Produziert unser Schulsystem musikalische "Analphabeten"?

Die hier nahe gelegte "Logik" ist nicht ganz richtig, in einem Fach Abitur zu machen ist nicht gleichbedeutend damit, dass es ein Leistungskurs ist. Dass ein Musikleistungskurs zustande kommt, habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört.
Warum ein Leistungskurs "Leistungskurs" heisst? Weil man sich bei dessen Einführung so allerhand geleistet hat...!:lol::lol::lol::lol:
 
ich hatte tollen Unterricht

Mein Musikunterricht begann Anfang der 80'er Jahre, wie man so schön sagt auf einer Dorfschule :p .Die ersten 1-2Jahre hat das der Klassenlehrer übernommen, dann haben wir eine Musiklehrerin( welche auch noch für den Chor zuständig war) gehabt.
Ich selbst habe relativ schöne Erinnerungen an diese Zeit. Aber auch hier muss ich sagen, wenn man keinen Bezug zu einem Musikinstrument hat, wie soll man da verstehen was so einzelne Noten, Punkte etc zu bedeuten haben, und ob nun Moll, Dur oder weis der Geier, wozu benötigt man das im normalen leben?
Unsere Lehrerinn war eine begeisterte Musiklehrerin, sie hat viel Wert auf singen gelegt( ich denke so im Nachhinein bewegte sie sich weit weg vom eigentlichen strengen Schulplan seinerzeit) auch haben wir Musikinstrumente in die Hand bekommen um überhaupt ein Gefühl für Musik zu bekommen, ja ich habe es mit Freude gemacht. 5-6 klasse habe ich dann Gitarenunterricht bekommen, und so einwenig mehr int. Zu Noten bekommen.
Heute kann ich aus Erfahrung sagen, da es keine in meinen Augen richtigen rahmenlehrpläne gibt, macht jeder Lehrer was er will. Meine Kinder haben bis zur 10. klasse glaube ich nur 1!!!!!!!!!!!!!!!!! Notenheft gehabt, und auch hier wurden max 3-4 Seiten beschrieben. sie haben also keine Ahnung von nichts. dafür lernen sie Lieder die halt momentan in den Top Charts vertreten sind, oder Volkslieder die noch nie jemand gehört hat.dann muss ich als Mutter sagen, man kann ihnen mal nicht mehr helfen, besonders wenn es um die Melodie geht,es gibt einen Textzettel aber nicht eine Note ist darauf. Wie soll ein Schüler da ein Lied erlernen können?
 
Die hier nahe gelegte "Logik" ist nicht ganz richtig, in einem Fach Abitur zu machen ist nicht gleichbedeutend damit, dass es ein Leistungskurs ist. Dass ein Musikleistungskurs zustande kommt, habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört.

Ich gehöre zu einem der (wenn nicht dem) schülerstärksten Jahrgänge (geb. 1959, Abitur 1978), in unserer Schule gab es 1978 über(!) 1.500 Schüler und in meinem Abiturjahrgang gab es knapp 180 Abiturienten. Trotz dieser gewaltigen Zahl (die heute unerreicht sein dürfte) ist mangels Nachfrage kein Musikleistungskurs zustande gekommen. Sehr wohl habe ich Musik als 3. Abiturfach (mündliche Prüfung) gehabt.
Bei uns (Abitur 2009) wurden aus diesem Grund bestimmte Leistungskurse schulübergreifend organisiert. Also das betraf, wenn ich mich richtig erinnere neben dem Musikleistungskurs auch die Leistungskurse in Latein, Religion, Sport und Kunst. Also alles, was etwas außerhalb des "Kernprogramms" steht. Auf diese Weise konnte praktisch jedes Fach als Leistungskurs gewählt werden und das bedeutet dann automatisch auch schriftliche Prüfung im Abitur.

lg marcus
 
Die grundlegende Frage muss erstmal lauten: Welche musikalischen Fähigkeiten sind denn überhaupt nötig, um nicht als musikalischer Analphabet zu gelten? Der Ausgangspost bezieht sich ja nur aufs Notenlesen. Eine sehr eingeschränkte Sichtweise, wenn man bedenkt, dass das Notenlesen nur ein winziger Aspekt im
Kosmos Musik ist.
 
@Demian hast du gerade in einen nekrophilen Schub?

Abgesehen davon:
Ein Analphabet kann ja auch sprechen und Sprache verstehen. Nur nicht schreiben und lesen.

Was die Alphabetisierung im Bereich Musik angeht, ist das Notenlesen (und Schreiben) genau die Entsprechung zum Lesen und Schreiben von Texten.
 
Allerdings war nicht ich es, der dieses Thema hochgeholt hat.
 
Zu meiner analprophetischen Verteidigung möchte ich sagen, daß ich eigentlich den "Hobbybonaniker" thread via (falschem) "Hobbygärtner" Stichwort gesucht habe, und als "ähnliche Themen" gradewegs über diese Pikanterie stolperte, der ich dann recht gab. (mehr nicht ;)
 

Mein Sohn hat sich neulich aufgeregt, dass man in der Schule nicht lernt, wie man eine Steuererklärung macht. Dabei wird das bei ihm noch die nächsten 10 Jahre kein Thema sein. Ich hab dann angemerkt, dass man in der Schule Grundlagen lernt und vieles praxisbezogene dann im Alltag alleine lernt.

Bei der Musik scheint mir das ähnlich zu laufen, wobei selbst die Grundlagen da extrem dünn gelegt werden. Ein bisschen Noten lesen, ein bisschen Theorie, das wars. Aber wer musikalisch interessiert sind bekommt sehr früh in der Schullaufbahn die Möglichkeit, sich außerhalb der Schule in der Blockflöten AG zu probieren. Meine Tochter hat das gemacht. Geige AG wäre auch noch möglich gewesen. Das hat dazu geführt, dass sie immerhin zwei Jahre Blockflöte gespielt hat und mal rausfinden konnte, ob es für sie etwas schönes ist, Musik zu machen. War nicht so ihr Ding, sie hasst üben.
 
Zum Notenlesen gehört immer Instrumentalunterricht (oder meinetwegen Gesangsunterricht) dazu.

Notenlesen kann man nicht "abstrakt" lernen, genauso wenig wie man Lesen und Schreiben "abstrakt" lernen kann. Man hat beim Lesen & Schreiben immer das konkrete Sprechen als unverzichtbare Basis (anders wär's absurd!), und genauso muß beim Notenlesen die aktive Tonvorstellung als notwendige Basis da sein bzw. aufgebaut werden.

Es kommt doch sehr wohl oft vor, daß Noten in der Schule durchgenommen werden! Ich habe schon öfter mitgekriegt, daß Gymnasialklassen sogar damit gequält wurden, Kadenzen aufzuschreiben etc.!

Diese Bemühungen sind aber herzlich fruchtlos - die, die kein Instrument spielen, können damit nichts anfangen, und die, die ein Instrument spielen, können's sowieso schon (und kriegen vom Lehrer die gewohnte "1", mit der sie die "4" in Sport ausgleichen :D).

Und selbst im Instrumentalunterricht gibt es ja viele Fälle, in denen das Notenlesen nicht vernünftig klappt - nämlich dann, wenn der Lehrer versäumt, eine Klangvorstellung im Schüler zu etablieren und der Schüler nach der Methode spielt: "Öhm, was steht da... aha, Fis... aha, dann muß ich hier jetzt drücken... was steht da als nächstes... aha, G... ok, drücke ich also mal da drauf... " etc.

Deine Forderung muß also so umformuliert werden, daß jeder Instrumentalunterricht erhalten sollte. Notenschrift ist keine "Kulturtechnik". Notenschrift ist bloß ein Hilfsmittel, eine Krücke, ohne die's halt oft nicht geht. Musizieren ist hingegen eine "Kulturtechnik", ja.

LG,
Hasenbein
Hallo Hasenbein, ich weiß, dass der Beitrag einige Jahre her ist :D, aber leider habe ich mich in dem Abschnitt über fehlende Klangvorstellung beim Notenlesen wiedergefunden und würde mich darüber freuen, wenn Du das (wenn die Sperre dann aufgeboben ist) genauer erklären würdest.
LG ilexcookii
 
aber leider habe ich mich in dem Abschnitt über fehlende Klangvorstellung beim Notenlesen wiedergefunden und würde mich darüber freuen, wenn Du das (wenn die Sperre dann aufgeboben ist) genauer erklären würdest.
Bis dahin probiere ich es als Laie aus Schülersicht:
Ich habe Noten ohne Instrument gelernt aber dafür mit Singen.
Wir haben als erstes verschiedene Intervalle mit Hilfe von Solmisation gelernt. Intervalle wurden gehört, gesungen und vorerst noch ohne Notensystem aufgeschrieben. Später kam dann das Notensystem dazu; die Beschriftung aber erst mal noch mit Silben. Dabei war immer die Klangvorstellung im Vordergrund. Erst singen, dann aufschreiben. Umgekehrt: Lesen, innerlich Hören, singen.
Erst als das sicher saß, wurden Notenwerte, -namen, Taktarten, Tonarten usw. gelehrt und, ganz wichtig, immer auch gehört und gesungen. Dann war man schon in der Lage, Intervalle, Tonleitern bis hin zu einfachen Kinderliedern zu hören und richtig zu notieren, zu lesen und richtig vom Blatt zu singen.

So wie mit der Stimme ist das (beim Klavier sicher noch einfacher) auch beim Instrument umsetzbar. Man fängt nicht an mit "die Taste ist ein C" sondern man spielt und hört! ein Intervall, Dreiklang, Tonleiter usw... , spielt nach, transponiert... und entwickelt erst mal eine Klangvorstellung von beispielsweise einer Terz. Anstatt der Silben beim Singen nimmt man hier Bezug auf die Tasten. Erst dann lernt man, wie eine Terz im Notensystem aussieht.
 
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Würde es (da ich ja jetzt andersrum angefangen habe) auch helfen, wenn ich mir z. B. Einige Terzen notiere und dann spiele, darauf höre wie sie sich anhören?
Transponieren bekomme ich hin, muss mich aber sehr konzentrieren
 
Würde es (da ich ja jetzt andersrum angefangen habe) auch helfen, wenn ich mir z. B. Einige Terzen notiere und dann spiele, darauf höre wie sie sich anhören?
Transponieren bekomme ich hin, muss mich aber sehr konzentrieren
Ja, das ist sinnvoll, wenn du dir dabei wirklich zuhörst. Die Gefahr ist groß, dass man, wenn die Theorie verstanden ist, nur noch die Griffe lernt, ohne sich dabei auf die Klangqualität einzulassen. Am besten, du singst dazu bzw. bevor du die entsprechenden Töne spielst. Dann singe anschließend Sekunden und danach Quarten, im Wechsel mit den großen bzw. kleinen Terzen.
 
Würde es (da ich ja jetzt andersrum angefangen habe) auch helfen, wenn ich mir z. B. Einige Terzen notiere und dann spiele, darauf höre wie sie sich anhören?
Warum willst du die notieren? Spiele irgendeinen Ton auf dem Klavier, singe beispielsweise eine große Terz aufwärts und kontrolliere am Instrument, ob deine Klangvorstellung richtig war. Zwei Ganztonschritte wirst du auf den Tasten sicher ohne Noten abzählen können.
 
Weil sich ihre Frage explizit auf die Klangvorstellung beim Notenlesen bezog.
Würde es (da ich ja jetzt andersrum angefangen habe) auch helfen, wenn ich mir z. B. Einige Terzen notiere und dann spiele, darauf höre wie sie sich anhören?
Ich denke umgekehrt ist der Lerneffekt größer:
Erst vorstellen, spielen, hören... und dann erst notieren. So zwingst Du Dich beim Schreiben die Klangvorstellung zu nutzen und beim Lesen hörst Du dann automatisch, was Du vorher selbst geschrieben hast. Am Instrument kannst Du noch prüfen, ob Du richtig geschrieben/gehört hast.
Ich sehe hier viele Parallelen zum Sprache lernen. Erst hört man, dann spricht man, dann lernt man Schreiben und erst dann (mit dem Schreiben) lernt man Lesen, genau in der Reihenfolge.
 
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