Flucht nach vorne - aber womit?

  • Ersteller des Themas Cantusfirmus
  • Erstellungsdatum

C

Cantusfirmus

Dabei seit
12. Sep. 2009
Beiträge
40
Reaktionen
0
Nachdem ich mir nun schon länger Gedanken mache frage ich Euch mal nach Euren Meinungen:

Ich spiele seit 30 Jahren Klavier, davon zusammen ca. 12 Jahre mit Unterricht und bezeichne mich immer noch als Anfänger, weil die Herren Beethoven und Brahms und Andere zwar zu Hause vertraute Begleiter sind, ich jedoch - sobald ein Mensch in Hörweite kommt - total verkrampfe und schließlich vor Nervosität das Stück abbreche. Und das sogar, wenn mein total unmusikalischer Ehemann hereinkommt, der Alle meine Entchen nicht von einer Beethovensonate unterscheidet.
Das führt dazu, dass ich nichtmal einen simplen Choral vernünftig zu Gehör bringen kann. :mad:

Längere Zeit habe ich mir gedacht, dass ich dann halt nur für mich spiele, und damit gehts ja auch gut voran.

Aber es ärgert mich ja doch. Ich will zwar nicht Mrs Showbühne werden, aber diese unfreiwilligen Einschränkungen stören mich schon.

Nachdem ich alle Themen hier zu Lampenfieber etc. durchgelesen und auch wertvolle Tipps gefunden habe, dachte ich nun, ich könnte mal die Flucht nach vorne antreten: In einer nahen Großstadt gibt es ein Cafe mit Klavier drin. Ab und an spielt da mal irgendjemand. Und ich dachte, es wäre vielleicht ein Schritt nach vorne, dort mal quasi öffentlich (anonym) zu spielen.

Des langen Pudels kurzer Kern:

a - Welche Stücke eignen sich Eurer Meinung nach dafür am besten (sowohl von der Spielbarkeit her, als auch vom "Nebenher-Unterhaltungswert") ?

b - Ist das überhaupt eine gute Idee oder geht das nach hinten los?

Fragen über Fragen... was denkt Ihr?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Weit von Deinem Können entfernt, habe ich bei mir festgestellt, dass es mir überhaupt nichts ausmacht "im Hintergrund" zu spielen, so lange die Zuhörer anderer Kurzweil nachgehen. Sobald sie andächtig lauschen, ist es aus. Daher halte ich Deine Idee für absolut richtig. Und drücke schon jetzt die daumen!

Repertoire: Alles, was man nebenbei hören kann. Das Kaffeehaus gibt die Richtung vor: Alte Damen - Mozart / Mittelalter und darunter - Jazz-Standards, etc. pp
 
Wie wäre es denn erstmal in einem Klavierhaus/Musikhaus (wenn in der Nähe) einige Klaviere und Flügel auch Digitalpianos zu beackern, bischen rumklimpern, querbeet, Stücke ausschnittweise, komplett, was Dir gerade einfällt. Der normale Betrieb in dem Laden geht weiter, richtig zuhören tut keiner, da geht auch schon mal das Telefon oder die Türklingel. Nach kurzer Zeit ist Dir alles egal, ist ja kein Vorspiel.
Problem ist natürlich, ob die Gelegenheit besteht.

Gruß
Manfred
 
Danke für Eure prompten Antworten!


z.B.
Brahms, etwas aus den Klavierstücken op. 118. Das Intermezzo Nr. 2 gefällt mir persönlich besonders gut - vom Charakter her eher gediegen. Dann natürlich die bekannte g-Moll Ballade daraus, wenn's etwas reißerischer sein soll.

Das Intermezzo ist schön, ich denke das wäre was.
Die Ballade müsste ich zwar nur "aufwärmen", aber ich fürchte, die ist etwas zu schmissig für dort.

Die Beethoven Bagatelle wäre wohl auch passend... gespielt habe ich die auch schon... ich mag se nur net so richtig... mal schauen, was der Innere Schweinehund dazu sagt... :D

Danke für die Tipps, wenn Du nochwas weißt (auch außerhalb B und B), wäre ich sehr erfreut!

@ fisherman:
Bei mir fängt das Problem leider schon an, wenn nur der Schornsteinfeger draußen den Kamin kehrt und ein paar Töne aufschnappen könnte. Sehr ärgerlich.
Merkwürdigerweise gehts mir bei Trompete und Harfe überhaupt nicht so, da läuft es mit Publikum eher noch besser.
Aber prinzipiell ist der Einstieg bestimmt leichter, wenn man nicht das Zentrum des Interesses ist.
Drück die Daumen bitte ganz fest --- wenn ich es wirklich wage --- *zitter*

@Moderato:
Die Idee ist gut. Leider kenne ich die Verkäufer dort ziemlich gut, was die ganze Sache für mich erschwert. Ich glaube, es ist besser, wenn ich mich dort anonym fühle. Und in dem Cafe sind üblicherweise weder meine Kollegen, noch meine Kunden :D...



Wenn Ihr noch weitere Ideen für geeignete Stücke - etwas abseits der ausgetretenen Wege - habt, wäre ich sehr dankbar.

Was haltet Ihr von Grieg? Oder ist der zu schräg?
 
Warum nicht auch Grieg? Im schlimmsten Fall fragt dich jemand, was du da spielst. Am besten spielst du vor allem Stücke, bei denen du musikalisch und spieltechnisch sicher bist und auch weißt, daß du von dieser Musik überzeugt bist. Mein allererstes öffentliches Vorspiel in der Schule ist zwar technisch (möglicherweise auch musikalisch) vernünftig verlaufen, es war aber ein Desaster, weil ich den Eindruck hatte, mein Stück sei pure Klimperei gegen das, was die anderen gespielt hatten. Den direkten Vergleich wirst du natürlich nicht haben, aber schaden kann es nicht, auch darauf zu achten. Und mit ziemlicher Sicherheit kommt etwas auch besser an, wenn du dahinter stehst und es wirklich gerne spielst.

Ich finde deine Idee auch gut, Stücke zu spielen, die man nicht so oft hört. Solche Stücke werden bestimmt objektiver beurteilt als die, die man schon bestens von großartigen Pianisten kennt, da ist der Eine oder Andere schon enttäuscht, wenn es anders klingt als er es kennt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich finde deine Idee auch gut, Stücke zu spielen, die man nicht so oft hört. Solche Stücke werden bestimmt objektiver beurteilt als die, die man schon bestens von großartigen Pianisten kennt, da ist der Eine oder Andere schon enttäuscht, wenn es anders klingt als er es kennt.

Klingt simpel - ist aber genial. Guter Gedanke, Guendola. Das halte ich für mich fest.
 
Wenn Ihr noch weitere Ideen für geeignete Stücke - etwas abseits der ausgetretenen Wege - habt, wäre ich sehr dankbar.

Was haltet Ihr von Grieg? Oder ist der zu schräg?

hallo,

Grieg ist nicht schräg, aber die bekannten Sachen sind schon recht "abgespielt" (Hochzeitszug auf Troldhaugen etc)

probier doch mal:
Sibelius: Idylle F-Dur
Wagner: "eine Sonate für das Album von Frau M.W."
Wagner: Albumblatt "Ankunft bei den schwarzen Schwänen"
Chopin: die ganz frühen Polonaisen in g-Moll, B-Dur, As-Dur, gis-moll
MacDowell: diverse Klavierstücke (amerikan. Spätromantiker)
Cyrill Scott: so ne Art englischer Skrjabin
Reger: bunte Blätter

aus der Rubrik "abseits bekannter Pfade" gibt´s wirklich ziemlich viel :)

Gruß, Rolf
 
Das mit dem Altenheim ist ein guter Tipp, Rodine, danke. Das haben wir sogar am Ort. Und falls es zu schlimm wird, können die Bewohner immer noch die Hörgeräte abstellen... :D ... ganz im Ernst, das ist jetzt in der Weihnachtszeit ein guter Einstieg: ein bisschen was Ruhiges spielen und zum Abschluss ein paar Weihnachtslieder (das versöhnt dann auch die harten Kritiker)...
Jetzt muss ich nur noch den Mut zusammenkratzen, danke für die Aufmunterung.

;) So wars gedacht, Guendola. In den letzten Jahren spiele ich ohnehin lieber eher weniger bekannte Stücke.

Das ist eine nette List, rolf, da muss ich mich erstmal durchhören...


... jetzt darf mich nur die Courage nicht wieder verlassen... aber im Moment gefällt mir die Idee ganz gut....
 
Ziehs durch! Und mal Dir ruhig aus, was das denkbar schlimmste Ergebnis wäre... ist doch lachhaft, oder? Hau rein!
 
Ich habe unserer Bundestagswahl in einem Wahllokal in einem Altenheim geholfen und ich muß ehrlich sagen, da wohnen vollwertige Zuhörer. Konzert ist Konzert! Aber vielleicht darfst du ja in einem Altenheim inoffiziell spielen, eher geduldet als im Mittelpunkt. Dann ist der Druck tatsächlich nicht so groß und die zufälligen Zuhörer werden sich trotzdem freuen. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß auch Altenheime gewisse Qualitätsstandards für Konzerte setzen.
 
Das mit dem Altenheim war auch keineswegs abwertend gemeint. Im Gegenteil, ich bin mir ziemlich sicher, dass es in dieser Generation weitaus mehr Menschen gibt, die etwas mit klassischer Musik anfangen können, als in den folgenden Generationen...
Aber ich denke auch, dass man sich dort vielleicht eher über jemanden freuen würde, der dort einfach so am Klavier sitzt und etwas spielt, ohne weiteren Rahmen drumherum.

Und die Chance, dort mit faulendem Gemüse beworfen zu werden ist dort nicht so hoch wie im Cafe. ;)


@fisherman: Hast Recht, das schlimmste was passieren könnte wäre, dass ich mich nicht hintraue...
 

habs getan

ok, ich habs getan. Nicht mit den neuen Stücken (das wäre doch arg kurz gewesen), sondern mit gewohnteren - ich dachte, das gibt vielleicht mehr Sicherheit.

Das Positive: Ich habs überlebt. Und niemand hat mit Eiern geworfen.

Das Bedauerliche: Ich habs nicht geschafft mich frei zu spielen. Ich war die ganze Zeit über gespannt wie ein überspannter Flitzebogen. Es war.... unangenehm. Und ist nicht die Musik geworden, wie ich wollte.

Vielleicht wag ich es ja später nochmal, um einen gewissen Gewöhnungseffekt zu erziehlen.
Vielleicht.

Aber vielen Dank erstmal all denen, die mir die Daumen gedrückt haben und mir so schöne Stücke vorgeschlagen haben. Ich übe.
 
Und SOFORT wieder aufs Pferd. Das wird von Mal zu Mal besser!!!!
 
Das Bedauerliche: Ich habs nicht geschafft mich frei zu spielen.
Ja was hast Du denn von Dir erwartet? Nicht nur fehlerarm zu spielen sondern aus dem Stand wie ein junger Gott? Hab' doch bitte mehr Geduld mit Dir.

Immerhin hast Du's in Angriff genommen: Du hast Dich getraut und es bis zum Ende durchgezogen, stimmt's? Das ist schon mal einen Applaus wert, finde ich.

Übrigens: gab's Zuhörer? Und wie fanden die es?

Klavierrmacher hat Recht: Vorspielen lernt man nur durch Vorspielen, darum kann ich fisherman nur zustimmen.

Aber errstmal herzlichen Glückwunsch zu Deinem Schritt. *Applaus*
Hanfred
 
Herzlichen Glückwunsch zum ersten Schritt!

Bist du offiziell aufgetreten oder hast du dich "nur" ans Klavier gesetzt und losgelegt?

Wir hatten die letzten beiden Tage Handwerker im Haus und mit dem Gedanken, daß die Klaviermusik eher selten freiwillig hören (ich weiß, das ist ein Vorurteil, aber ein begründetes), habe ich statt zu üben mehr oder weniger konzertiert - ich mußte sowieso einige Stücke wiederholen. Ich war allerdings enttäuscht, daß der einzige Kommentar dazu das Angebot war, meine Tür zu schließen als gestaubsaugert werden mußte ):
Ich finde, es ist schon ein ziemlicher Unterschied, ob man sich völlig ungehört fühlt oder ob für ein Publikum spielt, selbst wenn das nicht so interessiert scheint. Mit einem "frontalen" Konzert, bei dem einem zumindest anfänglich die mehr oder weniger ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums sicher ist, kann man das natürlich nicht vergleichen.
 
@ cantusfirmus:

Erstmal Glückwunsch, dass du den inneren Schweinehund überwunden hast und im Cafe gespielt hast!

Ich hatte auch lange Zeit sehr arg mit Lampenfieber zu kämpfen, aber ich kann versichern, dass es immer besser wird, je öfter man sich vor anderen Leuten hören lässt.

Bei mir hat es eine große Rolle gespielt, ob ich quasi "unverbindlich" spiele oder nicht. Will sagen, wenn ich das Gefühl habe, ich kann jederzeit abbrechen wenn ich will, weil es nix offizielles ist, dann hilft mir das ungemein. Z.B. in einem Klavierladen - etwas unverbindlicheres gibt es nicht. Du kannst dich ans Klavier setzen und das (auswendig vorbereitete!) Stück spielen. Solchen Situationen sollte man sich so oft wie möglich aussetzen.
Von daher finde ich es eben auch wichtig, dass man immer ein paar Stücke im Repertoire hat, auswendig, damit man, wenn irgendwo ein Klavier rumsteht, loslegen kann.

Weiterhin finde ich, dass Chopin-Walzer immer gut ankommen. Während z.B. Bach-Fugen die Masse nicht gerade ausflippen lässt (leider, leider, seufz).

Trotzdem habe ich auch heute immer noch Düsengang, wenn quasi "offizielle" Sachen anstehen. Morgen z.B. habe ich Orgeldienst, zusammen mit dem Posaunenchor, der auf der Orgelempore während des Orgelspiels einem quasi auf die Finger und Füße guckt. Bei sowas fühlt sich der kleine Mindenblues auch ziemlich unwohl. :rolleyes:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom