uns der Spruch: "wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment". :kuscheln:
 
Sex ohne Tabu?
Ist gar nicht sooo lange her, da galt auch bei uns der Spruch: "wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment". :kuscheln:

Das war im vorigen Jahrhundert ... war spätestens mit dem Aufkommen von AIDS Geschichte. Und genau genommen ist das ja auch wieder ein Tabu. Nur ein anderes. Womit sich Wilsons These bestätigt.

Grüße
Häretiker
 
@Häretiker
Danke für Deine Ausführungen. Wo Du sicher recht hast: dass es keine Gesellschaften ohne sexuelle Tabus gibt und wohl auch nicht geben wird. Dass hingegen die gegenwärtigen Tabus die (Über-)Sexualisierung in der Werbung befeuern, das scheint mir zu einseitig, monokausal gedacht und wird der Komplexität der Realität wohl nicht gerecht.
Zu dem von Dir verlinkten Buch habe ich den folgenden Artikel der Autorin gefunden:
http://www.theeuropean.de/iris-osswald-rinner/5629-ein-neuer-begriff-von-sexualitaet
Offenbar diagnostiziert sie einen Wandel der Sexualität in der gesellschaftlichen Praxis. Das neue Ideal sei nicht mehr der Geschlechtsverkehr mit Partner, sondern die Selbstbefriedigung.
 

@rolf :lol::lol: Damit haben wir ja wieder den Bogen zum Hauptthema dieses Forums geschlagen. :drink:
@Häretiker Danke für Dein Interesse, ich werde demnächst antworten, weil ich mir dafür etwas mehr Zeit nehmen will.
 
Das war im vorigen Jahrhundert ... war spätestens mit dem Aufkommen von AIDS Geschichte. Und genau genommen ist das ja auch wieder ein Tabu. Nur ein anderes. Womit sich Wilsons These bestätigt.

Grüße
Häretiker

Hallo @Häretiker
ich weiß, wann es war.;-)
Und dass so gut wie alles einem zeitlichen Wandel unterlegen ist, das ist auch keine Neuigkeit. Die menschliche Tendenz, Regeln und damit auch Tabus aufzustellen ist so alt wie die Menschheit selbst. Aber diese Regeln gibt nicht nur der Mensch vor, sondern vor allem die Natur. Die Naturgesetze, die physikalischen Gesetze. Wenn ich einen Gegenstand fallen lasse, dann fällt er eben den Gesetzen der Schwerkraft folgend nach unten. Und falls die Schwerkraft aufgehoben wird, folgt der Gegenstand anderen Gesetzmäßigkeiten.

Und wenn das neue Ideal der Sexualität die Selbstbefriedigung darstellt, dann bin ich ein weiteres Mal sehr froh, altmodisch zu sein. Das riecht für mich ein wenig nach gewaltsamen Versuchen, sich interessant zu machen und damit Geld zu verdienen. Natürlich war und ist Sex nie ungeregelt. Genauso wenig wie z.B. die Nahrungsaufnahme. Allein die Tatsache, dass es Gruppen gab und gibt, macht bereits Regeln, Konventionen, Tabus etc. zur unabdingbaren Voraussetzung. Dazu brauche ich aber keinen Herrn Wilson, der mir mit einer These kommt. Aus einer Selbstverständlichkeit eine "These" zu konstruieren ist wie gesagt für mich nur Geldmacherei. Sorry.
Oder gibt es in dem Buch noch andere Inhalte, die es wert sind, diskutiert zu werden?
 
Also, die 'Deutsche Grammophon' behauptet, das Anhören der von Yuja Wang gespielten Klaviermusik würde sich positiv auf mein Paarungsverhalten auswirken?
Also, die 'Deutsche Grammophon' behauptet, das Anhören der von Yuja Wang gespielten Klaviermusik würde sich positiv auf mein Paarungsverhalten auswirken?
und wenn es nicht klappt, fragt man den auf Clavio reinkarnierten Sexpapst Oswald Kolle
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