RH/LH getrennt Üben

B

Bachopin

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Hi,

ich hätte gerne von euch ein paar Antworten auf folgende Fragen zum RH/LH getrennt Üben:

  1. Was ist der Vorteil von RH und LH getrennt üben?
  2. Lernt man ein Stück schneller (effizienter) durch diese Methode?
  3. Wird die Qualität (Artikulation, Phrasenbogen, etc.) des Spielens eines Stückes besser durch diese Methode?
  4. Kann man bestimmte schwierige Stellen nur durch diese Methode lernen?

Für meine eigenen Antworten muss ich erst noch nachdenken. :D

Gruß
PS: Ich weiss es gibt bestimmt schon Threads zu diesem Thema, aber das Publikum ändert sich und vielleicht auch die Erkenntnisse.
 
Also ich arbeite derzeit an der Nocturne Op. 9/2 in Es-Dur von F. Chopin.

Das Stück (Andante) ist doch recht anspruchsvoll, da kann man max. 1 Zeile pro Tag trainieren. Habe gestern angefangen und es wird langsam. Tatsächlich gehend / schreitend (andante) :D, denn schneller geht erst mal nicht.

Vor allem die linke Hand hat hier sehr viel zu tun (12/8-Takt). Während die rechte Hand meist neben Vierteln auch mal Achtel- und Sechzehntel-Läufe sowie ab und an ein Trillerchen, einen Beißer oder einen Doppelschlag spielt, muss die linke Hand ständig "Drillingspakete" mit Achteln "gewissermaßen aus dem Keller" spielen, denn die werden über mehrere Oktaven geführt.

Also mir hilft es auf jeden Fall, erst mal intensiv die Abläufe der linken Hand zur trainieren und dann Takt für Takt die rechte Hand dazuzuspielen. Gerade bei einem solchen Stück macht sich das gut. Denn was nützt es, wenn man ständig über seine Fehler drüberschludert, so nach dem Motto: "Sooo, Fertisch - der Nächste bitte :???:": Das ist wie beim Vokabellernen damals in der Schule. Man spielt auch nicht nur die aktuelle Zeile, die man sich als Tagespensum vorgenommen hat, sondern auch das bisher schon Trainierte an diesem Stück. Lieber langsam und gründlich, als schnell und flüchtig. Ich glaube das gilt nicht nur für das Klavierspielen, das kann man auch sonst ganz gut gebrauchen.

Die Melodie gefällt mir sehr gut. Ich werde auf jeden Fall dranbleiben.

Gruß

Razo!
 
Hi,

der prinzipielle Hauptvorteil der Hände getrennt üben liegt in der Reduzierung (Halbierung) der zu steuernden Bewegungen und der zu kontrollierenden Informationen einer im Moment zu schwierigen Stelle, unter dann möglicher Beachtung musikalischer Qualitäten, wie Rhythmus und Phrasierungs/Melodiebogen.

Man konzentriert sich eben nur auf eine Hand und spielt die musikalisch richtig oder besser, wie wenn man schon die andere Hand dazu nimmt.

Wenn man die gewünschte und notwendige Reduzierung dagegen durch Erniedrigung des Tempos vornimmt, verliert man musikalische Qualitäten. Genauso durch Aufteilung in sehr kleine Abschnitte.

Der Aufwand die zwei Hände dann zusammenzusetzen wird kleiner sein als der Aufwand wenn man beide Hände gleichzeitig übt, da die Bewegungsprogramme für beide Hände schon vorhanden sind und nur noch verzahnt werden müssen.

Aufwandsbetrachtung/Effizienz:

Das Hände getrennt Üben bewirkt folgende Teil-Lernaufwände (Zeit):
  • RH lernen
  • LH lernen
  • RH/LH zusammen lernen

Das gleich beide Hände üben bewirkt auch Zusatzaufwände:
  • Man muss es schrittweise auf Tempo bringen
  • Die musikalischen Qualitäten müssen am Ende wieder hinzugefügt werden.

Welche Summe dieser Aufwände grösser ist, kann ich im Moment nicht beantworten.
Ich glaube das Beste ist, es selber auszuprobieren und Erfahrung aufzubauen, wann welche Methode bei einem selber zu besseren Ergebnissen führt.

Gruß
 
Ich finde beide Übungsweisen hilfreich, es kommt immer darauf an, was man gerade übt. Ich glaube, Klavigen hatte vor kurzem die These aufgestellt, daß ein Stück, in dem man nicht in der Lage ist, jede Stelle innerhalb einer Übungseinheit meistern kann (was wohl nicht umbedingt heißen sollte, daß man sie nur einmal üben muß) für einen zu schwer sei. Das kann man lange diskutieren, ich nehme diese Schwelle dafür, statt beidhändig einhändig zu üben - oder auch anders herum. Irgendwie gibt mir die Intuition vor, ob ich zunächst einhändig oder zweihändig übe.

Allerdings habe ich auch festgestellt, daß sich manches einfach besser beidhändig lernen läßt, weil sich beide Hände ergänzen und aneinander orientieren können.

Und man muß wohl unterscheiden zwischen dem ersten Erkunden eines Stückes und dem wirklichen Einstudieren.
 
Denn was nützt es, wenn man ständig über seine Fehler drüberschludert, so nach dem Motto: "Sooo, Fertisch - der Nächste bitte :???:":

Sehr richtig, das Drüberschludern hilft garnichts. Deshalb weise ich ja auch immer auf die Wichtigkeit des LANGSAM-Übens hin. Wobei langsam wirklich extrem langsam sein kann, z.B. ein Ton pro 5 Sekunden.

Und man muß wohl unterscheiden zwischen dem ersten Erkunden eines Stückes und dem wirklichen Einstudieren.

Einzelhändig Üben ist ok in der Phase des Ausfeilens - also nachdem man das Stück schon durchklimpern kann.
 
Jetzt bin ich doch erstaunt. Ich habe bislang immer zuerst beide Hände getrennt eingeübt. Beim ersten Erkunden zuerst mit der rechten Hand das Stück "durchgeklimpert", taktweise, um schnell auch die musikalischen Anweisungen umsetzen zu können. Und erst wenn dies halbwegs über das ganze Stück funktionierte, habe ich - auch erst wieder getrennt - die linke Hand geübt. Danach beide zusammengesetzt.

Das funktionierte m.E. auch relativ flott. Allerdings übe ich auch keine sehr langen Stücke.

Ich werde die Methode, mit beiden Händen gleichzeitig ein Stück einzuüben beim nächsten Mal ausprobieren. Bin gespannt auf das Ergebnis.

Interessant fände ich, wenn hier jemand mal seine Erfahrungen schildern würde, der auch noch nicht so lange Klavier spielt und der die Stücke immer mit beiden Händen einübt.

Muß die Musikalität, das ist ja Bachopins These, dann erst zum Ende wieder dazugefügt werden? Oder könnt Ihr über das Üben in kleinen Abschnitten, die musikalische Qualität doch gleich integrieren?

lg
Nora
 
Ich sehe mir zuerst das Stück eimal grob durch, versuche zu erfassen, worum es geht. Dann sehe ich mir kniffelige Stellen an.

Ja, ich mache alles im Wechsel, einzeln, zusammen, Stellen üben, das hat sich für mich bewährt.

Wenn ich nur einzeln übe, verliere ich das Stück auf den Augen. Wenn ich von Anfang an zusammen übe, dann werden bei mir die Fingersätze nichts.:confused:
 
Hi Nora und violapiano,

Muß die Musikalität, das ist ja Bachopins These, dann erst zum Ende wieder dazugefügt werden? Oder könnt Ihr über das Üben in kleinen Abschnitten, die musikalische Qualität doch gleich integrieren?

ich glaub ich hatte das jetzt zu streng formuliert.
Egal ob du jetzt nur eine Hand oder beide gleichzeitig übst, man kann und sollte immer nach der Überwindung von koordinativen Problemen auch möglichst an der Musikalität (musikalischem Inhalt) der Stelle üben (Das ist der Sinn des Klavierspielens).

Das Problem ist nur
  • entweder wenn der Abschnitt so klein ist, das er keinen grösseren musikalischen Sinn mehr besitzt
  • oder wenn du etwas so langsam übst, dass der musikalische Fluss nicht mehr erfasst werden kann.


Ja, ich mache alles im Wechsel, einzeln, zusammen, Stellen üben, das hat sich für mich bewährt.
Wenn ich nur einzeln übe, verliere ich das Stück auf den Augen. Wenn ich von Anfang an zusammen übe, dann werden bei mir die Fingersätze nichts.

Genau das ist glaub ich der richtige Weg. Möglichst viele Wege/Methoden gehen und dabei experimentieren und Erfahrungen aufbauen.

Diese Grundsätze (du musst alles zuerst mit einer (beiden) Hand üben, du darfst nur das Armgewicht einsetzen, etc.) bringen nichts. Das Klavierspielen benötigt immer gleichzeitig alles und das ist das Tolle und Schwierige. ;-)

Gruß
 
  1. Was ist der Vorteil von RH und LH getrennt üben?
  2. Lernt man ein Stück schneller (effizienter) durch diese Methode?
  3. Wird die Qualität (Artikulation, Phrasenbogen, etc.) des Spielens eines Stückes besser durch diese Methode?
  4. Kann man bestimmte schwierige Stellen nur durch diese Methode lernen?

meine subjektiven Antworten:
zu 1.
man hat weniger zu tun, wenn man die halbe Anzahl der Hände übt ;)
zu 2.
anfangs effizienter und sinnvoller - später, mit angewachsener motorischer Erfahrung wird man das seltener zum üben verwenden
zu 3.
bei Anfängern (1-4/5 Jahre) überwiegend ja, wenn sich diese merken und anwenden, was sie einzeln geübt haben
zu 4.
wenn die bestimmte schwierige Stelle nur einer Hand anvertraut ist (Chopin: Berceuse oder Etute op.10 Nr.2) durchaus :) - sonst kann man das nicht so verallgemeinern.

ist halt immer vom jeweiligen Niveau abhängig, sowohl der Übenden wie der Stücke.

Anfänger sind gut beraten, z.B. Debussys kleinen Neger erst mal einzeln zu üben: und zwar aus dem einfachen Grund, dass sie danach (wenn sie die l.H. können) nnicht mehr auf die chromatischen Terzen achtgeben müssen.

aber es gehört dazu natürlich auch die Fähigkeit, später beides "in eins denken und fühlen" zu können - letztlich sollen ja beide Hände zusammen spielen. Also muss parallel zum einzeln üben immer auch in kleinen Abschnitten beidhändig geübt werden - - dann "verschaltet" sich´s irgendwann.

Gruß, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Was mir noch wichtig wäre in diesem Zusammenhang:

polyphone Stimmen müssen ja auch in sich gestaltet werden und für sich leben.
Beim Lernen polyphoner Stücke brauche ich schon viel Einzelarbeit der Hände. Besonders schwierig finde ich es, rechts und links gegenläufig Dynamik einzubauen, wenn die einzelnen Stimmen es erfordern.
Hierbei bleibt es mMn auch nicht aus, dass man beim Spielen beide Stimmen im Ohr haben muss, und nicht nur über die Zuordnung der Aktionen RH zu LH vorgehen kann. Das meine ich u.A. mit die Aufmerksamkeit auf RH und LH aufteilen.

In sofern bin ich der Meinung, dass Zuordnen rechts zu links und nur zusammen üben nicht ausreichen.

LG
violapiano
 
Hi violapiano,

guter Hinweis, polyphone Musik mit mehreren Stimmen kann durch Aufteilung und verschiedenen Kombinationen der Stimmen und nicht nach den Händen geübt werden.

Das ist wahrscheinlich die allgemeinste Beschreibung:
Schwierige Stellen in homophoner oder polyphoner Musik können, durch getrenntes Üben der verschiedenen Ebenen oder Stimmen und Kombinationen davon bis wieder zum Ganzen, schrittweise erarbeitet werden.

Bei homophoner Musik ist meistens die Trennung in RH und LH sinnvoll.

Gruß
 

Bei mehrstimmiger Musik finde ich es hilfreich, kurze Abschnitte mehrmals nacheinander zu spielen und dabei jeweils eine einzige Stimme hervorzuheben. Dadurch erkenne ich jedenfalls besser, wie jede Stimme für sich genommen klingen sollte und wo etwas passiert, was nicht untergehen darf.

Wenn das im Moment zu schwer ist, kann man den Abschnitt auch Stimme für Stimme aufbauen, wobei dann aber der Fingersatz schon feststehen sollte, damit man später nicht umlernen muß.

Aber das sehe ich völlig separat vom getrennten bzw. gemeinsamen Üben beider Hände. Vor allem in Fugen muß man sich gelegentlich "verrückte" Fingersätze erstmal klar machen. Trotzdem kann es sein, daß gerade eine solche Stelle mit beiden Händen gespielt leichter fällt, weil die Hände sich in der Bewegung unterstützen und miteinander sozusagen verzahnen.

Ein deutliches Beispiel für sich ergänzende Hände wäre z.B. der Mittelteil von Schuberts Impromptu in Es-Dur, wo jeweils der dritte von vier Takten links und rechts fast spiegelverkehrt ist, während die anderen drei Takte Bass links und Melodiestimme rechts gemeinsam spielen während die mittleren Stimmen - wiederum beide Hände - sich ergänzen. Wenn beide Hände da keine gemeinsame Bewegungsgrundlage haben, kann es nicht richtig klappen, auch wenn man versucht ist, die Sprünge links erstmal einzeln zu üben. Natürlich hat es keinen Sinn, wenn man die Akkorde und Appreggien noch entziffern muß.

Ein anderes Beispiel findet sich im ersten Teil, wo es durchaus Sinn macht, die Läufe rechts erstmal separat zu üben und auf Tempo zu bringen.

PS: Ich frage mich in letzter Zeit immer häufiger, ob es überhaupt homophone Musik gibt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Laut meiner Klavierlehrerin (das ist jetzt ca. 40 Jahre her) sollte ich immer jede Hand
einzeln üben, aber nur zwei bis drei mal und dann ganz langsam versuchen mit beiden
Händen zusammen.
Ich habe die ganzen Jahre immer gleich mit beiden Händen zusammen geübt. OK, aber
seit ich den Chang gelsen habe und das auch komplett, übe ich wieder solange jede Hand
für sich bis ich die auch gut spielen kann und füge dann beide Hände zusammen und übe
so weiter bis das Stück gut klingt und ich freude an diesem Stück habe, weil ich es so gut kann und sich so schön anhört.
Jetzt bin ich der Meinung, dass dies für mich bis jetzt (habe damit im Februar 09 angefangen die Technik zu ändern),
bessere und schnellere Erfolge für mich habe.
Das kann doch jeder für sich selber ausprobieren.
Viele Grüße Jörg
 
Ideal ist es, "zweigleisig" zu fahren: jede Hand separat zu studieren, aber auch schon früh mit dem Zusammenbauen zu beginnen, und sei es in kleinsten Einheiten. Denn es verhält sich beim Klavierspielen wie bei einer Maschine mit Zahnrädern: Eines greift in das andere.
(...)
Hilfreich ist es zudem, in "Schichten" zu denken und zu arbeiten: bei polyphoner Musik in einzelnen Stimmen, aber auch bei akkordischen Strukturen die Bewegungsrichtungen der einzelnen Finger und die daraus sich ergebenden Spannungen sich zu vergegenwärtigen.

da wäre im letzten Satz nur noch "sich Klangschichten zu vergegenwärtigen" anzufügen, ansonsten völlige Zustimmung meinerseits!

Gruß, Rolf
 
Ja, koelnklavier hat mal wieder sehr schön auf den Punkt formuliert.

Ich finde, es macht auch wirklich keinen Sinn, nur einzeln zu üben, bis jede Hand es kann, vllt lernt man dann etwas, was im Zusamenhang des Stückes nicht passt oder gar falsch ist.

Ich muss immer einen Überblick über das Ganze haben.
 

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