Komponist und Interpret als Diener des Publikums

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hpesch

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Mir was diese Beziehung bisher nicht so wichtig erschienen. Gemeinhin werden ja Komponisten so betrachtet, als wäre ihre Funktion in erster Linie die Produktion neuer Ideen. Die Interpreten als getreue Diener der Erzeuger von Werken.
Wenn man die einzelnen Stücke betrachtet, z.B. während der Einspielung, fällt einem auf, wie viel doch darin Wiederholung ist. Meistens wird ein Thema vorgestellt, dann gleich wiederholt, dann etwas neues hinzugefügt, das Thema etwas abgewandelt und am Ende des Stückes noch einmal mit einem neuen Schluss versehen.
Beim Üben lässt man die Wiederholungen gerne aus, denn welchen Sinn hat es, die gleiche Passage zweimal hintereinander zu spielen? Doch für den Zuhörer sind die Wiederholungen sehr wichtig.
Beim ersten Hören denkt der Hörer: Ja, wie war das denn noch. Bei der Wiederholung denkt er: Aha, so ging das, sehr schön! Wenn dann später die Variation erklingt, freut er sich, das Thema zu erkennen und denkt: Sehr einfallsreich, geschickt gemacht! Und nach dem Konzert klingt das Thema noch nach und kehrt noch nach Tagen wieder.
Also sehe ich, dass der Komponist bei der Produktion dem Hörer dienen will und muss. Er ist weniger frei als man gemeinhin denkt. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Z.B. die 7. Sinfonie von Sibelius hat keine Wiederholungen und ist schon nach 15 Minuten zu Ende, enthält aber vielleicht mehr musikalische Ideen als eine Mammutsinfonie von Bruckner. Beim Publikum ist die 7. nicht sehr beliebt, vielleicht mehr bei den Musikern?
 
Beim ersten Hören denkt der Hörer: Ja, wie war das denn noch. Bei der Wiederholung denkt er: Aha, so ging das, sehr schön! Wenn dann später die Variation erklingt, freut er sich, das Thema zu erkennen und denkt: Sehr einfallsreich, geschickt gemacht! Und nach dem Konzert klingt das Thema noch nach und kehrt noch nach Tagen wieder.
OT: Die perfekte Anleitung für US-Nachrichtensprecher ;-) Und bei uns ist esauch bald soweit.
 
Das ist traurig, ich liebe die 7. Symphonie von Sibelius.

Zum Thema:
Vielleicht liegt neben dem Dienst am Publikum auch eine gewisse Ökonomie. Ist es intelligent alle seine musikalischen Ideen in einem Werk zu verbraten? Sicher nicht.
Auch musikalisch nicht sinnvoll: Entscheidend ist in symphonischer Musik doch nicht nur das Thema, sondern insbesondere seine kunstvolle weitschweifige Verarbeitung. Ein gutes musikalisches Thema und Motiv will von allen Seiten betrachtet und gestreichelt werden.

Mit den besten Grüßen

Herr Toteninsel
 
Wenn man die einzelnen Stücke betrachtet, z.B. während der Einspielung, fällt einem auf, wie viel doch darin Wiederholung ist. Meistens wird ein Thema vorgestellt, dann gleich wiederholt, dann etwas neues hinzugefügt, das Thema etwas abgewandelt und am Ende des Stückes noch einmal mit einem neuen Schluss versehen.
Ich frage mich, welche Musik du in den Ohren gehabt haben magst beim Verfassen deines Posts. Es klingt, als wollest du sagen, alle Musik bestehe aus der Wiederholung des Immergleichen. Aber für wie viele gut gemachte Musik wird diese Annahme sich halten lassen können?

Beim Üben lässt man die Wiederholungen gerne aus, denn welchen Sinn hat es, die gleiche Passage zweimal hintereinander zu spielen?
Da sprichst du erstmal eine technische Angelegenheit an, vielleicht auch einfach Faulheit oder andere pragmatische Belange.
Es kann aber viele Gründe haben: Zum Beispiel die Wiederholung der Exposition eines Sonatensatzes, sie mag zunächst obsolet scheinen, kann aber mitunter strukturell für das Stück von wesentlicher Bedeutung sein. Wer sie mechanisch dem ersten Durchlauf der Exposition angleicht, verfehlt u. U. ihren Sinn. Interpretatorisch ist da oft einige Arbeit zu leisten, gerade auch in Wiederholungsteilen, die wohl selten nur der künstlichen Verlängerung dienen oder den Hörer an die Hand nehmen sollen. Überhaupt ist es doch so, dass Redundanz in gut gemachter Musik selten eine Rolle spielt.

Beim ersten Hören denkt der Hörer: Ja, wie war das denn noch. Bei der Wiederholung denkt er: Aha, so ging das, sehr schön! Wenn dann später die Variation erklingt, freut er sich, das Thema zu erkennen und denkt: Sehr einfallsreich, geschickt gemacht! Und nach dem Konzert klingt das Thema noch nach und kehrt noch nach Tagen wieder.
Ich bezweifle, dass solche Überlegungen bei der Komposition eine wesentliche Rolle spielen. Zunächst gibt es genug Werke, auch schon in der älteren Musik, wo das von dir entworfene Gestaltungskonzept sich nicht bestätigt, und darüber hinaus ist fraglich, ob Musik sich überhaupt hätte entwickeln können, wenn ihr Erfolg oder Scheitern einzig am Sachverstand des Publikums hinge… Die vulgärmaterialistische Publikumshaltung, die du beschreibst, wünscht man wohl keinem Komponisten, dem es um seine Musik sehr ernst ist.

Also sehe ich, dass der Komponist bei der Produktion dem Hörer dienen will und muss.
Wenn der Komponist sich nur am Geschmack der erwarteten Hörerschaft orientieren kann, wie ist es dann möglich, dass wir heute noch Musik genießbar finden, die ganz anderen historischen Situationen entstammt?

Er ist weniger frei als man gemeinhin denkt.
Fraglich aber, ob er mehr an das Wohlmeinen des Publikums gebunden ist, oder ob die Mittel seiner Komposition nicht noch viel krasser von der Tradition des Komponierens restringiert werden.
 
wie viel doch darin Wiederholung ist. Meistens wird ein Thema vorgestellt, dann gleich wiederholt, dann etwas neues hinzugefügt, das Thema etwas abgewandelt
Entscheidend ist in symphonischer Musik doch nicht nur das Thema, sondern insbesondere seine kunstvolle weitschweifige Verarbeitung. Ein gutes musikalisches Thema und Motiv will von allen Seiten betrachtet und gestreichelt werden.
Irgendwo hörte ich mal davon, daß dem Komponisten Dvořák ein Satz folgendem Inhaltes zugeschrieben werden:
Einen genialen Einfal haben kann jeder. Ihn aber korrekt auszuarbeiten und durchzuführen, darin liegt die eigentliche Kunst.
(Leider kann ich den korrekten Wortlaut und die Quelle nicht wiedergeben - aber vielleicht findet einer von euch das raus.)
 

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