Ein Buch mit sieben Siegeln

richtig geübt gibt es keine motorischen Unterschiede, ob man eine heikle Passage nun schnell oder langsam spielt!

Da würde ich garnicht widersprechen - aus der Sicht dessen, der die Passage bereits schnell spielen kann, der also die optimale Bewegung bereits gefunden hat. Er kann die Stelle dann natürlich auch langsam mit eben dieser verlangsamten Bewegung spielen.

Wenn man die Bewegung aber noch nicht raus hat, hilft es einem eigentlich auch nicht so viel, wenn einem jemand erklärt: "wenn du es schnell spielen könntest, könntest du es auch langsam spielen" :rolleyes:

Darüberhinaus versteht es sich natürlich von selbst, daß eine (im Zieltempo) langsam zu spielende Stelle tatsächlich anders zu spielen ist (nicht nur in motorischer Hinsicht, sondern auch in HInsicht auf dynamische und agogische Details) als eine schnelle.
 
Wenn man die Bewegung aber noch nicht raus hat, hilft es einem eigentlich auch nicht so viel, wenn einem jemand erklärt: "wenn du es schnell spielen könntest, könntest du es auch langsam spielen" :rolleyes:

Also meine Lehrerin hat mir immer das Gegenteil gesagt:" wenn du es langsam spielen kannst, dann kannst dus auch schnell spielen"

Ausgehend von dieser Maxime war ihr Rat immer, eine Stelle, die ich im schnellen Tempo nicht hinbekomme, laut und langsam zu üben.
 
...aus der Sicht dessen, der die Passage bereits schnell spielen kann, der also die optimale Bewegung bereits gefunden hat. Er kann die Stelle dann natürlich auch langsam mit eben dieser verlangsamten Bewegung spielen.

Wenn man die Bewegung aber noch nicht raus hat, hilft es einem eigentlich auch nicht so viel, wenn einem jemand erklärt: "wenn du es schnell spielen könntest, könntest du es auch langsam spielen" :rolleyes:
@ Haydnspaß: Das ist mal wieder eine super Feststellung, die ich voll unterstreichen kann. Ich denke mir in letzter Zeit öfter: Es ist unglaublich schwierig, jemandem etwas zu erklären, das er nicht kann, wenn man selbst es bereits kann. Denn der "Könner" fängt von der anderen Seite an, er hat alle Hilfsmittel zur Verfügung, weiß, wie sich die Bewegung anfühlt, hat entsprechende Muskeln trainiert, Sehnen gestärkt und sein Hirn überlistet.
Aber der "Unwissende" hat noch gar nichts davon. Und er versteht es nicht, wenn man ihm erklärt, wie es sich anfühlt, wenns fertig ist. Er erkennt vielleicht, wie es aussieht und warum es funktioniert, aber wie man an diesen Punkt gelant, weiß er immer noch nicht.
Ich habe es schonmal geschrieben, das macht für mich einen guten Lehrer aus: Den Schüler so nahe an eine Erfahrung heranführen, dass er sie selbst machen kann. Man kann das Wissen nicht in Worten in das Hirn des Schülers einpflanzen. Man kann ihn sozusagen in einem Irrgarten der Umsetzungsmöglichkeiten vor die richtige Tür stellen (je näher, desto fähiger der Lehrer), aber ob er sie schließlich findet, öffnet, durchquert, darauf hat der Lehrer keinen Einfluss.



was ist denn wirklich das große Problem am schnellen spielen?
erstens eine Art ängstlicher Befangen (also was mentales)
zweitens der von mir oft erwähnte "Kontrollzwang"
drittens grundlegend falsches, d.h. unergonomisches üben

zu 1: mit einer "das pack ich eh nie" Haltung (self fullfilling prophezy) kann es sowieso nicht gelingen, man erwartet das scheitern und es wird eintreffen...
zu 2: wer nicht akzeptiert, dass das eigene Denkgehäuse schlichtweg zu träge ist, um schnellen Tönen bzw. Bewegungsgruppen en detail folgen zu können, der "denkt" immer hinter der Musik her, der kommt quasi immer zu spät - das summiert sich und führt zu verkrampften Reaktionen (Wut, Zorn, Druck, erzwungenes spielen etc etc)
zu 3: (sicher der interessanteste Aspekt) nehmen wir einen staccatissimo gespielten Ton, danach noch einen: also zweimal die maximal schnellste Bewegung/Ausführung von je einem Ton/Anschlag - - wie entsteht nun die Geschwindigkeit bei der Aufeinanderfolge von ZWEI Tönen? GANZ EINFACH: durch das verkürzen bzw. minimieren der Zeit zwischen diesen beiden.

Auch die drei Dinge kann ich bestätigen und habe sie allesamt an mir erfahren.
@ Rolf, ich finde übrigens, dass op. 25,11 ein ganz hervorragendes Stück ist, um besonders Punkto zwei zu üben und entdecken, zumindest für mich. Ich habe da wirklich schon so viel dran gelernt!

Ergänzen möchte ich noch etwas zu "Bewegungsgruppen":
Mir hat zum Verständnis hier sehr geholfen, von (gesungenen / Melodie-)Bögen und Phrasierung zu sprechen.
Anders (technisch) gesagt, es geht Betonung. Von der hängt ab, ob man Einzeltöne hört oder zusammengefasste Töne. Unter Umständen(!) lässt sich das bereits durch das pure Umdenken umsetzen. Stelle ich mir einen großen Bogen vor, spiele ich einen.
Man kann auch taktiert denken (vorsicht, nicht in extremer Form so spielen, klingt grausig). Je nach Taktart, Notenwerten, Tempo erst pro Vierteltakt, halbtaktig, ganztaktig, zweitaktig usw.
Wenn man sich nur auf diese Punkte konzentriert, wird das schnellste Stück plötzlich in der Vorstellung langsam. Man verliert sich nicht in den "Zwischentönen" (die übrigens meistens leiser sein dürfen als man denkt), ist lockerer, entspannter (auch mental) und das ganze Ding wird schneller und fließt unter einem großen Bogen.
 
Also meine Lehrerin hat mir immer das Gegenteil gesagt:" wenn du es langsam spielen kannst, dann kannst dus auch schnell spielen"

Das stimmt so leider nicht ganz. Es gibt durchaus Stücke, die jemand langsam spielen kann, aber im schnellen Tempo eben nicht.

Aber wenn man es umkehrt, dann stimmt es:

was man langsam nicht spielen kann, kann man auch schnell nicht spielen :p
 
hallo,
ich hoffe, ich hatte mich nicht allzu unklar ausgedrückt, falls doch bitte ich um Pardon und Gnade.

wer etwas schnelles langsam "kann", es aber in langer langer Zeit nicht schafft, es in allmählich höherem bis dann hohem Tempo zu spielen, der übt schlichtweg falsch - und hat sich dabei die betreffende Stelle schön gründlich falsch angewöhnt: das wird der- oder diejenige dann lange Zeit nicht weg bekommen... traurig, aber wahr. so jemand hat sich dann leider nicht die angemessenen bzw. notwendigen Bewegungen antrainiert.

richtig "geübt" ist: im Detail einen Griff berühren, mit der Absicht in den nächsten Griff automatisch (und bzgl. der Bewegung schnellstmöglich) "richtig" (also ohne falsche Töne etc) "hineinzufallen".
da wir alle staccatissimo beherrschen (ausgenommen den ganz blutigen Anfänger in den ersten paar Stunden), können wir alle theoretisch schnellstmöglich den jeweiligen Folgegriff schaffen.

usw. usw. -- und dann setzt man diese Details in Gruppen zusammen. egal ob es sich um Laufwerk, Doppelgriffe, Akkorde handelt.

das oft falsche üben besteht darin, in langsamem Tempo langsame bzw. lahme Bewegungen zu machen. egal wie langsam: die Bewegung muss schnell sein, dabei möglichst verautomatisiert. Als Exempel: es nützt doch nichts, eine halbe Note freudig-stolz festzuhalten, und sich erst im letzten Moment bevor sie aufhört zu klingen (bzw. aufhören soll) hektisch über den nächsten Ton Gedanken machen...

also: wer langsam geübtes mit schnellen Bewegungen macht, wird es auch schnell können nach einiger Gewöhnungszeit (individuell verschieden) - ist doch ein uraltes Rezept: ruhig spielen, schnell bewegen.

wem das nicht einleuchtet, der mag es anders machen - ob dann aber mal die Sprungsequenz im Mephisto-Walzer schnell und sicher wird, erscheint mir äußerst fraglich.

übrigens muss man bei dieser "automatisch schnell vorausgreifenden bzw. vorausfassenden/fühlenden" Spielweise gar nicht wunders wie viel denken: man braucht sich doch nur anzugewöhnen, automatisch bei Taste Nr.1 gleich den richtigen Finger auf die richtige Taste Nr.2 fallen zu lassen - oder wenn die beiden weit entfernt sind nach staccatissimo gleich auf Taste Nr.2 zu fallen und diese erst schön beruhigt darüber, dass nix passieren kann, anfassen. --- so gewöhnt man sich in La Campanella relativ rasch und sicher an die Hüpfer am Anfang, nach einer Weile denkt man dann gar nichts mehr, sondern der daumen spielt die Melodie und der 5. fällt immer oben auf das dis.

man könnte es auch so formulieren: immer schnellstmöglich VORBEREITET sein - eigentlich ganz einfach, so einfach, dass es (wenn mans macht!!!) automatisch werden kann!!! natürlich setzt es Geduld voraus, so zu üben, wenn man es noch nie gemacht hat - bequemer ist anfangs das falsche lahme bewegen bei lahmem spielen...

Gruß, Rolf

halt: um so zu üben, muss man irgendwas noch nicht schnell können - man muss eigentlich nur selber darauf kommen, so zu üben, oder es gesagt/gezeigt/erklärt bekommen. übrigens gilt das auch für die Steuerung von Muskelimpulsen: ich sage das, falls der Einwand kommt, man dürfe ja die Akkorde z.B. in der Promenade nicht staccatissimo spielen - dann sind sie halt eben nicht so staccato angeschlagen, ABER der Bewegungsimpuls und die automatische Griffsicherheit für den jeweils folgenden Akkord muss so gefühlt und gedacht werden, wie ich es zu beschreiben versucht habe
 

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