Restauration Bechstein 8 von 1910

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Hallo Community,

ich habe vor geraumer Zeit ein Bechstein 8 von 1910 gekauft.
Das Klavier wurde vom Vorbesitzer längere Zeit weder benutzt noch gestimmt (5-10 Jahre). Es befindet sich äußerlich in einem relativ schlechten Zustand.
Bis auf eine blockierte Taste lässt es sich gut spielen aber ist natürlich leicht verstimmt.

Zu den einzelnen Komponenten:

von aussen:
- Korpus ist Schellacklackiert und sieht sehr matt und zerkratzt aus
- an der Vorderseite des rechten Fußes fehlt das Furnier
- in der Abdeckung unter der Klaviatur fehlt ein Brett
- der Stoff hinter der Abdeckung oberhalb der Klaviatur ist ausgeblichen
- auf der Klaviatur waren/sind Aufkleber aufgeklebt und die Tastatur ist leicht vergilbt
- an der Vorderseite dreier Tasten fehlen die Elfenbeinplättchen

Akustik:
- Resonanzboden sieht Rißfrei aus und hat soweit ich das beurteilen kann noch genug wölbung
- Stimmstöcke sehen Rißfrei aus

Mechanik:
- Dämpfungs- und Hammerfilze sind zumindest nicht beschädigt
- eine Taste ist blockiert

Würde das Klavier nun gerne in einen gut bespielbaren Zustand bringen ohne unbedingt viel Geld zu investieren und den Originalzustand des Klavieres zu beeinflussen.
Evtl. würde ich die Mechanik überholen lassen (falls nötig). Die Klaviatur würde ich gerne wieder optisch herrichten (falls möglich würde ich das selber tun, wenn die Mechanik ausgebaut ist).

Was meint ihr? Was muss dringend gemacht werden? Wie teuer wäre das? Was kann man selber machen? Wie teuer wäre später eine Ausbesserung der Schellacklackierung?

Für Eure Antworten danke ich euch schonmal im voraus.

Gruß

Holger
 

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Hallo Holger,

Ein gutes Klavier hast Du da erworben!
Ich denke, die Mechanik gibt gar nicht viel Arbeit und kann man vor Ort richten.
Die drei Tastenfrontplättchen liegen vermutlich sogar noch im Instrument. Das kommt relativ häufig vor. Als erste Schätzung gehe ich von ein paar Stunden Arbeit aus - maximal ein Tag. (Klavier innen reinigen und kleine Mechanik- sowie Klaviaturreparatur, Stimmen, Regulieren, Intonieren)

Klavierrestaurator Emmanuel wird sich zur Politur sicher noch melden, aber vermutlich wird das der höhere Aufwand. :cool:

LG
Michael
 
Hallo Holger,

bei Michael wärst Du, was Klang und Spielbarkeit angeht, in guten Händen!

Die Schellackpolitur müßtest Du mit etwas Geschick und viel Geduld aufarbeiten können. Der Materialaufwand ist nicht sehr hoch, es kostet aber viel Zeit. Ich habe im vergangenen Jahr (ohne Vorkenntnisse) einen alten, ziemlich ramponierten Ibach-Flügel hergerichtet, er sieht auch jetzt nicht wie neu aus (man darf ihm ja seine hundert Jahre ruhig ansehen), aber er ist wieder schön schwarz und glänzend.

LG

Pennacken
 
Vielen Dank schonmal für Eure Antworten.

@pennacken
Was die Schellackpolitur betrifft. Ich finde im Internet widersprüchliche Anleitungen darüber. Woher hast Du deine Anleitung bekommen? Wo hast Du das Material her und was benötige ich?

Gruß

Holger
 
Achso, noch etwas...

Auf der Rückseite des Klavieres sieht es so aus, als wäre da eine Art Abdeckung drauf gewesen. Kann mir dazu jemand etwas genaueres sagen?

Bzgl. des fehlenden Brettes auf der vorderen Unterseitenabdeckung. Weiß jemand, welches holz bei den den alten Bechsteins verwendet wurde?

Gruß

Holger
 
Nochmal ein paar Fotos.
 

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Hallo Holger,

in der Tat findet man im Internet viele, z.T. widersprüchliche Informationen, allerdings gibt es auch nicht „das“ Verfahren, sondern im Detail unterschiedliche Methoden, die zu guten Ergebnissen führen. Ich habe mich weitgehend an die Anleitung von Sam Allen gehalten, sein Buch über die Bearbeitung von Holzoberflächen enthält ein ausführliches Kapitel über Schellack, insbesondere auch über die Aufarbeitung von alten Schellackoberflächen und über die Bearbeitung von schwarzen Flächen! Du kannst dieses Kapitel komplett im Internet einsehen und ausdrucken, gib mal bei google „Sam Allen Schellack“ ein, es müsste ein Hinweis auf „books.google.de/books?isbn=3878705867...“ kommen, sonst etwas suchen.

Ich bin wie folgt vorgegangen:

1. Oberfläche mit Polish von Clou gründlich reinigen (kann auch später zum Auspolieren des Öls verwendet werden).
2. Je nach Zustand 3 – 6 Lagen Schellack schwarz auftragen, bis die Oberfläche wieder schön tiefschwarz wird.
3. Abschließend 2 – 4 Lagen Schellack farblos auftragen.
4. Mit Clou Polish auspolieren.

Zwischen den einzelnen Arbeitsgängen jeweils einen Tag aushärten lassen!

Leichte Kratzer bekommt man so weitgehend weg, ausgebrochene Stellen und abgestoßene Kanten musst Du mit festem Schellack und einem Schellackschmelzer füllen und anschließend schleifen. Mit Bismehl habe ich nur an wenigen Stellen (Kratzer) gearbeitet.

Bei Verzierungen lässt sich so schlecht arbeiten, gegebenenfalls Petersburger Möbellack – ähnliches Material, aber für den Auftrag mit Pinsel vorgesehen – verwenden. Vorher ausprobieren!

Material: Eine Liste mit Bezugsquellen schicke ich Dir in Kürze als PN; ich habe – da es sich um eine einmalige Aktion handelt – fertigen Schellack (schwarz und blond) verwendet, wichtig ist, dass Du guten Polierspiritus (Alkohol 99%) verwendest.

Alle Messingteile habe ich abgenommen, gereingt, poliert und mit Zaponlack geschützt, Messingschrauben alle erneuert.

Wenn Du fragen zu Details hast, schick mir eine PN, anbei einige vorher – nachher (das vorletzte) Fotos. Hilfe findest Du natürlich hier im Forum und bei www.woodworker.de.

Viel Erfolg

Karl
 

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Hallo!

mal zu schellackpolitur: eine alte politur aufzupolitieren ist eigentlich schwerer als eine neue herzustellen... daß man sagen kann, dass man politieren kann, muß man ca. 2 jahre lang jeden monat zb. 4-5 kommoden politieren... und wenn man nicht politieren kann, kann man eine alte (meiner meinung sehr schöne) politur ziemlich verhauen... das meine ich jetzt nicht zynisch oder so... möchte nur nicht, daß du deine politur "abbrennst" und sie dann zum wegschleifen ist...

lg emmanuel
 
Hallo Holger,

Emmanuels Warnung ist natürlich nicht unberechtigt:
@ wenn man nicht politieren kann, kann man eine alte (meiner meinung sehr schöne) politur ziemlich verhauen

Die Frage ist nur, ob es sich wirklich um eine alte ... sehr schöne Politur handelt. Ich habe vielleicht Glück gehabt: Ein Teil der Flächen sah nach gündlicher Reinigung (s.o.) wieder gut aus, der Rest war so so schlecht, da gab es nichts mehr zu verderben, z.B. der gesamte Deckel. Du hast drei Möglichkeiten: Das Klavier so lassen, wie es ist (nur mit einem geeigneten! Mittel reinigen und aufpolieren), die Politur von einem Fachmann (so Du einen findest) aufarbeiten lassen, was - wenn ich richtig informiert bin - leicht einen mittleren vierstelligen Bereich kommen kann, oder selbst den Versuch wagen.

Wenn ich Emmanuel richtig verstehe, sieht er die Schwierigkeit darin, auf der alten, schon glatten (also fertigen) Politur erneut mit Spritus zu arbeiten; dabei wird die alte Schicht etwas angelöst und dabei kann sie sehr leicht aufgerissen werden. Damit ist der Vorteil, daß man nämlich auf einer schon vorgearbeiteten Fläche (Poren geschlossen) arbeitet, vertan und die Situation ist schlimmer, als vorher, besonders, wenn einem das mitten in einer größeren Fläche passiert. (vgl. dazu Sam Allen!)

LG

Karl
 
hi!

naja es ist so: man kann eine schwarze politur mit einem sehr dünnen klarem schellach aufpolitierer, so daß die fläche eine neue frische und glanz kriegt. da bleiben aber alle durchgeriebenen stellel weiterhin nicht schwarz... man kann so aber die ganze alte patina und die ganze geschichte der oberfläche erhalten. die zweite möglichkeit ist wäre mit dem schwarzem schellack aufpolitieren um alle ränder und durchgeriebenen stellen zu schlißen. ba bestehr aber die gefahr, daß alle löcher und risse bei einer auf hochglanz polierten fläche, sehr störend werden können. als das letzte könnte man große löcher und risse auskitten, alles mit schleifpapier 400 und petroleum glatt nachschleifen und dann in 2 schichten aufpolitieren... man hat in dem falle keine patina mehr...

eine politur kann man auch nur mit spiritus aufpolitieren, da braucht man aber wirklich sehr viel erfahrung und man muss natürlich damit rechnen, daß so eine politur nie wirklich regelmäßig, homogen aussieht, da in diesem falle der lack aufgeweicht und vertrieben wird...

lg
emmanuel
 

übrigens:
alte klaviere haben (fast) immer hinten einen mir stoff oder feinem stoff- bzw. metall-netz bespannten rahmen. dienst ale allgemeiner schutz (staub, mäuse...).

wenn das klavier mitte im raun steht kann es auch eine schöne dekoration der rückseite sein, wenn der rahmen schön zb. schwart gemalt und mit einem brokat bespannt wird.. :p ;)

lg
 

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