Ist das geil - mein Bechstein!

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verdi1813

verdi1813

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Nur mal so:

Habe heute meinen Bechstein-Flügel genauer angeschaut und ein bisschen zerlegt (Mechanik rausgenommen). Jetzt habe ich festgestellt, dass ich eine Schwander-Mechanik drinhabe. Dachte immer, es wäre eine von Langer, steht aber Schwander patented drauf!

Irgendwo im Forum steht, dass die Herrburger-Schwander Zeit die beste von Bechstein damals war. Ich finde das so geil, weil ich habe mir den vor 6 Jahren ganz ohne dieses Wissen nur aus dem taktilen Gefühl heraus unter einer Vielzahl verschiedenster Flügel ausgesucht. Hatte also ein sehr feines Gespür für Gutes!

Außerdem habe ich einen Flügel mit der Teilung 21/30/18/19, ein C4 wie er auf der Handschriftlichen Tabelle im Tastenwiki zu sehen ist.

Bild:Bechstein.jpg

Die Nummer lautet 67215 und wurde zwischen 1903 und 1904 gebaut.

Jetzt müsste ich nur noch bei Bechstein anfragen, wann und an wen er ausgeliefert wurde. Vielleicht wissen die das noch!

Nichts für ungut, musste eben sein, dieser Thread!
 
Jetzt müsste ich nur noch bei Bechstein anfragen, wann und an wen er ausgeliefert wurde. Vielleicht wissen die das noch!
mach das!
die Wahrscheinlichkeit, dass die das haben, ist hoch: ich habe die Kopie einer handschriftlichen Bechsteinliste für anderthalb Monate im Jahr 1913 (jeder Klavier- und Flügelverkauf mit Herstellungsnummer, Verkaufsdatum, Empfänger) - die werden dir bestimmt antworten
 
Eben. Die Info isses mir wert.
 
mach das!
die Wahrscheinlichkeit, dass die das haben, ist hoch: ich habe die Kopie einer handschriftlichen Bechsteinliste für anderthalb Monate im Jahr 1913 (jeder Klavier- und Flügelverkauf mit Herstellungsnummer, Verkaufsdatum, Empfänger) - die werden dir bestimmt antworten

Dann wird also Dein Bechstein im nächsten Jahr 100. ;)
 
:-)

Irgendwann wird er auch am Haken hängen und über ein Haus schweben ;-)

:D

LG
Michael
 
Vielleicht geht er aber auch durchs Treppenhaus. Es war einer von einem Flügeltransportunternehmen da. Er meinte, es ginge, werde aber schon knapp. Mal sehen. Ich harre auf ein Angebot.
 
So, die bei Bechstein sind echt flott. Gegen eine Gebühr bekommt man einen Auszug aus deren Lieferbuch (oder wie das heißt). Mein Flügel mit der Nummer 67215 wurde am 15. Mai 1904 an einen gewissen F. Ries nach Dresden geliefert.

Eine kleine Recherche im www zeigt, dass es zu dieser Zeit in Dresden eine Konzertdirektion F. Ries gegeben hatte, welche an den Musikalienhandel von Franz Ries angeschlossen war. Zwar wurde der Laden 1884 verkauft, die Konzertdirektion muss es aber noch bis mind. 1924 gegeben haben:

Ankündigung eines Vortrages... / Datenblatt © Deutsches Historisches Museum, Berlin (03020304-0)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es an die Konzertdirektion verkauft wurde, da F. Ries damals in Dresden die Bechsteinvertretung hatte:

http://books.google.de/books?id=Uzd...#v=onepage&q=konzertdirektion f. ries&f=false

Der Inhaber wechselte (F. Plötner), der Name blieb. Man müsste rausfinden, an wen Ries diesen Flügel verkaufte. Vielleicht hatten die diesen auch verliehen?

Langsam bekommt der Flügel historische Konturen. Das gefällt mir!

Hier noch am Rande ein nettes Interview mit Jewgenij Kissin. Hier äußert er sich über Vorkriegs-Bechsteine in Russland:

Pianist Jewgenij Kissin im Interview - "Ich muss etwas fühlen" - Kultur - sueddeutsche.de
 
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Was kostet das genau ? Überlege das eventl. auch mal zu machen. Wieso eigentlich "Ich muss etwas fühlen ?" Seit wann ist das denn wichtig bei Musik ? ;-)
 
Kostet 26 EUR. Ich finde es halt interessant, dass Kissin auch die alten Bechsteine schätzt. Was ist denn deine Nummer?
 
Hab den Kissin Artikel nicht gelesen. Nach einem ganzen Tag in der Sonne am Waldsee ist mein Kopf nicht mehr ganz so aufnahmefähig. I am not a number, I am a free man.....heheh. Also ich hab 46920, und wie ich grad nochmal auf der Homepage unten gesehen habe, doch noch einer aus dem 19. Jahrhundert, also 1898. Der Bechstein-Mitarbeiter, der das Gutachten geschrieben hat, hat nur 1903 draufgeschrieben. War wahrsch. zu faul, nochmal genau reinzuschauen, was weiß ich. So jetzt les ich wohl doch noch Deinen Kissin-Artikel.
Hier mal die Checkliste, nur falls Du Dir noch einen weiteren Flügel zulegen willst ;-)

Alter des Klaviers-Seriennummer des Klaviers oder Flgels- Altersbestimmung bei Klavieren und Flgel
 
"Es geht nichts über einen Vorkriegs-Bechstein. Ein Bechstein singt! Ein moderner Flügel klingt vielleicht reiner, klarer, perfekter - aber er singt nicht. " Jewgeni Kissin.


So kann man es beschreiben. Der Ton ist irgendwie breiter, dicker und dennoch schwebt er. Der Blüthner Modell 6 (BJ1914) ist da ähnlich im Klang, aber etwas luftiger im positiven Sinne.
Seine Vorliebe für Barenboim teile ich nur zu seinen frühen Zeiten. Die Nocturnes-Einspielung und Mendelssohns Lieder ohne Worte von D.B. ist einfach grossartig. Großer Kissin Fan bin ich allerdings nicht. Der heutige D.B. ist pianistisch gesehen nur noch ein Schatten seiner selbst, und ein eitler Fratz. Habe ihn beim letzten Konzert gehasst, da er sich im Konzert mit den Musikern der Mailänder Scala angelegt hat und aufgehört hat zu dirigieren. Furchtbar....die meisten habens gar nicht gerafft.
 
Bin kommenden Mittwoch um 10.30 Uhr in Seifhennersdorf und mache eine Werksbesichtigung. ich hänge mich an eine Schulklasse dran, die das Werk ansehen. Freu mich schon! Wer will, kann natürlich kommen!
 
verdi1813, viel Spaß bei der Werksbesichtigung!


Wieso eigentlich "Ich muss etwas fühlen ?" Seit wann ist das denn wichtig bei Musik ? ;-)

Der eine fühlt etwas, der andere nicht – Menschen sind zum Glück total unterschiedlich. Ich jedenfalls fühle sehr viel wenn ich Musik höre. Und ich fühle sehr viel, wenn ich meine Flügel anschaue. Du hast vier und das ist für Dich – wie Du geschrieben hast – nichts weltbewegendes (wenn ich es richtig verstanden habe).

Wozu sollten wir denn Musik hören, wenn wir diese nur hörten und nicht beim Genuss der Musik Gefühle hätten? Wenn man z.B. bei „Daphins et Chloe“, 2. Suite (die ersten fünf Minuten), nicht abheben würde ob der wunderbaren Musik? Oder bei anderen Stücken am liebsten weglaufen würde. Aber Gefühle sind immer dabei, so oder so...
 
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verdi1813, viel Spaß bei der Werksbesichtigung!




Der eine fühlt etwas, der andere nicht – Menschen sind zum Glück total unterschiedlich. Ich jedenfalls fühle sehr viel wenn ich Musik höre. Und ich fühle sehr viel, wenn ich meine Flügel anschaue. Du hast vier und das ist für Dich – wie Du geschrieben hast – nichts weltbewegendes (wenn ich es richtig verstanden habe).

Wozu sollten wir denn Musik hören, wenn wir diese nur hörten und nicht beim Genuss der Musik Gefühle hätten? Wenn man z.B. bei „Daphins et Chloe“, 2. Suite (die ersten fünf Minuten), nicht abheben würde ob der wunderbaren Musik? Oder bei anderen Stücken am liebsten weglaufen würde. Aber Gefühle sind immer dabei, so oder so...


Hey Marlene! Vorsicht Ironie ;-) Wollte nur das völlig naheliegende, nämlich daß Musik nur ist, wenn gefühlt wird, karrikieren. Es gibt so unglaublich viele Tastendrücker, die einfach nur runterrattern, wie z.B. Lang Lang, den ich mal als einen der oberflächlichsten Pianisten bezeichnen würde. Ganz im Gegensatz zu denm Großen wie Michelangeli, Brendel(mit gel. Abstrichen), Pollini (in seinen guten Zeiten), Gould. Auch Barenboim war früher mal extrem gut, und spielte wie ein Gott (Nocturne-Einspielung/Lieder Ohne Worte). Das hat er aber durchs Dirigieren offenbar verlernt. Da wir es mit einem sehr technischen Instrument zu tun haben, und man wrklich viel üben muss, neigen die meinsten Pianisten dazu , ihr Gefühl mal abzuschalten.

Ich verbinde mit jedem meiner Flügel ein tolles Gefühl. Manchmal konkurrieren sie miteinander. Vor allem hab ich an jedem Instrument zig Studen mit Stimmen, Regulieren, Überholen, Aufarbeiten verbracht, ganz abgesehen von zig Übe-und Mußestunden, die ich nicht missen will. Letztens wollte ich einen verkaufen, um den Erlös in die Renovierung der beiden anderen zu stecken, aber es geht nicht. Die Idee mit den 3 Gebrauchten war, damit etwas Geld zu verdienen, was mir aber nicht gelingt, denn ich verliebe mich in die Flügel.
 
So, jetzt war ich mal in Seifhennersdorf. Was soll ich sagen - eine sehr interessante Besichtigung war das! Der junge Mann war sehr nett und hat sehr professionell die Fertigung erklärt. Außerdem ist er sehr gut auf die Unterschiede zwischen C. Bechstein und Bechstein Academy eingegangen.

Man kann sagen, dass C. Bechstein und Academy die gleichen Instrumente sind, allerdings werden bei den Academy Instrumenten viele Dinge einfacher und nicht so ausgefuchst / arbeitsintensiv hergestellt. Die gleichen Instrumente bedeutet: Es werden die gleichen Formen für z. B. die Rahmen verwendet. => Spart Kosten.

Man kann aber nicht sagen, dass die Academy lumpige Instrumente sind - sie sind halt einfacher. So ist der Steg aus Buche massiv, bei C. Bechstein schichtverleimt aus verschiedenen Hölzern, auch die Zusammensetzung des Gusseisens für die Platte ist unterschiedlich. Bei C. Bechstein ist da mehr Graphit drin.
Der Resonanzboden bei C. Bechstein verjüngt sich zu den Rändern hin, dafür wird er ganz leicht abgehobelt, bei Academy hat er immer die gleiche Stärke. Auch die Zusammensetzung der Funiere beim Rahmen differiert. So werden bei den C. Bechstein Instrumenten "wertvollere" Hölzer verwendet. Welche das sind, weiß ich nicht mehr.

Interessant ist auch, dass das ganze Fabrikgebäude vollständig klimatisiert ist, was bedeutet, dass in jedem Raum, in dem Holz verarbetet wird, die Luftfeuchte permanent gemessen und mittels Befeuchter / Trockner reguliert wird. Das Gebäude an sich ist schon recht groß, denke, dass das gar nicht so einfach ist, da eine konstante Luftefeuchter herzubekommen. Laut Info des Bechstein-Mitarbeiters wurde ziemlich viel Geld in die Modernisierung der Gebäude (z. B. neue Fenster) gesteckt, bevor man hier überhaupt beginnen konnte, zu produzieren.

Interessant ist die Aufteilung in maschinelle und handwerkliche Fertigung. An bestimmten Punkten werden Maschinen eingesetzt z. B. beim Bearbeiten des Steges. Bei der Fertigung der Mechanik und des Zusammenbaus da gibts überhaupt keine Maschinen mehr. Ist ja auch klar, das geht nur zu 100% manuell.

Ach ja - Mechanik. Mir wurde geasgt, dass die Teile dafür von unterschiedlichen Zulieferern kommen. Sie testen permanent Materialien und Komponenten, um immer das Beste zu haben. Anscheinend ist schon die Beschaffung des Filzes nicht so einfach, weil es unterschiedlichste Qualitäten gibt, welche auch immer differieren (=> Naturprodukt). Offensichtlich ist die Qualitätsabteilung immer recht intensiv am prüfen und testen.

Das Unternehmen machte letztes Jahr einen Umsatz von 33 Mio, einen Unternehmensgewinn von 1 Mio. Geht also ziemlich viel drauf für Material, Löhne, Werbung, Kredit etc. Aber immerhin - Gewinn ist Gewinn!

So - das ist jetzt mal das, was ich so mitgenommen habe. Fotos habe ich keine gemacht, es sieht genau so aus wie bei den Filmchen, die es bei youtube gibt. Seifhennersdorf selbst ist schon recht weit weg vom Schuss. Auf einem Brückenpfeiler stand gesprayt:

Alles tot in Seife!

cooler Spruch!

Bei meiner Führung war eine 5. Klasse des örtlichen Gymnasiums dabei. Die waren echt brav! Mal sehen, wer von denen Instrumentenbauer werden möchte! Gibt anscheinend nicht soooo viele davon, die diesen Beruf ergreifen möchten.

War auf alle Fälle schön, dort gewesen zu sein - echt interessant!
 
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