Gebrauch des linken Pedals

Egal ob Ober- oder Unterdämpfer: das linke Pedal schiebt die Hammerruheleiste nach vorne, so dass die sogenannte Steighöhe (Anschlagsweg) verringert wird. Sofern Tasten vorderfällig ausgebleit sind, ergibt sich auch keine Schnabelluft.

Ich hab im Laufe meiner Außendienstkarriere super selten Klaviere gesehen, wo das linke Pedal einen hörbaren Unterschied macht. Was diese Klaviere von den restlichen 99 % unterscheidet, wo es keinen hörbaren Unterschied gibt, kann ich leider nicht sagen.

Ich behaupte einfach mal, dass der Effekt psychologisch zu erklären ist: wenn man das linke Pedal tritt, will man es leiser haben. Dann spielt man natürlich auch zarter. Dieser sanftere Anschlag in Verbindung mit der Erwartung, dass es jetzt mit Pedal leiser wird, führt zu der Wahrnehmung, dass das Pedal das Klavier leiser macht.

Übrigens ist das der Klassiker der Kundenbeschwerden: "Mein linkes Pedal ist kaputt, es hat keine Funktion".
Kommt gleich nach: "Die Dämpfung ist kaputt. Die oberen Tasten dämpfen nicht".
 
Ich hab im Laufe meiner Außendienstkarriere super selten Klaviere gesehen, wo das linke Pedal einen hörbaren Unterschied macht. Was diese Klaviere von den restlichen 99 % unterscheidet, wo es keinen hörbaren Unterschied gibt, kann ich leider nicht sagen.
Ich finde, man hat eine bessere Kontrolle über die Lautstärke, leise Stellen können so leichter gelingen.
Bei Betätigung des linken Pedals eines Pianinos kann man durchaus eine Veränderung in der Spielart bemerken, auch ohne psychologischen Hintergrund.
Der Fazioli F308 ist das einzige Flügelmodell, das mir einfällt, welches diese Funktion ebenfalls hat.
 
Bei Betätigung des linken Pedals eines Pianinos kann man durchaus eine Veränderung in der Spielart bemerken, auch ohne psychologischen Hintergrund.

Klar, eine sehr drastische Veränderung: ohne Ende Schnabelluft (Leerlauf).

Der Fazioli F308 ist das einzige Flügelmodell, das mir einfällt, welches diese Funktion ebenfalls hat.

Was macht der? Die Hämmer näher an die Saiten bringen? Steingraeber hatte mal einen Flügel auf der Messe vorgestellt, u.a. mit Carbon Resonanzboden und halt auch so eine Funktion des linken Pedals. Da gab es zusätzlich zur Verschiebung auch noch den Effekt, dass die Hämmer näher zur Saite gehoben wurden. Also eine Kombination aus linkem Klavier- und Flügelpedal.
 

:-D

wenn ich es richtig verstanden habe macht das linke Pedal das Klavier lediglich leiser, ohne den Klang groß zu verändern.

Da hören meine Ohren aber etwas anderes. Es wird nicht nur leiser, der Klang wird wattig und dumpf, so als läge eine dicke Decke auf dem geschlossenen Flügel. Daher benutze ich es nicht gerne und erzeuge das pp lieber mit den Fingern – zumindest strebe ich danach dies zu erreichen. Vielleicht mache ich etwas falsch, denn gelernt habe ich nur das Spielen mit dem rechten Pedal. Aber das wattige Geräusch habe ich auch schon an anderen Flügeln gehört (und das waren keine Anfänger, die am Instrument saßen).

Bei Steinway fallen die Tasten bei Betätigung des linken Pedals, soweit ich mich erinnern kann.

Das erinnert mich an ein Pianino einer Clavionistin an dem ich vor einigen Jahre gespielt habe. Während meines Vortrages habe ich das linke Pedal getreten und erschrocken innegehalten, weil ich dachte, ich hätte irgendwas an der Mechanik kaputt gemacht. Es hat sich angefühlt als seien die Tasten in den Tastenboden abgesackt.
:-D


Wobei wir wieder beim Thema Werkstreue angelangt sind.
;-)
 
Da hören meine Ohren aber etwas anderes. Es wird nicht nur leiser, der Klang wird wattig und dumpf, so als läge eine dicke Decke auf dem geschlossenen Flügel.
Ich habe da vom Klavier gesprochen. Wenn Du meinen Beitrag nochmal durchliest, wirst Du sehen, dass ich mich auf die Aussage bezog, dass Digis kein „richtiges“ (Flügel-)u.c.-Pedal hätten, die allerdings für mein Digi keine Gültigkeit hat, weil hier der Ton dumpfer wird. Also so, wie es sein soll, eben wie bei 'nem Flügel.

Hier übrigens ein kleiner Auszug aus dem Kapitel „Pedalisieren“ aus Seymour Bernsteins „Mit eigenen Händen“:
Das - oftmals totgeschwiegene - una corda
Eine Wolke von Mißverständnissen überlagert das linke Pedal (una corda) und seinen Einsatz. Das Ausmaß, in dem es verleumdet, mißverstanden und schließlich gemieden wird, beweist nur, wie wenig man die Elemente beachtet, die ein schönes Klavierspiel ausmachen. Ein großer Pianist läßt durch seinen Pedaleinsatz bei einem einzigen Stück all die für immer verstummen, die uns eines der wertvollsten Hilfsmittel beim Klavierspiel vorenthalten. So tritt ein erfahrener Pianist das linke Pedal ganze Abschnitte oder gar Sätze lang; selten spielt er die Schlußnote einer lyrischen Phrase, ohne es zu verwenden; ist das linke Pedal nicht richtig eingestellt, fühlt er sich unwohl und spielt vielleicht nicht so feinfühlig wie sonst. Lehrer, die nie öffentlich auftreten, kennen derartige Anwendungsmöglichkeiten des linken Pedals nicht, denn viele von ihnen haben wiederum von ihren Lehrern so unsinnige Ansichten übernommen wie: das linke Pedal ist nur eine Krücke; man kann es mit dem Dämpfer für ein Streichinstrument vergleichen; man soll es nie in einem großen Konzertsaal einsetzen, denn der Klang trägt nicht. Dies sind alles Fehlinformationen, die denn Pianisten ein Stück der „Seele“ des Klaviers nehmen: das unvergleichliche unacorda, diese herrliche Mechanik, die alle großen Künstler einsetzen, wenn sie den Klang formen wollen...
Der Text geht noch länger, ich wollte jetzt nicht alles kopieren.
Aber Du erkennst vielleicht, dass zumindest beim Flügel das unacorda kein Krücke um pp spielen zu können ist, sondern ein Mittel, um den Klang zu formen.
 
Als Ergänzung: Wir wären dann beim Thema Werktreue, wenn der Komponist

1. Wüsste, auf welchem Flügel in welchem Saal bei welchem Wetter wir das Stück spielen
2. Alles in die Noten schreiben würde (was unmöglich ist) oder zumindest sehr viel
 
Dein Kommentar lässt darauf schließen, dass du noch nicht wirklich verstanden hast, wofür die Pedale da sind.

Ich denke, das habe ich verstanden.

Wir wären dann beim Thema Werktreue, wenn der Komponist

1. Wüsste, auf welchem Flügel in welchem Saal bei welchem Wetter wir das Stück spielen
2. Alles in die Noten schreiben würde (was unmöglich ist) oder zumindest sehr viel

OK, diese Aussagen sind nachvollziehbar.

Vielleicht gibt es noch 3.:
Der Komponist geht davon aus, dass der erfahrene Pianist weiß, wann er welches Pedal wie für welchen Klang einsetzen soll(te).
 
I...
Vielleicht gibt es noch 3.:
Der Komponist geht davon aus, dass der erfahrene Pianist weiß, wann er welches Pedal wie für welchen Klang einsetzen soll(te).
Oder der Kompnist schreibt es vor. Das können auch unterschiedliche Bezeichnungen wohl je nach Ausgabe sein, una corda (Brahms) , sordine (Ravel), vielleicht auch sotto voce (Chopin). Dann möchte der Komponist auch einen anderen Klang haben. Nur leiser ist dann doch zu wenig.
 

Es kommt noch ein wesentlicher Aspekt dazu: Das linke Pedal, wie wir es heute kennen, klang früher anders. Wenn z.B. bei Schubert linkes Pedal gefordert ist, erwartete er einen noch viel leiseren, diffuseren Klang (fast wie mit Moderator!). Das können wir wissen und darauf reagieren. Bloß "nur" die Anweisung befolgen ist zu wenig.
 

Bei Schubert würde ich mich an der Stelle erstmal fragen, ob das tatsächlich im Autograph so notiert war, denn Schubert verlangte vor allem nach Spiel mit Moderator (manchmal auch Sordino genannt), also dem Einfügen eines dünnen Filzes zwischen Hämmer und Saiten. Der klangliche Effekt ist komplett anders als una corda.

Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass er auch einmal una corda vorschreibt, nur besteht bei Deinem Beispiel zuerst der Verdacht, dass das nur ein Workaround des Herausgebers für Flügel aus späteren Zeiten darstellt, die ja kein Moderatorpedal mehr haben.
 

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