Leichte Versionen "bekannter" Klavierstücke für Clavios mit körperlichen, geistigen, psychischen Erkrankungen

Wer Schwierigkeit mit allzu weiten Handspannen hat, dem empfehle ich als „Original“-Literatur die 60 „Handstücke“ von D.G. Türk. Sie bilden das Spielmaterial zu Türks theoretisch gehaltener „Klavierschule“ von 1789. Die Stücke sind stilistisch der „Epoche der Empfindsamkeit“ (CPE Bach u.a.) zuzuordnen. Sie sind von den technischen Anforderungen und von der der Länge her recht überschaubar. Es gibt eine Ausgabe bei „Editio Musica Budapest“ (EMB) und eine Ausgabe in zwei Heften bei ABRSM („Sixty Pieces for Aspiring Players“). Leider fehlen bei beiden Ausgaben die Türk’schen Anmerkungen und Querverweise auf seine „Klavierschule“. Ein Faksimule der Originalausgabe von 1792 ist bei Fuzeau erschienen. Hier findet man dann auch die Anmerkungen (NB: Die „Klavierschule, oder Anweisung zum Klavierspielen …“ von Türk gibt es bei dtv).
 
Es freut mich, dass ich dem Jubilar beim Treffen (trotz meiner Problemfinger) angemessen die Ehre erweisen kann.

Umso mehr freut mich eine weitere Einschätzung eines Profis von gestern. Sie hat recht ausführlich geantwortet und konnte kaum glauben, dass ich es selber gespielt habe. Meine Fortschritte kann sie gut beurteilen, denn sie hat mir vor Jahren zweimal Unterricht erteilt. Meine Fortschritte verdanke ich aber auch meiner KL – ohne sie hätte ich es nicht geschafft.

Was ist das einfachste, was er geschrieben hat?
hat @susa in Bezug auf die Frage von @Alter Tastendrücker hier gefragt.

Daraufhin habe ich folgendes kundgetan:

Ich habe als solches die Romanze op. 10 Nr. 6 ausgewählt und meine Vermutung wurde mir bestätigt.

Aber auch das leichtesten Stück wird unspielbar, wenn die Finger nicht gehorchen oder Verletzungen drohen, weil z.B. Spannen und Akkorde die Finger überfordern.

Vereinfachte Stücke will ich nicht spielen und falls ein Stück physisch unmöglich ist – wie voriges Jahr ein Präludium von Skrjabin – dann lege ich es weg. Es gibt ja zum Glück noch genug anderes zu entdecken.

Bei der Romanze habe ich einen anderen Weg beschritten, denn es liegt mir sehr viel daran, Rachmaninov beim Treffen die Ehre zu erweisen.

Dieses Stück ist das erste bei dem ich mich verletzt habe, denn es gibt einige Akkorde mit zu haltenden Tasten. Sie sind meinen Fingern zum Verhängnis geworden. Daher habe ich im Dezember erwogen, es wegzulegen bevor schlimmeres passiert. Aber ich gebe erst auf, wenn es für ein Problem wirklich keine Lösung mehr gibt.

Gelöst habe ich das Problem, indem ich diese problematischen Stellen etwas abgeändert und es meiner KL vorgespielt habe. Meinen und ihren Ohren zufolge fallen diese Modifikationen nicht unangenehm auf. Die Rückmeldung des zweiten Profis offenbart, dass meine Änderungen dem Stück nicht schaden, sie hat sie garnicht erwähnt. Anstelle dessen hat sie das geschrieben:

„Es klingt sehr musikalisch und im Sinne dieses Stückes, der Charakter kommt gut rüber und man merkt, dass Sie diese Musik lieben und gut spüren!“

Dass ich bei der Romanze „getrickst“ habe hat mich anfangs betrübt, denn ich versuche möglichst, den Willen der Komponisten so gut es mein Bewegungsapparat zulässt umzusetzen. Aber dann hat mir jemand gesagt, dass „tricksen“ allzu negativ klinge, ich sollte es besser „anpassen“ nennen. Denn sogar Busoni habe sich die Campanella zurecht erleichtert. Dann dürfe ich das auch. Für diese Anmerkung eines Profis bin ich dankbar, denn sie hat mir mein schlechtes Gewissen genommen.

Wenn ich die Romanze beim Treffen spielen werde, habe ich für fünf Minuten Spielzeit (ich muss sogar langsame Stücke langsamer als notiert spielen) sechs Monate geübt.

Das Hauptaugenmerk galt der Kontrolle meiner Problemfinger (die rheumatisch-orthopädisch dreifach und neurologisch zweifach betroffen sind). Leider sind die Füße neurologisch auch betroffen, was man an der ein oder anderen Stelle beim Pedalisieren hören kann. Und leider klappern noch immer einige Akkorde, besser werde ich das Stück vermutlich nicht schaffen.

Warum dieser Kurzroman? Mit meinen Ausführungen möchte ich Euch dazu ermuntern, es vielleicht erstmal nicht mit Erleichterungen à la Heumann, sondern mit kaum hörbaren Veränderungen der Originalnotation zu versuchen.
 
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Warum dieser Kurzroman? Mit meinen Ausführungen möchte ich Euch dazu ermuntern, es vielleicht erstmal nicht mit Erleichterungen à la Heumann, sondern mit kaum hörbaren Veränderungen der Originalnotation zu versuchen.
!!!!absolut ! Weil ganz ganz viel geht auch mit den übelsten körperlichen Voraussetzungen, wenn Technik/ Geschick/ Ideen da sind. Ich hab schon (Pianisten) gesehen die mit heftigen rheumatischen Verformungen noch chopin Etüde (für den Hausgebrauch) im Tempo spielen und springen statt binden wenn die Hand nichts mehr spannt (mit Pedal oder Noten auf die andere Hand verteilen). Mein Vater hat 3 Monate vor seinem Konzert den ganzen Mittelfinger aufgeschnitten bekommen mit Einkerbung von 2 Bändern und hatte keinen(!) Knorpel mehr zwischen allen Fingergelenken. Die vordersten völlig verknöchert. Der Chirurg in Bad Neustadt meinte „laut Röntgen dürften Sie nicht mal in der Lage sein auch nur 2 Tasten nacheinander zu drücken“. Er hat damit noch Kreisleriana im Konzert gespielt!

Was ich damit sagen will (und ich wollte niemanden kränken!) ist das wir uns oft selbst limitieren und ZUfrüh aufgeben. Das ist kein Ansporn unvernünftig zu werden sondern nur eine Ergänzung zu Marlene, dass Profis nach Lösungen suchen MÜSSEN und diese dann erstaunlich oft auch finden. Wir haben auch nur ein Leben und WENN uns Klavier so wichtig ist, dann hat’s auch jeder Amateur verdient nach guten Lösungen suchen zu dürfen. Ohne dass er auf „machen Sie das beruflich? Wenn nein dann lassen sie es doch einfach“ reduziert zu werden.

Und Marlene! Deine Story berührt mich! Bei dir scheint viel an Problemen zugrunde zu liegen. Aber deine Leidenschaft für das Werk beeindruckt mich sehr!
 
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Herrlich! :lol:

Bei den Ärzten liebe ich diesen speziellen und mit Selbstironie gewürzten Humor!
Es kam ein Assistenzarzt dazu der meinte wörtlich „und DAMIT spielen Sie noch Klavier!?“ mein Vater „Aber natürlich, natürlich! Selbstverständlich! Besser als Sie!“ 😆

Ihn hat das Wissen um den „inneren Zustand“ aber einige Zeit echt verunsichert. Bis er dann begriffen hat dass der Zustand nur durch das „Wissen“ nicht schlechter ist.

Was sagt uns das? Diagnose haben ist gut um gegenzusteuern, aber der Vorteil bringt den Riesen Nachteil mit sich, dass man mental viel tun muss um trotzdem wieder so unbelastet wie vorher damit umgehen zu können.
 
Es kam ein Assistenzarzt dazu der meinte wörtlich „und DAMIT spielen Sie noch Klavier!?“ mein Vater „Aber natürlich, natürlich! Selbstverständlich! Besser als Sie!“ 😆

Ihn hat das Wissen um den „inneren Zustand“ aber einige Zeit echt verunsichert. Bis er dann begriffen hat dass der Zustand nur durch das „Wissen“ nicht schlechter ist.

Was sagt uns das? Diagnose haben ist gut um gegenzusteuern, aber der Vorteil bringt den Riesen Nachteil mit sich, dass man mental viel tun muss um trotzdem wieder so unbelastet wie vorher damit umgehen zu können.

Da steckt ja der eine nicht im anderen drin, wie es so schön heißt.

Unbelastet sein, wie vorher, bei oder nach Krankheiten, nach Lebenskrisen geht nicht immer.
Und das liegt meistens nicht am Unvermögen oder mangelndem Willen (im Sinne von aufgeben) des Betroffenen. Ich weiß das aus eigenen Erfahrungen und erlebe es regelmäßig im Berufsalltag.

Die Kunst im Leben ist es zu akzeptieren, was sich nicht ändern lässt, und sich anzupassen, , Strategien zu erlernen damit umzugehen und sich so Lebensqualität zu bewahren.
 
Die Kunst im Leben ist es zu akzeptieren, was sich nicht ändern lässt, und sich anzupassen, Strategien zu erlernen damit umzugehen und sich so Lebensqualität zu bewahren.

Dem stimme ich nur zum Teil zu, denn man sollte abklären (lassen), ob sich wirklich nichts ändern lässt. Und man sollte in Betracht ziehen, dass die behandelnden Ärzte nicht über den Tellerrand schauen. Leider bin ich mehrfach an solche geraten. Daher ist das Mitdenken und Handeln des mündigen Patienten sehr sinnvoll.
 
!!!!!!!!

Aber da wird ja sooooo gern über die „googelnden/ Selbsthilfegruppen “ Patienten geschimpft. „ jetzt sind sie verunsichert, Böses Googeln“. JA recht haben die Patienten!!!! weil nur DIE können die unbequemen Fragen stellen die der Arzt gefälligst plausibel beantworten können muss um ihnen die Verunsicherung zu nehmen und nicht einfach „das machen wir halt so“. Da wären wir ganz schnell zurück bei Hexen und Heilern.
 

Und man sollte in Betracht ziehen, dass die behandelnden Ärzte nicht über den Tellerrand schauen. Leider bin ich mehrfach an solche geraten. Daher ist das Mitdenken und Handeln des mündigen Patienten sehr sinnvoll.
Das ist leider richtig Und ein häufiges Ärgernis, wenn mir Patienten erzählen, was sie nach Meinung ihrer Fachärzte tun, bzw. lassen sollen.

Unabhängig davon kann jeder auf das hören, was sein Körper ihm sagt. Dessen Rückmeldung ist nicht zu unterschätze.
 
Zurück zum Thema: leichte(re) Versionen bekannter Klavierstücke:
Bei "flowkey" (nur sinnvoll bei akust. Klavier mit SIlentschaltung + Midi bzw. e-Piano) gibt es meißt drei, manchmal sogar vier Versionen des Stücks, die jeweils höchste Version als Original, die einfachste Version für Anfänger. Vielfach, aber nicht immer aufeinander aufbauend.
 

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