Grundprinzipien eines guten Fingersatzes

Hi .marcus. und Haydnspaß,

ihr habt absolut recht. Man kann ja am Anfang gar nicht schon den "richtigen" Fingersatz kennen, das wäre Zufall. (Ich mach es auch so. :-) )

Also muss man aus dieser Not eine Tugend machen: Immer experimentieren, testen und flexibel sein, das gehört einfach zum Prozess des Klavierspielen Lernen.

Allerdings stimmt es trotzdem, das man einen Fingersatz möglichst beim Zieltempo testen, mit ihm experimentieren sollte. Sonst verliert man unnötig Zeit mit Fingersätzen, die für das Zieltempo gar nicht tauglich sind.
Allerdings kann man auch durch das Ausprobieren in einem langsameren Tempo etwas lernen.

Gruß
 
hallo,
zu den Fingersatzprinzipien:
Mit Sicherheit gibt es keine absolute, geschwige denn für alle Eventualitäten verallgemeinerbare "Regel". --- evt. schade, aber wir alle haben die Welt ja nicht so eingerichtet, wie sie ist... :)

aber es gibt ein paar - individuell anzupassende (nicht alle Hände sind 100% gleich!) - Überlegungen zur möglichst "ergonomischen" Bewegung:
- je weniger Daumenuntersätze, umso schneller geht es (Skalen, Arpeggien etc.):
Exempel: rasende Skalen ohne Daumenuntersatz in der Paganini-Etüde Es-Dur (klar, weil sich beide Hände abslösen!! :) aber das kann man auswerten), also so oft es geht nicht 1-2-3-1-2-3 etc, sondern eiskalt 1-2-3-4-5-1-2-3-4-5 wählen! im ersten Moment erscheint das verrückt, aber es hat sich bewährt, sogar mit dem 2. Finger über den 5. Finger zu setzen bei glissandoartig schnellen Skalen (Liszt in diversen Opernfantasien etc.); auch bei Arpeggien ist das die freieste Lösung, vgl. Brahms Sonate f-Moll Scherzo u.v.a.
- bei gleichbleibender musikalischer Bewegung möglichst stets dienselbe Fingerfolge nehmen, OHNE Rücksicht auf schwarze Tasten:
Exempel: Liszt, Sonate h-Moll, die "incalzando" Stelle Takt 255-261. die modulierende (also diatonisch & chromatisch ablaufende) Sechzehntelfigur soll laut Liszt konsequent mit 3-4-1-2 (rhythmisch gesehen) gespielt werden, egal auf welche Tastenkombination sie fällt - das bewährt sich nachgerade im erforderlichen hohen Tempo.

in diese Richtung zielen die relevanten "technischen Übungen" von Liszt und Brahms: ihre "Neuerungen" bestehen in den perpetuierten Abweichungen vom braven "Regelfingersatz" (immer schon 1 auf weisse Tasten etc.) und sie weisen nach, dass man jede chromatische 5-Tongruppe mit 1-2-3-4-5 spielen kann, folglich wird die schnellste chromatische Skale mehrmals 1-2-3-4-5 hintereinander setzen!

- alles, was sich bequem anfühlt UND schnell realisieren lässt, ist richtig!

Natürlich funktioniert das nur, wenn die Hände von den Armen geführt werden - Arm und Handgelenk dürfen nie "verharren" (ok, es sei denn, wir müssen irgendwelche langwährenden Repetitionen wie im Erlkönig trommeln - aber auch da sollte der Arm eben "mitschwingen" etc.). Sieht man den Profis zu, wie sie exotische "Schwierigkeiten" ausführen, so fällt immer die fließende Natürlichkeit der ruhigen Arm-Bewegung auf, auch bei den sicher etwas exotisch erscheinenden Fingersätzen oben.

das wäre, waqs mir dazu einfällt.

kurz gefasst: Arme ruhig bewegen, so wenig Daumenuntersätze wie möglich (und das individuell angepasst)

Gruß, Rolf
 
Ich hätte hier mal ein konkretes Beispiel, wo mich eure Meinung interessieren würde. Welchen Fingersatz würdet ihr nehmen?
 

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Ich schwanke zwischen 1-2-3-4-5 und 2-1-2-3-4 für die ersten 5 Töne. Beim 2. "f" hängt es dann davon ab, wie es weitergeht. Ich glaube, ich würde den Fingersatz 2-1-2-3-4 vorziehen, wenn der Anfang unbetont sein soll.

Es hängt auch davon ab, ob und wie stark du zwischen dem letzten Ton des Auftaktes und dem folgenden 1. "f" artikulieren möchtest. Wenn es stark abgesetzt sein sollte, und das Tempo nicht zu schnell, könnte ich mir auch vorstellen: 1-2-3-4 und dann 1 auf "f", weil man dann die Phrasierung gar nicht vergessen kann, sondern zwangsweise tut. Wie überhaupt der Fingersatz (vor allem von meiner Lehrerin angetrieben) sich nach dem musikalischen Ausdruck richten sollte, weil es dann leichter fällt, diesen auch garantiert zu erreichen.
 
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Ich schwanke zwischen 1-2-3-4-5 und 2-1-2-3-4 für die ersten 5 Töne. Beim 2. "f" hängt es dann davon ab, wie es weitergeht. Ich glaube, ich würde den Fingersatz 2-1-2-3-4 vorziehen, wenn der Anfang unbetont sein soll.

Also es geht mir nur um die ersten 5 Noten. Das Tempo ist wohl doch recht schnell, bei Allegro und alla breve.

Es ist keine Urtextausgabe, ich nehme stark an, daß im Original kein Bogen steht.
 
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Ich hätte hier mal ein konkretes Beispiel, wo mich eure Meinung interessieren würde. Welchen Fingersatz würdet ihr nehmen?

wenn mann in solchen Grifflagen (hier Dur) nur einmal im Leben alle 12 5-Tongruppen mit beiden Händen gespielt hat --- a la 1-2-3-4-5-4-3-2-1-3-5-1- und dann einen Halbton höher usw. usw. usw.
...dann selbstverständlich 12345 in deinem Notenbeispiel (Himmel, man würde ja auch den B-Dur Dreiklang mit 1-3-5 greifen)
Die Hände gewöhnen sich problemlos an allerlei Tastenlagen - wer das nicht glaubt, macht mal die chromatischen 5-Fingerübungen von Brahms
Gruß, Rolf
 

au wei... also gut, dann würde man den lieben B-Dur Dreiklang halt eben nicht mit 1-3-5 greifen - ich vermute mal, dass ihm das egal ist, falls er halbwegs brauchbar klingt (was man mit etwas Gelenkigkeit sicher mit Daumen, Nase und Zeh hinbekäme- fragt sich nur: cui bono)
aber nichts für ungut - man greife alles, wie man will... meinetwegen kann man b-c-d-es-f auch anders spielen, die Kombinationsmöglichkeiten bei 5 Fingern lassen sich sogar errechnen...
...b-c-d-es-f... wenns unter der Sonne keine gravierenderen probleme gibt, dann leben wir alle doch in "der besten aller Welten" :) :)
Gruß, Rolf
 
Also, Haydnspaß, dass ist wirklich gemein, wie du einen armen Konzertpianisten (ich meine hier nicht das clavio-Attribut aufgrund vieler Beiträge, sondern dass, was man selber als Berufsbezeichnung angegeben hat) verunsicherst, wie man einen B-Dur-Grundakkord greift. Sowas macht man doch nicht, pfui! :D ;)
 
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Am besten man transponiert das Stück nach A-dur. B-dur ist einfach eine saublöde Tonart. Zumindest auf dem Klavier.
 
wow...
beachtlich... doch, Hut ab!!
...tja, da es auch hier zu "knistern" anhebt, will ich mal gnädig sein, und allen mit ach so genialem Sprachwitz, brillanter Ironie und tiefem Wissen ausgestatteten Könnern meinen laienhaften, dilletantischen, horndummen aber dennoch ultimativen Tipp für B-Dur und andere "Schwierigkeiten" mitteilen:
Man werde reich (Lotto, Börse, Kriegsgewinn - da gibt es vieles) und kaufe sich jemanden, der das alles kann und dann für einen tut.
Amen
:):):)
spätestens das "bringt einem (!) *wirklich* weiter
---nicht wüten oder zürnen, das ist ein wirklich ultimativer Tipp, das klappt garantiert: "ist der Scheck ok, stimmt auch die Akkustik" Sergej Rachmaninov

in diesem Sinne gut gelaunte Grüße,
Rolf
 
Wenn man aus einer beliebigen Figur heraus, zu einer Tonwiederholung kommt, dann sollte man besonders im hohen Tempo den Finger wechseln. :)

Ein Beispiel wäre eine schlichte C-Dur Tonleiter, c-d-e-f-g-a-h-c-c-c
Der Fingersatz 1-2-3-1-2-3-4-5-5-5 ist mE sehr ungünstig. Bei mir klappts besser mit 1-2-3-1-2-3-4-5-4-3

lg marcus
 
Was hier gar nicht angesprochen wurde, ist, ob der Fingersatz zum Charakter/zur Atmosphäre der jeweiligen Stelle passt.
Es kann doch nur Vorteile haben, wenn man den Fingersatz so wählt, dass er die "Aussageabsicht" unterstützt.
Ein einfaches Beispiel wären staccati, die man mit einem Finger spielt, obwohl man es normalerweise als Griff mit verschiedenen Fingern spielen würde.

Weiß jemand, was ich meine? Fallen jemandem noch andere Beispiele ein?

lg marcus
 

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