Lieber Destenay!
Eine schwierige Frage, die du da stellst. Das heißt nicht die Frage ist schwierig, sondern vielmehr die Antwort, oder besser die Antworten je nach Perspektive. Ein paar Gedanken meinerseits:
Dreh- und Angelpunkt dürfte die Bedeutung sein, die man dem Wettbewerbserfolg beimisst (und da ist noch nicht auseinanderklamüsert, was als Erfolg gelten kann). Ist es so, wie es leider zu oft ist, dass nur durch den 1. Preis bei renommierten Wettbewerben der Pianist von Veranstaltern eingeladen wird, dann haben solche "Kampfarenen" wahrscheinlich eher destruktive Wirkung auf Pianisten und auch auf das Musik-Kulturleben. Für Einzelne kann das sehr gut ausgehen, weil sie dank des Wettbewerberfolges eine großartige Karriere starten - aber wie oft gelingt das? :rolleyes:
Für alle Teilnehmer ist ein Wettbewerb zunächst auch Bühne, das heißt, sie haben die Möglichkeit, vor Publikum zu spielen und ihre Kunst zu präsentieren. Natürlich auch einer fachkundigen Jury. Die Frage wäre dann: gibt es hierzu Alternativen? Und was läuft verkehrt, wenn es diese Alternativen eben nicht gibt?
Wie sieht es denn mit der Historie des Wettbewerbsgedanken aus? So weit ich weiß, hat das Aufeinandertreffen und Aneinander-Messen von Klavierheroen durchaus Tradition. Ob es hierbei allerdings Verlierer gab, in der Weise, dass dem, der das Nachsehen hatte, das Publikum entzogen wurde, ist fraglich.
Und was wird im Wettbewerb bewertet? Ja, was wird bewertet? Vor allem, bei diesen "engen" Spitzen. Zwischen Platz 40 und Platz 1 mag vielleicht noch ein Unterschied offensichtlich sein. Aber Platz 1,2,3? Hier ein objektives, gerechtes Maß zu finden, dürfte sehr schwer sein. Gemessen an den Konsequenzen ganz schön tragsich! Denn was ist heute schon noch Platz 3.
Die Rolle der Veranstalter (hab` ich oben ja schon angedeutet) ist in meinen Augen eine eher zweifelhafte. Ich kann es zwar einerseits nachvollziehen, dass es leichter sein wird, Karten für Konzerte eines Wettbewerbgewinners an den Mann zu bringen, aber sind das wirklich immer die besseren Konzerte? Und tut sich die Gemeinschaft der Konzertgänger wirklich einen Gefallen damit, nur in solche Konzerte zu rennen, die mit der Leistungselite besetzt sind?
Ein letzter Gedanke vielleicht noch zur Ausbildung. Wirkt das Wettbewerbsstreben in die Entwicklung hinein? Wirkt der Druck der Wettbewerbsteilnahme derart, dass womöglich nur wenig Raum für "freie Entfaltung" der künstlerischen Neigung und Talente bleibt. Angefangen vom Repertoirezwang, bis hin zum Virtuositätszwang (wobei letzterer ja nicht per se schlecht ist).
Naja, mehr Fragen als Antworten.
LG, Sesam