Klavierwettbewerbe unnoetiger Stress mit kommerziellen Hintergrund ?

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Klavierwettbewerbe unnoetiger Stress mit kommerziellen Hintergrund ???


Ich moechte gerne wissen, was Ihr von Klavierwettbewerben haelt, ist es noetig ? bleiben dadurch hervorragenden sensible Pianisten, die diesem Stress nicht gewachsen sind auf der Srtecke ? usw. es gibt viele Ansichten . Mich interessiert was ihr dazu zu sagen habt ! Freue mich auf viele Antworten.

Cordialement

Destenay
 
Ein Pianist wird dadurch, dass er einen Wettbewerb gewinnt oder verliert, nicht besser oder schlechter. Allenfalls könnte ein Sieg sein Selbstbewusstsein und damit auch die Fähigkeiten stärken.
Letztendlich sind Wettbewerbe praktisch, um in Kontakt mit Konzertveranstaltern, Orchestern, Plattenlabels usw. zu kommen. Die sind da oft vertreten bzw. der Preis ist ein Vertrag mit selbigen, es gibt Konzerte zu gewinnen, wo einen wieder andere Leute hören usw.
Außerdem gibts manchmal ganz nettes Preisgeld.

Weiterhin machen sich Gewinne natürlich gut in der Vita. Man kann auf einem Zeugnis nicht ablesen, wie gut jemand Klavierspielt, wohl aber sichergehen, dass ein Wettbewerbsgewinner vermutlich nicht ganz grauenhaft spielt (auch das kommt sicher vor :D).
Das ist wie in der Schule - die mit schlechten Noten sind längst nicht alle blöd oder faul, aber die mit guten Noten haben zumindest irgendein Potenial, das so geartet ist, dass sie diese guten Noten haben.
(Mal vom Spick-Potential abgesehen).

Es zwingt einen keiner, Wettbewerbe zu spielen. Es gibt auch Pianisten, die das nicht tun und trotzdem erfolgreich sind. Die haben eben anders Kontakt "nach oben" gefunden, Leute, die sie gehört und gefördert haben. Wenn man gut genug ist, wird auch das funktionieren.

Und im Übrigen ist es natürlich interessant, andere spielen zu hören, sich selbst zu vergleichen, sich mit Leuten zu unterhalten, andere Literatur und Interpretationsansätze kennenzulernen und das Auftreten zu trainieren.
 
(...)bleiben dadurch hervorragenden sensible Pianisten, die diesem Stress nicht gewachsen sind auf der Srtecke ? (...)

Ist schon eine blöde Sache, wenn der hervorragende und sensible Pianist der Vorspielsituation nicht gewachsen ist - man sollte meinen, das gehört zum Beruf! Macht das tatsächlich so einen grossen Unterschied, ob Wettbewerb oder Konzert?

LG, PP
 
Lieber Destenay!

Eine schwierige Frage, die du da stellst. Das heißt nicht die Frage ist schwierig, sondern vielmehr die Antwort, oder besser die Antworten je nach Perspektive. Ein paar Gedanken meinerseits:

Dreh- und Angelpunkt dürfte die Bedeutung sein, die man dem Wettbewerbserfolg beimisst (und da ist noch nicht auseinanderklamüsert, was als Erfolg gelten kann). Ist es so, wie es leider zu oft ist, dass nur durch den 1. Preis bei renommierten Wettbewerben der Pianist von Veranstaltern eingeladen wird, dann haben solche "Kampfarenen" wahrscheinlich eher destruktive Wirkung auf Pianisten und auch auf das Musik-Kulturleben. Für Einzelne kann das sehr gut ausgehen, weil sie dank des Wettbewerberfolges eine großartige Karriere starten - aber wie oft gelingt das? :rolleyes:

Für alle Teilnehmer ist ein Wettbewerb zunächst auch Bühne, das heißt, sie haben die Möglichkeit, vor Publikum zu spielen und ihre Kunst zu präsentieren. Natürlich auch einer fachkundigen Jury. Die Frage wäre dann: gibt es hierzu Alternativen? Und was läuft verkehrt, wenn es diese Alternativen eben nicht gibt?

Wie sieht es denn mit der Historie des Wettbewerbsgedanken aus? So weit ich weiß, hat das Aufeinandertreffen und Aneinander-Messen von Klavierheroen durchaus Tradition. Ob es hierbei allerdings Verlierer gab, in der Weise, dass dem, der das Nachsehen hatte, das Publikum entzogen wurde, ist fraglich.

Und was wird im Wettbewerb bewertet? Ja, was wird bewertet? Vor allem, bei diesen "engen" Spitzen. Zwischen Platz 40 und Platz 1 mag vielleicht noch ein Unterschied offensichtlich sein. Aber Platz 1,2,3? Hier ein objektives, gerechtes Maß zu finden, dürfte sehr schwer sein. Gemessen an den Konsequenzen ganz schön tragsich! Denn was ist heute schon noch Platz 3.

Die Rolle der Veranstalter (hab` ich oben ja schon angedeutet) ist in meinen Augen eine eher zweifelhafte. Ich kann es zwar einerseits nachvollziehen, dass es leichter sein wird, Karten für Konzerte eines Wettbewerbgewinners an den Mann zu bringen, aber sind das wirklich immer die besseren Konzerte? Und tut sich die Gemeinschaft der Konzertgänger wirklich einen Gefallen damit, nur in solche Konzerte zu rennen, die mit der Leistungselite besetzt sind?

Ein letzter Gedanke vielleicht noch zur Ausbildung. Wirkt das Wettbewerbsstreben in die Entwicklung hinein? Wirkt der Druck der Wettbewerbsteilnahme derart, dass womöglich nur wenig Raum für "freie Entfaltung" der künstlerischen Neigung und Talente bleibt. Angefangen vom Repertoirezwang, bis hin zum Virtuositätszwang (wobei letzterer ja nicht per se schlecht ist).

Naja, mehr Fragen als Antworten.

LG, Sesam
 
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