Rachmaninoff

wenn mich nicht alles täuscht, ist die deutsche Schreibweise "Rachmaninov", und das kommt glaube ich auch dem Original am nächsten. Die Endung auf "ff" hat er ja nur gewählt, weil er lange in den USA gelebt hat und die Leute dort seinen so am korrektesten aussprechen. Aber "ff" scheint sich zumindest im Internet durchzusetzen, vermutlich weil dort Englisch die wichtigste Sprache ist.

Hier gibt es eine Abhandlung über mögliche deutsche Schreibweisen russischer Namen etc.
 
hallo,
soweit ich weiss, stammt die Schreibweise der Endung "...off" aus der französischen Transliteration aus dem späten 19. Jh. und war eine Zeitlang üblich, aus derselben Kiste stammt auch die Schreibweise "Scriabine", welche man immer mal wieder findet. Rachmanin... hatte vermutlich, denn franz. war in Russland immer noch eine Art "Code der höher gestellten" (vgl. die franz. Passagen in den Romanen von Tolstoi und Dostoevskij), während seiner "Emigration" wegen der russ. Revolution, die franz. Schreibweise gewählt -- na ja, ist nur meine Vermutung, "genormt" war Anfang des 20. Jh. noch keine Schreibweise
"Ciajkovskij" ist übrigens nicht "polnisch", auch wenns sonderbar aussieht - und wer die Bände der neuen Gesamtausgabe (Schott) kennt, der findet dort diese Schreibweise...
...ja, russ. Namen, mir fällts auch schwer, dem lieben Modest am Ende ein "j" anzuhängen, aber so soll es korrekt sein: Mussorgskij ... ...
:) :)
naja, die Sachen spielen können ist allemal sinnvoller, als sie nur schreiben zu können... :)
Gruß, Rolf
 
"Ciajkovskij" ist übrigens nicht "polnisch", auch wenns sonderbar aussieht

Ja, aber die Schreibung erschien mir irgendwie am Polnischen orientiert, wegen ci für das russische tsch (das nicht ganz gleich ist wie das Deutsche...). Aber vielleicht ist auch Italienisch das Vorbild, dann würde v passen...

Und ja, der Musorgskij hat wirklich ein j am Ende. (Schaut das nicht schöner aus? Ich finde, es rundet das Wort irgendwie ab. :) ) Aber eigentlich nur ein s, das stimmlos ist. Nur in der alten deutschen Transkription hat man nicht s und z für stimmhaftes und stimmloses s verwendet (und c für ts), sondern ss für stimmloses und s für stimmhaftes und z für ts. Nur in dieser Transkription hat man wieder das j am Ende nicht geschrieben, also wäre Mussorgskij irgendwie eine Hybridform. Übrigens, der Mensch war irgendwie arm dran: musor heißt auf Russisch "Müll". Zwar hat er da so ein g dazwischen, aber es werden wohl schon ein paar Leute daran gedacht haben... ;)

Ach, es ist ein Kreuz mit diesen Umschreibungen - immer muss man ein Gleichgewicht zwischen Sinnhaftigkeit und der für slavische Sprachen ungeeigneten lateinischen Schrift ohne Sonderzeichen finden...
 
Und ja, der Musorgskij hat wirklich ein j am Ende. (Schaut das nicht schöner aus? Ich finde, es rundet das Wort irgendwie ab. :) ) Aber eigentlich nur ein s, das stimmlos ist. Nur in der alten deutschen Transkription hat man nicht s und z für stimmhaftes und stimmloses s verwendet (und c für ts), sondern ss für stimmloses und s für stimmhaftes und z für ts. Nur in dieser Transkription hat man wieder das j am Ende nicht geschrieben, also wäre Mussorgskij irgendwie eine Hybridform. Übrigens, der Mensch war irgendwie arm dran: musor heißt auf Russisch "Müll". Zwar hat er da so ein g dazwischen, aber es werden wohl schon ein paar Leute daran gedacht haben... ;)
Hier im Forum hat mal jemand, der in Russland aufgewachsen ist, geschrieben, dass sich Mussorgskij so ausspricht: Mussorski (wen's interessiert, durchsuche die Beiträge des Benutzers "wanjabelaga"). Da fällt das -g- in der Aussprache weg, d.h. Mussorgskij war wirklich arm dran, wenn "musor" tatsächlich "Müll" heißt. :|
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
hallo,

mal wieder weg von der Schreibweise:
ich halte folgende Werke für die besten von Rachmaninov:
- Vesper Messe
- sinfonische Tänze
- Paganinivariationen
- Sinfonie Nr.2
- Etüde es-Moll
- Klavierkonzert Nr.4 langsamer Satz
- natürlich auch das 2. Klavierkonzert!
- die Polka de V.R.
vermutlich ist Rachmaninov (zeitlich) nach Tschaikowski der genialste russische Melodiker!!!

Halt!!! Warum ist oben das 3. Konzert nicht dabei? ok: der erste Satz ist absolut fantastisch, das Finale auch - aber ich finde den mittleren Satz zerfasert und streckenweise gräßlich langweilig.
----ist nur meine Meinung hier, ist keine Papstenzyklika---- :)

die Preludes, die Charakterstücke, die Lieder, das Trio usw usw -- ja, einzelnes daraus ist wundervoll - aber ich kann mehr als drei Rach.-Klaviersachen einfach nicht am Stück ertragen...

die Vesper Messe: unglaublich!!!!

außerdem gibts vom jungen Rachmaninov eine wunderschöne Oper!

Gruß, Rolf
 
hallo,

mal wieder weg von der Schreibweise:
ich halte folgende Werke für die besten von Rachmaninov:
- Vesper Messe
- sinfonische Tänze
- Paganinivariationen
- Sinfonie Nr.2
- Etüde es-Moll
- Klavierkonzert Nr.4 langsamer Satz
- natürlich auch das 2. Klavierkonzert!
- die Polka de V.R.
vermutlich ist Rachmaninov (zeitlich) nach Tschaikowski der genialste russische Melodiker!!!

Halt!!! Warum ist oben das 3. Konzert nicht dabei? ok: der erste Satz ist absolut fantastisch, das Finale auch - aber ich finde den mittleren Satz zerfasert und streckenweise gräßlich langweilig.
----ist nur meine Meinung hier, ist keine Papstenzyklika---- :)

die Preludes, die Charakterstücke, die Lieder, das Trio usw usw -- ja, einzelnes daraus ist wundervoll - aber ich kann mehr als drei Rach.-Klaviersachen einfach nicht am Stück ertragen...

die Vesper Messe: unglaublich!!!!

außerdem gibts vom jungen Rachmaninov eine wunderschöne Oper!

Gruß, Rolf

Interessant!
Komm, rolf, wir machen mal ein kleines Experiment.
Hier sind 5 kleinere Klavierstücke von Rachmaninoff, die ich jetzt mal nach meinem eigenen Prinzip gewählt habe. Mich würde interessieren an welchem dieser Stücke würdest du den Player stoppen oder...hältst du vielleicht eventuell doch aus? :) Komm, wir probieren es mal :)
(Die von dir erwähnte Etüde es-Moll habe ich extra nicht dabei).

Ich hatte große Schwierigkeiten die Elegie (http://www.youtube.com/watch?v=s0aKYCO7KmY) und
sein Vocalize (http://www.youtube.com/watch?v=R5IiC1kAdzM) aus der Liste unten zu entfernen aber gut, 5 Stücke sind 5 Stücke :)

1. http://www.youtube.com/watch?v=khXzI9znKMU
2. http://www.youtube.com/watch?v=ePfJV-78bQU
3. http://www.youtube.com/watch?v=tVuP1BjbhAg
4. http://www.youtube.com/watch?v=IxFI2cphuN0
5. http://www.youtube.com/watch?v=W-Qb7AS1yxg

Gruß

Andris
 
zum Experiment

ulkig!!
und hat Spaß gemacht!!

ok:
1 ist gut gespielt, hab ich aber nicht ganz angehört (klar, eine der schönsten Etüden von Rach)
2 soso... der liebe Gott des Klavierspiels: das habe ich im Ohr, also hör ich mirs nicht an -- das ist der Grund, dieses Prelude selber nicht mehr zu spielen
3 hab ich nur den Anfang gehört, für mich lediglich mechanisch gespielt - da gibts viel bessere Aufnahmen
---so, hier hab ich also auf die oben beschrieben Weise gestoppt
aber: aus Neugier hab ich geschaut, WAS du da noch bietest: soso, Richter, und dann h-Moll und g-Moll - die Aufnahmen kenne ich ebenfalls in- und auswendig
(auch wenn ich gesteinigt werde: das h-Moll Prelude finde ich langweilig, es ist zu lang und bietet mir zu wenig Abwechslung - ein vergleichbares Klavierstück in Sachen Entwicklung und Dramatik ist die erste Ballade op.10 von Brahms! auch im Falle einer Steinigung: da ist der Brahms dem Rach turmhoch überlegen)

weisst du: eine ganze opus Sammlung von Rachmaninov, z.B. die Preludes op.x oder op.y, aber auch bei Skrjabin - das kann ich mir nicht komplett anhören.

---ok, schon oft hier im Forum gesagt: Horowitz, Moskauer Konzert, die Zugabe "polka de V.R." ------- DAS ist das non plus ultra des Klavierspielens!

liebe Grüße und Danke für das lustige Experiment,
Rolf
 
ulkig!!
und hat Spaß gemacht!!

ok:
1 ist gut gespielt, hab ich aber nicht ganz angehört (klar, eine der schönsten Etüden von Rach)
2 soso... der liebe Gott des Klavierspiels: das habe ich im Ohr, also hör ich mirs nicht an -- das ist der Grund, dieses Prelude selber nicht mehr zu spielen
3 hab ich nur den Anfang gehört, für mich lediglich mechanisch gespielt - da gibts viel bessere Aufnahmen
---so, hier hab ich also auf die oben beschrieben Weise gestoppt
aber: aus Neugier hab ich geschaut, WAS du da noch bietest: soso, Richter, und dann h-Moll und g-Moll - die Aufnahmen kenne ich ebenfalls in- und auswendig
(auch wenn ich gesteinigt werde: das h-Moll Prelude finde ich langweilig, es ist zu lang und bietet mir zu wenig Abwechslung - ein vergleichbares Klavierstück in Sachen Entwicklung und Dramatik ist die erste Ballade op.10 von Brahms! auch im Falle einer Steinigung: da ist der Brahms dem Rach turmhoch überlegen)

weisst du: eine ganze opus Sammlung von Rachmaninov, z.B. die Preludes op.x oder op.y, aber auch bei Skrjabin - das kann ich mir nicht komplett anhören.

---ok, schon oft hier im Forum gesagt: Horowitz, Moskauer Konzert, die Zugabe "polka de V.R." ------- DAS ist das non plus ultra des Klavierspielens!

liebe Grüße und Danke für das lustige Experiment,
Rolf

Hehe :) Danke, dass du mitgemacht hast. Ich finde es aber sehr interessant darüber zu diskutieren, weil wir manche Sachen anscheinend wirklich unterschiedlich empfinden. Ich bin wie viele andere auch der Meinung, dass Musik erst in uns entsteht und nicht so eine Art absolute Sprache ist und deswegen ist es schon manchmal furchtbar, wenn man meint, etwas verstanden zu haben und die anderen können es nicht nachvollziehen.

Nummer drei von Lisitsa: wow, das habe ich echt nicht erwartet! Für mich ist es beste Interpretation, die es gibt: wild, energisch, verrückt! Es gibt im Englischen das Wort "exalt", k.a. wie man das ins Deutsche genau übersetzt. Rachmaninoff war der Meinung, dass man beim Komponieren "have to exalt" und nicht mit dem Kopf komponieren, was ich (und da gebe ich ihm Recht) bei Prokofieff empfinde (ist natürlich nicht auszuschliessen, dass ich es mir einbilde) aber so ist es eben.
ich finde "one exalts" wenn ich mir diese Interpretation anhöre. Welche Interpretation gefällt dir besser?

h-Moll Prelude: Echt? Wo sind meine Steine :) Für mich das tiefste Klavierwerk überhaupt. Ich kenne kein anderes, welches in mir innerhalb so kurzer Zeit so eine breite Palette an Trauer- Brand-, Feuer-, Nostalgiegefühlen hervorrufen würde. Wenn das laute Hauptthema zu Ende geht, stelle ich mir ganz eindeutig ein leeres ausgebranntes Feld der Treue, Ehrlichkeit, Edelmut und sogar so eine Art Altruismus vor. Für mich spricht dieses Werk die tiefsten Tiefen der menschlichen Seele an, Sachen über die man eigentlich nicht spricht, weil es nicht gesund ist, sich selbst und sein Ego komplett und ungeschützt ans Licht zu bringen. Zwei Menschen, die einander gegenüber stehen, mit Tränen im Gesicht, so dass man die Tränen deutlich sieht und es findet eine in Worten nicht auszudrückende Kommunikation zwischen ihnen statt, diese Kommunikation ist für mich diese Prelude.
Bin also wirklich überrascht. Das mit Brahms werde ich mir natürlich jetzt mal anhören.

Ich habe das gesamte Moskauer-Konzert von Horowitz auf DVD - für mich eins der genialsten Konzerte überhaupt.

P.S. Zwei Sachen sollte ich vielleicht noch dazu sagen:
1. Ich bin Anfänger und ich habe noch kein einziges dieser Werke 200 mal gehört geschweige denn gespielt - kann sein, dass man es irgendwann langweilig findet. Abwechslung ist sicherlich immer gut.
2. Rachmaninoff ist mein Landsmann und seine Sprache ist meine Muttersprache. Ich war nie ein Patriot, es ist mir eigentlich auch egal, ob er russisch ist oder nicht aber ich bin schon selbst überrascht, wie sehr seine Musik mich anspricht und sie tut es irgendwie auf Russisch, ich kann es nicht erklären aber ich spüre es sehr deutlich. Sicherlich hat diese Tatsache mit meiner Empfindung auch was zu tun :)

Liebe Grüße

Andris
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
hallo Andris,

vor vielen Jahren hatte ich die "wilde" Etüde von einem Landsmann von Dir in Petersburg als Zugabe gehört: Igor Shukow. Das war unübertrafflich, sie klang furchtbar verzweifelt, und er hatte derart genial differenziert, dass ich sie mir seitdem gar nicht anders vorstellen kann.

auch Ashkenazy hat sie eingespielt, dass einem die Tränen kommen.

"russisch" ist Rachmaninovs Musik fast immer, ich halte ihn als Melodiker für quasi den "Erben" von Tschaikowski!!! Manchmal gerät seine Musik in einen spätromantisch-internationalen Salontonfall, der mir nicht so behagt - allerdings besteht immer die Möglichkeit, dass die Stücke noch gar nicht so realisiert sind, wie sie es sein sollten?! man weiss ja auch erst seit Horowitz, was für ein Wunder an Charme, Esprit und nostalgischer Lebensfreude die Polka ist!!!

mir persönlich ist von allen russischen Komponisten Mussorgski der liebste, für mich ist "Bilder einer Ausstellung" das bedeutendste und beste russische Klavierwerk des 19. Jh. - natürlich ist Rachmaninov eine Generation später, aber ist er wirklich der Prototyp "russische Spätestromantik"? Klar, manches bei Rachmaninov ist so "urrussisch" wie Mussorgski, und natürlich hat er Melodien komponiert, die man nie vergisst.

wie kann ich ausdrücken, was ich da mehr empfinde als argumentieren kann? Skrjabin ist weniger "russisch" als Rachmaninov, aber der ist es für mich auch nicht ganz so wie Mussorgski - oder jedenfalls anders.

Spätromantisch symbolistische Musik, auch mit "Nationalkolorit" (a la "die nationalen Schulen der Romantik, für Polen Chopin, Tschechien Smetana usw. usw") kann im Übermaß ermüden - also bei mir wird Rachmaninov während des ZUHÖRENS (nicht während des selber spielens!!!) nach drei-vier Klavierstücken ermüdend bis langweilig, aber auch Skrjabin und sogar Tschaikowski (dessen Werke für Soloklavier ich für eher zweitrangig halte, seine Jahreszeiten kann ich nicht komplett anhören) ---- aber wer weiss, vielleicht geht mir das HÖRER eben so, weil ich ein bürokratisch-bierernster Deutscher bin... :)

die es-Moll Etüde spiele ich sehr gern, auch die Corelli-Variationen - die Sonaten von Rachmaninov sagen mir nicht viel (wo sind da seine Melodien?). Aber die Sonaten von Skrjabin, vor allem die fünfte und zehnte, die bewundere und liebe ich!!!

(((übrigens habe ich bei einem russischen Klavierprofessor studiert, und da war neben Chopn und Liszt natürlich enorm viel russisches zu üben, auch Balakirev, Prokovev, Medtner, Borodin, Shostakowitsch, Strawinski)))

liebe Grüße, Rolf
 
kleine Abschweifung: Moskauer Konzert

oh ja!!!
das ist auch mein Lieblingskonzert, und ich habe auch eine DVD mit dem kompletten Programm!!
...der alte Mann verspielt sich ein paar mal deutlich, und der Schubert wirkt nicht so, als habe er ihn verstanden (und furchtbar dickes Pedal teilweise) ---- ja und? keiner, der die Nase rümpft, wird seinen Sound, seinen Rhythmus, seinen Klang hinbekommen!!
z.B. in Schubert/Liszt/Tausig: auch wenn nicht alle Töne da sind, niemand kann die Sexten so bringen wie Horowitz!!!
was auf der CD nicht ist: die Chopin Polonaise - hinreissend gespielt (und nur er darf den Text ändern und ein paar b-Oktaven tiefer spielen) und ich liebe Horowitz in dem Moment, in dem eine leichte Übergangstelle misslingt, er mit Wut und Verkrampfung zu laut zu schnell zu hart zuhaut, und Sekunden später ist er wieder voll in der Polonaise und spielt wie der liebe Gott weiter -- auch Horowitz ist ein Mensch! Schade, dass er seine Polonaise nicht für die CD freigegeben hatte... serh schade
die Chopin Mazurken - unbeschreiblich!
klar die Rachmaninov Sachen - unglaublich
und sein Skrjabin: !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
und seine Mozartsonate ist die beste Mozartinterpretation am Klavier, die ich kenne.
Scarlatti Sonata Longo 23 E-Dur: und wenn ich das 100mal höre, es rührt mich immer wieder

so ein Klavierspiel ist einfach ein Wunder!!! und am Ende eine Polka, die sich jeder Beschreibung entzieht - ausser einer: das non plus ultra des Klavier spielen könnens

liebe Grüße, Rolf

(noch was: meine Lieblingslektüre neben Thomas Manns Zauberberg ist "besy" von Dostojewski - ich kann leider kaum russisch, deshalb lese ich das natürlich auf deutsch: die "bösen Geister" habe ich bestimmt schon mehr als 50mal gelesen)
 
die 5 titel

Sehr interessant, wie die Meinungen auseinander gehen. Aber das ist auch belebend.

Das Zuviel Hören von einer Sache sollte man fast immer vermeiden, genau wie das Zuviel Essen des immer Gleichen, weshalb mir tortellini auch selten schmecken. Nach der zweiten Gabel fühle ich mich gourmeetechnisch verarmt - ;)

Ich höre mir auch selten alle 6 Brandenburger auf einmal an. Oder 3 Kl. Konzerte von Beethoven in Folge - So ein Werk, wenn man es eifrig verfolgt, bedingt ja eine Art Rausch und der sollte erstmal abklingen, bevor man weiter macht.

Das 1. Stück ist einfach toll,, sowohl als Komposition als auch als Interpretation

das 4. also das h- moll prelude empfinde ich eher ganz grossartig, denn es erschafft innere Bilder von großer Leidenschaft und ist in seinem Aufbau absolut zwingend, wobei gerade die minimalen harmonischen Veränderungen mit Delikatesse gesetzt sind. Jeder ton sitzt an seinem Platz perfekt. Dazu kommt, dass die tonart haargenau passt und der Rhythmus selbst im langsamen teil immer schwingt. Dieses Stück beschreibt in idealer Weise: Weite, Leere und Heroisches, Verzweiflung und Trost. Der Bogen des Ganzen wirkt perfekt geschlossen.

3. Ich kenne die von dir, Rolf, genannte Einspielung nicht. Würde sie aber gerne mal hören. Denke aber, dass hier Lisitza einen großen wurf gelandet hat. Von langweiligem , mechanischen spiel kann ich da nichts entdecken. Sie riskiert Alles und gewinnt alles. Es ist wie der dämonische Ritt einer Irren, die diesmal Glück gehabt hat. für mich eine Sternstunde.

gismoll und g-moll habe ich bereits so oft gespielt, gehört, unterrichtet- dass ich beide möglichst nicht mehr anhören will in nächster zeit- obwohl natürliche tolle Stücke.

Und meine eigentlichen Lieblinge sind:

Symphonische Variationen und op. 43 Paganini Variationen-

Es gibt auch irgendwo eine Klavierfassung der symphonischen Variationen, bei denen fast noch mehr an Struktur zu hören ist. Beides ergänzt sich dann, um das Stück noch besser zu erleben.
 

Also, ihr beide :)
Ich habe mir auch nun die Version von Ashkenazy
angehört
http://www.youtube.com/watch?v=06qCCmw0d4s

Ich finde schon, dass er stellenweise in die richtige Richtung geht (für meinen Geschmack) aber Lisitsa spricht mich mehr an, ich höre bei ihr einfach mehr Wildheit, Verrücktheit. Auch diese accelerandos im Bass setzt Lisitsa für mich besser um - es schafft irgendwie Charakter. Es ist ja eigentlich eine Bild-Etude, wahrscheinlich sollte man sich dabei ein Bild vorstellen. ich stelle mir jedenfalls einen nervösen, dicken Mann, der keine Ruhe finden kann und weiss auch nicht wen er dafür verantwortlich machen muss und rennt hinundher und schreit ein bisschen herum :)

Auch die Ballade von Brahms habe ich mir angehört, die ja laut rolf als Komposition viel besser sein soll als die h-moll Prelude von Rachmaninoff.

http://www.youtube.com/watch?v=b6pHawY2zJg

Die beiden Stücke sind in der Tat schon ähnlich aufgebaut. Eigentlich vergleiche ich Musik nicht so gerne, nur nach Emotionen, die sie hervorruft. Aus dieser Perspektive empfinde ich persönlich die Ballade von Brahms im Vergleich zur Prelude von Rachmaninoff als eine um Welten weniger emotionale und dramatische Komposition. Ich kann einfach mit der Harmonik von Brahms nciht viel anfangen. Ehrlich gesagt kann ich da hören und schauen wie ich will aber dass Brahms dem Rach da hochturm überlegen ist, werde ich wahrscheinlich nie verstehen :)
Jedenfalls wenn ich komponieren würde und 2 Stücke komponierte: einmal die Ballade und einmal die Prelude, würde ich persönlich die Ballade als den ersten Schritt auf dem Weg zu etwas Unübertrefflichem empfinden. Die Prelude ist für mich unübertrefflich :)

LG

Andris
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nochmal dazu

Ich habe mir auch jetzt - danke für die links - beide Stücke genau angehört.

Mein Eindruck hat sich noch verstärkt.

Askenazy ist natürlich fast immer toll und auch hier, aber er reicht nach meiner Meinung an Lisitsa nicht heran, die das Stück nach meinem Empfinden wesentlich besser umsetzt. Er spielt mir das alles noch zu sehr im Tempo und es fehlt der Exzess, der bei Lisitsa einfach da ist. Sie hetzt durch das Stück- aber das soll ja gerade so sein (den dicken Mann fühle ich weniger,, vielmehr eher einen Nightmare- aber das ist Nebensache)-

Wenn jemand sozusagen ausflippt, dann geht es fast immer daneben- und dies gelingt hier der Lisitsa. sie rastet fast aus- aber eben nur fast und es gelingt alles, sie bleibt im Gleis und fällt nicht runter, sondern bringt die wilde Jagd zu Ende. "In seinen armen- das Kind war tot- aber der Reiter lebt"

Zu Brahms kann ich mich natürlich nie negativ äußern, weil alles von ihm perfekt ist. Die Beiden stücke haben einen anderen (harmonischen)Hintergrund, obwohl sie in der Anlage sehr ähnlich sind.

Man kann sie miteinander vergleichen aber nicht vergleichend bewerten. Welche Komposition letztendlich den höheren Rang hat, dürfte schweer feststellbar sein. Also bleibt noch die persönliche Empfindung und da schlägt mein Pendel ganz klar für h-moll von Rachmaninow. für mich ist das prelude einfach von grösserer Delikatesse und wennn ich zwischen beiden als Zugabe wählen müsste,, würde ich mich immer für h-moll entscheiden.

Ein Glück, dass wir so verschieden sind.
 
mein unseliger Brahms-Rach Vergleich...

hallo,
wie so oft war ich wohl nicht in der Lage, unmissverständlich zu schreiben (aber wir sind hier ja nicht in einem musikwissenschaftlichen Kolloquium)...

Brahms Ballade hat strukturell einen klangdramatischen Verlauf, der den Vergleich mit Rachmaninovs h-Moll Prelude nahelegt. Auf den ersten Blick wirkt das Prelude subjektiver, persönlicher als die archaisierende, wenn man so sagen kann "objektivere" Ballade.
warum ich der Ballade den Vorzug gebe: sie gerät nicht in einen allgemein-melancholischen Salontonfall (was man jetzt nicht als negativ ansehen muss!!) - und natürlich kommt Rachmaninov immer weit aus diesem Salontonfall heraus: aber er scheint quasi die Basis der Preludes zu sein. Der Anfang, Urgrund, quasi "low level" von Rachmaninovs Charakterstücken ist oft dieser spätromantische Salonmusikcharakter, ähnlich wie bei Grieg etc. Dass er aus dieser klavieristischen Gebrauchsmusik hervor, heraufsteigend große Musik wachsen lässt, macht ihn den meisten Komponisten lyrischer Klavierstücke in der Spät- oder "Spätestromantik" überlegen. Leider setzt er in seiner Klaviermusik weniger oft a priori auf einem höheren Level ein - in diesem Sinne halte ich seine Etudes den Preludes für künstlerisch überlegen.

Halt!! Ich verteufele Rach nicht - er spielt und operiert und konstruiert ja bewußt mit diesen Gattungen, die aber nun einmal ihren eigenen kulturellen, musiksoziologischen und musikhistorischen Kontext haben. In diesem Sinn ist er vielem von Chopin, Liszt, Saint-Saens, Skrjabin ähnlich.

Brahms setzt anders ein, d.h. seine Musik beginnt eigentlich nicht auf der Basis von "gehobener Unterhaltung bzw. hochkultureller Gebrauchsmusik des 19. Jh." (ok, die Walzer und ungar. Tänze ausgenommen). Faszinierend und ästhetisch auf einem anderen - höheren! - Niveau ist die scheinbar paradigmatisch archaisierende, einen literarischen bezug verarbeitende Ballade op. 10 Nr.1, allerdings gerade deswegen, weil sie berührend und erschütternd das quasi "Bild des Objektiven" mit einer eben doch hörbaren Subjektivität verbindet --- vereinfacht: das ist der grausige Edward aus der inszenierenden Perspektive des jungen Brahms. Und damit ist ein Musikstück außerhalb der Salonlyrik entstanden, welches dem gewiss genialen Prelude ästhetisch (!) turmhoch überlegen ist.

Wie einem selber die Stücke gefallen, ist eine ganz andere Frage! Ich kann verstehen und nachvollziehen, dass man bzgl. der beiden Werke dem Prelude mehr gewogen ist - gerade weil es psychologisch/klanglich selbstverständlicher oder gleichsam "einfacher" zu verstehen ist. Auch kann ich verstehen und nachvollziehen, dass man von Klang der genialen Klavierbehandlung begeistert ist, dass man vom typisch "russisch-melancholischen" und irgendwie landschaftlich-bildhaften Charakter des Preludes fasziniert und begeistert ist. Und natürlich de gustibus non est disputandum!

Das Prelude adelt Salonmusik, mehr noch, es verwandelt sie in Hochadel :) königlich, kaiserlich, imperial
Die Ballade muss nicht erst "geadelt" werden

Vom Standpunkt der Klavierbehandlung: Brahms hat es nicht weniger als andere Klavierkomponisten drauf. Der Mittelteil sucht seinesgleichen an "Größe ohne Bombast"!!! Und insgesamt ist es eine wohlproportionierte Musik, auf knappstem Raum konzentriert - nirgends weitschweifig.

Bitte nicht falsch verstehen: hier stehen sich zwei unterschiedliche Gattungen bzw. Ansätze gegenüber - evtl sind sie nicht "vergleichbar".

Es ist auch nicht "negativ", dass Rachmaninov gerne nostalgisch im Salontonfall ansetzt (seine Elegie, auch das cis-Moll Prelude) und es gelingt ihm ja grandios, diesen auch zu parodieren (u.a. Polichinelle) - das und eine gewisse Weitschweifigkeit gehört zu seiner Musik.
-----------------
Ashkenazy spielt die Etüde musikalisch, dramatisch und manuell deutlicher und ausdrucksvoller, hat Nuancen, die ich bei L. nicht höre. Einen manuellen Galopp kann man in fast jeder schnellen Etüde veranstalten, Askenazy setzt für meine Wahrnehmung jenseits des demonstriert Manuellen ein und bringt die Etüde als enorm vielschichtige Nuancen- und Ausdrucksstudie.

Brahms Ballade könnte man auch mit Gould und Michelangeli (!!) anhören.

Bitte bitte bitte: ich will niemanden, der Rach liebt, vergrätzen - ich spiele selber viel von Rachmaninov und mag einige seiner Sachen sehr!

liebe Grüße, Rolf
 
Hey, Rolf, es wird jetzt etwas verständlicher, was du gemeint hast. Das muss ich mir aber alles noch genauer reinziehen - ist nämlich nicht so einfach :)


Nach diesem Satz bin ich beruhigt :)

Bitte bitte bitte: ich will niemanden, der Rach liebt, vergrätzen - ich spiele selber viel von Rachmaninov und mag einige seiner Sachen sehr!

liebe Grüße, Rolf

Um Gottes Willen :) Davon war nie die Rede, im Gegenteil finde ich das alles sehr interessant :)

LG
 
Happy Birthday Mr. Rachmaninoff!!! :D
 
Ich hab heute dieses schöne Interview mit Hamelin über Rachmaninoff entdeckt. Dass Henle jetzt auch Rachmaninoff-Ausgaben macht, wusste ich gar nicht!

 
Ich hab heute dieses schöne Interview mit Hamelin über Rachmaninoff entdeckt. Dass Henle jetzt auch Rachmaninoff-Ausgaben macht, wusste ich gar nicht!



Ich habe mir vor ein Paar Monaten die Präludien von Henle gekauft. Die Fingersätze sind nicht nur hilfreich, sondern auch absolut ungewöhnlich bei Rachmaninoff. Da wird es aber offensichtlich, dass die Musik von Sergej Vasilijevitsch, trotz vieler technischen Schwierigkeiten, sehr gut in die Hand passt und sehr "pianistenfreundlich" ist. Freue mich, dass Hamelin mehr Rachmaninoff spielen wird!
 
hallo Andris,

vor vielen Jahren hatte ich die "wilde" Etüde von einem Landsmann von Dir in Petersburg als Zugabe gehört: Igor Shukow. Das war unübertrafflich, sie klang furchtbar verzweifelt, und er hatte derart genial differenziert, dass ich sie mir seitdem gar nicht anders vorstellen kann.

auch Ashkenazy hat sie eingespielt, dass einem die Tränen kommen.

"russisch" ist Rachmaninovs Musik fast immer, ich halte ihn als Melodiker für quasi den "Erben" von Tschaikowski!!! Manchmal gerät seine Musik in einen spätromantisch-internationalen Salontonfall, der mir nicht so behagt - allerdings besteht immer die Möglichkeit, dass die Stücke noch gar nicht so realisiert sind, wie sie es sein sollten?! man weiss ja auch erst seit Horowitz, was für ein Wunder an Charme, Esprit und nostalgischer Lebensfreude die Polka ist!!!

mir persönlich ist von allen russischen Komponisten Mussorgski der liebste, für mich ist "Bilder einer Ausstellung" das bedeutendste und beste russische Klavierwerk des 19. Jh. - natürlich ist Rachmaninov eine Generation später, aber ist er wirklich der Prototyp "russische Spätestromantik"? Klar, manches bei Rachmaninov ist so "urrussisch" wie Mussorgski, und natürlich hat er Melodien komponiert, die man nie vergisst.

wie kann ich ausdrücken, was ich da mehr empfinde als argumentieren kann? Skrjabin ist weniger "russisch" als Rachmaninov, aber der ist es für mich auch nicht ganz so wie Mussorgski - oder jedenfalls anders.

Spätromantisch symbolistische Musik, auch mit "Nationalkolorit" (a la "die nationalen Schulen der Romantik, für Polen Chopin, Tschechien Smetana usw. usw") kann im Übermaß ermüden - also bei mir wird Rachmaninov während des ZUHÖRENS (nicht während des selber spielens!!!) nach drei-vier Klavierstücken ermüdend bis langweilig, aber auch Skrjabin und sogar Tschaikowski (dessen Werke für Soloklavier ich für eher zweitrangig halte, seine Jahreszeiten kann ich nicht komplett anhören) ---- aber wer weiss, vielleicht geht mir das HÖRER eben so, weil ich ein bürokratisch-bierernster Deutscher bin... :)

die es-Moll Etüde spiele ich sehr gern, auch die Corelli-Variationen - die Sonaten von Rachmaninov sagen mir nicht viel (wo sind da seine Melodien?). Aber die Sonaten von Skrjabin, vor allem die fünfte und zehnte, die bewundere und liebe ich!!!

(((übrigens habe ich bei einem russischen Klavierprofessor studiert, und da war neben Chopn und Liszt natürlich enorm viel russisches zu üben, auch Balakirev, Prokovev, Medtner, Borodin, Shostakowitsch, Strawinski)))

liebe Grüße, Rolf
Mensch Rolf, klasse geschrieben. Kann ich unterschreiben.
 

Zurück
Top Bottom