Quintenzirkel, Ges und Fis, Wolfsquinte, harmonische, reine Stimmung

Ganz im Gegenteil! Habe mich immer für den Begabungszusammenhang zwischen Mathematik und Musik interessiert.
Insbesondere für die beiden Gruppen der Musiker mit starker Affinität zur Mathematik und mit heftiger Ablehnung derselben.
Da gibt's wenig dazwischen!
 
Bin jetzt zwar kein Überdrüberwissenschaftler. Aber man hat durch den mathematischen Zugang auch ein anderes Verständnis für die Physik. Und Physik ist für mich wie Poesie in der Natur, wenn man sie nicht nur mit dem Quälfach in der Schule assoziiert. Furchtbar, was da mit den Fächern PH und M gemacht wird.
Aber eben, dass ich die natürlichen Obertöne, die sich in den genetisch vererbten, verewigten Synapsenverzweigungen wahrscheinlich seit tausenden von Jahren zeigen, den rationalen Zahlen zuordne und eben auch sehe, dass die irrationalen (12Wurzel aus 2 etc.) sich total ausschließen (wirklich total), daran erkenne ich die Diskrepanz. Ist halt mein Zugang.

Aber das hilft mir nicht beim Besserwerden beim Spiel. Da hilft mir nur ein hoffentlich baldiges Klavier in meiner Wohnung und Notenmaterial und ein Lehrer. Letzterer ist das Schwierigste. Den gräbt man nicht so einfach aus.
 
Ich platze mal mit meiner Frage zwischen die ganze Mathematik, denn sie passt hier so gut hinein:

Dürften sich bei einer gleichstufig temperierten Stimmung nicht alle Tonarten lediglich in der Tonhöhe unterscheiden?

Gleich zwei Klavierlehrer behaupteten, jede Tonart habe ihren eigenen Charakter, und ich las auch irgendwo von einer besonders brillianten Tonart (habe vergessen, welche das war). Aber warum das so ist (falls es stimmt), bei gleichstufig temperierter Stimmung, das konnte mir niemand erklären.

Vielleicht liegt hier:
Die Unterschiedlichkeit der Tonarten ist aber bis heute gegeben. Wir brauchen alle Tonarten. Die einfachsten Gründe dafür sind beispielsweise:
die absolute Tonhöhe (mit Geige können wir kein kleines Fis spielen ohne umzustimmen, Sänger haben einen bestimmten Stimmumfang, ... Farbe und Helligkeit des Klangs, eine Quarte oder mehr höher oder tiefer hört man auch als Nichtabsoluthörer).
Dann spielen Griffbilder auf den meisten Instrumenten eine Rolle (leere Saiten auf Streichinstrumenten, angenehm oder unangenehm zu intonierende Töne besonders bei Bläsern) . Auf dem Klavier fühlt sich ein Fis-Dur Dreiklang anders an als einer in As-Dur oder C-Dur. Die Vorliebe der Klavierromantiker für Tonarten hat nicht nur Gründe in der Höhe einer Tonart sondern auch in den Griffbildern.
Dann spielen insbesondere bei Instrumenten mit nicht festgelegten Tönhöhen auch tatsächliche kleine Anpassungen an vortemperierte Stimmsysteme eine Rolle und es gibt auch noch eine nicht von der Intervallstruktur abhängige Tonarten-Charakteristik. (Fis-Dur hat eine ganz andere Ausstrahlung als Ges-Dur)
ein Teil der Antwort. Aber wenn ja, dann verstehe ich sie nicht. Das mit den Griffbildern ist schon klar.

Aber wenn bei einer gleichstufig temperierten Stimmung, und das ist doch heute üblich (?), jede Oktave aus 12 gleich großen Halbtonschritten von 100 Cent besteht, dann können die Tonarten doch gar keine unterschiedlichen Charaktere besitzen, oder (vom Farbenhören evtl. mal abgesehen)?

Oder ist die heute übliche Stimmung gar nicht gleichstufig temperiert, sondern irgendwie mitteltönig oder etwas dazwischen?
 
Aber wenn bei einer gleichstufig temperierten Stimmung, und das ist doch heute üblich (?), jede Oktave aus 12 gleich großen Halbtonschritten von 100 Cent besteht, dann können die Tonarten doch gar keine unterschiedlichen Charaktere besitzen, oder (vom Farbenhören evtl. mal abgesehen)?

Würde man glauben, glaubte ich auch, bis eben hier geschrieben wurde, dass dem nicht so ist. Hören ist der komplexeste Sinn, hat mal ein Akustiker zu mir gesagt. Was da im Hirn abgehen muss, unglaublich. Es bleibt für mich ein Wunder.
 
In der Tat ist die Tonartencharakteristik bei einer gleichschwebenden Temperatur nicht mehr gegeben. Sonst würden ja auch Relativhörer eine Tonart sofort erkennen können. Können sie aber nicht.
 
Auch Leute nicht mit einem absoluten Gehör?. Kenne jemand, der kann das 440er a fast genau aus dem Kopf anstimmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann ist die übliche Stimmung heute also eine andere als gleichschwebend?
Oder bilden sich die KL (aus historisch bedingten Gründen) nur ein, Unterschiede zu hören? Ich selbst bin mir nicht sicher, ob ich da Unterschiede höre.

(Ich muss nächstes Mal unbedingt den Klavierstimmer fragen, wie er mein Klavier stimmt.)
 
Dann ist die übliche Stimmung heute also eine andere als gleichschwebend?
Eigentlich schon. Zumindest werden gleiche Intervalle möglichst gleichstufig und damit gleichschwebend gestimmt*. Allerdings schweben unterschiedliche Intervalle auch unterschiedlich.

*) theoretisch. Praktisch hört der Stimmer auf das Instrument und stimmt z.B. im Bass anders als in den Mitten.

Disclaimer: Achtung, Halbwissen!
 
Auch Leute nicht mit einem absoluten Gehör?. Kenne jemand, der kann das 440er a fast genau aus dem Kopf anstimmen.

Mit absolutem Gehör erkennt man natürlich die Tonarten sofort. Aber nicht, weil sie eine andere Charakteristik haben.

Bei Kammermusik oder Orchestermusik ist das allerdings anders - ein Streicherensemble in Des-Dur klingt tatsächlich anders als in D-Dur, weil in Des-Dur keine leeren Seiten mit angeregt werden. Der Klang wird dadurch etwas weicher und grundtöniger.

Dass Verdi seine Aida in Ges-Dur enden lässt, hat auch damit zu tun.
 
Aber eben, dass ich die natürlichen Obertöne, die sich in den genetisch vererbten, verewigten Synapsenverzweigungen wahrscheinlich seit tausenden von Jahren zeigen,

Äh, nein. :-)

Es gibt eine sogenannte "kritische Bandbreite". Zwei Sinustöne, die ganz dicht beieinander sind, hört man als ein Ton mit Schwebung. Wenn sie weit genug auseinander sind, hört man sie getrennt. Dazwischen liegt diese "kritische Bandbreite" und es klingt unagenehm. Das ist AFAIk keine Prägung, sondern eine direkte Folge von unser Physiologie des Hörapparates.

Wenn man also eine Quinte mit zwei Signalen, deren Obertöne ganzzahiege Vielfache der Grundfreuquenz sind (harmonische Spektrum), hören, dann haben wir ein ganzes System von Obertönen, die passen könnten.

Wenn die Quinte ein wenig zu eng oder weit ist, hat man irgendwann Obertöne, die in der kritischen Bandbreite liegen und das klingt unanagenehm. Ist die Quinte hinreichend gut intoniert, dann sind die unpassenden Obertöne jenseits des hörbaren Frequenzbereichs und tun nicht weh.

In der indonesischen Gamelanmusik spielt man Instrumente, deren Obertonspektrum nicht harmonsich ist. Als Folge werden auch andere Intervalle als angenehm empfunden, die haben ganz anders aufgebaute Skalen.


Kleine Benerkunj am Rande: unser Hund kam immer gerne, wenn ich Klavier spielte oder meine Klavierstunde hatte. Tja, bis Bartik kam, da kniff er den Schwanz ein und haute ab.


Grüße
Häretiker
 
Eigentlich ist es das Ziel jedes guten Klavierstimmers gleichschwebend temperierten zu stimmen. Es gibt da aber kleine Unterschiede, da eine absolute Präzision ohne Korg nicht erreicht wird und möglicherweise auch nicht wünschenswert ist. Mir ikommt mein Instrument direkt nach dem Stimmen immer etwas leblos und kalt vor, nach einigen Tagen fühle ich mich wohler.
 

Die Tonarten-Charakteristik ist ein äußerst komplexes Thema. Eigentlich dürfte es sie unter der Voraussetzung der gleichschwebend Stimmung nicht mehr geben und es gibt auch in der Tat viel Eso-Geschwätz zu diesem Thema.
ABER: ganz zweifellos ist der Klang eines Streichinstrumente, welches ja auch nicht exakt gleichschwebend intonieren muss in Tonarten mit leeren Saiten anders. Und auch die Bequemlichkeit, mit der bestimmte Töne oder Tonkombinationen gespielt und intoniert werden können spielt eine große Rolle beim klanglichen Ergebnis.
Auf dem Klavier ist es noch komplizierter.
Da spielen die Griffbilder sicher eine große Rolle und der Klang. Man kann das sehr schön am Beispiel der wahrscheinlich ersten und einzigen klassischen Fis-Dur Sonate (Beethoven op. 78) sehen.
(Gibt's von CPE Bach eine Fis-Dur Sonate?)
 
Was bei der Tonartencharakteristik gleichfalls eine große Rolle spielt sind Traditionslinien.
Wenn ein Komponist im 19 Jh. ein Stück in c-Moll schreibt, dann schwingen Mozarts c-Moll Sonate, Beethovens Pathetique, Fünfte Symphonie und op. 111 mit. Also wird sein c-Moll Stück auch eher in dieser Tradition stehen.
Das kann rückwirkend zu lustigen Folgen führen, wenn ein bekannter deutscher Pianist in einer Fernsehsendung allen Ernstes die heiter-tänzerische c-Moll Füge aus dem ersten Teil des WtC von Bach mit dieser c-Moll Bedeutungsschwere aufzuladen versucht.
Oder : ich finde es unpassend (obwohl kein Absoluthörer) das fahle letzte Lied der Winterreise in h-Moll statt in a-Moll zu spielen und zu singen. h-Moll (obwohl wohl von Schubert sanktioniert) wirkt auf mich zu ' luxuriös' !
 
Das viele Musiker F-Dur eher mit freundlich angenehmen Gefühlen verbinden mag gleichfalls mit der Prägung durch die Sechste von Beethoven zussmmenhängen.
Ebenso mag es Zufall sein, das eine gewisse Neigung zu epischer Länge bei Klaviersonaten in B-Dur auftritt (Beethoven op. 106, Schubert D 960, Prokofiev Nr. 8)!
Das ist aber ein Thema für einen neuen Bildungsprotzer Faden?
 
Furchtbar, was da mit den Fächern PH und M gemacht wird.

Dass die Schule bei so faszinierenden Fächern wie Physik und insbesondere Mathematik seit Jahrzehnten völlig (VÖLLIG!!!!) versagt ist ja wohl durch den Fachkräfte Mangel in diesen Bereichen bereits bestraft worden.
Die Reduktion der Geisteswissenschaft Mathematik auf ein dröges Zuarbeitungsmittel für Ingenieure hat dann noch den Sargnagel draufgeschlagen!
 
Wieviele Sportlehrer haben anderen Menschen den Spaß am Sport verdorben?
Wieviele damals als gähnend langweilig empfundene und endlos breit getretene Literatur hat Leute dazu bewegt, keine Romane mehr zu lesen?
Wieviele Menschen mögen keine formale musikerziehung, weil der Musikunterricht in der Mittelstufe so katastrophal war?
Leider habe ich das schon öfters gehört: "XYZ hat mir in der Schule verleidet."

Gute Lehrer können soooo viel ausmachen, in allen Fächern. Ich habe in sehr vielen Fächern gut und schlechte erlebt. Von "Super, ich freue mich auf die nächste Deutschstunde" auf "Och nee, nicht schon wieder Deutsch" mit einem Lehrerwechsel.

Mathe und Physik stehen da nicht alleine da.

Grüße
Häretiker
 
aber sich diese nicht automatisch mithilfe der geometrischen Reihe [a*b^(1/12)] teilen lässt, so dass die Teile den natürlichen Obertönen (exakt) gleichen.

Auch auf der Basis der Brüche ist das System inkonsistent:
2 Mal große große Sekunde 9:8 mal 9:8
81:64 ungleich 5:4
2mal kleine große Sekunde 10:9 mal 10:9
100:81 ungleich 5:4
oder 6 Mal große große Sekunde c- d- e-fis-gis-ais-his 9hoch6 dividiert durch 8hoch6 ist 2,0272 also höher als die Oktave und deutlich höher als das aus dem Terzenbaum gewonnene His!
Sobald wir anfangen etwas interessantere Dinge zu rechnen stimmt nichts mehr!
Der Bedarf für ein konsistentes System ist also nachvollziehbar!
 

Zurück
Top Bottom