Lohnt sich die Überarbeitung des Ibach-Flügels?

Kettwiesel

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Hallo Clavio-Gemeinde,
meine 92-jährige Mutter möchte mir (wenn es soweit ist) ihren ca. 100 jährigen Ibach-Flügel vererben. Natürlich wäre ein Flügel ein Traum für mich aber es stellt sich für mich die Frage, ob es dann sinnvoll ist diesen Flügel wieder "spielbereit" zu machen.
Das einfachste und sicher beste wäre es jetzt natürlich einen Fachmann darauf schauen zu lassen und eine Expertise einzuholen. Jetzt ist meine Mutter (aufgrund ihres Alters) aber sehr sehr empfindlich was das "eindringen" von fremden Personen in ihren Lebensraum betrifft. Sie hat große Schwierigkeiten fremde Menschen in ihrer Nähe auszuhalten und das noch mehr wenn diese sich in ihrem Schlafzimmer aufhalten (was ja ein sehr persönlicher Bereich ist).

Lange Rede, wenig Sinn: Ich wollte fragen, ob die Fachleute hier im Forum anhand von ein paar Fotos eine Meinung abgeben können ob eine Überarbeitung Sinn macht und in welchen preislichen Dimensionen sich so etwas bewegen könnte (zumal der Flügel dann noch rund 500 km transportiert werden müsste).
Auch möchte ich gleich vorausschicken, dass mir völlig klar ist, dass es keine Selbstverständlichkeit ist wenn hier Meinungen abgegeben werden und ich sehr sehr dankbar bin, dass hier wertvolle Tipps gegeben werden. Eine fachliche Beurteilung hat schließlich einen Wert und ich möchte mir hier nicht einfach eine kostenlose Beratung erschnorren.
Und ich weiß natürlich auch, dass jede Aussage aufgrund der Bilder alleine hier nur Vermutungen sein können und nichts eine richtige vor Ort Begutachtung ersetzen kann. Aber vielleicht kann man so schon mal abschätzen, ob eine Überarbeitung unter 5k€, unter 10k€, unter 15k€ ... kostet.

Was ich über Flügel selbst weiß:
- müsste schon mindestens 90 (eher 100) Jahre alt sein (ich werde noch anhand der Nummer bei Ibach anfragen)
- er hat einen Haarriss im Boden (der mir jetzt aber nicht so Angst macht ;-))
- ich vermute, die Saiten sind noch nie ersetzt worden
- der Flügel klingt eher dumpf (gedämpft), man hat aber eine Ahnung, dass er sehr schön klingen könnte
- eine Taste funktioniert nicht
- die Tasten sind sehr leichtgängig
- er ist seit mindestens 50 Jahren nicht mehr gestimmt worden

Wie man auf den Bilder sehen kann, ist er mal weiß gestrichen worden was - für mich - ein entsetzliches Sakrileg ist. Das wieder in einen Originalzustand zu versetzen würde den Preis einer Restaurierung wahrscheinlich in exorbitante Bereiche treiben und soll jetzt nicht im Fokus stehen.

Vielen Dank nochmal im Voraus für Einschätzungen und ich bin gespannt ...

Mathias
 

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Verstehe ich das richtig, dass der Flügel derzeit nur ein Möbelstück ist, das nicht gespielt und nicht betreut bzw. instandgehalten wird? Und Du willst daraus wieder ein bespielbares Instrument machen? Soll die Investition finanziell rational sein oder geht es um den Erhalt des Erinnerungsstücks?
 
Das ist genau das Thema:
Derzeit ist der Flügel nur ein Abstellplatz für "Nippes". Er wurde 40 Jahre nicht bespielt und nicht gepflegt.
Er ist ein Familienerbstück den die Oma zur Hochzeit bekam und unsrere Mutter hat ihn nach dem Krieg durch heulen wieder vom Lastwagen eines amerikanischen Offizieres herunter bekommen ;-).
Es hängen also auch Familiengeschichten dran.
Ich würde mich schwer tun das Familienerbstück einfach verschrotten zu lassen wenn eine Überarbeitung zu teuer ist, aber einen weißen Klotz im Haus stehen zu haben der nur "dasteht" weil es halt Familierbstück ist ... das wäre auch nicht so mein Ding.
Wohlgemerkt: Noch stellt sich die Frage nicht akut, ich mache mir halt nur schon Gedanken um nicht plötzlich eine Entscheidung treffen zu müssen die nicht gut überlegt ist ...
 
@Kettwiesel
Martin Widmann (im Forum hier @Mawima) hat einen Ibach aus dem Jahr 1922 gerichtet, der dann "meiner" wurde; dieser ist freilich immer bespielt worden. Ich bin sehr glücklich mit diesem Instrument, und wenn Du schreibst, dass Du eine Ahnung hast, wie dieser Flügel klingen könnte, ist das aus meiner Sicht ein Fingerzeig.

Du könntest Martin direkt anfragen (www.martinwidmannklaviere); er ist eher selten hier im Forum.

"Meine" Bass-Saiten kannst Du übrigens auf youtube hören:

Neu:



Alt:

 

Das sind ja schon mal recht klare Aussagen :004:
Danke!

Martin Widmann (im Forum hier @Mawima) hat einen Ibach aus dem Jahr 1922 gerichtet,
Klafina, vielen vielen Dank für diesen Tipp. Dein Flügel ist ja dann von Alter ganz nahe an "meinem" dran. Und der Unterschied zwischen den alten und den neuen Basssaiten (oh, drei "s" :004:) ist ja schon deutlich.

Mathias
 
@Kettwiesel ,

Sieht man mal von dem häßlichen weißen Anstrich ab, scheint mir das Instrument von der Optik her, durchaus überholungswert.
 

Aus einem anderen Faden hier habe ich diesen Link:
https://www.rothe-piano.com/index.p.../123-kosten-klavierreparatur-fluegelreparatur
Wenn ich da die Punkte zusammenstelle bei denen ich vermute, dass sie gemacht werden müssen komme ich auf Kosten von 15 - 20 k€ (plus Transporte). Erscheinen euch die auf dieser Seite aufgestellten Kosten realistisch (kommt natürlich imer auf den konkreten Fall an)?
Zugegebenermaßen wüsste ich im Augenblick nicht wie ich solche Kosten stemmen könnte, aber da muss ich mir jetzt dann vielleicht doch langsam Gedanken dazu machen :006:. Eure bisherigen Rückmeldungen sprechen ja eher für eine Restaurierung.

Auch habe ich mich inzwischen mit einem Klavierbauer in Verbindung gesetzt und versuche dann doch mal mit meiner Mutter zu sprechen ob es möglich ist, dass er sich den Flügel mal amschauen kann.
 
da bist du aber eher in einem hochpreisigen Segment gelandet.

Und zwar in einem Segment für absolut hochwertige Instrumente, bei denen dieser Aufwand gerechtfertigt ist. Wobei man klar sagen muß, dass die Gebrüder Rothe wirklich überdurchschnittlich gute und sorgältige Arbeit abliefern; einfach Spitzenklasse, wenn bei denen mal ein Instrument fertig ist.
 
Wenn ich da die Punkte zusammenstelle bei denen ich vermute, dass sie gemacht werden müssen komme ich auf Kosten von 15 - 20 k€
Schau mal auf https://piano-hall.de , da hast die Münchner Preise und die sind im Verhältnis zu anderen Bundesländern verhältnismäßig hoch.

Zur Optik: man kann den Flügel natürlich abschleifen, beizen und Schellack polieren - günstiger kommt eine Polyesterlackierung.
 
Da kommen viele Fragen zusammen, hier noch ein paar Gedanken dazu.

Zunächst mal, ob das Instrument technisch überhaupt noch rettbar ist oder ein wirtschaftlicher Totalschaden. Bei betreuten Instrumenten wird das durch regelmäßige Kleinreparaturen möglichst vermieden, aber wenn da 40 Jahre lang nicht mal der Klavierstimmer draufgeschaut hat, ist das eine riskante "Black Box" (auch wenn sie jetzt weiß ist). Deshalb zuallererst einen Klavierbauer vor Ort finden und ihn bitten, die wichtigsten Komponenten zu prüfen - Stimmstock, Resonanzboden, Mechanik etc. Gibt es gar keinen Zeitpunkt, zu dem Deine Mutter nicht daheim ist, könnte man einen Arztbesuch dafür nutzen?

Du solltest für Dich selbst ein Ziel setzen, welchen Zustand das Instrument erreichen soll. Alles neu oder doch nur einen halbwegs spielfähigen Alltagszustand? Man muss nicht zwingend alle Arbeiten sofort machen lassen, aber ab einem bestimmten Umfang ist eine komplette Restauration der wirtschaftlichere Weg. Das ist wie bei einem Oldtimer - sind Motor und Getriebe erstmal raus, macht man anderes gleich mit.

Nach einer solchen Restauration wird ein anderes Instrument vor Dir stehen, vielleicht noch mit denselben Tastenauflagen, aber vielen Neuteilen. Im Herzen siehst Du noch den Ibach Deiner Oma vor Dir, er könnte aber anders klingen als sie ihn je gehört hat. Dieses Risiko musst Du abwägen.

Es könnte sich auch als finanziell nachteilig erweisen, unbedingt genau dieses Instrument erhalten zu wollen und nicht einfach einen bereits restaurierten Ibach aus dieser Zeit zu erwerben und ihn fortan als Nachfolger im Geiste anzusehen. Ein jeder Gegenstand hat irgendwann sein Lebensenende. Deshalb solltest Du dir Gedanken machen, welches finanzielle Limit Du diesem Vorhaben setzen willst. Vielleicht nimmt der Klavierbauer das gute Stück auch selbst oder es könnte vor Ort einer Institution gespendet werden, falls wirtschaftlich nicht sinnvoll restaurierbar.
 
In so einen Flügel Geld zu stecken ist eine rein ideelle Angelegenheit, bei einem etwaigem Verkauf sind allein die Reparaturkosten in keinster Weise erzielbar …
 

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