Lines

F

Fred

Guest
Was mir persönlich bloß auch beim Improvisieren Probleme bereitet aus den Skalen eine Melodie zu machen.
Eine Tonleiter ist nichts anderes als ein Pool von Tönen der zu einem Akkord in einer bestimmten Situation passt. Im amerikanischen Sprachgebrauch verwendet man hierfür auch das Wort „Chordscale“, was meines Erachtens den Gebrauch sehr passend umschreibt.
Um improvisatorischen Nutzen aus solch einer Chordscale zu ziehen, muss man deren „Entstehungsgeschichte“ verstehen.
Zunächst beinhalten eine solche Chordscale immer die Akkordtöne des betreffenden Akkordes. Das sind in der Regel die Töne 1, 3, 5 & 7 des betreffenden Akkordes.
Der Rest der Chordscale besteht dann noch aus 2, 4 und 6. Diese Töne sind essentiell um sich an das Umfeld des Akkordes anzupassen. Mit Umfeld meine ich die Akkorde die vor, bzw. nach besagtem Akkord gespielt werden. 2, 4 und 6 sind sozusagen Vermittler. Um zu vermitteln, sollten sie möglichst diatonisch zu dem vorher und nachher gespielten Akkorden sein. Hier gibt es natürlich viele Ausnahmen, aber das soll zunächst nicht weiter stören.

Eine improvisierte Melodie über eine Kadenz/Jazzstandard sollte alleine auf sich selbst gestellt das harmonische Gefüge desselben wiedergeben. Mit anderen Worten, man hört die Changes alleine schon aus der Melodie heraus. Um diesen Effekt zu erzielen kann man nun nicht wahllos auf das Tonmaterial besagter Chordscale zugreifen. In diesem Moment greifen verschiedene wichtige Parameter ineinander und zwar: Tonauswahl, Tonlänge und zeitliche Platzierung des Tons sind allentscheidend über den harmonischen Eindruck den die entstehende Melodie in unserem Ohr hinterlässt.
So kompliziert das Ganze nun klingt, es führt kein Weg dran vorbei. Man kann an dieser Stelle viel mit Intuition erreichen, gezieltes Üben bringt allerdings den weitaus größten Erfolg. Da das ganze spielerisch/improvisatorisch ablaufen soll, sind Misserfolge an der Tagesordnung.
Eine gute Idee ist es sich am Anfang eigene Etüden zu schreiben. Falls dazu Anregungen erwünscht sind werde ich gerne behilflich sein.
 
Du meinst eine Etüde über bestimmte Kadenzen/Standards schreiben?
Wenn du da behilflich sein kannst (theoretisch stellen eienr Kadenz und korrigieren) wäre ich dir sehr dankbar (würde mir sicherlich sehr weiter helfen beim improvisieren und beim komponieren denk ich auch)


oli
 
Also ich wollte einmal kurz meinen Übeablauf schildern:

1. Voicings
2. Skalen

Meist fange ich an bestimmte Voisings durch alle Tonarten zu üben, auch bestimmte Skalen, wie zum Beispiel Dur, Moll, Melodisch, etc.

Danach gehe ich ans Stück.

Beispiel hatte ich mal den Worksong von Nat Adderley gespielt.
Hier hatte ich für die ersten 3 Takte F Blues gewählt. Aber wenn ich das drauf spiele, dann klingt das so eintönig, im Gegensatz wenn ich das Solo dieses Pianisten höre:

http://www.youtube.com/watch?v=iOQxxo4EVeE

Das mit den Etüden ist ein guter Anhaltspunkt, meinst du damit mehrere Licks zusammenfügen zu einer fertigen Improvisation?

Dann zum Üben, was von diesen Übungen würdet ihr für sinnvoll erklären?

Mehegan- Übungen
Üben der Standarts in allen Tonarten
Versuch des Nachspiel von Soli von der Cd (wie geht man da vor?, wenn man kein absolutes Gehör hat?)
 
Hallo piano_player und Amfortas,

Ich denke mal das Solo bei 2:33 min http://www.youtube.com/watch?v=iOQxxo4EVeE ist ein sehr schönes Beispiel für zielgerichtetes Spielen.
Der Pianist spielt an besagter Stelle natürlich nicht irgendwelche Töne aus irgendeiner F Moll Tonleiter, sondern kadenziert die ganze Zeit.
Stehen im Realbook an dieser Stelle 2 Takte F Moll „irgendetwas“, ist es in Wirklichkeit eine Variation eines Turnarounds, sprich Kadenz.
Nehmen wir einmal für die ersten 2 Takte den Standard Turnaround in F- der da wäre:

|| F-6 D-7b5 | G-7b5 C7b9 ||

Die diesen Akkorden zugeordneten Chordscales wären:

F-6 = Melodisch Moll ( f, g, ab, bb, c, d, e)
D-7b5 = Melodisch Moll ab der VI Stufe = MM6 ( d, e, f, g, ab, bb, c)
G-7b5 = Lokrisch (g, ab, bb, c, db, eb, f)
C7b9 = Harmonisch Moll ab der V Stufe = HM5 (c, db, e, f, g, ab, bb)

F-6 und D-7b5 sind von den Akkordtönen her gleich. Der eine ist eine Umkehrung vom anderen. Auch die Chordscales beider Akkorde beinhalten dasselbe Tonmaterial. Lediglich der Grundton wechselt somit.

Es versteht sich von selbst dass zunächst einmal die Arpeggien (mit den Akkordtönen 1, 3, 5, 7) dieser Akkorde in Reihenfolge gespielt werden müssen. Egal von welcher Umkehrung aus. Abwärts, bzw. aufwärts beginnend. In Swing-Phrasierten Achteln, in Achtel-Triolen oder Sechzehntel.
Wichtig dabei ist, dass bei Harmoniewechsel kein Melodiesprung erfolgen darf.
Für das Arpeggio von C7b9 kann auch der kleine verkürzte Dominantseptnonakkord gespielt werden. Akkordtöne hierzu wären: e, g, bb, db.

piano_player und Amfortas. Ich würde Euch nun bitten ein paar 2-taktige Kadenzen in F- aufzuschreiben. Die Melodie sollte aus durchgehenden Achteln bestehen (keine Pausen) und wie gesagt, keine Melodiesprünge bei Harmoniewechsel haben.
Falls Ihr für die linke Hand Tipps braucht, meldet Euch.
 
Danke pianomobile für den Transfer.

Hallo Amfortas. Hier ein Beispiel für eine F Moll Kadenz. Rechte Hand spielt zunächst nur Akkordtöne (1, 3, 5, 7). Beim Akkordwechsel sucht man immer den nächstliegenden Akkordton des Folgeakkordes.
Die linke Hand habe ich einfach gestaltet, aber dennoch so, dass sie die Harmonien vollständig darstellt.

Das Ganze ist natürlich ternär zu phrasieren.
 
Danke für das Beispiel. Habs mir mal genau angeschaut und werd nachher mal eine eigene schreiben.



oli
 
mal eine Frage, was bedeutet ternär?

Zu deinem Turnarround habe ich noch eine Frage.
|| F-6 D-7b5 | G-7b5 C7b9 ||

Soll ich dazu eine melodiephrase bilden, in der die Töne vorkommen die für den Akkord typisch sind, vorerst mit 1,3,5,7?

Zurzeit wird mein System neu installiert, ich bin dann übermorgen dabei.
 
Ternär heißt dreiheitlich. Im frühen Mittelalter lag zunächst die Dreiteilung der Notation zugrunde bevor dann später das binäre Notationsprinzip das Primat übernahm. Binär heißt entsprechend zweiheitlich.

Haupteinheitszahlen des binären Prinzips sind 1 -2 -4 -8 -16 etc.

Haupteinheitszahlen des ternären Prinzips sind 1 - 3 - 6 - 9 - 12 etc.

Zum Beispiel werden Bossa, Samba und Salsa immer binär interpretiert.

Jazzphrasierung hingegen, und hier ist Mainstream gemeint, unterliegt meistens dem ternären Prinzip. Das wiederum heißt, der Takt selbst muß nicht dreiheitlich gegliedert sein. Die meisten Jazzstandard sind nämlich im 4/4 Takt geschrieben. Was dreiheitlich unterteilt ist sind vielmehr die Viertel.
Somit wird jedes Viertel in 3 Triolenachteln unterteilt.
Natürlich kommen Achteltriolen als komplette Dreiergruppe selten vor. Der Normalfall ist, dass 2 Achtel pro Viertel gespielt werden. Da die Viertel allerdings ternär unterteilt sind, müssen diese 2 Achtel dementsprechend platziert werden und zwar so, dass die erste Achtel auf die erste Triolenachtel kommt und die zweite Achtel kommt dann auf die dritte Triolenachtel. Da das ganze in der Regel legato gespielt wird, bekommt dabei die erste Achtel den absoluten Notenwert von 2 Triolenachteln.
Wenn in dieser Weise interpretiert werden soll, steht am Anfang des Stückes meist dieses Symbol -> triolen.jpg

Zu deinem Turnarround habe ich noch eine Frage.
|| F-6 D-7b5 | G-7b5 C7b9 ||

Soll ich dazu eine melodiephrase bilden, in der die Töne vorkommen die für den Akkord typisch sind, vorerst mit 1,3,5,7?

Ja.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
So ich habe mal probiert, wie du es gesagt hast.

Dieses Zeichen mit den Triolen hat dies einen bestimmten Namen? Ich habe in Capella danach gesucht, aber nichts gefunden.

Gut hier die Line:



nonametg8.png
 
Joa Danke.

Wie würdest du das verbessern, was ich geschrieben hatte?
 

Damit keine Missverständnisse entstehen: Du hast hier 12 Achtel in einem 4/4 - Takt. Wenn Du tatsächlich Achtel-Triolen meinst, müsstest Du sie als solche kennzeichnen.
 
Hallo piano_player,

pianomobile hat natürlich Recht wenn er sagt dass Du die Triolenbezeichnung über die Achtel setzen musst damit es stimmt.

Nun zu Deiner Line.
Es wäre vernünftig zunächst reguläre Achtellinien zu schreiben, also jeweils 2 Achtel pro Viertel. Die werden dann natürlich ternär phrasiert, wie oben beschrieben.
Im ersten Takt ist F-6 die Harmonie. Akkordtöne sind dann demzufolge 1, b3, 5 und 6. In deiner Line spielst Du allerdings zweimal die b7. Das kommt nicht so gut, da es sich mit der Sexte im Akkord reibt. Als Durchgangston wäre die b7 ok, aber so hast Du sie ja nicht angewendet.

Im 2. Takt wären die Akkordtöne d, f, ab und c. Du spielst als 2. Achtel ein eb. Eb ist kein Akkordton. Eb kann somit nur als Durchgangston gebraucht werden. Da sich das eb bei Dir nicht stufenweise auflöst, ist es auch kein Durchgangston. Es wird zwar indirekt über das später folgende e chromatisch weitergeführt, aber ich denke mal Du machst es Dir viel zu kompliziert. An Deiner Stelle würde ich zunächst nur mit Akkordtönen spielen. Auch würde ich Sprünge, die bei Deiner Line sehr häufig vorkommen, zunächst ganz weglassen.
Takt 4 & 5 sind vom Tonmaterial her gesehen O.K.. Allerdings würde ich keine Tonwiederholungen machen. Das hemmt den Spielfluss. Außerdem sind im Takt 4 auch wieder jede Menge Sprünge drin.

Also, das Ganze nochmal! Und denk' dran:

nur Achtelbewegung
keine Triolen
keine Sprünge
nur Akkordtöne, also 1, 3, 5, 7 oder 1, 3, 5, 6.
bei Akkordwechsel in der Melodie immer den kürzesten Weg wählen.
 
Und hier die meine. Habs schon vorgestern fertig gehabt, kam aber bis grad nicht dazu es als pdf zu speichern.


oli
 

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  • Kadenz.pdf
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Hallo Amfortas,

bis auf die Tonwiederhohlung bb bb ist alles O.K.. Anstelle des zweiten bb's könnte man c spielen und dann dem entsprechend weiterfahren.

Als nächstes ginge es dann darum, so viel wie möglich solcher lines zu spielen/schreiben und sie aus dem Stehgreif zu spielen.
Danach, wenn das sitzt, kann man Durchgangs- und Wechselnoten, diatonisch oder chromatisch, einbauen. Aber wie gesagt, zuerst das eine.
 
Kann ich an der Stelle auch die beiden Achtel Bb zusammen zu einer Viertel nehmen?

Also jetzt über alle möglichen Akkordfolgen solche lines spielen und schreiben?

Die Lines selber erdenken oder soll ich die aus irgendwelchen Jazz-Standards suchen (Realbook auf und irgendwas nehmen?) Dann erstmal die Akkordtöne suchen und dann aus denen das beste machen. Links eine leichte Begleitung.

Wie das mit den chromatischen bzw. diatonischen Durchgangs-und Wechselnoten ist kannst du vll. dann später mal erklären (wenn du Zeit und Lust hast und wir weit genug mit unseren Line-schreib/spiel- Übungen sind)


Danke schonmal für die bisherigen Erklärungen.


oli
 
Kann ich an der Stelle auch die beiden Achtel Bb zusammen zu einer Viertel nehmen?

Könntest Du. Aber da es hier primär um den Spielfluß geht, fände ich es ratsamer zunächst die gesamte Übung mit Achteln zu gestalten.

Also jetzt über alle möglichen Akkordfolgen solche lines spielen und schreiben?

Im Prinzip ja. Aber man kann sich zunächst einmal auf die erweiterte Kadenz, bzw. Turnaround in Dur- und Molltonart beschränken damit es nicht in's Uferlose ausartet.

Die Lines selber erdenken oder soll ich die aus irgendwelchen Jazz-Standards suchen
Die solltest Du Dir selbst erdenken. Da Du aber genaue Vorgaben hast (siehe oben) wird es Dir mit der Zeit immer leichter fallen. Du bekommst dadurch eine sehr gute harmonische Orientierung und Flexibilität.



Eine Möglichkeit die relativ einfach ist, aber trotzdem voll klingt wäre Folgende. -> Lefthand
(Ich meine hier jetzt die Art und Weise wie die Linke gespielt werden soll und nicht die Akkordprogression.)


Wie das mit den chromatischen bzw. diatonischen Durchgangs-und Wechselnoten ist kannst du vll. dann später mal erklären (wenn du Zeit und Lust hast und wir weit genug mit unseren Line-schreib/spiel- Übungen sind)

Ja genau, so ist es am vernünftigsten.
 
Hallo

Erst mal eine Stellungnahme von mir.
Im 2. Takt das ist wahrscheinlich ein bischen undeutlich, ich wollte, dass auf die None von D-7b5 also e dieser Akkord gespielt wird. Das eb gehört noch zu F-6. Warum Du hier die MM6 Scale nimmst weiß ich nicht. Wo kann ich das nachlesen? Da spielst du das ja lokrisch #2.
Natürlich waren das bei mir Triolen, ich hatte ja gesagt, ich wisse nicht, wie man diese Bezeichnung mit dem Notationsprogramm obendrüber macht.
Hier mein Zweitversuch.

nonamecd6.png
 
Hallo piano_player

Im 2. Takt das ist wahrscheinlich ein bischen undeutlich, ich wollte, dass auf die None von D-7b5 also e dieser Akkord gespielt wird. Das eb gehört noch zu F-6. Warum Du hier die MM6 Scale nimmst weiß ich nicht. Wo kann ich das nachlesen? Da spielst du das ja lokrisch #2.

Das "es" auf der 1+ im zweiten Takt kann nicht mehr zu F-6 gehören, da der Harmoniewechsel schon auf die 1 des zweiten Taktes vollzogen wird.
Der Akkord im zweiten Takt heißt D-7b5. Er steht auf der VI Stufe in Moll. Die ihm zugeordnete Chordscale heißt MM6. Hier an dieser Stelle lokrisch zu nehmen wäre nicht richtig, da die b9 von Lokrisch nicht diatonsch zu Melodisch Moll ist.
Melodisch Moll muß in diesem Moment Bezugstonleiter sein, da weder in Natürlich Moll noch in Harmonisch Moll die große VI Stufe vorkommt. Also fällt die Wahl der Tonleiter für D-7b5 auf MM6 und MM6 beinnhaltet nun mal eine grosse None.



Natürlich waren das bei mir Triolen, ich hatte ja gesagt, ich wisse nicht, wie man diese Bezeichnung mit dem Notationsprogramm obendrüber macht.
Das ist schon O.K.. Ich wollte ja nur sagen dass es vernünftiger ist zunächst in Achteln zu denken.



Bis auf den Ton eb, der auf die 3 im 2. Takt fällt ist alles richtig.
Besagtes eb musst Du ändern in ein e, da wir ja die Dur Terz der Dominante C7b9 brauchen.
 
Ah sorry, ich war von C-7 wahrscheinlich ausgegangen, einer kleiner flüchtigkeitsfehler, den ich beim Spielen wahrscheinlich nicht machen würde.
 

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