J.S.Bach -F.Busoni, Choral Prelude f-Moll BWM 639

Hallo Sorell (und andere Mitleser),

nachdem Du Deine Einspielung hochgeladen hast, nehme ich an, dass Du gerne dazu Rückmeldungen hättest.

Nun, Bachs Choralvorspiele kommen aus der Praxis der Vorspiele/Intonierungen vor dem Gemeindegesang. Im allgemeinen Gebrauch werden sie als Konzertstücke verwendet, auch Busonis Version ist für den Konzertsaal gedacht.

Die originale Orgelversion hat die Melodiestimme einstimmig, sie wird praktisch immer auf einem eigenen Manual mit der rechten Hand gespielt. Die linke hat die ruhigen 16tel auf einem anderen Manual. Der Bass in den Pedalen ist durchgehend einstimmig.

Diesen Vorspann habe ich für Leser geschrieben, denen die Orgelübertragungen Busonis nicht so geläufig sind.

Die Solostimme ist in der Busoni-Übertragung sehr gut erkennbar, und sollte m.E. wie eine Singstimme auch „atmend“ vorgetragen werden, obwohl die Orgel einen unendlichen Atem hat. Also: mit Atempausen, zumindest an den Fermaten länger ausgehaltene „Pausen“.

Im 10ten Volltakt beginnt Busoni, die Melodiestimme zu oktavieren. Es ist eine Gewissensfrage, ob der Spieler die Melodie als übernehmen will (natürlich in der Oktavierung gespielt und zu hören, oder nur die obere Stimme hervorgeholt). Sorell hat sich für die Betonung der oberen Stimme entschieden. Für das Orgelspiel würde die Oktavierung heißen, dass die Registrierung für die Solostimme geändert würde. Das kenne ich bei Bach so nicht, das Stück sollte bei ihm einfach und geradlinig durchgespielt werden.

Also: die Oktavierung als Busonis kleinen Romantik-Einschub.

Die letzten vier Takte hat Busoni quasi als Ausklang angehängt, das Originalpräludium hört mit dem letzten f-moll Akkord davor auf. Es gab früher wohl mal das Bedürfnis auch in den Gottesdiensten an einen Gemeindechoral zum Schluss ein paar Takte Nachspiel anzuhängen, einen frommen Schwanz gewissermaßen.

Für Sorells Einspielung wünsche ich mir Atempausen und vor allem vor dem Schluss (piu´ oscuro, ma sempre cantando) ein deutliches Verzögern/Absetzen und die letzten Schlusstakte – die irgendwie nicht mehr dazu gehören - ausklingend, fast „morendo“.

Es hat mich gefreut, dass Sorell das Stück eingespielt hat – vielen Dank!

Walter

p.s.: vielleicht hat einer unserer Orgelspieler noch Anmerkungen dazu.
 

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