Kräftigung der Finger

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Anonymous

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Hallo,

ich lerne momentan ein moment musicaux von Schubert.
Bei den 3-Seiten-langen Läufen merke ich, wie mir zum Schluß hin die Kraft ausgeht (das selbe passiert z. B. auch beim Üben der Läufe einer
Mozart-Fantasie). Gibt es irgendwelche Methoden, um mehr Kraft zu bekommen?

Danke schonma,
Laula
 
Ich glaube nicht, dass es effizientere Wege zum "Krafttraining" gibt, die gleichzeitige das hochkomplexe Zusammenspiel der Muskulatur (letztendlich des gesamten Körpers) optimieren können, als das forcierte Üben eben dieser Läufe - so trivial es klingen mag.

Wu Wei
 
Ich weise nochmal darauf hin das Klavier spielen rein GAR NICHTS mit körperlicher Kraft zu tun hat (bzw. Kraft in den Fingern). Der Schlüssel zum Erfolg um ausdauernd zu spielen ist ->gelassen<- zu spielen.
 
Wenn dir die "Kraft" ausgeht (vermutlich ist es aber eher ein Ausdauerproblem), dann hast du zwei Möglichkeiten
1. Kraft und Ausdauer steigern
2. Weniger davon verschleudern - das heißt, Bewegungen so zu ökonomisieren, dass du für dein Spiel einfach weniger Energie verbrauchst. Das geht durch ausdauerndes Üben der immer wieder gleichen Passagen und großen Wert darauf zu legen die Bewegungen entspannt durchzuführen. Das ist sehr schwierig, vor allem bei neuen und komplexen Passagen. Das Gehirn tendiert immer dazu eine Bewegung, die noch nicht ausgefeilt ist, großzügig mit Muskelanspannung auszuführen, da die Kontrolle so besser gelingt. Die Bewegung zu ökonomisieren heißt, Schrittweise die Benutzung des Antagonisten abzubauen und damit den Protagonisten zu entlasten. Einen Finger nach unten zu drücken ist ganz leicht. Ungeübte benutzen aber alle Muskeln außen herum um die Bewegung zu stabilisieren und zu kontrollieren. Je feiner die Motorik wird, desto genauer wirst du in der Lage sein, die Bewegung kontrolliert mit nur dem Muskel auszuführen, der tatsächlich den Finger nach unten zieht.

Deswegen: Ein gewisses Maß an Kraft und Ausdauer ist erforderlich und muß auch antrainiert werden, aber in der Regel reicht es dazu aus, die Stücke zu üben, die man eben spielt. Der weit größere Gewinn dürfte dadurch zu erzielen sein, dass man unnötige Muskelanspannungen weg lässt :!:
 
und das war der Hartmut :wink:
 
@Windir da muss ich dir recht geben (!)

Ein Trick besagt, dass man während dem spielen lachen soll. Viele gute Schlagzeuger haben früher bei Ihren virtuosen Solos diese Technik benützt. Lachen entspannt, sofern man nicht angespannt lacht. :wink:

Beste Grüsse:

Euer Gast
 
Mit "gelassen" meinte ich aber nicht psychisch gelassen sondern gelassen/entspannt in den Händen :>
 
Das eine ist aber vom anderen nicht ganz zu trennen.

Wu Wei
 
Zitat von Anonymous:
Deswegen: Ein gewisses Maß an Kraft und Ausdauer ist erforderlich und muß auch antrainiert werden, aber in der Regel reicht es dazu aus, die Stücke zu üben, die man eben spielt. Der weit größere Gewinn dürfte dadurch zu erzielen sein, dass man unnötige Muskelanspannungen weg lässt :!:

Generell, Kraft und Ausdauer werden zu 0% benötigt. Ausdauer wird erst benötigt wenn Kraft aufgebracht werden muß. Nennen wir Kraft lieber Druck, denn der wird nicht durch kräftigeres "drücken" der finger auf die tasten erzeugt sondern durch gewichtung des ganzen arms und muß somit nicht trainiert werden, es muß jedoch diese technik erlernt werden.
wenn man das spannungsfreie spiel nicht beherrscht wird kraft benötigt ja, da gebe ich dir vollkommen recht...

durch stetiges üben ein und der selben passagen wird der gewünschte effekt nicht eintreten. Diese Technik muß indivduell entdeckt und dann verwertet werden können. eine andere frage ist zu wieviel % spannungsfreiheit beherrscht wird - viele stücke erfordern keine 100%ige entspannung um sie halbwegs spielen zu können...
wichtiste frage hier ist, was will ich erreichen!

rhytmische probleme bspw wie sie jeder kennt werden nicht verursacht durch mangelde kontrolle der finger sondern durch "Kraft". Übungen mit unterschiedlichen rhythmusmustern, betonungen etc... helfen nur dabei diese kraft zu kontrollieren.

So wie es oben geschildert wird, ist meines erachtens schon fast davon abzuraten das noch weiterhin verbissen zu üben. sobald schmerzen auftreten im unterarm oder um das handgelenk, kann ich nur empfehlen sofort aufzuhören. Eine sehenscheidentzündung kann einem einen gewaltigen strich durch die rechnung machen... ich empfehle dir eher einen lehrer zu nehmen der dir u.u. angemessene stücke aussucht und dich ggf in deinem spiel weiterbringt.

beim spiel unter verwendung von "Kraft" geht nahezu jegliches gefühl für die tasten verloren. ein extrem schneller triller wird nicht gespielt weil man die finger so schnell auf und ab bewegen kann. (in foren taucht immer die frage auf wie man triller mit 4-5 so schnell spielen kann wie yundi li in la campanella??? das wäre unmöglich.) antwort: die mechanische bewegung einer taste wird im finger gespürt / aufgenommen (sofern man zu 100% spannungsfrei spielen kann) und somit ist es möglich die finger den tasten "anzupassen" und diese zwischen den fingern "hin und herprallern" lassen (die tasten von ihrer bewegung her einzuschränken), das geht mit jedem finger ob 1-2 2-3 3-4 4-5 völlig egal und bedarf kaum bewegung...
es dreht sich alles nur um das eine...

Gruß
 
ich glaube ich bin wieder zu weit vom thema abgekommen... :(

um mehr auf dein problem einzugehen, mache dir doch gedanken darüber wie du deine arm handhaltung ändern könntest, dass beim bewegen der finger der unterarm nicht verspannt oder das gefühl von "kraft" nachlässt , achte zB auch darauf das die schultern nicht nach oben gezogen sind sondern die haltung als entspannt empfunden wird.
zu achten ist auch auf die ellbogen und das handgelenk. bei läufen ändert sich oft die armhaltung (handgelenk, ellbogen...) sehr stark sobald ein daumenwechsel stattfinden. der daumen ist auch meistens ein grund für verkrampfungen. anhaltspunkt wäre hier bsp. wie kann ich mit 2-3-4-5 spielen ohne das der daumen auffällig seine position ändert (analog der 4te finger) oder absteht (verspannt). versuche den daumen frühzeitig auf einen positionswechsel vorzubereiten mit so wenig bewegungsaufwand wie nur möglich.
evtl lässt du die finger zu lange liegen und dadurch wird es dir erschwert das tempo zu steigern. übe pianissimo, also so leise wie möglich, bei konstantem anschlag (nicht zu laut und mal zu leise) anfangs langsam wäre auch einen versuch wert.
sitzhöhe ist eher eine geschmackssache sofern man schon länger spielt.

ich hoffe dir ein paar anhaltspunkte gegeben zu haben

gruß
 
Ricordanza,

wie kommst du darauf, dass Kraft und Ausdauer zu 0% benötigt werden?
Immerhin ist es doch nötig, die Finger zu bewegen, das geht nur durch Applikation einer Kraft.
Bei schnellen Bewegungen kann diese mitunter beträchtlich sein (bewegte Masse mal Beschleunigung). Ich glaube nicht, dass ein Anfänger rein kraft- bzw. ausdauermäßig in der Lage ist, bestimmte Passagen zu bewältigen.

Aber grundsätzlich lese ich, dass du auf das selbe hinaus willst wie ich: die Bewegung muss so ökonomisch ausgeführt werden wie möglich, das reduziert den Kraftaufwand erheblich.

Das wiederum erreiche ich nur durch intensives Üben genau dieser Passagen; natürlich übe ich auch nicht, bis die Hand verspannt, das ist kontraproduktiv, da ich die Bewegung so übe wie ich sie später nicht ausführen will (nämlich verspannt).
 

Vielen Dank für eure Antworten!
Werd sie mir ausdrucken und sie mir zur Verinnerlichung neben
das Klavier kleben!
Dankeschön.
 
Zitat von Hartmut:
Ricordanza,

wie kommst du darauf, dass Kraft und Ausdauer zu 0% benötigt werden?
Immerhin ist es doch nötig, die Finger zu bewegen, das geht nur durch Applikation einer Kraft.
Bei schnellen Bewegungen kann diese mitunter beträchtlich sein (bewegte Masse mal Beschleunigung). Ich glaube nicht, dass ein Anfänger rein kraft- bzw. ausdauermäßig in der Lage ist, bestimmte Passagen zu bewältigen.

Aber grundsätzlich lese ich, dass du auf das selbe hinaus willst wie ich: die Bewegung muss so ökonomisch ausgeführt werden wie möglich, das reduziert den Kraftaufwand erheblich.

Das wiederum erreiche ich nur durch intensives Üben genau dieser Passagen; natürlich übe ich auch nicht, bis die Hand verspannt, das ist kontraproduktiv, da ich die Bewegung so übe wie ich sie später nicht ausführen will (nämlich verspannt).

ich glaube ich muß mit dir weiter diskutieren hartmut :)

ich bin deiner meinung was das reduzieren der bewegungen betrifft aber sonst nicht. ich habe ein gutes beispiel für dich. wenn du folgende passage mit dem original fingersatz spielen kannst, dann verstehst du worauf ich hinaus will. ich habe leider keine pdf version mit den fingersätzen des komponisten dazu müsste ich meine noten einscannen da ich aber keinen scanner besitze....

2b.JPG


es geht nur um die chromatische tonleiter, in der originalausgabe ist hier beim e beginnend 1-2-3-1-2-3-4-1-2-3-4-5-1-2-3-1-2-3-4-1-2-3-4-5 usw... verzeichnet. Dieser Fingersatz wurde mit absicht von liszt gewählt; natürlich lässt sich das mit dem üblichen 1-3-1-3 spielen jedoch verdeutlicht es eher worauf dieses stück abzielt und soll einem sagen, kannst du es nicht mit diesem fingersatz, wirst du keine einzige passage spielen können, und so ist es auch! Hast du dich schon mal an la campanella versucht? Jedes kleinste staccato hat seinen sinn und zweck, ist keins verzeichnet wird eine ganz besondere technik benötigt um die passagen in hohem tempo spielen zu können; jede variation verarbeitet eine problematik die explizit durch die notation vermittelt wird und selbst erklärt wie es zu spielen ist. für einen spieler mit herkömmlicher technik ist das stück fatal, da du dir beim üben zu 99% eine sehnenscheidentzündung holen wirst, sofern du nicht aufhörst wenn schmerzen auftreten - und die kommen schnell - wahrscheinlich schon nach der zweiten zeile! erkennst du jedoch worauf das stück abzielt, wirst du das klavier ganz anders bedienen als du es bisher getan hast.

Kraft wird nicht benötigt und ein crescendo wird nur zu einem richtigen crescendo wenn es aus dem arm kommt und nicht durch kräftigeres drücken der tasten!

Gruß
 
Um ehrlich zu sein: ich kann dir nicht ganz folgen :?

du erwähnst den Fingersatz für die chromatische Tonleiter.
Für gewöhnlich spiele ich die in:

1-2-3-1-2-3-4-1-2-3-1-2-1-2-3...

Das kommt dem von dir angegebenen recht nahe, außer die Verwendung des 5. Fingers.
La Campagnella finde ich faszinierend, habe aber noch zu viel Respekt davor als dass ich es selbst spielen würde.

Alles in allem habe ich nicht verstanden, wie das jetzt mit dem Aufwand von Kraft bzw. Ausdauer in Zusammenhang steht. Kannst du dich konkreter erklären?

Der Hartmut
 
Also ich denke das Beispiel ist nicht gut gewählt, aber ich habe eine genauere Erkärung für dich. Die Stelle oben soll nur 100%ige Entspannung wiedergeben. Sie ist einfach nicht zu spielen mit 1-2-3-4-5 wenn nicht 100% kraftfrei.

Voraussetzung ist absolute Entspannung. Unter absolut meine ich !!frei von Kraft!! da man die Gewichtung der Tasten spüren muß. D.h. halte ich eine Taste gedrückt und will sie entlasten, hebe ich nicht einfach den Finger von der Taste sondern der Finger wird durch die mechanische Rück-Bewegung der Taste entlastet.
Diese Technik basiert grob gesehen darauf, dass die Hand vor dem Spielen in Position gebracht wird und somit die Finger direkt vor dem Anschlag auf den Tasten liegen. (es spielen etliche Faktoren eine Rolle für die komplette Entspannung) Wenn es dann zum Anschlag kommt drücke ich nicht sofort die Taste sondern wird diese minimal in einer Position zwischen "Ton erzeugen und kompletter Entlastung" gehalten. Für diese Technik müssen die Finger nur minimalst bewegt werden, Triller beispielsweise die mit 3-4 gespielt werden benötigen keine Bewegung sondern eine harmonische minimale Bewegung des Handgelenks. Sehr gut zu beobachten bei Hamelin, Li, Volodosz etc... Man spürt beim Anschlag den natürlichen mechanischen Rückschlag der Taste, was einem ermöglicht bei einem Triller zB die Tasten von ihrer Bewegung her so einzuschränken das sie sich in einem minimalen Bereich bewegen und somit wahnsinnige Geschwindigkeiten entstehen bei denen kaum Fingerbewegung zu erkennen ist. (wie eine Sinuskurve die von 1 bis -1 schwingt aber von unten und oben eingeschränkt wird auf +-0,1 :) Mathematiker schlagt auf mich ein!! :P )
Ich sage deswegen La campanella ist das pädagogisch wertvollste Stück, weil es nur angemessen gespielt werden kann wenn diese Technik beherrscht wird und jede einzelne Stelle verdeutlicht das. Das Pedal wird ebenso bei dieser Art von Anschlag um mindestens 70% reduziert da es einfach überflüssig wird. Es entsteht ein unglaubliches Legato; das Klangbild des Instruments erscheint völlig neu (bei richtiger Umsetzung) und bietet Nuancen die vorher nicht möglich waren. Ebenso gibt es keine rhytmischen Probleme mehr, denn diese treten in meinen Augen nur auf wenn Finger die Tasten durch Kraft betätigt. Wenn man denkt, "ich spiele realtiv entspannt, warum treten noch immer rhythmische Ungereimtheiten auf?" liegt das an einzelnen Finger. Sehr schwer ist es den 4ten & 5ten Finger so sensibel zu betätigen das dieser auch die Mechanik erspüren lässt. Ich bin desweiteren der Meinung das Epianos der Reihe Clavianova optimale Basis bieten um das erproben/erlernen zu können. sie simulieren eine Klaviermechanik zu nahe 100% und sind etwas leichter im Anschlag, was zwar zur Folge hat das hier das ertasten noch viel schwerer ist, diese Klaviere aber bei richtiger Bedienung absolut gleichwertigen Ersatz zum üben bieten. Spielt man im Anschluss auf einem Flügel bspw. werden Wunder wahr da alles einfacher zu spielen ist weil die Mechanik schwerer ist.

Ich hoffe dir das ganze etwas näher gebracht zu haben. Es ist einfach unglaublich schwer dieses Gefühl zu entwickeln, bzw ist die Entspannung so extrem das man eigentlich glaubt so nicht Klavier spielen zu können.

Gruß
 
gelassen spielen... ganz meine meinung.
ansonsten: so tun, als ob man singt. also einatmen vorm spielen und evtl leise mitsingen (wenn man die melodie schon kennt), dann wird man automatisch gelassener.
 
Hi Karl,

ich greife dieses "alte" Thema nochmals auf, weil es
a) noch nicht fertig und
b) sehr interessant ist

Ich tat mich wahrscheinlich auch deswegen mit dem Verständnis so schwer, weil die Begrifflichkeiten etwas vermischt sind, als Techniker bin ich da vielleicht etwas kleinkariert :wink:

Kraftfrei zu spielen ist unmöglich (das auszudrücken war meine ursprüngliche Intention):
Die heutigen Tasten sind mit ca. 50g gewichtet ich benötige also 50g *9,81 m/s^2 = 0,5N um die Taste überhaupt zu bewegen, also den leisest möglichen Ton zu erzeugen. Ein Anschlag normaler Lautstärke ist viel komplizierter zu berechnen, da verschiedene Teile der Mechanik verschiedenartige Bewegungen ausführen und verschieden beschleunigt werden. Je nach Fingerhaltung (eine gestreckte Fingerhaltung erfordert aufgrund der Hebelgesetze eine größere Kraft) ist die Kraft, die der einzelne Muskel aufwenden muß um ein Vielfaches höher. Grob geschätzt liegt der Kraftaufwand für einen einzelnen Ton in Zimmerlautstärke (erzeugt durch die Bewegung eines einzelnen Fingers) bei irgendwo zwischen 10 und 20 N, was schon ganz beträchtlich ist, wenn man bedenkt, dass in einem Konzert vielleicht 30.000 Noten gespielt werden. Die verrichtete Arbeit ist hierbei enorm, so dass Kraft und Ausdauer schon entwickelt werden müssen.

Die Methode, die du beschreibst, bezieht sich vermutlich auf 100% verspannungsfreies Spiel. Verspannung bedeutet ja, dass ich durch die Benutzung der jeweiligen Antagonisten die Fingermuskulatur "einsperre" um mehr Kontrolle zu erhalten. Um bei dem Zahlenbeispiel zu bleiben:
Wendet der jeweilige Antagonist auch 20 N auf, muss das der Protagonist durch zusätzliche 20 N kompensieren, will er die Bewegung dennoch ausführen. Insgesamt werden dann für diese Bewegung 60 N anstatt 20 N aufgewendet, was pure Kraftverschwendung ist. Je höher die aufgewendete Kraft ist, desto mehr geht die leistbare Ausdauerleistung zurück, so dass die Muskulatur dann schnell komplett verspannt und ermüdet. Abgesehen davon leidet natürlich die Schnelligkeit darunter.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, beschreibst du, dass man zum vollständig entspannt spielen am besten den Kontakt zu den Tasten hält und soweit es geht sogar ein wenig gedrückt hält. Ich kann mir das für den Triller, den du beschreibst, sehr gut vorstellen:
Ich stelle mir die Tastenbewegung näherungsweise als sinusförmige Bewegung vor. Wenn ich die Tastenbeschleunigung betrachte, so ist diese im ersten und vierten Viertel der Periode positiv, im zweiten und dritten negativ. Die Tastengeschwindigkeit beginnt bei 0 und nimmt im ersten Viertel zu, im zweitenn Viertel bereits wieder ab!
Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn damit ist das optimale Zeitfenster um die Taste zu beschleunigen das erste Viertel der angenommenen Sinusperiode (oder der halbe Tastenweg nach unten). Wird darüber hinaus weiter beschleunigt, dann wirkt dies der Bewegung entgegen. Ich wäre so zwar in der Lage den lauteren Ton zu erzeugen, muss aber überproportional mehr Kraft dafür aufwenden.

Nun stimmt das natürlich nur bedingt, da die Tastenbewegung nun mal kein Sinus ist. Aber näherungsweise sollte die Überlegung im Grundsatz auch hier Gültigkeit haben.

Zurück zum Triller:
Das hieße also, dass ich die beiden zu trillernden Tasten zwischen den Fingern sanft hin und her- "prallen" lasse, sie den größten Teil der Bewegung selbst ausführen lasse und sie lediglich im ersten Viertel der Sinusbewegung beschleunige. Das deckt sich im übrigen mit meiner Erfahrung vom Spielplatz: Wenn ich schaukele, dann beschleunige ich auch im ersten Viertel (oder werde dort angeschubst), nämlich wenn ich auf dem Weg nach vorn bin, wobei ich hier natürlich noch die Gegenrichtung zur Beschleunigung nutzen kann, bei der Klaviertaste geht das nicht :wink:

Analogie zum Verbrennungsmotor:
Zur Kraftentwicklung zündet die Zündkerze nahe dem oberen Totpunkt des Kolbens das zundfähige Gasgemisch. Der Verbrennungsdruck drückt den Kolben nach unten, und noch ehe dieser den unteren Totpunkt erreicht hat, öffnet das Auslassventil, lässt den Druck entweichen und stösst das heiße Abgas aus.

Was mir beim Triller einleuchtet und ich in der Praxis auch nachvollziehen kann, fällt mir bei anderen Passagen schwer:
Immer, wenn ein umgreifen oder ein Wechsel der Handposition erforderlich ist, geht mir das zu schnell, als dass ich noch in Ruhe die Finger auf den Tasten positionieren könnte, ehe ich weiter spiele. Gerade bei artistischen Stücken wie die von Liszt (La Campagnella habe ich noch nicht gespielt, aber ein Blick auf die Noten verrät mir, dass es dazu gehört :wink: ) tue ich mich schwer, das nachzuvollziehen. Ist es eher so, dass diese Spielweise als Ideal anzustreben ist um eben möglichst nahe heran zu kommen? Ähnlich wie es ja Sinn machen kann sich vorzustellen absolut "kraftfrei" zu spielen, und in Wirklichkeit löst man dadurch eben seine Verspannungen?

In der Hoffnung darauf, dass ich heute wieder etwas dazu lerne

Der Hartmut
 
@Karl und Hartmut
Hochinteressant, macht bitte weiter! Mir ist zu dem Thema so vieles noch unklar (ganz abgesehen von der Realisierung mit den eigenen Händen). Ich denke, ein Missverständnis liegt vielleicht auch darin, dass nicht klar unterschieden wird zwischen Fingerspiel (Antagonist und Agonist – nicht Protagonist, Hartmut, das ist aristotelisches Theater :wink: – arbeiten abwechselnd) und Gewichtsspiel (Agonisten und Antagonisten der Finger gleichzeitig kontrahiert, um Gelenk zur Übertragung des Armgewichts zu stabilisieren). Aber vielleicht habe ich auch diese Begriffe schon falsch verstanden.
Wu Wei
 
Danke für die Berichtigung, ich prahle mit anatomischem Halbwissen :wink:

Der Hartmut
 
@Hartmut
Und ich mit meinem der antiken Poetik. 8)

Sag mal, liest du auch hin und wieder deine PNs?
 

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