Schnelle Finger bei Späteinsteigern?

Klavirus

Klavirus

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Hallo,

ich richte mich hier an alle, die im Erwachsenenalter mit dem Klavierspiel angefangen haben!

Mich interessiert, wie Ihr an schnelle Passagen ran geht. Wie übt Ihr, um schnell zu werden?

Kann man überhaupt im höheren Alter (so ab 30 :wink: ) seine Finger noch schnell kriegen, oder ist das nicht mehr möglich? Bei mir helfen momentan auch alle Chang-Tricks nichts mehr (z.B. parallele Sets...). Oder habe ich zu wenig Geduld?

Was habt Ihr da für Erfahrungen?

Klavirus




:?
 
Mich interessiert, wie Ihr an schnelle Passagen ran geht. Wie übt Ihr, um schnell zu werden?

Hallo Klavirus,
"Schnelle Finger" sind ein Ergebnis, das man nicht erzwingen kann.

Busoni schreibt in seine "Übungsregeln für Klavierspieler":

"Verbinde stets das technische Üben mit dem Studium des Vortrags, die Schwierigkeit liegt oft nicht in den Noten, sondern in der vorgeschriebenen dynamischen Schattierung"

"Schnelle Finger" sind wertlos, wenn der Spieler nicht in der Lage ist die feinen dynamischen Schattierungen zu kontrollieren. Über dieses bewußte "Intorieren" der Töne erreicht man einen wirklich gesanglichen, melodischen Vortrag, was immer das übergeordnete Ziel aller Technik sein muss.

Das kann man wunderbar an den kleinen Stücken aus dem Notenbüchlein für Anna-Magdalena Bach lernen. Auch die russische Klavierschule enthält dafür jede Menge Material.

Wirklich schnell spielen kann man nur entspannt, mit Stress läßt sich also gar nichts erreichen oder erzwingen. (schreibt auch Chang)

Kann man überhaupt im höheren Alter (so ab 30 ) seine Finger noch schnell kriegen, oder ist das nicht mehr möglich?

Ich kann dich nur zur Geduld ermahnen. Mit zielstrebigem Üben kann auch ein Erwachsener sehr weit kommen. Aber eben nicht von heute auf morgen.

Wenn du schreibst, was für Stücke du gerade spielst und wo du Probleme hast, kann ich dir vielleicht konkrete Tipps geben.

Bei mir helfen momentan auch alle Chang-Tricks nichts mehr (z.B. parallele Sets...). http://foppde.uteedgar-lins.de/contents.html#Inhalt

Den "Chang-Tricks" stehe ich skeptisch gegenüber. Eine Diskussion darüber möchte ich aus Zeitgründen auf die Weihnachtsferien verschieben.
 
Zitat von Franz Titscher:
Den "Chang-Tricks" stehe ich skeptisch gegenüber. Eine Diskussion darüber möchte ich aus Zeitgründen auf die Weihnachtsferien verschieben.
Oh, das würde mir sehr gefallen. Als ich hier neu im Forum war, hatte ich mal nach den verschiedenen Meinungen zu Chang gefragt und ihn später selbst als Linktipp immer weitergegeben – allerdings zugegebenermaßen ohne wirklich Erfahrungen mit ihm gesammelt zu haben. Sowas entwickelt sich dann auch leicht zum undifferenzierten Kult. (Im internationalen Forum jedenfall gab es mal diese Entwicklung.) Vielleicht wird dann ja 2007 zum Jahr der Chang-Aufarbeitung. :wink:
 
Zitat von Franz Titscher:
Wenn du schreibst, was für Stücke du gerade spielst und wo du Probleme hast, kann ich dir vielleicht konkrete Tipps geben.

Nehmen wir als einfaches Beispiel aus der Russischen Klavierschule Nr. 87 (Band 2).
Die spiele ich zwar nicht mehr, aber bei dem Stück hab ich das erste Mal gemerkt, dass ich es nicht packe, es im vorgegebenen Tempo zu schaffen. Das liegt natürlich bei mir noch in der Aversion gegen Stücke, denen ich keine Musik abgewinnen kann!
Meine Lehrerin sagt zwar, auch Etüden soll man ausdrucksvoll spielen, aber das hier ist doch echt ein Zweckstück! Das ist Sport, da habe ich nicht die Ausdauer, dieses 1000 Mal zu spielen!
Die linke Hand funktionierte nach ein paar Wochen ganz passabel, rechts hatte ich dann Probleme, dass ich nach ein paar Durchgängen total geschafft war.

Aber was mich eigentlich interessiert, vom musikalischen Vortrag abgesehen, der ja IMMER das Ziel beim Erlernen eines neuen Stückes ist, das ist die rein technische Seite. Vielleicht schaffe ich es nie, mal eine Bach-Invention schnell hinzulegen... Aber kann man das verallgemeinern, ob die Fähigkeit zum schnell spielen lernen vom Alter abhängt?

Danke erstmal für die Tipps, dass Du die Russische Klavierschule favorisierst, ist schon mal sympatisch!! :)


@Wu Wei: den Chang empfehen, ohne eigene Erfahrungen mit ihm gemacht zu haben, finde ich sehr merkwürdig, aber vielleicht liegt es ja daran, wie ich an Deinem Beitrags-Stand sehe, dass Du Deine Zeit, anstatt sie am Klavier sinnvoll zu verbringen, lieber am Computer sitzt!? Sammel lieber mal selber eigene Erfahrungen und Du wirst ein noch glühenderer Verfechter und musst nicht den Staffelstab immer wieder abgeben! :wink:


Klavirus
 
Zitat von Klavirus:
@Wu Wei: den Chang empfehen, ohne eigene Erfahrungen mit ihm gemacht zu haben, finde ich sehr merkwürdig, aber vielleicht liegt es ja daran, wie ich an Deinem Beitrags-Stand sehe, dass Du Deine Zeit, anstatt sie am Klavier sinnvoll zu verbringen, lieber am Computer sitzt!?...
Ist es weniger merkwürdig, wenn du bei weiterer Überprüfung feststellen wirst, dass ich diesen Link immer nur ohne eigene Bewertung weitergegeben habe? Bei der Interpretation meiner Computeraktivitäten solltest du wissen, dass diese Onlinezeiten genau die sind, zu denen ich mich leider des Klavier- bzw. Saxophonspiels enthalten muss. :cry: (Ansonsten hättet ihr vor mir mehr Ruhe.)
 
Hallo Klavirus!
Ich habe zwar als Kind ein paar Jahre (eher widerwillig) Unterricht gehabt, aber wirklich ernsthaft habe ich erst mit Ende 30 angefangen, Klavier zu spielen (Mittlerweile bin ich 52), bin also im Grunde auch ein Späteinsteiger. Und ich kann dir sagen, dass man auch in diesem Greisen-Alter die Finger noch schnell machen kann. Ich bin etwas anderer Meinung als Franz Titscher (und Busoni) und halte schon was von separaten Übungen für „schnelle Finger“.
Chang kenne ich nicht genauer. Was mir geholfen hat: Hanon, aber wohldosiert (nicht mehr als 10 Minuten am Stück), die Hände viel einzeln spielen (bringt mehr als die Hände zusammen), mit Metronom und mit unterschiedlichen Rhythmisierungen. Damit habe ich vor eineinhalb Jahren regelmäßig angefangen. Um mal eine „objektive Marke“ zu nennen: Mittlerweile schaffe ich die Hanon-Übungen des ersten Teil nach kurzer Einspielzeit so mit 100 bis 110 bpm für eine Viertel, und wenn ich’s drauf anlegen würde, ginge es wohl auch noch etwas schneller.
Und ich denke, wenn man nicht durch Krankheit oder z.B. berufsbedingte Dauer-Belastungen der Hände gehandicappt ist, kann jeder auch mit 40 oder 50 noch schneller werden.
Im Übrigen unterrichtet mich meine Klavierlehrerin genau so wie 16- oder 17jährige, da gibt es nach ihrer Aussage von der Methodik des Unterrichtens und Lernens überhaupt keine Unterschiede, und das glaube ich auch gerne.
Gruß, Thomas
 
Hi Klavirus,

nachdem Du mich gerade so nett im Forum begrüßt hast, habe ich hier auch einen Tip für dich: ich glaube nämlich, daß die schnelligkeit der Finger nicht von dem Alter abhängen, sondern von der Leidenschaft oder besser gesagt, dem Spaßfaktor.

Ich habe mit Klassik angefangen, und habe mich mehrere Jahre von meiner Lehrerin damit anöden lassen, bis ich herausfand , daß ich eigentlich viel mehr auf Boogies, Blues und Rags stehe.
Da entfachte mein Spaß am Klavier erst richtig, ich habe geübt bis der Arzt kam, und dann flutschte es mit den Fingern :lol:

Dir weiterhin viel Spaß beim Üben

LG rootbeerrag
 
ich glaube nämlich, daß die Schnelligkeit der Finger nicht von dem Alter abhängen, sondern von der Leidenschaft oder besser gesagt, dem Spaßfaktor

Ich glaub, ich weiß, was Du meinst. Kann sein, dass bei ungeliebten Stücken die Finger irgendwie eine Sperre haben, oder? Locker vom Hocker geht nur, wenns Spaß macht, das ist eben nicht nur bei Kindern so, naja.

Vielleicht gibts noch mehr Tipps und Ansichten und Erfahrungen etc.... :?:

Klavirus
 

Zitat von Klavirus:
Nehmen wir als einfaches Beispiel aus der Russischen Klavierschule Nr. 87 (Band 2).
Die spiele ich zwar nicht mehr, aber bei dem Stück hab ich das erste Mal gemerkt, dass ich es nicht packe, es im vorgegebenen Tempo zu schaffen. Das liegt natürlich bei mir noch in der Aversion gegen Stücke, denen ich keine Musik abgewinnen kann!

Ich denke, niemand sollte Stücke spielen, gegen die er eine "Aversion" hat. Es gibt genug ansprechende Literatur.

Was spielst du gerade? Vielleicht können wir uns darüber virtuell unterhalten.
 
@Franz Titscher: Also, ich spiele seit 3 Jahren, momentan spiele ich Bach, aus den kl. Präludien BWV 934 und 935.
Ersteres ist fertig, letzteres im Bau, d.h. ich hatte es an 2 Tagen auswendig gelernt, und technisch gesehen nach 2 Wochen soweit, um damit richtig zu arbeiten.
Bach spiele ich am liebsten, es fasziniert mich immer wieder beim Spielen, und vor lauter Schwelgen vergesse ich zu üben.. haha :lol:

Dann spiele ich momentan aus der Russ. Schule Band 2 R. Gliere: Rondo G-Dur. Die Nummer weiß ich grade nicht, brauche die Noten fast nicht, da ich alles auswendig lerne, was machmal auch ein Nachteil sein kann (aber eher selten). Zu dem Stück eine Frage: im letzten Takt muss die li. Hand was binden, was gar nicht geht, und ich nehme dann das Pedal. Es klingt bloß merkwürdig, wenn das ganze Stück ohne Pedal gespielt wird und dann am Schluss mit... Wie würdest Du das machen?

Klavirus
 
Zitat von Klavirus:
@Franz Titscher: Also, ich spiele seit 3 Jahren, momentan spiele ich Bach, aus den kl. Präludien BWV 934 und 935.
Ersteres ist fertig, letzteres im Bau, d.h. ich hatte es an 2 Tagen auswendig gelernt, und technisch gesehen nach 2 Wochen soweit, um damit richtig zu arbeiten.
Bach spiele ich am liebsten, es fasziniert mich immer wieder beim Spielen, und vor lauter Schwelgen vergesse ich zu üben.. haha :lol:

Prima! 2 Tage, das ist wirklich gut. :-D

Zitat von Klavirus:
Dann spiele ich momentan aus der Russ. Schule Band 2 R. Gliere: Rondo G-Dur. Die Nummer weiß ich grade nicht, brauche die Noten fast nicht, da ich alles auswendig lerne, was machmal auch ein Nachteil sein kann (aber eher selten). Zu dem Stück eine Frage: im Im letzten Takt muss die li. Hand was binden, was gar nicht geht, und ich nehme dann das Pedal. Es klingt bloß merkwürdig, wenn das ganze Stück ohne Pedal gespielt wird und dann am Schluss mit... Wie würdest Du das machen?

Klavirus

Du hast Recht, es macht keinen Sinn, das Pedal nur am Schluss zu benutzen.

Im Rondo-Thema würde ich die Bindung der Achtel der linken Hand mit Pedal unterstützen. Erstes Achtel Ped. runter, zweites rauf. Dass die reche Hand klar bleibt nicht ganz runtertreten (Halbes Pedal), das kommt aber aufs Instrument an. Gut zuhören.

Erster Zwischenteil (Takt 9) analog für die Bindungen in der r. H.
Damit die l. Hand nicht schwimmt halbes Pedal, da die Töne länger klingen, je tiefer sie sind. Wo die linke Hand stacc. spielt natürlich kein Ped.

Wo diese für das Stück typischen 2er-Bindungen fehlen (Takt 13 usw.) ohne Pedal.

Zweiter Zwischenteil (T.25. ...) Stacc. sehr kurz ohne Ped.
Viertelbetonungen ev. mit kurzem Pedal unterstützen.

Takt 29 und folgende gehaltene Viertel links (chromatische Linie abwärts)
Bindung mit Ped unterstützen. Schnelle Ped.-Wechsel jeweils kurz nach der der neu angespielten Viertel.

Schluss: Bindung mit Pedal, wie du es bereits spielst.

Virtueller Klavierunterricht, eine ganz neue Erfahrung, hab ich noch nie gemacht. Fehlt nur noch eine Videokonferenzleitung. :lol:

PS: Hier ist noch ein Eintrag übers Pedal:
http://www.klavier-wissen.de/klavier-forum/ftopic1241.html
 
Danke, Franz, ich nehme mir das Stück für morgen vor. Nur mit dem halben Pedal, das wird bei meinem E-Piano schwierig, werde ich in der Musikschule freies Zimmer suchen gehen... :? Da muss ich wohl mal wieder die Noten zur Hand nehmen, nützt alles nix!

Klavirus
 

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