Oberdämpferklavier - Risse im Resonanzboden

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Frike

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27. Dez. 2011
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Hallo ich brauche euren Ratschlag:
Im Jahr 2000 habe ich ein von der "Klavieretage" in Berlin wieder aufbereitetes Klavier vom Ende des 19 Jh gekauft und bis 2007 gespielt. Dann bin ich ins Ausland gegangen und habe es einem Klavieranfänger zum "Unterstellen" und üben vorübergehend überlassen. Im Jahr 2010 habe ich ihm mitgeteilt, dass ich das Klavier verkaufen möchte woraufhin er "überraschenderweise" das Folgende schrieb: "Als Baujahr konnte er 1879 ermitteln und dann wurde mein Gesicht immer länger: Der Resonanzboden hat Risse (Na ja gut: Bin ja kein Konzertpianist); die Grundplatte aus Gußeisen, die das Ganze zusammenhält, hat auch Risse; die Festigkeit der Wirbel konnte er nicht ermitteln, da sie ja verdeckt sind. Da einige Saiten schon gekürzt sind, müssten zum Stimmen neue eingezogen werden. Kurzum: Er riet von einer Stimmung aufgrund der mechanischen Schäden ab".

Nun habe ich mich entschlossen das Klavier übermorgen zu begutachten, weil ich in der Umgebung bin. Jetzt bin ich ja aber auch kein Klavierbauer, mir kommt es jedoch spanisch vor, dass er laut seiner eigenen Information weiterhin bis jetzt fleißig gespielt hat (ohne Stimmung?hm), und selbst wenn das Angegebene wahr sein sollte, ist dies nicht reparabel, zumindest der Resonanzboden. Fakt ist er möchte es nicht kaufen (und er hat es ja nun auch für 0 EUR 4 Jahre genossen) und ich möchte es ihm nicht so überlassen und überlege nun, ob ich es nun verkaufe oder ob ich es nach Hamburg transportieren lasse, oder ob alles vergebens ist und sich nichts mehr lohnt. Leider steht das Klavier 40 km außerhalb Berlins, also nicht gerade ein Mekka von Stimmern, die ich mit dazubitten könnte.

Was sagt ihr Fachkundigen dazu? Verschrotten, doch reparieren, oder ist das Unsinn (mich wundert, dass die Saiten angeblich so doll gekürzt sein sollen, nachdem es doch von professionellen Klavierbauern aufbereitet wurde in 2000).

Danke für eure schnellen Antworten.

frike
 
Aus der Ferne lässt sich das kaum beurteilen. Fakt ist, dass ein Oberdämpferklavier in wenigen (seltenen) Fällen noch einen geringen Restwert hat, so lange keine kapitalen Schäden vorhanden sind. Während man Resonanzbodenrisse reparieren kann, so sind Risse in der Gussplatte ein K.O. Kriterium. "Gekürzte Saiten", da ist wohl nach "Stille Post Art" irgendeine Information verloren gegangen oder etwas falsch verstanden worden. Vielleicht fehlen Saiten. Zu lockere Wirbel führen nicht in allen Fällen zur Unstimmbarkeit des Klaviers. Wenn noch eine geringe Gegenkraft vorhanden ist, so lässt sich das Klavier stimmen, nur wird die Stimmhaltung nicht gut sein, das Klavier verstimmt sich schnell wieder. Es gibt da bei Klavierspielern erhebliche Unterschiede, welcher Grad an Verstimmung als tolerabel angesehen wird. Insofern kann selbst so ein total kaputtes und verstimmtes Klavier noch irgendjemandem mehr oder weniger Freude bereiten.

Dass das Klavier 2000 "aufbereitet" wurde, sagt nichts über den jetzigen Zustand aus. Weiterhin kennt man nicht den Grund für die Aufbereitung. Mitunter wird Geld in Instrumente investiert, obwohl es eigentlich nicht wirtschaftlich ist, z.B. wenn es sich um Familienerbstücke handelt. Dann fehlt die Zeit, oder der Platz, oder was auch immer und solche Instrumente kommen "aufbereitet" in den Verkauf. Jeder kann mit einem Lappen ein Klavier reinigen und es "aufbereitet" nennen. Das sagt nichts über die tatsächliche ausgeführten Arbeiten aus.

Wenn alle Informationen stimmen, besonders auch der Gussplattenriss, so wärst du ein Narr, in ein Oberdämpferklavier von 1879 noch Zeit und Geld zu investieren. Das einzige was du noch tun kannst, ist, den Wahrheitsgehalt der dir übermittelten Informationen zu überprüfen. Obwohl ich nicht dafür bin, ein altes Instrument vorschnell auf den Müll zu werfen, so ist es aber bei einem so alten und kaputten Klavier vernünftig.

Es gibt viele Klaviere aus den zwanziger, dreißiger Jahren, mit noch guter Substanz, aus denen man mit geringem Aufwand gut nutzbare Instrumente machen kann.

Was ich dir geschrieben habe, basiert auf der Annahme, dass die Informationen korrekt sind. Fall der jetzige Nutzer des Klaviers dir absichtlich falsche Dinge über das Instrument gesagt hat, dann kann es durchaus besser dastehen, und ich lese aus deinen Zeilen, dass du da unsicher bist, ob dir die Wahrheit mitgeteilt wird. Bedenke jedoch, dass ein altes Oberdämpfer nie einen Wertgegenstad darstellt. Interessant ist es in seltenen Fällen für Liebhaber und Sammler, jedoch nur bestimmte Marken oder Bauformen.
 
'Gekürzte Saiten' könnte folgendes meinen:
1. Wiederverwendete Bass-Saiten, die nach Reparatur des Klaviers und Wiederaufziehen an Länge verlieren, weil die Saite am Knick direkt am Stimmwirbel beim Abnehmen der Saiten bricht und dadurch die Länge einer Wirbelstärke fehlt.
Wenn man das zwei- dreimal macht, fehlt letztlich eine Windung auf dem Wirbel.
2. Saiten, die um den Anhangstift zurückkommen, also eine Saite für zwei, sind an einem Wirbel gerissen und wurden am andern Wirbel soweit losgelassen, daß sie im ersteren Wirbel wieder eingefädelt werden konnten.
Dadurch fehlen Windungen auf beiden Wirbeln.
Grüße
Toni
 
Du hast dich vom Instrument doch innerlich schon verabschiedet. Also Schäden aufnehmen und dokumentieren und das Teil ins Internet stellen. Ein Vermögen kannst du damit keinesfalls verdienen, einfach gehen lassen. Manchmal kann es auch befreiend sein, ein Instrument los zu werden. Und bedenke bitte, dass du sämtliche Kosten, die du jetzt noch investierst beim Verkauf wohl nicht mehr zurück bekommst.
VG
 
Die 'Frage ist, was die Kollegen im Jahr 2000 alles gemacht haben. Einen Hinweis darauf könnte der Kaufpreis geben, den du damals bezahlt hast. Wenn es 10.000 DM waren, dann war das wohl eine Generalüberholung. Wenn du es für 1.000 DM gekauft hast, dann ist es wahrscheinlich irgendwie spielfertig gemacht worden. Wenn du es damals für kleines Geld gekauft haben solltest, dann solltest du evtl. überlegen, dem Klavieranfänger das Teil einfach zu überlassen (=schenken). Du wirst es ja demnächst nochmal inspizieren. Setz dich dran und schau, ob es dir immer noch so gut gefällt, dass sich ein Transport lohnt.

Warum allerdings ein Klavieranfänger meint, eine Begutachtung für ein Klavier abgeben zu können, ist mir ein Rätsel. Vor allem die Entscheidung, ob sich (wegen der Schäden) eine Stimmung überhaupt noch lohnt, sollte jemand anderes treffen.
 
Warum allerdings ein Klavieranfänger meint, eine Begutachtung für ein Klavier abgeben zu können, ist mir ein Rätsel. Vor allem die Entscheidung, ob sich (wegen der Schäden) eine Stimmung überhaupt noch lohnt, sollte jemand anderes treffen.

Hallo Tastenscherge,
daraus wie Frike den Klavieranfänger zitiert, schließe ich, dass dieser wohl mal einen Fachmenschen da gehabt hat. Dass der dann allerdings die Wirbelfestigkeit nicht ermittelt und Rätsel über gekürzte Saiten hinterlässt, nimmt wunder.

-m-
 

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