Pädagogik in der Klavierlehrerausbildung

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Wu Wei

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Hallo Klavierlehrer,

wie stark seid ihr beim Unterrichten von einem musikpädagogischen Zug eures Studiums beeinflusst? Als wie nutzbringend schätzt ihr allgemeine und instrumentenspezifische Methodik-Lehrveranstaltungen ein? Von den individuellen natürlichen Begabungen abgesehen: Ist ein studierter Klavierlehrer zum Unterrichten besser gerüstet als ein studierter Pianist?
 
Viele Pianisten/Musikschullehrer haben sowohl ein Konzertexamen wie auch einen Abschluss in Instrumentalpädagogik und bezeichnen sich dann oft je nach Präferenz oder in der einen Aktivität als Pianist und in der anderen als Klavierlehrer.
 
Schon möglich. Mich interessiert einfach, was konkret der Pädagogik-Anteil in der Ausbildung leistet.
 
Hallo Wuwei,

ich kann mich kaum daran erinnern, weiß nur, es waren vielleicht 2 Stunden in der Woche Pädagogik und das war recht öde ;-)
Aber vielleicht fehlte mir damals auch die Reife *lach*

Am meisten hat mich meine damalige Lehrerin beeinflusst, so verwende ich ihr Standardwerk im Unterricht und vermittel weitestgehend "ihre" Technik. (russische Technik)

Einen großen Anteil meiner Unterrichtsmethode machen eigene Kreativität, Erfahrung und Ideen aus. Dann lese ich noch viele Fachbücher und lerne auch durch aktives Beobachten.

Dazu kommt noch der aktive Austausch mit Kolleg/innen.

Wie ist es bei Euch?

LG K-S
 
Hallo Klavier-Stunde,

so ähnlich habe ich mir das auch vorgestellt. Sowohl hier bei euch Lehrern im Forum als auch im Bekanntenkreis habe ich das Gefühl, dass euere Unterrichtsmethoden entweder dem selbst erhaltenen Klavierunterricht oder der experimentierenden und erweiternden Kreativität entstammen. Werden denn die in der Geschichte der Pianistik aufgekommenen Strömungen, Schulen, und Methoden nicht systematisch aufgearbeitet und für den heutigen Unterricht optimiert weitergereicht?
 
Hallo Wu Wei!
Interessantes Thema.
Während meines Studiums gab es Kurse, in denen man Klavierstunden (meistens mit Kindern) beiwohnen und hin und wieder auch selbst eine Art "Übestunde" halten musste. Dabei wurde man genauestens beobachtet, wie man mit dem Kind umgeht, wie man an ein technisches od. musikal. Problem herangeht, wie man versucht, die Musik nahezubringen, und, und, und...

Nach dieser "Übestunde" wurde dann darüber diskutiert, was man besser oder anders machen sollte und was vielleicht auch ein wenig gut war.

Parallel dazu gab es spezielle Vorlesungen, in denen z.B. sämtliche Klavierschulen durchgeackert und miteinander verglichen wurden punkto Aufbau, Methodik, Zielgruppen, etc.

Also insofern ist man natürlich - bewusst oder unbewusst - von einem solchen musikpädagogischen Zug sehr wohl beeinflusst. Unmittelbar nach Beendigung eines Studiums wahrscheinlich noch mehr als 10 Jahre später.
Aber trotzdem entwickelt man im Laufe seiner Unterrichtszeit seine "eigene Pädagogik", die sich auch ständig weiterentwickelt, weil man mit jedem einzelnen Schüler quasi mitlernt.
Ein Lehrer, der seit Jahrzehnten immer nach der gleichen Methode unterrichtet, ist für mich persönlich ein schlechter Lehrer, weil wahrscheinlich betriebsblind.

Ob man als studierter Klavierlehrer besser für den Unterricht gerüstet ist als ein studierter Pianist? Ich denke schon. Ein Pianist absolviert bei uns in Österreich eine "Konzertfachausbildung" und innerhalb dieser gibt es keine pädagogischen Elemente. Das ist eine reine Soloausbildung, wo man neben schneller Finger auch kräftige Ellbogen entwickeln muss um alle Konkurrenten links und rechts aus dem Weg zu schlagen. Beinhartes Geschäft.
 
Ob man als studierter Klavierlehrer besser für den Unterricht gerüstet ist als ein studierter Pianist? Ich denke schon. Ein Pianist absolviert bei uns in Österreich eine "Konzertfachausbildung" und innerhalb dieser gibt es keine pädagogischen Elemente. Das ist eine reine Soloausbildung, wo man neben schneller Finger auch kräftige Ellbogen entwickeln muss um alle Konkurrenten links und rechts aus dem Weg zu schlagen. Beinhartes Geschäft.

Vollkommen richtig! Es ist sogar so, dass bei einer Stellen-Vergabe derjenige mit dem IGP-Abschluss (Instrumental- und Gesangspädagogik) gegenüber dem reinen Konzert-Absolventen zu bevorzugen ist.

Auch in den anderen Punkten kann ich Toccata nur zustimmen.

Die Methodik und Didaktik des klassischen Klavierspiels lief gleich ab, wie es Toccata beschrieben hat, in der Jazz-Didaktik mussten wir zusätzlich ein eigenes Konzept erstellen, wie man Kinder ans freie Spiel bzw. das Spiel mit Harmoniesymbolen heranführt und eine Arbeit darüber schreiben.
Weiters mussten wir eine laufende Unterrichtstätigkeit mit zumindest zwei Schülern vorweisen.
Nachdem ich schon während des Studiums fleißig am Unterrichten war, war für mich das Ganze eher ein Workshop: Gewisse Dinge waren schon präsent, andere wiederum haben durchaus zum einen oder anderen Aha-Erlebnis geführt. Auch das Hospitieren hat durchaus was gebracht.
Am meisten habe ich mir diesbezüglich von meiner ersten Klavierlehrerin geholt, die mittlerweile an der Musik-Uni für die Didaktik des Klavierspiels zuständig ist (vielleicht glaubt man dem ersten Lehrer auch am meisten). Ich habe nach wie vor einen guten Kontakt zu ihr und treff mich auch ab und zu auf einen Kaffee, um wieder ein bisschen was Neues zu lernen und Erfahrungen auszutauschen.
Ich denke trotzdem, dass das Unterrichten selbst am meisten zur Weiterentwicklung des Lehrers beiträgt, da Du ja immer wieder mit neuen Schülern bzw. Begabungen konfrontiert wirst und Dir demnach immer wieder was Neues einfallen lassen musst (ein Arzt verschreibt ja auch nicht jedem die gleiche Medizin).
 

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