Herbert Schuch in der Kölner Philharmonie

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lavendel

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25. Mai 2008
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Ein Wundern: vor der Kölner Philharmonie stehen keine Trauben von Menschen, das Foyer ist ziemlich leer. Nur eine Garderobe ist geöffnet. Gegeben wird Janáček und Schubert, gespielt von Herbert Schuch, einem Pianisten mit rumänischen Wurzeln. Den anscheinend wenig Leute kennen, und die Komponisten sind wohl auch nicht der Publikumsmagnet. Dabei ist es doch spannend, mal Musik abseits des Mainstreams zu hören! Die Philharmonie ist jedenfalls gerade mal zu einem Viertel gefüllt – wenn überhaupt.

Auf die Bühne kommt jemand, der eher wie ein großer Junge wirkt als wie ein erwachsener Mann. Schlägt die ersten Töne an – und ich bin einfach nur verzaubert. Ein Pianist, der tatsächlich ein Pianissimo spielt. Und der trotzdem in lauten Passagen wie ein Derwisch am Klavier agieren kann. Toll. Leicht, tänzerisch, frech, witzig: alles ist lebendig bei ihm. Seine Stücke erzählen Geschichten. Liegt´s an den Stücken oder an dem Pianisten? Jedenfalls macht ihm sein eigenes Spiel offenkundig Spaß, und auch beim Verlassen der Bühne wirkt er lebendig – anders als viele der Interpreten, die (aus mir oft unerfindlichen Gründen) Publikumsrenner sind.

Auch das Publikum schien gebannt zu sein: so diszipliniert und leise kenne ich die Masse Mensch sonst kaum. Kein Husten, Schnaufen, Rascheln, Hampeln, Klatschen zwischen den einzelnen Sätzen, kein Vorpreschen beim Applaus, kaum, dass der letzte Ton verklungen war. Leiser Kommentar aus dem Publikum: „So ist das, wenn der Plebs zuhause bleibt“. Mancher Musik tut es einfach gut, wenn nur die „Feinschmecker“ kommen. Dieser Abend war ein solcher. Wunderbar.

lavendel
 
Oh ja, der Abend war fantastisch! Ich habe den ersten Teil des zyklus mit ihm im November gehört, damals auf einem furchtbaren Bechtstein in der Duisburger Hochschule. Gestern ein völlig anderer Flügel, ein noch beeindruckenderes Klangerlebnis! Ich war mit ihm, seiner Verlobten und noch einigen anderen Musikern und Nichtmusikern noch bis kurz vor zwölf im Brauhaus, nächste Woche spielt er hier in Düsseldorf!
 
Hm, in Salzburg spielt er es erst Okt-Jan. Unglaublich wie lange Pianisten mit demselben Programm unterwegs sind.
 
Er hat insgesamt 6 Programm mit Schubert / Janacek, im November spielte er das erste, gestern war es das dritte. Ich denke Du wirst Nummer 4 oder 5 hören! Aber geh hin, es lohnt sich!
 
Herbert Schuch habe ich schon zweimal in München gehört. Egal, was er spielt: Hingehen!

LG, Mick
 
Ja, das sind Programme 4-6, lohnen sich alle! Übrigens ein ganz bescheidener, aber unglaublich humorvoller Mensch! Das merkt man auch auf der Bühne
 
Bei uns hat er auch gespielt. Ich bin aber nicht hingegangen. Habe einmal einen Janacek-Abend gehört und brauchte das nicht nochmal...
Vielleicht hat er sich ja interessantere Stücke von ihm rausgesucht als ich damals gehört habe, und sie sicher auch interessanter gespielt. Aber ihm wird wohl selbst klar sein, dass er mit solch einem Programm nicht die Massen anlocken kann. Ist das jetzt mutig oder waghalsig?
 
Vielleicht hat er sich ja interessantere Stücke von ihm rausgesucht als ich damals gehört habe, und sie sicher auch interessanter gespielt. Aber ihm wird wohl selbst klar sein, dass er mit solch einem Programm nicht die Massen anlocken kann. Ist das jetzt mutig oder waghalsig?

Na dann setze ich mich jetzt mal in die Nesseln : vielleicht bist du auch noch zu jung, um dem etwas abzugewinnen? Vor 20 Jahren fand ich auch ganz andere Musik interessant als heute: Vivaldi und Chopin :bye: zum Beispiel .

Und mutig oder waghalsig? ICH finde es klasse, mal etwas anderes als das immer Gleiche zuhören. Klar geht mir immer wieder das Herz auf bei Op. 110, aber wenn ich da stehenbleibe, lerne ich ja nie etwas Neues kennen ...

lavendel
 
Nix Nesseln, du magst damit sicher Recht haben. So ist es mir schon mit viel Musik gegangen. Ich kann ja nur von meinem jetzigen (damaligen - Erinnerung ans Janacek-Konzert) Standpunkt ausgehen.
 
Gut, jetzt setze ICH mich mal in die Nesseln. Ich habe dem Konzert auch beigewohnt, und ich muß sagen, daß der Janacek für mich der Lichtblick war. Das war zumindest eine erfrischende neue Erfahrung, auch im großen Kontrast zu Schubert. Erst im Kontrast zu Schubert konnte Janacek in seiner Andersartigkeit richtig glänzen. Deshalb fand ich die Idee von Herrn Schuch, dies gegenüberzustellen, sehr gelungen.

Aber mein Haupteindruck war, daß Herr Schuch, obwohl ich bei ihm auch ein schönes pianissimo gehört habe, vor allem durch Lautstärke und hohes Spieltempo beeindruckte, das Melodische an Schubert ging da für mich fast völlig unter. Und das hat mich doch sehr enttäuscht.

Manfred
 

Aber mein Haupteindruck war, daß Herr Schuch, obwohl ich bei ihm auch ein schönes pianissimo gehört habe, vor allem durch Lautstärke und hohes Spieltempo beeindruckte, das Melodische an Schubert ging da für mich fast völlig unter. Und das hat mich doch sehr enttäuscht.

Komisch, da war mein Eindruck ein ganz anderer. Ich fand den Schubert sehr melodisch. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich die Stücke alle nicht wirklich kannte, also keine "Erwartung" hatte, wie sie meiner Meinung nach hätten klingen sollen. Viellcht kam meine Empfindung des Melodischen auch daher, dass der Unterschied zu Janacek musikalisch natürlich riesig ist.

Der einzige Teil, wo ich Deine Empfindung teile, war der erste Satz von Schuberts D-Dur-Sonate nach der Pause. Wobei ich da das Laute und wenig Melodische auf die Musik und nicht auf das Spiel geschoben habe.

Wahrscheinlich alles subjektiv. Auch hier im Forum habe ich schon begeisterte Rezensionen von Konzerten gelesen, die ich persönlich grottig fand. Nur umgekehrt nicht :denken:.

Grüßle

lavendel
 
Ich fand es gerade gut, dass er mit recht hohem Tempo angefangen hat. Zum einen hörte er vor der Pause mit dem 6. Moment musicaux auf, nicht unbedingt einem "Reisser", zum anderen ist die Sonate ohnehin sehr lang, weshalb ein furioser Beginn ganz gut tat!
 
Oh, die Sonate ist langweilig, deshalb sollte sie möglichst schnell gespielt werden? :-D

Ja, der erste Satz ist nicht melodisch und gefällt mir auch nicht so übermäßig. Ich habe mir die Sonate aber im Nachhinein einmal in youtube in der Version von Artur Schnabel angehört, und da sind (für einen Ersthörer dieser Sonate, wie mich) die melodischen Linien in allen Sätzen viel deutlicher erkennbar ... Es hat sich doch gelohnt, vorher die Einführung in die Sonate gehört zu haben. (Aus der Einführung auch der Gedanke, gerade Artur Schnabel dazu anzuhören).

Hier das Link. Es lohnt sich wirklich, da reinzuhören:



Manfred
 
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