Awes, ich glaube, ich habe mich zu extrem ausgedrückt und Du hast mich zu extrem verstanden. Niemand will, dass Du "konstruierst" - das ist tödlich, wie Du treffend am Beispiel heutiger Popmusik beschrieben hast. Trenne das "Wissen" von der Intuition, vom Talent. Zuerst kommt das, was in Dir ist. Das geht einmal gut und auch ein zweites Mal. Aber dann kommt, wie Deine Postings ja belegen, der Punkt, an dem Du unsicher wirst, weil Dein Gefühl Dir sagt, hier oder dort könnte vielleicht etwas "nicht stimmen" oder "besser gemacht" werden. DANN hilft Dir Wissen, dies ohne fremde Hilfe zu bewerkstelligen. Da Du ja auch visuell tätig bist, kennst Du das sicher auch von Bildern. Dein Talent hat Dich etwas machen lassen, das nahezu "richtig" ist (ich rede hier ganz bewusst nicht von "perfekt"!!!), aber irgendwas fehlt. Gehst Du jetzt nur mit "Intuition" ran, besteht eine ziemlich große Gefahr, das Werk zu verhunzen (in Zeiten des Computers ist natürlich try and error zunehmend beliebter geworden). Ein AUSGEBILDETER Künstler aber weiß genau, was er nun, an diesem Punkt, in diesem "Dilemma" tun muss.
Du hast (zu Recht) Angst vor Glattheit (einmal abgesehen davon, dass am Anfang immer die Idee, der Gedanke, das Gefühl steht - und daran mangelt es heute / Stichwort Popmusik). Aber das, was Du da ausdrückst, ist bereits Wissen. Du fühlst genau, dass - ich bleibe beim Pop - hier Schmutz fehlt. Das ist Wissen! Wissen um die Notwendigkeit des "Schmutzes" zur Vermeidung von Sterilität. Mir sagen oft Menschen, dass man meinen Arbeiten den Computer nicht ansieht. Wenn ich heute ein Bild bearbeite oder retuschiere, dann setze ich mein Wissen um die Notwendigkeit des Schmutzes ein, indem ich "Störungen/Rauschen" hinzufüge - und zwar nicht gleichmäßig sondern nach Gauß'schen Algorithmen, damit alles organisch-"schmutzig" bleibt. Ist nur eine Kleinigkeit, aber sehr wirkungsvoll.
Und auch Du setzt (wie Bach und viele andere) z.B. die Sekunde ein, um "schmutzige Reibung" zu erzeugen. Ich vermute mal - ich kenne mich da eigentlich gar nicht aus - dass diese "Reibungen" in der heutigen Popmusik so gut wie gar nicht vorkommen, aber für die Beatles und Co. (noch) zum Handwerkszeug gehörten.