Schostakowitsch 8. Sinfonie, Kurt Sanderling, Berliner *Philharmoniker*

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Dass diese Aufnahme nach 22 Jahren tatsächlich aufgetaucht ist, noch dazu als Video, ist einfach ein Glücksfall. In der Digital Concert Hall der Philharmoniker gibt es keinen Treffer für "Sanderling" und zu kaufen gibt es diese Aufnahme auch nicht. Eine Anfrage an die Intendanz der Philharmoniker blieb unbeantwortet und auch der RBB konnte oder durfte nicht weiterhelfen.

Natürlich kennt man Sanderling als Vertrauten von Schostakowitsch und weiß, dass er vieles von ihm dirigiert hat, mit ihm zusammenarbeitete und wahrhaft einzigartige Einsichten in die Interpretation seiner Werke vermitteln konnte. Dieses Video von einer Probe mit der 5. Sinfonie sollte man sich unbedingt anschauen, um danach zu einem völlig neuen Verständnis der Werke von Schostakowitsch zu kommen.


View: https://www.youtube.com/watch?v=hM1JF8BRZOE


In diesem konkreten Fall ist Sanderling kurzfristig für den erkrankten Günther Wand eingesprungen, der eigentlich Schubert dirigieren sollte. Das war das erste Mal, dass Sanderling die Philharmoniker dirigerte - und es war eine Sternstunde. Ich habe aus der Zeitung davon Wind bekommen und war tatsächlich in zweien der drei Abonnementskonzerte. Gottseidank gab es genug Abonnenten, die sich mit dem Haydn in der ersten Häfte zufrieden gaben und dann nach Hause gingen, so dass ich problemlos in der Pause ohne Karte hineinkam.

Es war ein Erlebnis, wie ich es kaum beschreiben kann, Es ging mir durch Mark und Bein; im ersten Satz habe ich bei dem langen Solo des Englisch Horns einfach nur noch geheult und der Rest war nicht weniger emotional. Gänsehaut.

Bitte, bitte, nehmt Euch die Zeit, das anzuschauen und anzuhören. Authentischer geht's nicht - und das noch mit einem besten Orchester der Welt.

Die Philharmoniker haben sich auf ihre Weise bedankt: Kein Jahr später gab es ein Sonderkonzert und da haben sie wieder Kurt Sanderling eingeladen. Es gab das Schumann Klavierkonzert mit Alfred Brendel und nach der Pause die 15. Schostakowitsch Sinfonie. Ein Traum. Dieses Konzert gibt's auch als Teil der Klassik-Edition der ZEIT zu kaufen. Dringende Kaufempfehlung.
 
Ein bisschen zu lang für den Rest des Abends, aber auf jeden Fall schon mal vorgemerkt. Danke!
 
Danke für den Tipp, werde ich mir auf jeden Fall ansehen.
 
Ja, aber die Bilder dazu finde ich teilweisezu suggestiv. Sie versuchen die Rezeption des Stückes zu determinieren, und das finde ich ein wenig bevormundend.

Huh? Die Bilder (50% davon zeigen Shostakovich selbst) spiegeln ziemlich genau das wider, was Sanderling auch erzählt, sowohl konkrete Anlässe, als auch den Kontext von zweitem Weltkrieg und den Säuberungen durch Stalin. Subjektiv und suggestiv ist hier vielleicht Sanderling selbst, aber die Bilder passen sehr genau zum Narrativ dieser Probe.
 
Ich danke Dir, dass Du das so genau für mich ausgerechnet hast. Allerdings habe ich natürlich nicht von den Probenbildern geredet, und ich denke, das war dir auch klar; aber du konntest die Chance, das übliche Quantum Aggresivität in Deinen Beitrag hereinzubringen, natürlich nicht auslassen.

Ich redete natürlich von den Versatzstücken aus dem Repertoire des Medienklischees. Sie mögen denkfaulen oder phantasiearmen Naturellen entgegenkommen, sind aber in ihrer Stereotypizität in Wahrheit eine Herabsetzung des Dirigats und dieses eindrucksvollen Dokuments überhaupt, weil sie zu wissen vorgeben, was Komponist und / oder Dirigent sich mit der entsprechenden Passage "gedacht" haben. Komponisten, sofern nicht Opern oder ganz speziell Arten von Programmusik (»Bilder einer Ausstellung«) schreibend, vertonen aber eben nicht konkrete Bilder, sondern lassen das Bild im Kopf des Hörers entstehen und versuchen nicht, ihn dabei einzuschränken. Das Dokument hätte gewonnen, hätte man es bei der Aufnahme der Probe belassen.

Ich danke Dir für das Einstellen dieses Dokuments.
 
Zuletzt bearbeitet:

@OE1FEU: Vielen Dank für die Videos. Unbeschreiblich.
 
@OE1FEU , vielen Dank für diesen Thread. Ganz fantastisch.
Ich habe da per Tablet gestern in der Badewanne liegend aus Interesse kurz reingesehen und bin erst nach 1 1/2 Stunden mit verschrumpelten Zehen- und Fingerkuppen wieder ausgestiegen.....was ich sonst nie mache.

Schade, dass die Konversation danach dann etwas entglitten ist. Da wäre mehr Potential für Interessantes drin gewesen.

Grüße vom Stegull
 
Natürlich ist dieses Video schon längst wieder entfernt worden, weil Copyright, wissenschon. Allerdings habe ich es dank der wunderbaren Software namens youtube-dl rechtzeitig gesichert und soeben wieder hochgeladen. Innerhalb von Sekunden tauchten natürlich wieder 3 Copyright-Claims auf. Wie absurd dieses Content-ID System von youtube ist kann man hieran erkennen:

Screenshot_20210424_093944.jpg

Hat also alles nix mit der eigentlichen Aufnahme zu tun, aber trotzdem erst einmal anmahnen. Mit dem Ergebnis u.a. dass man das Video nicht mehr unter Creative Commons veröffentlichen kann, sondern ausschließlich unter der YT-Lizenz. Danke auch.

Ich habe in allen drei Fällen einen Dispute eingereicht; sollen die mal einen Menschen drüberschauen lassen. Es ist wirklich zum Würgen: Bisher ist praktisch jedes von mir veröffentlichte Video, inklusive aller Eigenaufnamen mit einem Copyright-Claim belegt worden. In keinem einzigen Fall mußte ich bisher ein Video löschen. YouTube nervt in dieser Hinsicht.

Zur Freude aller also hier mal wieder die eigentliche Aufnahme:

 
Das Content-ID System ist schon kaputt, was klassische Musik anbetrifft. Dass da viele Eigenaufnahmen erstmal geclaimt werden, kenne ich auch. Witzig ist auch, dass das Adagio doppelt geclaimt wird. Das müsste ja eigentlich auch einem dummen Algorithmus auffallen, dass das nicht sein kann.

Aber mal andersherum, hast Du denn die Rechte an der Sanderling-Aufnahme oder steht die unter einer CC-Lizenz?
 
Das damals Hochgeladene war CC und die Aufnahme selbst ist von einer ÖR und die Ausstrahlung hier ebenfalls, also NHK. Das dürfte also ein Graubereich sein, aber die jetzigen Copyrightbeschwerer haben jedenfalls keine Rechte daran. Die Aufnahme ist weder auf DVD erschienen, noch in der Digital Concert Hall verfügbar.

Sollte sich jemand berechtigt beschweren, werde ich die Aufnahme entfernen, was schade wäre, denn das ist ein echtes Juwel. Dann sollten sie es aber wenigstens veröffentlichen.
 

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