Rachmaninow Etüde c-Moll

mick

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Ich wiederhole gerade die Etüden op. 33 (inklusive der "gestrichenen") für ein anstehendes Konzert. Ich hadere nun ein wenig mit dem Ende der c-Moll-Etüde, genauer gesagt, mit dem letzten Akkord. Ich kann den ganz knapp greifen, aber in einer Konzertsituation ist mir das zu riskant. Jede falsche Note, die man da auch nur geringfügig streift, erzeugt an dieser Stelle einen Totalschaden.

Früher habe ich die rechte Hand arpeggiert, aber inzwischen gefällt mir das nicht mehr. Meine Idee ist nun, das g'' wegzulassen (es klingt durch das Pedal ja trotzdem durch) und e''-c'''-e'''-g''' zu spielen. Man wird das fehlende g'' kaum hören, trotzdem interessiert mich, wie andere diese Stelle gelöst haben:


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Dadurch, dass der linke Daumen auch g spielt ist es definitiv kein Problem, die Obertöne erzeugen ja fast schon das fehlende g''.
Aber warum nicht arpeggieren? Vom Bass bis nach oben.
Übrigens in der Entwicklung vom böse brütenden Moll zum leuchtenden Dur mit vielen schönen Dissonanzen ein tolles Stück!!
 
In meiner Klangvorstellung sind das Bläserakkorde, der letzte wird durch ein Streicherpizzicato unterstützt. Ein Arpeggio passt absolut nicht zu dieser Klangvorstellung.
Solche Klangkonzepte trifft man eigentlich nur bei Pianisten an, wie Orchesterinstrumente klingen zu wollen, oder? Gibt es auch Bläser, die sich den Klang eines Klaviers vorstellen?
Eigentlich ein Eingeständnis, dass das Klavier ein höchst unvollkommenes Instrument ist.
Auch Glenn Gould hat gemeint, das Klavier nicht sonderlich zu schätzen, aber er spiele es nun einmal seit frühester Kindheit.
 
Solche Klangkonzepte trifft man eigentlich nur bei Pianisten an, wie Orchesterinstrumente klingen zu wollen, oder? Gibt es auch Bläser, die sich den Klang eines Klaviers vorstellen?
Eigentlich ein Eingeständnis, dass das Klavier ein höchst unvollkommenes Instrument ist.
Man kann sogar noch weitergehen: Klassische Gitarristen müssten theoretisch auch solche Orchesterklang-Vorstellungen entwickeln. Meines Wissens tun sie das aber nicht.

Mit Instrumentalvorstellungen am Klavier konnte ich noch nie so viel anfangen. Klar, manchmal drängt sich das förmlich auf, oder es steht explizit in den Noten wie z.B. in Schumanns op. 11 „quasi Oboe“.

Ich halte den Klavierklang prinzipiell für so vollkommen, dass er zur Charakterisierung eigentlich keine Klangvorstellungen anderer Instrumente benötigt. Aber vielleicht ergeht es @mick und anderen ja wie Synästheten, nur nicht auf visuelle Farben, sondern auf Klangfarben bezogen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber vielleicht ergeht es @mick und anderen ja wie Synästheten, nur nicht auf gemalte visuelle Farben, sondern auf Klangfarben bezogen.

Ich denke nicht, dass das etwas mit Synästhesie zu tun hat. Dann hätte ich ja bei bestimmten Klängen immer dieselben Vorstellungen von Orchesterklängen - so wie ein bestimmter Akkord immer dieselben Farben triggert. Das ist aber nicht so. Es hängt vielmehr vom einzelnen Stück ab - und da gibt es eben welche, denen der Klavierklang völlig genügt (sehr viel von Bach, fast alles von Chopin) und solche, denen man auf den ersten Blick ansieht, dass der Komponist hier orchestral gedacht hat - Mozart, Beethoven, Schubert, Ravel sind die offensichtlichsten Beispiele.

Bei Rachmaninow ist das sehr uneinheitlich. Die Préludes sind in der Mehrzahl offensichtlich pianistisch gedacht, die Études-Tableaux zum größeren Teil orchestral - Rachmaninow war selbst sehr daran interessiert, die Etüden zu orchestrieren. Zumindest ein paar der Etüden hat er dann an Ottorini Respighi delegiert, und das Ergebnis ist hervorragend!
 
Zumindest ein paar der Etüden hat er dann an Ottorini Respighi delegiert, und das Ergebnis ist hervorragend!

Nein! So sehr ich sonst @mick schätze!!
Nein, nein, nein!
Wenn ich etwa die Es-Dur Etüde aus op. 33 mit Rachmaninoff selbst höre, mit dieser unglaublichen rhythmischen Elastizität und der gewaltigen Steigerung auf der letzten Seite und dann das bemühte Respighi Orchster höre, ... brrrh.
Rachmaninoff hat für das Orchester ganz andere Strukturen erfunden als für das Klavier.
Selbst in den 3 Tänzen op. 45 wirken die 2 Klaviere ihrerseits unbefriedigend, weil das Ganze wohl doch (Ausnahme vielleicht der erste Teil des ersten) vom Orchester her gedacht war. Die dritte Symphonie ist ganz und gar vom Orchester her gedacht. Sie ist eines meiner Lieblingswerke von Rachmaninoff.
Trotzdem finde ich auch, das viele Stellen in den Etüden über das Klavier hinauswollen (op. 39,2!).
Komischerweise befriedigt mich das wirkliche Orchester dann doch nicht!
 
Solche Klangkonzepte trifft man eigentlich nur bei Pianisten an, wie Orchesterinstrumente klingen zu wollen, oder? Gibt es auch Bläser, die sich den Klang eines Klaviers vorstellen?
Eigentlich ein Eingeständnis, dass das Klavier ein höchst unvollkommenes Instrument ist.

Sehe es anders herum: das Klavier kann, wenn es will, ein ganzen Orchester, Kammermusik oder eben ein Soloinstrument darstellen.
 

@Alter Tastendrücker Ich mag die Orchesterversion von Es-Dur aus op. 33 sehr!! Allerdings sehe ich sie nicht als reine "Adaption" im Sinne einer Instrumentation oder Transkription oder was auch immer mit -tion hinten. Sondern auf der Grundlage der Klavieretüde ist ein neues Stück mit anderen Nuancen, Farben und Ideen entstanden. Die Tempi und Energien sind ein kleines bisschen anders. Macht nichts, das kann sich trotzdem gegenseitig befruchten und schön sein!
 
Wenn ich etwa die Es-Dur Etüde aus op. 33 mit Rachmaninoff selbst höre, mit dieser unglaublichen rhythmischen Elastizität und der gewaltigen Steigerung auf der letzten Seite und dann das bemühte Respighi Orchster höre, ... brrrh.

Welches Orchester hast du denn gehört? Es mag sein, dass die Sachen aufgenommen einiges von ihrer Wirkung verlieren, da die dynamische Bandbreite bei Respighi exorbitant ist. Aber gerade in der Es-Dur-Etüde kommt der Jahrmarkt-Charakter durch die raffinierte Behandlung des Blechs und des Schlagwerks toll zur Geltung.

Also, wenn ich die Wahl hätte, diese Etüden zu spielen oder mit einem sehr guten (ja, das muss sehr gut sein, weil die Arrangements auch für's Orchester hochvirtuos sind) aufzuführen, dann würde ich das Dirigentenpult dem Klavierhocker auf jeden Fall vorziehen!

(Was nicht bedeutet, dass ich die Dinger nicht auch gerne spiele - am liebsten allerdings das cis-Moll-Ding mit den Skrjabin-artigen Begleitfiguren!)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mal zurück zu den Akkorden vom Anfang. Das g, welches du wegzulassen gedenkst, ist dasjenige, das im vorhergehenden Akkord der rechten Hand das tiefste ist, oder?
Und wie willst du das Pedal einsetzen - bereits im Takt vor dem Schluß, so daß dieses g durchklingen würde? Dann ginge es nur noch darum, ob der Klang des erneuten Anschalges relevant ist oder nicht,
Spielen kann ich das nicht - aber interessieren tut's mich schon. :-)
 
Mal zurück zu den Akkorden vom Anfang. Das g, welches du wegzulassen gedenkst, ist dasjenige, das im vorhergehenden Akkord der rechten Hand das tiefste ist, oder?
Ja.

Und wie willst du das Pedal einsetzen - bereits im Takt vor dem Schluß, so daß dieses g durchklingen würde?
Die ganzen 4 letzten Takte sind eine einzige Pedalfläche. Das g'' (und alle Töne, die in diesen 4 Takten angeschlagenwerden) klingt im letzten Akkord auf jeden Fall durch.
 
Solche Klangkonzepte trifft man eigentlich nur bei Pianisten an, wie Orchesterinstrumente klingen zu wollen, oder?

Nicht ganz. Bei Streichern gibt es hin und wieder die Spielanweisung flautando - dabei streicht man nahe am Griffbrett oder sogar darüber, was für einen obertonarmen, flötenähnlichen Ton sorgt.

Oder - beispielsweise in Mozarts 5. Violinkonzert - schlagen Celli und Bässe mit dem Holz des Bogens auf die Saiten ("coll' arco al roverscio"), um ein türkisches Schlagwerk zu imitieren.
 
Dem Klavier sind keine Grenzen gesetzt. In manchen Stücken soll es gar klingen wie eine singende Säge.
 

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