So, Erkältung ist deutlich schwächer geworden - Schlafen ist wohl wirklich die beste Medizin. Nachher warten auf mich unter anderem zwei Chöre, da ist es von Vorteil, wenn man wieder halbwegs "bei Stimme" ist. Nun zur gesuchten Zwölftonreihe.
Die h-moll-Fuge in JSBach WTK1 enthält im Thema alle 12 Töne.
Der Tonvorrat umfasst tatsächlich alle zwölf Töne, allerdings ging es mir um eine Abfolge
ohne Wiederholung einzelner Töne. Bach ging es ja nicht um ein mathematisches Konstrukt, sondern um ein hohes Maß an Verdichtung durch Dissonanzen, die sich immer wieder auflösen und zu neuerlicher Spannung aufbauen.
Schönberg würdigt diese Fuge in seinem Buch als Vorläufer der Dodekaphonie.
Ebenfalls zutreffend, aber Schönberg ging es im oben beschriebenen Kontext um etwas anderes, nämlich eine Verdichtung und einen Spannungsaufbau, die bestehen bleiben und sich eben nicht auflösen. Tonwiederholungen oder gar zentraltönige Bindungen entkräften letztlich die gewünschte Spannungsintensität.
Solange uns allerdings Chromatik ausreicht: Mit Chromatik experimentierten zumindest einige ältere Herren, allerdings sah es da mit Klavieren noch relativ dünn aus
Gesualdo und andere haben mitunter Dissonanzen in ihren Sätzen, die tatsächlich alles andere als "alt" klingen. Da gibt es Reibungen, die man punktuell erst wieder im 20. Jahrhundert erwarten würde - allerdings noch längst nicht in strikter Reihenform.
thematisch durchgearbeitete Zwölftonfolgen (also nicht bloß mal ne chromatische Skale rauf- oder runtergenudelt) gibt es des öfteren in der Romantik, z.B. mehrmals in den Mazurken von Chopin - ob das allerdings das Prädikat "im strengen Sinn" verdient, will ich nicht entscheiden müssen.
Mit dieser Aussage bist Du exakt in der gesuchten Epoche angekommen und das Stück entstand ziemlich kurz nach Chopins frühem Ableben, wobei erste Skizzen bereits zu dessen Lebzeiten entstanden sind. Für den "strengen Sinn" spricht der Umstand, dass es tatsächlich keine Wiederholung einzelner Töne vor dem Erklingen des Ausgangstons gibt. Allerdings hätte sich eher Alban Berg als Arnold Schönberg für diese Reihe entschieden - warum wohl?
LG von Rheinkultur