Material für Resonanzböden - Thread bei PianoWorld

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Wiedereinaussteiger

Wiedereinaussteiger

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1. Feb. 2011
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Vielleicht für einige von Interesse.
Ich wusste nicht, was Einzelne alles schon an Hölzern für den Klang ausprobierten...

 
... Kilo Guss, Kilo Stahldraht.., Messing von den Pedalen, dann erst die Kilos Kupfer !!! ui juijui, dann noch alles, was brennt, ja auch Holz. Filz brennt doch auch, hm? Alles brauchbar, verwertbar. Klar steigen die Preise.

Mir wenigstens ging es jedoch um die Varietäten von Fichten- und andren Hölzern. Das aber scheint hier eher minderen Interesses... Tscha.
 
... Kilo Guss, Kilo Stahldraht.., Messing von den Pedalen, dann erst die Kilos Kupfer !!! ui juijui, dann noch alles, was brennt, ja auch Holz. Filz brennt doch auch, hm? Alles brauchbar, verwertbar.
Ja aber der Scheiß-Polyester! Wie das aus dem Kachelofen stinkt! Pfui Teufel! Dioxine ohne Ende! Toter Mann schon vom Hinschauen! Schellack ist im thermischen Recycling weniger heikel - knistert wohl auch besser ...
 
Mein Drachen hat Autolack.... Dat brennt bestümmpt juut....
 
Mir wenigstens ging es jedoch um die Varietäten von Fichten- und andren Hölzern.
Ich kann dazu beitragen, dass Bechstein stets Fichte verwendet, allerdings unterschiedliche Güteklassen: Für die einfachere Serie (Academy-Line) wird Bergfichte aus 800 - 1000 Meter Höhe verwendet; für die Top-Instrumente (Concert-Line) Bergfichte aus über 1000 Metern Höhe – und aus dem gleichen Tal, aus dem Stradivari das Holz für seine Geigen bezogen hat.

Warum? Ich tippe mal, je höher der Standort eines Baumes, desto langsamer wächst er. Warum sich das im Preis niederschlägt, leuchtet sofort ein. Den Klang verbessert es wohl, weil das Holz so stabiler ist. Wie genau das funktioniert (und warum dann nicht z.B. Hartholz verwendet wird), lasse ich mir gern von einem Experten erklären...
 
...aalso , Resonanzbodenmaterial. ... Ein äußerst interessantes Thema.

Was ich weiß, sind die Fichtenholz-Varietäten, die Saga der Hölzer von den hohen Hängen des Fleims-Tales, Val di Fiemme in Südtirol. Was oft nur eine Sage ist, allerdings holt Paolo Fazioli das Holz von dorten, also indirekt, direkt holt es Strunz in Bayern, macht daraus Reso-Böden, die man kaufen kann, und Fazioli kauft bei Strunz. So ist es wohl.

Die Violinenbauer in Cremona holten ihr Holz - vielleicht ... - zu Teilen dort, aber auch vom Karst des Westbalkans, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro,. Sie holten es indirekt, wenn das Holz in den Schmadderbecken der Venezianer Holzhändler schon dreivier Jahre gut abgehangen war, und anaerobe Bakterien das Lignin aufgefressen hatten.

Damit ist es das leichteste Fichtenholz der Erde.

Die europäischen Varietäten sind vorrangig die Haselfichte, die gedrehte.

Dann die amerikanischen Varietäten, die weiße Appalachenfichte. Lieferant von Klangholz zwischen ca. 1780, als der Klavierbau in den USA begann, Boston, Philadelphia, bis ca. in die 10er, 20er Jahre vor 100 Jahren, als plötzlich Endegelände damit war, zwar noch Bäume der Weißfichte wuchsen, aber keiner mehr Klangholz-Qualität ernten konnte, weil der Wohlstand der USA; die Player-Roll-Pianos zu Millionen die Appalachen von Klangholz wohl gefleddert hatten.

Klangholz. Eng gewachsene, möglichst gleichmäßig verteilte, mit 12-15 Ringen auf den Zoll gewachsene Jahresringe, und gerade Fasern. "unten" im Tal gibts das nicht, zu wenige RInge pro Zoll, nicht kompakt genug. "Hoch" gibt es das, aber oft nicht leicht erreichbar. Manche richtig gute Sahnebäume muss man mit der Kettensäge von Hand niedermachen, dann aber vom Hubschrauber abholen lassen. Weil man sie sonst aus dem Baumgewühl nicht rausbekommt. Dat kost.

Seither Sitka-Varietät.

Dann macht Paul McNulty in Tschechien was, er sagt, er sei zum Klavierbauen, für seine Replikate früher Hammerflügel, dorthin gezogen, wo die Wiener Klavierbauer ihr Klangholz her holten.

Stuart in Australien nimmt Glas.

Der macht auch andere verrückte Sachen, macht Flügel mit noch etlichen Tasten mehr, herauf in immer höhere Töne, ich meine, bis zu 107 Tasten.

Auf den Glasboden wird der Steg befestigt, und auf dem Steg sind keine Zickzackstifte bei Stuart, sondern Steg-Agraffen. (Woher der Agraffentoni seinen Nick hat.) Hat mit dem Material nciht direkt was zu tun, aber man mache sich klar, dass das Zickelzackel die Propagation der Vibrationen etwas umlnekt, der transversalen Schwingung der Saite rauf-runter auch eine Komponente rechts-links mitgibt - und das ist dann bei Steg-Agraffen anders, also anderr Klang, und paar andere (interessante) Eigenschaften. Der Agraffentoni zeigte mir mal ein ca. 170er 180er Försterflügelchen, das einen un-glaub-lich langen Sustain kann - mit Stegagraffen.

Dann gibt es noch die Gurus des Carbon-Soundboardes. Man kann das bei Steingraeber kaufen, wenn man es kann .... Steingraeber nimmt das Phoenix-System von der Hurstwood Farm in Südengland. Diese Hurstwoods rüsten auch andere Flügel mit Carbonfiber-Soundboards aus, was besondere Vorteile beim Einsatz in den Tropen bietet. Auch die Phoenix-Bioards bekommen Stegagraffen, soweit ich das weiß.

Ich habe mal vor Ort versucht, die Leute zu finden, das war mir erst nicht gelungen. Mittlerweile habe ich ihre Adresse und Anfahrtbeschreibung. Ja, ich reise. Reise teils weit für den Klavierklang. Bis herauf nach Schottland waren wir schon.

Mich ... hatte damals ... (um 1970) angefixt, dass mein Violinenlehrer auf meine Frage, warum die Cremonenser Violinen so teuer seien, antwortete, weil die heutig gebauten Violinen das nicht mehr können, was die Cremona-Leute konnten, die Stradivari, Amati, Guarneri etc. Die hätten ihre Geheimnisse mit ins Grab genommen, und man habe unendlich viel probiert, was man tun müsse, dass eine neu gebaute Violine wieder so klasse klinge, aber es sei nicht gelungen ... Das mache die uralten Teilchen so brutal teuer. (Er hatte sich dann in einem Italien-Urlaub - zum Preise eines halben Hauses ... - eine Guarneri gekauft.)

Man habe den alten Lack verdächtelt... viel versucht, aber nichts erreicht.

Für mich das erste Mal, dass mir der Umstand begegnete, dass menschliches Wissen nicht immer nur zunimmt, sondern auch mal abnehmen kann ...

Mittlerweile weiß ich zu künden, dass man angeblich zu Martin Schlesser, Geigenbaumeister nach München gehen kann und bei ihm zu hoch fünfstelligen Kursen Violinen kaufen kann, die einer Stradivari im Klang nicht nachstehen sollen. So gut spiele ich Violine nicht, und 50.000 EUR habe ich auch - trotz Abverkauf von sieben S-Benzen - gerade nicht überzählig, und wenn ich meine Hütte verticke, müsste ich auf drei Meter Siebzig im kleinen Wohnwagen fiedlulieren... Auch nicht so wirklich prickelnd.

Ich weiß auch von den schweizer Versuchen zuvor, wie man die Bearbeitung des Holzes ausprobierte - indem man Fichtenholz in einem Misthaufen verbuddelte, und dann merkte, hey, das kann was ... und hinter den Pfiff der Bakterien kam, die das Lignin, das Faser-Bindemittel aufffressen, und das Holz super leicht machen.

Martin Schlessers Buch ist sehr aufschlussreich, wenn man über das zutief christlichgläubige hinweglesen oder es mögen bzw. wertschätzen kann. Er geht in Neumondnächten auf hohe Hänge der Alpen und schlägt einen Baum ein, der auf seinen Axtschlag mit dem "richtigen" Klang geantwortet hatte.

Vielleicht schreibe ich eines Tages ein Buch darüber.
Oder eine Dissertation.
Dr. phil. Weas, das täte meiner Alters-Eitelkeit schmeicheln. :-P

Aber mehr weiß ich auch noch nicht. Bis hierher ist es bissele wenig für eine Dissertation. So 150, eher 180 oder 200 Sait...pardon Seiten sollten es schon sein.

"Fichtenholzbehandlung zum Klangholz - Versuche und Irrtümer in 1500 Jahren Instrumentenbau - ein Beitrag zum menschlichen Wohlfühlen in der Musik"

Sowas. Ähnliches.
Ich finde es spannend, hinter gutem Klang herzudackeln.
 
Ich kann dazu beitragen, dass Bechstein stets Fichte verwendet, allerdings unterschiedliche Güteklassen: Für die einfachere Serie (Academy-Line) wird Bergfichte aus 800 - 1000 Meter Höhe verwendet; für die Top-Instrumente (Concert-Line) Bergfichte aus über 1000 Metern Höhe – und aus dem gleichen Tal, aus dem Stradivari das Holz für seine Geigen bezogen hat.

Warum? Ich tippe mal, je höher der Standort eines Baumes, desto langsamer wächst er. Warum sich das im Preis niederschlägt, leuchtet sofort ein. Den Klang verbessert es wohl, weil das Holz so stabiler ist. Wie genau das funktioniert (und warum dann nicht z.B. Hartholz verwendet wird), lasse ich mir gern von einem Experten erklären...
Es gibt haufenweise Uni-Literarisches und -Lit-Erratisches zur Klang-Propagation entlang und quer der Holzfaser. Physiker-Stuff.

Beim Ernten von Holz geht es immer auch ... am Rande ... um Wirtschaftlichkeit. Einige Bücher zur Herstellung des D-Flügels bei Steinway bringen Kapitel-Accounts zum Holzeinkauf. Interessant zu lesen, dass die Holzhändler Kanadas auch ... den zuständigen Obermohr bei Steinway ein wenig in die Schublade "teil-sympathischer Teil-Irrer" verschubladisieren. Schon dort leuchten die wirtschaftlich bedingten, verdachtsweise faul werden könnenden ... Kompromisse auf..., und dass das Klavierklangholz nur ein absolutes Randthema des internationaen Holzhandels ist.

Die Methodologie, wie Martin Schlesser an sein Klnagholz kommt, dürfte "krass opposite" aller Wirtschaftlichkeit sein. Hoch rauf die Hänge, tief rein in irgendwelche Baumdickichte, schwere Arbeit mit der Axt und der Motorsäge, und zuletzt der Hubschrauber, der die Schore rauszerrt - komplett "unwirtschaftlich" - aber wohl notwendig zur Qualität seiner Arbeit.

Irgendwo las ich auch mal ähnliches über den Holzeinkauf von Strunz. Ich meine, das war im Buch von Perry Knize über ihren Grotrian-Flügel. Sie reiste auch den Stationen hinterher, wie ihr Flügel entstand etc. Auch das Buch eine unbedingte Lese-Empfehlung für den Klang-Aficionado.

Auch die Sendereihe des "Jazzpapstes" Joachim Berendt einst, "Die Welt ist Klang" im SWDR der 1980er - extrem hörenswert. Beginnt mit einem zweistimmigen ...Gesang EINES ... Mönchs in Tibet. Und sein Buch lesenswert.

Es ist aber nicht nur die reine Physik ... Das sage ich, als Anwendungs-Physiker (vulgo Ingenieur). Mich interessierte auch "The Piano Shop on the Left Bank" aus Paris. Wo der Autor beschreibt, wie er Mitglied einer in den (alten) Klavierklang vernarrten bürgerlichen Community in Paris wird, die sich auf einen kleinen Laden der Rive Gauche konzentriert, der mit alten Pleyel und Erard etc. herummacht. Gerade besaitete Flügel teils zurück in die Zeit des jungen Franz Liszt und Frederic Chopins.

Falls einer Langeweile hat, lese er war bei Paul McNulty, bei Eric Maene in Belgien, der für Steinway den "Küchenflügel" replizierte und der die Versuchsflügel, Vor-Vor-Vorläufer derer B-211 von Theo Steinway über die Entwicklung zum "Vollpanzer" auffand. Man lese mal was über die Flügelpreparation des italienischen Steinway-Importeurs Fabbrini, über die Hämmerchen des Südfranzosen Desfougères an den Pyrenäenfüßen, und über die burgundische Manufaktur des Draht- und Saiten-Gurus Stephen Paulello.

Der Kollege OE1FEU weiß noch mehr. Hat in Wien etc. exzellente Kontakte. Hat aber zur Zeit wenig Zeit.

Alles mal so "name droppings". Lesestoff, der einen mental am Klang weiterbringen kann.

Ich ... habe ja mal verpasst, mir einen "Henry jr. & sr." -Flügel zu schnappen, dieses absoluten Sahneteilchen der ersten bassüberkreuzten Salonflügel 1861-1886, die Vorläufer derer C-227.

Henry jr. , viel zu früh 1865 verstorben - ist mir DER Guru des klavierklangs gewesen. Die fünf Salonflügel seiner Konstruktion, die ich habe spielen dürfen, waren - bei aller krassen Unterschiedlichkeit des Mechanikzustandes - im Klang allesamt große Sahne. Waren quasi Verbesserung der Verbesserung der Erard-Kopien, mit denen Vattern Heinrich und Sohni Henry 1856 in den Nummern 781 und 782 in Süd-Manhattan begonnen hatten, Flügel zu machen.

Zuvor nur Tafelklaviere. Henry jr. hatte dann irre Gas gegeben, mit dem Impetus, "das geht bestimmt noch besser", was in dem Patent der Bassüberkreuzung von 1859 kulminierte.
Am Konzertflügel, damals noch um 260 lang.

Die "Henry & Henry"-Dinger, Salonflügel um 220cm, waren die allererste Ableitung für den Privatgebrauch in der Liga der Siebenfüßer. Unglaublich aufwendig und schwer gebaute Flügel, runder wohliger Klang. Aber Bruder Theo hasste die aufwendigen Dinger. Sah zu, dass das wegkam, mit dem C-227 von 1886...

Die Prinzipien des Resoboden-Baues von Henry Steinway solle der Fuldaer Klavierbauer Klaus Fenner "reverse engineert" haben, und reingesteckt in die von Pianova gebauten Fenner-Flügel, deren 217er ganz erstaunlich gut klingt - ich denke, mit dem Trick, dass das Ding sehr breit ist. Klaus Fenner lebt nicht mehr. Aber einer der beiden Pianova-Bosse, ein Schulkollege, sagt, sie hätten die PC-Rechenprogramme von Klaus Fenner greifbar. Bei Steinway weiß ich von einem "Ausschnitt einer Kugelschale" von 16 Metern Durchmesser. Der Pianova-Boss, mein Schulkollege, lächelte, "im Prinzip ja, aber mit Modifikationen", und um die gehe es, das habe Klaus Fenner herausbekommen....

All das mal systematisch zusammenzuführen - UND anzukoppeln mit jeweiliger, individueller Klangpräferenz ... - musste ein eminent lohnendes Thema für Klangverrückte sein.

Mein ... Träumchen, nachdem mir der "Henry-Henry"-Mangeot-Steinway in Frankreich entging, war ja mal, einen gleich großen Yamaha C7 als "nackige Basis" zu "pleyelizen". Den japanischen Krams herauszuheben, dann gerade besaiten, Paulello-Saiten, und irgendwas noch auszubaldowerndes, Schlaues bei den Stegen, Agraffen zu machen. Nur so ein ungerader Gedanke.

Gerade besaitete Flügel sind heute wieder ein Thema. Paulello, Barenboim, etliche frz. Pianisten, die auf den alten Krams von Pleyel oder Erard schwören, und hier in der Nähe die verrückte Bude von Edwin Beunk in Enschede mit seinem Erard von 1836 und den beiden traumhaften Pleyels von 1829 und 1842, und in Wien die Klavierbau-Hütte vom Gert Hecher.
 

Letztlich ist das ganze Getue um das perfekte Holz doch alles nur Theorie. Es gibt Leute, die bauen wahnsinnstolle Instrumente, aber keiner kann den Finger drauf legen woran es jetzt genau gelegen hat. Es kommt wohl eher auf das Zusammenspiel aller Materialien mit dem Know How an.

Theoretiker.jpg
 
Aber, Sokrates:

"Ich weiß, dass ich nichts weiß."

Womit er erkenntnistechnisch schon weiter war als seine Zeitgenossen ...

Ein Mathematiker solle mal mit ca. 17 Zeilen auf einer Seite promoviert haben. Er hatte ein altes Mathematisches Rästsel lösen gekonnt.
 
Der Spruch heißt doch so: In der Theorie gibt es zwischen Theorie und Praxis keinen Unterschied - in der Praxis aber schon. Isn't it? N'est-ce pas? Nedwahr?
 
Ist ein Sinnspruch des kalifornischen Gurus Yogi Berra.

"In theory, there is no difference between theory and practice.
In practice there is.
 

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