Elly Ney

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chopin92

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18. Sep. 2012
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Hallo, ich habe eine Frage zu Elly Ney, ich habe gerade in einem Text von Albrecht Riethmüller folgendes gelesen:

"[...] an der Oberfläche wurde Neys Beziehung zu ihrem Heros Beethoven zumindest in musikalisch sich fortschrittlich empfindenden Zirkeln mit Häme bedacht."

Das bedeutet doch, dass sie dafür ausgelacht wurde auf deutsch gesagt? Aber wieso, jetzt Mal unabhängig was man so von ihrer antisemitischen Ansichten hält, dachte ich... dass sie damals sehr populär war als Pianistin ? Irre ich jetzt total oder habe ich was falsch verstanden? Und wenn nicht, kann mir jemand erklären wieso sie mit "Häme bedacht" wurde... doch nicht etwa weil Beethoven Interpretationen Männern vorbehalten waren oder?
 
Die einfachste Methode ist immer Frau Wiki. Meistens stimmt das, was dort zu lesen ist. Und meistens genügt es auch für den Allgemeingebrauch.

Oder bist Du dabei, eine Doktorarbeit über Elly Ney zu schreiben?

CW
 
Hallo, ich habe eine Frage zu Elly Ney, ich habe gerade in einem Text von Albrecht Riethmüller folgendes gelesen:

"[...] an der Oberfläche wurde Neys Beziehung zu ihrem Heros Beethoven zumindest in musikalisch sich fortschrittlich empfindenden Zirkeln mit Häme bedacht."

Das bedeutet doch, dass sie dafür ausgelacht wurde auf deutsch gesagt? Aber wieso, jetzt Mal unabhängig was man so von ihrer antisemitischen Ansichten hält, dachte ich... dass sie damals sehr populär war als Pianistin ? Irre ich jetzt total oder habe ich was falsch verstanden? Und wenn nicht, kann mir jemand erklären wieso sie mit "Häme bedacht" wurde... doch nicht etwa weil Beethoven Interpretationen Männern vorbehalten waren oder?
Dann sieh Dir doch mal diese Einspielung an: Elly Ney plays Beethoven Sonata No. 21 Op. 53 "Waldstein" - YouTube und direkt anschließend: "Ludvig van" (1970) Mauricio Kagel - YouTube

Was Du als mögliches Ausgelachtwerden ansprichst, lässt sich in eine direkte Beziehung zu dem Riethmüller-Zitat mit dem "Heros Beethoven" setzen. In jenen Jahren, in denen sich Elly Ney weltanschaulich positioniert zeigte, standen autoritätsbezogene und hierarchisch strukturierte Weltanschauungen hoch im Kurs, zumal dieses Land auch vergleichbar regiert wurde. Ob es einen Zusammenhang zwischen leitbildfixierten Ausrichtungen in künstlerischer Hinsicht und einem Führerkult politischer Natur einen Zusammenhang gibt, könnte man sich als fragwürdige Interpretation eines überwundenen Zeitgeists zurechtbiegen. Auf der künstlerisch-ästhetischen Ebene kommt man damit allerdings nicht sehr weit.

Hören wir Elly Ney im O-Ton zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=Dh8PojIaRHA

Wollte man Elly Ney auf eine Protagonistin reduzieren, die vor 1945 stärker als andere die Nähe zu den herrschenden Personen jener Zeit gesucht hat, könnte man ihre künstlerische Reputation der Folgezeit bis zum Sterbejahr 1968 nicht erklären, selbst wenn mehrere Fachkollegen wie Siegfried Mauser die Auffassung vertreten, dass frühere Einspielungen (vor 1930) nachhaltiger künstlerisch überzeugen als spätere. Allerdings überzeugen auch mich persönlich nach 1945 produzierte Einspielungen etwa von Backhaus oder Kempff in stärkerem Maße.

Letztlich kommt man dann eher zur Fragestellung, ob herausragende konzertierende Künstler in jedem Falle scharfsinnige Bewerter politischer Zusammenhänge sein müssen. Elly Ney gehörte sicherlich zu jenen Naturen, bei denen diese Verbindung nicht gegeben sein sollte. Freilich sind gesinnungsspezifische Irrwege eher in einem (kultur-)politischen Forum ein interessanter Diskussionsgegenstand als in einem Pianisten-Thread. Um es mal ein wenig süffisant zu umschreiben: "Kaiser" Franz Beckenbauer hat sich mit reichlich bescheidenen Resultaten sängerisch betätigt, während er auf dem grünen Rasen eben einfach um Lichtjahre besser war.

Mit "Häme" braucht man frühere Ney-Einspielungen mit Beethovens Werken sicherlich nicht kommentieren:
https://www.youtube.com/watch?v=WnqFt-BgcjY
https://www.youtube.com/watch?v=tZKMO9afACQ

LG von Rheinkultur
 
[...]
Letztlich kommt man dann eher zur Fragestellung, ob herausragende konzertierende Künstler in jedem Falle scharfsinnige Bewerter politischer Zusammenhänge sein müssen. Elly Ney gehörte sicherlich zu jenen Naturen, bei denen diese Verbindung nicht gegeben sein sollte. Freilich sind gesinnungsspezifische Irrwege eher in einem (kultur-)politischen Forum ein interessanter Diskussionsgegenstand als in einem Pianisten-Thread.[...]

Hi Rheinkultur ;)

@ Fragestellungen:

In meiner Diplomarbeit hatte ich u.a. ein Exlibris Elly Ney zu bearbeiten ( hab es im Web grad nicht gefunden, sry ) , konnte nat. nur einen Grobüberblick geben, kam aber zu folgender Fragestellung, die, wie ich noch immer finde, ebenfalls interessant ist:

Zitat Olli, Diplomarbeit:

[...]Es durfte nicht ausbleiben, dass nach 1945 verständlicherweise eine hohe Sensibilität für Personen mit NS-Beziehungen oder -Vergangenheiten vorhanden war. Der "Zündstoff" liegt also in der Frage, ob eine Kunst wie die Musik und politische Ansichten getrennt voneinander zu betrachten sind, und damit in der Frage, ob Rehabilitation ( nach vorausgegangenen "Verwirrungen" politischer Art ) bei "Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses" ( zügig ) stattfinden sollte, oder nicht.

hehe ;) - natürlich habe ich diese Frage nicht beantwortet / beantworten können / aus versch. Gründen nicht subjektiv zu beantworten versuchen wollen: Zitat weiter:

Diese Frage ist zu komplex und heikel, um hier erörtert zu werden, Fakt ist, dass das vorliegende Exlibris bei Kenntnis der Hintergründe auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.
:D

LG, Olli ;)
 
Zitat Olli, Diplomarbeit:

[...]Es durfte nicht ausbleiben, dass nach 1945 verständlicherweise eine hohe Sensibilität für Personen mit NS-Beziehungen oder -Vergangenheiten vorhanden war. Der "Zündstoff" liegt also in der Frage, ob eine Kunst wie die Musik und politische Ansichten getrennt voneinander zu betrachten sind, und damit in der Frage, ob Rehabilitation ( nach vorausgegangenen "Verwirrungen" politischer Art ) bei "Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses" ( zügig ) stattfinden sollte, oder nicht.

hehe ;) - natürlich habe ich diese Frage nicht beantwortet / beantworten können / aus versch. Gründen nicht subjektiv zu beantworten versuchen wollen
Mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dafür, wie sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gegenüber totalitären Staatsführungen positioniert haben, ist das so eine heikle Sache. Unmittelbar nach 1945 muss es mit Sicherheit darum gegangen sein, das zerstörte Land aufzubauen und schnellstmöglich wieder ein funktionierendes Gemeinwesen zu errichten. Da konnte/wollte/durfte man sich nicht allzu lange Gedanken über die Vergangenheit machen und dabei die Bewältigung der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft aus dem Blickfeld verlieren. Nicht wenige sagen, eine besonders intensive Beschäftigung mit der deutschen Vergangenheit sei im Zuge der 1968er-Bewegung in Gang gekommen - im Todesjahr von Elly Ney also. Gleichzeitig stellte sich zu diesem Zeitpunkt die Frage, warum es nicht gelang, das bis 1945 verübte Unrecht zeitnah zu bestrafen. Wenn man nun akribisch bei jeder Persönlichkeit nachforscht, wie sie ihr berufliches Wirken und privates Leben bis zum Ende des NS-Regimes gestaltet hat, wird die Situation unübersichtlich. Der Absolutheitsanspruch der damaligen Staatsführung machte es Personen des öffentlichen Lebens sehr bald in/nach 1933 de facto unmöglich, sich deren Einflussbereich entziehen zu können - da sich jede(r) in irgendeiner Form mit den politischen Gegebenheiten arrangieren musste, ist eine moralische Bewertung im Nachhinein fragwürdig. Und wie schon gesagt: In einem Musikforum wird eine Aufarbeitung dieser Aspekte kaum am Platze sein. Da kann man sich mit künstlerischen Dokumenten befassen und deren Fernwirkung auf die Gegenwart erörtern.

Trotzdem kommen mir Formulierungen von Zeitzeugen aus einer Festschrift jener Stadt ins Gedächtnis zurück, in der ich Abitur gemacht habe. In diesem Buch erfolgte die Dokumentierung von einhundertfünfzig Jahren Gymnasialgeschichte - und die zum hundertjährigen Jubiläum einst erschienene Festschrift kam genau in dem angesprochenen Zeitraum heraus. Einer der Autoren brachte sein Missfallen darüber zum Ausdruck, welche dem NS-Regime geradezu hündisch ergebene Elogen da abgedruckt waren, wo man ein sachliches Grusswort erwartet hätte. Vielen hätte man das in ideologischer Hinsicht ja noch abgenommen; aber die hymnischen nationalistischen Bekundungen späterer erklärter Regimegegner seien teilweise überhaupt nicht mehr zu ertragen gewesen. Ganz sicher hat es vor 1945 nicht nur einen ununterbrochenen Führerkult gegeben, sondern es ist sicherlich auch auf sehr hohem Niveau im Einzelfall musiziert worden. Einem Edwin Fischer, Arthur Schnabel oder Wilhelm Backhaus konnte man mit Sicherheit die hochklassigen Beethoven-Interpretationen ohne exponierte ideologische Klimmzüge abnehmen...!

LG von Rheinkultur

P.S. - @CW: Tante Wikis Weisheiten sind mitunter mit Vorsicht zu genießen; schon die Erstellungsweise lässt sehr qualitativ unterschiedliche Resultate erwarten. Ohne weitergehende Recherche ist der wissenschaftlich fundierte Anspruch äußerst fragwürdig - zu viele offensichtliche Fehlinformationen sind in vielen Texten enthalten.
 
Mit "Häme" braucht man frühere Ney-Einspielungen mit Beethovens Werken sicherlich nicht kommentieren:
mit scheint speziell die Häme auf etwas anderes bezogen zu sein, nämlich auf die teilweise etwas lächerliche drumherum-Show oder Selbstinszenierung, in welcher sich Ney als eine Art Hohepriesterin einer Beethovenreligion in wallendem Gewande mit verklärtem Getue präsentierte (die Wurzeln davon mögen in verschiedene, sicher auch wenig erfreuliche Bereiche ragen) - allerdings abseits dieser wunderlich unzeitgemäßen Selbstinszenierung hatte Ney auch in hohem Alter noch hin und wieder verblüffend musikalisch spielen können: mag ihre späte Aufnahme der op.111 im 1. Satz nicht ganz auf ihrer ehemaligen technischen Höhe sein (es gibt verblüffend locker gespielte Lisztrhapsodien von ihr), so finden sich in den Variationen außerordentlich gelungene Abschnitte.

ob Orff, Strauss, Furtwängler und andere je hämisch auf ihre Vergangenheit angesprochen wurden a la "ätschi-bätschi, du warst ein Nazi" (überzeugt, Sympathisant, Mitläufer), weiß ich nicht - da scheint mir Häme nicht die hauptsächliche Motivation.
 
Lieber Rheinkultur ;)

warum hast DU nicht meine kl. Abhandlung geschrieben ;)

Ok..:

Mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dafür, wie sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gegenüber totalitären Staatsführungen positioniert haben, ist das so eine heikle Sache. Unmittelbar nach 1945 muss es mit Sicherheit darum gegangen sein, das zerstörte Land aufzubauen und schnellstmöglich wieder ein funktionierendes Gemeinwesen zu errichten. Da konnte/wollte/durfte man sich nicht allzu lange Gedanken über die Vergangenheit machen und dabei die Bewältigung der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft aus dem Blickfeld verlieren.

Das stimmt bestimmt, obgleich...bei meinem Opa väterlicherseits, der bei Hanomag gearbeitet hatte und bei einem, der im Haus auch gewohnt hatte, beide kleine Fische und absolut normale Leute - was meinste, wie schnell die Entnazifizierungs-Kommittees die beiden vorgeladen hatten. Aber die "Persönlichkeiten des öfftl. Lebens", da wirds wie wir schons sagten, heikel.

Wenn man nun akribisch bei jeder Persönlichkeit nachforscht, wie sie ihr berufliches Wirken und privates Leben bis zum Ende des NS-Regimes gestaltet hat, wird die Situation unübersichtlich. Der Absolutheitsanspruch der damaligen Staatsführung machte es Personen des öffentlichen Lebens sehr bald in/nach 1933 de facto unmöglich, sich deren Einflussbereich entziehen zu können - da sich jede(r) in irgendeiner Form mit den politischen Gegebenheiten arrangieren musste, ist eine moralische Bewertung im Nachhinein fragwürdig.

Ganz genau. Sie ist fragwürdig. Aber das wollte ich so genau nicht schreiben, aus versch. Gründen. ;)

Und wie schon gesagt: In einem Musikforum wird eine Aufarbeitung dieser Aspekte kaum am Platze sein. Da kann man sich mit künstlerischen Dokumenten befassen und deren Fernwirkung auf die Gegenwart erörtern.

Auch das stimmt, aber unter Berücksichtigung der Sache, dass wenn Name "Elly Ney" fällt, auch auf einem Klavierforum zumindest ein paar der genannten Aspekte angerissen werden. Eine KOMPLETTE Aufarbeitung - das geht nur in ner Ausfürlichen Arbeit über Elly Ney als HAUPTTHEMA, und viel Dokumentenwälzerei, denk ich. Das würde hier zu ausführlich, stimmt. Aber eine kurze Betrachtung kann nicht schaden, hier.

Und auch ich finde, dass ihre Einspielungen wichtiger sind.

aber die hymnischen nationalistischen Bekundungen späterer erklärter Regimegegner seien teilweise überhaupt nicht mehr zu ertragen gewesen.

Wenn Du heute noch lebende dieses "Schlages" fragst: NIIIEEEE waren sie in der Partei, NIIIIE in der HJ, NIIIIIIE im BDM.
( Damit sie medial nicht zerrupft werden ).
Die meisten waren. Aber zu bedenken wäre evtl.: Weil sie MUSSTEN. Daher ist schon die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie NICHT waren.

Ganz sicher hat es vor 1945 nicht nur einen ununterbrochenen Führerkult gegeben, sondern es ist sicherlich auch auf sehr hohem Niveau im Einzelfall musiziert worden. Einem Edwin Fischer, Arthur Schnabel oder Wilhelm Backhaus konnte man mit Sicherheit die hochklassigen Beethoven-Interpretationen ohne exponierte ideologische Klimmzüge abnehmen...!

Das kann man ganz sicher, und da ich im Moment zum TRENNEN zwischen Polit. Einstellung und Musik tendiere, würde ich auch Elly Ney hinzurechnen, denn ich glaube nicht, dass aus ihrer Waldsteinsonate heraus spricht "ohhh der A.H. ist soooo toll."
Vor allem, eine solche message müsste mir erstmal jemand an den Tasten vormachen, bis ich das glaube. Für mich zählt aufm Platz, und der ist an den Tasten.

Und ganz vielen Dank für Deine Einschätzung, lieber Rheinkultur, und die Episode aus der Festschrift.

LG, Olli ! ;)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nein, ich schreibe keine Doktorarbeit und habe auch erst Mal nicht vor in die Musikwissenschaft zu gehen :D

Aber ich bin halt darüber gestolpert und sowas interessiert mich. Wikipedia hat mir einen schönen netten Überblick über Elly Ney gegeben, aber ich wollte gerne eure Meinung dazu hören. Dazu sehr vielen lieben Dank an Rheinkultur und LMG für die sehr ausführlichen Texte von euch, die mir viel Material zum Nachdenken geben, was sehr interessant ist. Ich werde es später noch Mal intensiver lesen.
 
mit scheint speziell die Häme auf etwas anderes bezogen zu sein, nämlich auf die teilweise etwas lächerliche drumherum-Show oder Selbstinszenierung, in welcher sich Ney als eine Art Hohepriesterin einer Beethovenreligion in wallendem Gewande mit verklärtem Getue präsentierte (die Wurzeln davon mögen in verschiedene, sicher auch wenig erfreuliche Bereiche ragen) - allerdings abseits dieser wunderlich unzeitgemäßen Selbstinszenierung hatte Ney auch in hohem Alter noch hin und wieder verblüffend musikalisch spielen können: mag ihre späte Aufnahme der op.111 im 1. Satz nicht ganz auf ihrer ehemaligen technischen Höhe sein (es gibt verblüffend locker gespielte Lisztrhapsodien von ihr), so finden sich in den Variationen außerordentlich gelungene Abschnitte.
Die "Inszenierung" einer Beethoven-Interpretation mitten im Jubiläumsjahr 1970 parodieren oder satirisch verfremden - darum ging es Kagel in seinem Experimentalfilm; da Elly Ney ganz kurz vor Produktionsbeginn verstarb und die Erinnerung an sie noch sehr lebendig war, schien es wohl geboten, sie gewissermaßen noch einmal aus dem soeben geschlossenen Grabe wieder auferstehen zu lassen. Übrigens lohnt es sich, einmal ihr (spät-)romantisches Repertoire unter die Lupe zu nehmen - es lohnt sich nämlich, ihr pianistisches Vermächtnis nicht auf die Beethoven-Einspielungen zu reduzieren, die keinesfalls immer zur Gänze überzeugen. Oftmals weiche ich bei Alternativen gerne auf Einspielungen von Rudolf Serkin (zu dem sie ein sehr gespanntes Verhältnis an den Tag legte), Backhaus, Edwin Fischer, Arrau, Schnabel und anderen aus, die oftmals konstanter zu überzeugen vermochten.

ob Orff, Strauss, Furtwängler und andere je hämisch auf ihre Vergangenheit angesprochen wurden a la "ätschi-bätschi, du warst ein Nazi" (überzeugt, Sympathisant, Mitläufer), weiß ich nicht - da scheint mir Häme nicht die hauptsächliche Motivation.
Unter dem Stichwort "und andere" wären ganz sicher noch Pfitzner und Egk zu nennen. Die hauptsächliche Motivation? Wohl kaum eine andere als der Wunsch, der Gegenseite fachlich und/oder persönlich am Zeug zu flicken, indem man sich auf die Suche nach dunklen Flecken auf der weißen Weste begibt. Eines haben aber diese Persönlichkeiten miteinander gemeinsam: Sie waren sowohl vor den zwölf "tausendjährigen" Jahren als auch hinterher erfolgreich und für ihre künstlerischen Verdienste geschätzt und haben ihre Karriere vor dem Hintergrund unterschiedlichster Staatsformen (Monarchie, Führerstaat, parlamentarische Demokratie...) absolviert. Auch ist bekannt, dass den NS-Größen sehr viel an einem guten Verhältnis zu künstlerischen Eliten gelegen war und sie sich gerne im Dunstkreis von Popularität und Erfolg aufgehalten haben. Im Gegenzug bot der Exklusivitätsanspruch der NS-Ideologie sehr bald kaum mehr Rückzugsräume - wer nicht mitspielen wollte im Konzert der Mächtigen und Erfolgreichen, blieb eben erfolglos und draußen vor der Tür. In solchen totalitären Systemen steht immer die Frage im Raum: Prinzipien verteidigen und dann eben scheitern oder sich doch lieber mit den Mächtigen irgendwie arrangieren, um den Beruf überhaupt weiter ausüben zu können? Vermutlich würden sich auch heutzutage die meisten für die letztere Variante entscheiden - und die Unterstellung, man hätte doch damals freudig mitgemacht, um etwas zu werden, kommt ohnehin ganz von selbst; und sei es nur in der Gestalt des Neides der Besitzlosen. Andere suchen eher Ausreden: Eigentlich sei man ja immer dagegen gewesen und schuld sind immer nur die anderen. Da ist das Eingeständnis sympathischer, man habe sich geirrt und für die falschen Ideale entschieden. Das ist immerhin ehrlich - und es soll ja Menschen geben, die aus Fehlentscheidungen sogar zu lernen vermögen...!

LG von Rheinkultur
 
ein "like" allein genügt nicht: das war ein ganz exzellenter Beitrag von dir, Rheinkultur!
 

es lohnt sich nämlich, ihr pianistisches Vermächtnis nicht auf die Beethoven-Einspielungen zu reduzieren, die keinesfalls immer zur Gänze überzeugen.
sie überzeugen nicht alle, das seh ich wie du - aber ein paar von ihren späten Aufnahmen sind nun mal verblüffend: das einleitende maestoso der op.111 und dann Thema sowie Var. 1 und 2 der Arietta sind wunderbar gespielt, ebenso das 5. Klavierkonzert; und aus ihren früheren Zeiten gibt es ein paar Lisztrhapsodien, die mit den größten Virtuosen mithalten können, m.a.W. die Ney konnte einiges spielen. Das kann man ihr, bei aller Kritik, nicht wegreden.
 

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