Kauf eines Stagepianos, Zweifel an Akzeptanz von Lehrern

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Lebertanker

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11. Okt. 2017
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Hallo zusammen,


ich bin totaler Anfänger ohne Musikerfahrung und würde jetzt gerne mit dem Klavierspielen anfangen. Schließlich möchte ich mich dem antiken Piano meiner Oma irgendwann mal als möglichst wenig unwürdig erweisen. Tatsache ist aber auch, dass ich in einer kleinen Wohnung im Hochhaus einer Großstadt wohne. Ein akustisches Klavier kommt also logistisch leider absolut nicht in Frage (außer ich kloppe meine Terrarien und mein Sofa aus dem Fenster) und auch finanziell wäre nur das mieten drin gewesen. Aus diesem Grund habe ich mich ein wenig auf dem Digital/Stage/E-Pianomarkt umgesehen. Wichtig ist mir dabei ein Spielgefühl, was möglichst nahe an ein gutes akustisches Klavier herankommt, weniger wichtig sind die ganzen sonstigen technischen Gimmicks und das mein dreistelliges Budget eingehalten wird. Empfohlen wurde mir dabei das Kawai ES 110, was ich mir eigentlich auch bald zulegen möchte, außer ihr könnt mir bessere Empfehlungen machen.

Folgender Punkt hat mich aber dermaßen verunsichert, dass mir fast schon wieder die Lust vergangen ist mir ein elektrisches Piano zu kaufen. Ich habe mich in meiner Stadt nach Musikschulen umgeschaut, da ich die erste Zeit natürlich auch Unterricht haben möchte und gleich bei den ersten beiden stand, dass „nur Schüler mit einem akustischen Übungsinstrument zuhause akzeptiert“ werden. Ich habe also das Gefühl, dass Lehrer einem Digitalpiano sehr ablehnend gegenüber stehen. Sind das antiquierte Vorurteile und Dogmen a’la „Gentechnik ist böse“ oder gibt es wirklich plausible Gründe dafür? Bin ich absolut verloren, wenn ich im Unterricht vor einem akustischen Piano sitze, während ich zuhause mit einem Digitalen übe? Gibt es auch Klavierlehrer, die da ein wenig flexibler drauf sind (als Übungsinstrument in der Schule wäre mir ein akustisches Piano schon wichtig)?

Viele Grüße
 
Bin ich absolut verloren, wenn ich im Unterricht vor einem akustischen Piano sitze, während ich zuhause mit einem Digitalen übe?
Hängt sehr von BEIDEN Instrumenten ab. Eine Umstellung ist es mit Sicherheit. Die fällt aber umso geringer aus, je öfter Du Unterricht hast - wenn Du nur alle zwei, drei Wochen ans echte Klavier kommst, könnte es schon recht hinderlich werden.

oder gibt es wirklich plausible Gründe dafür?
Ja, die gibt es. Vor allem viele Eltern glauben, Ihr Kind zuhause mit einer 300,- € Tischhupe "beglücken" zu müssen. Korrekterweise müsste die Klavierschule allerdings auch Schüler mit völlig untauglichen Normalklavieren abweisen ...

Gibt es auch Klavierlehrer, die da ein wenig flexibler drauf sind
Ja, die gibt es. Allerdings seltener in der Klassik-Hardcore-Szene.

Beim Kauf solltest Du nicht (nur) auf Empfehlungen hören, sondern möglichst viele Instrumente anspielen und zwar am besten in Häusern, wo Du direkt vom Digi an ein echtes Klavier wechseln kannst. Vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit, erst einmal einige Stunden am Klavierlehrer-Piano zu verbringen und gezielt nach einem Digui zu suchen, das diesem ANSCHLAGTECHNISCH nahe kommt.

BTW: Lebertanker? Na, denn Prost!
 
Ja, die gibt es. Vor allem viele Eltern glauben, Ihr Kind zuhause mit einer 300,- € Tischhupe "beglücken" zu müssen.
Ok. So gesehen kann die absolute Absage an Digis tatsächlich zu Gunsten der Kinder sein, deren Eltern ihnen deswegen dann doch ein akustisches Instrument kaufen.

Ansonsten würde ich sagen: Klar, auf einem Klavier lernt es sich wahrscheinlich grundsätzlich besser als auf einem Digi (worüber man beim Vergleich "Schlechtes Klavier vs. Gutes Digi schon wieder streiten könnte) und auf einem Flügel wohl nach mal besser als auf einem Klavier. Aber deswegen Digis komplett abzulehnen, das halte ich persönlich dann doch für übertrieben.

@Lebertanker: Ruf doch da einfach mal an und frage, ob sie das ernst meinen und ob das auch für erwachsene Späteinsteiger gilt. Ich könnte mir vorstellen, dass sie es da vielleicht nicht ganz so streng nehmen.
 
Folgender Punkt hat mich aber dermaßen verunsichert, dass mir fast schon wieder die Lust vergangen ist mir ein elektrisches Piano zu kaufen. Ich habe mich in meiner Stadt nach Musikschulen umgeschaut, da ich die erste Zeit natürlich auch Unterricht haben möchte und gleich bei den ersten beiden stand, dass „nur Schüler mit einem akustischen Übungsinstrument zuhause akzeptiert“ werden. Ich habe also das Gefühl, dass Lehrer einem Digitalpiano sehr ablehnend gegenüber stehen. Sind das antiquierte Vorurteile und Dogmen a’la „Gentechnik ist böse“ oder gibt es wirklich plausible Gründe dafür?
Weder noch. Man hat offenbar einen Nachfrage-Übergang dort und will ganz profan die weniger Betuchten diskriminieren. Analog könnte man auch fordern, daß du im Maßanzug zum Unterricht zu kommen hast. ;-)

Bin ich absolut verloren, wenn ich im Unterricht vor einem akustischen Piano sitze, während ich zuhause mit einem Digitalen übe?
Absolut nicht. Verloren war ich nur, als ich zu meiner Klavierschulzeit vom Russenklavier daheim zwecks Vorspiel zum Blüthnerflügel in der Musikschule wechseln mußte. Seit ich in der Gegenwart auf dem Kawai ES100 übe, habe ich akustische Tasteninstrumente gut im Griff.
 
Natürlich kannst Du an einem digitalen Piano das Klavierspielen lernen, und Du wirst bei einem Wechsel auf ein akustisches Instrument nicht verloren sein.
Das Kawai ES 110 kenne ich nicht, habe aber selber, neben meinem akustischen Instrument, das Roland FP30 Stage-Piano und bin damit sehr zufrieden. Vielleicht lohnt sich ein Vergleich mit dem Kawai ? Achte bei Deiner Auswahl auch auf die Klappergeräusche der Tastaturen, da gibt es deutliche Unterschiede bei den Herstellern,( und ja auch Unterschiede bei der Hellhörigkeit der Wohnungen und den Empfindlichkeiten der Nachbarn...)..
 
Ich habe selbst einen Flügel, ein Klavier und ein Kawai ES 100. Das ist schon nicht schlecht, ich kann das Geübte vom Kawai ganz gut auf die akustischen Instrumente übertragen - allerdings bin ich auch kein Anfänger.

Das größte (nicht das Einzige!!!) Problem bei Epianos ist die einstellbare Lautstärke. Viele üben relativ leise und kloppen daher stärker in die Tasten. Klar, wenn man mal die Ohren schonen will, dann stellt man es leiser, aber für den Anschlag ist das Mist.

Vorschlag: Kannst Du zusätzlich zum Klavierunterricht noch irgendwo auf einem akustischen Instrument üben, z.B. einem Gemeindehaus oder so? Wenn Du das noch ein oder zweimal die Woche machst, dann sehe ich keinen entscheidenden Hemmschuh im Stagepiano zu Hause.
 
gleich bei den ersten beiden stand, dass „nur Schüler mit einem akustischen Übungsinstrument zuhause akzeptiert“ werden

Denke auch, dass es dabei eher ums "Aussieben" derjenigen geht, die daheim eine elektrische Billigtröte herumstehen haben oder glauben, es reiche, sich eine solche anzuschaffen.


Dem Eigentümer eines AvantGrand werden sie wohl schwerlich plausibel machen können, warum sein Gerät schlechter sein soll als der Geradsaiter, auf dem bereits zum Tänzchen nach der Schlacht von Sédan aufgespielt wurde, der zwei Weltkriege später Platz in einer Garage fand und dort jahrzehntelang vor sich hin schimmelte, faulte, rostete, bis es für "des Enggelsche" mal abgestaubt wurde. :lol:
 
Ich höre von Klavierlehrern immer wieder, dass Schüler mit Digitalpianos diejenigen sind, die den Unterricht schnell wieder aufgeben. Das kann natürlich mehrere Gründe haben. Z.B. merken die Schüler nach einigen Monaten, dass das im Vergleich zum echten Klavier ein eher seelenloser Kasten ist, der nicht so viel Spaß macht. Kann natürlich auch sein, dass es zu höherer Selbstverpflichtung kommt, wenn erst mal ein Klavier angeschafft wurde (für viel Geld). Da gibt man nicht so schnell auf.

Andererseits habe ich auch jede Menge Kunden mit grottenschlechten Klimperkisten. Die wären vermutlich mit einem Digi besser dran. Da sind auch durchaus betuchte Kunden bei. Am schlimmsten finde ich aber, wenn Eltern in den Laden kommen um für das Kind jetzt endlich ein Klavier anzuschaffen, weil es ja mittlerweile schon 3 Monate Unterricht hat. Auf Nachfrage, worauf das Kind den momentan übt, erfahre ich dann: gar nicht!
 
Hallo zusammen,


vielen Dank für die Antworten und das Teilen eurer Erfahrungen, die mich wieder beruhigen. Tatsächlich habe ich sogar schon eine Musikschule gefunden. Und zwar die, die an dem Laden angeschlossen ist, wo ich wahrscheinlich das E-Piano kaufen werde. Das wäre wöchentlicher Unterricht an einem akustischen Piano. Weitere Übungsmöglichkeiten an einer mechanischen Kiste wären dann bei Schwester und Omi, die ich allerdings nur in unregelmäßigem Abstand besuche. Ich denke und hoffe, das dürfte ausreichend sein um mit beiden Klavierarten zurecht zu kommen. Ich glaube um die feinen Unterschiede überhaupt zu bemerken, fehlt es mir auch noch immens an musikalischem Sachverstand. Also ich teste die Tage noch mal Kawai und FP30 an und werde dann vermutlich eines von den beiden „Billigtröten“ nehmen :-). Ich werde euch bezüglich meiner Spielerfahrung und Weiterentwicklung auf dem Laufenden halten :)
 
Ich glaube um die feinen Unterschiede überhaupt zu bemerken, fehlt es mir auch noch immens an musikalischem Sachverstand.
Dafür braucht es keinen musikalischen Sachverstand. Das spürst Du sofort.

Kawai und Roland bauen übrigens durchaus "preiswerte" Instrumente. Aber keine Billigtröten. Da kriegst Du nach meiner Erfahrung auf jeden Fall ein brauchbares Instrument. Evtl. kannst Du Dir ja auch noch was von Yamaha ansehen. Die hatten gerade einen Modell-Wechsel von den CLP 5xx auf die CLP 6xx. Da könnte es für die "alten" Instrumente evtl. einige gute Angebote im Abverkauf geben. Das sind allerdings alles "Möbel", keine Stagepianos.
 

Also ich teste die Tage noch mal Kawai und FP30 an und werde dann vermutlich eines von den beiden „Billigtröten“ nehmen :-).

Das sind beide keine Billigtröten. Eine Billigtröte steht hier neben mir im Büro. Die habe ich mir angeschafft, um schnell mal was durchzufingern, was ich auf Clavio oder sonstwo im Internet lese. Ich hatte keinen Bock mehr, jedesmal, wenn ich was Interessantes lese, a) mit dem Laptop rüber an den Flügel zu spurten und unter Verrenkungen (Laptop auf Flügel = NOGO!!!) die Anregung auf die Tasten zu bringen - bzw. b) es alternativ zu unterlassen (weil - siehe unter a).

Meine Billigtröte umfasst auch nur 5 Oktaven und ist federleicht, die hebe ich mir mit einer Hand auf den Schoß. Irgendein Modell von Casio, Kostenpunkt ~ 100 €. Immerhin, sollte das Schicksal mir einen längeren KH- oder Reha-Aufenthalt abnötigen, würde ich es tatsächlich mitnehmen. Das Yamaha P-155 mit seinen 88 Tasten und knapp 20 kg wäre mir bereits viel zu schwer und zu sperrig.

Du siehst, auch eine Billigtröte kann ihre Daseinsberechtigung haben. Zum Erlernen des Klavierspiels jedoch eher nicht. ;-) Zwischen diesem Gerät und den von Dir in Erwägung gezogenen Modellen liegt bereits eine kleine, aber entscheidende Welt.
 
Das Kawai ES 110 kenne ich nicht, habe aber selber, neben meinem akustischen Instrument, das Roland FP30 Stage-Piano und bin damit sehr zufrieden. Vielleicht lohnt sich ein Vergleich mit dem Kawai ?
Preislich, ausstattungsmäßig und vom Spielgefühl her sind die Instrumente miteinander durchaus vergleichbar.

Kawai und Roland bauen übrigens durchaus "preiswerte" Instrumente. Aber keine Billigtröten. Da kriegst Du nach meiner Erfahrung auf jeden Fall ein brauchbares Instrument. Evtl. kannst Du Dir ja auch noch was von Yamaha ansehen. Die hatten gerade einen Modell-Wechsel von den CLP 5xx auf die CLP 6xx. Da könnte es für die "alten" Instrumente evtl. einige gute Angebote im Abverkauf geben. Das sind allerdings alles "Möbel", keine Stagepianos.
Die negativen Einschätzungen gegenüber nichtakustischem Instrumentarium gehen auf eine Zeit zurück, als sich viele dieser Instrumente nach Plastik anfühlten und auch danach anhörten. Das mag vor zwanzig oder mehr Jahren so gewesen sein - inzwischen hat sich da eine Menge getan.

Ich habe mich in meiner Stadt nach Musikschulen umgeschaut, da ich die erste Zeit natürlich auch Unterricht haben möchte und gleich bei den ersten beiden stand, dass „nur Schüler mit einem akustischen Übungsinstrument zuhause akzeptiert“ werden.
Wie wollen die Schulen das überprüfen? Durch Kontrollbesuche bei den Schülern zuhause? Oder durch Gesichtskontrolle, weil man Spielern von Stümper-Digis diesen Umstand an der Nase ansieht?

Ich vermute eher einen "erzieherischen" Gedanken. Angesichts knapper Unterrichtskapazitäten und guter Auslastung der Schulen möchte man als wenig ambitioniert eingeschätzten Interessenten mit einem Faible für möglichst billige und simple Lösungen von halbherzigen Entscheidungen für Unterricht abraten, die bei ersten Mühen und Beschwerlichkeiten sofort wieder revidiert werden. Wenn diese Einschätzung auf einen offensichtlich nicht zutrifft, braucht man sich diesen Schuh auch nicht anzuziehen.

LG von Rheinkultur
 

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