Der Musikgeschmack - anerzogen oder individuell?

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...oder etwa beides?

In diesem Thema

https://www.clavio.de/forum/werke-komponisten-musiker/4820-yann-tiersen-15.html

kam es zu Streit angesichts der Frage, ob Musikgeschmack eine individuelle (also z.B. auch zum Teil genetische, oder durch Erleben geprägt) oder durch das Umfeld anerzogene, also soziokulturelle Sache sei (Konditionierung etc).

Was meint ihr? Und wenn beides, zu welchen Anteilen? :rolleyes:

Viele Grüße
12345
 
Es ist doch wohl klar, dass der Musikgeschmack zum ganz überwiegenden Teil soziokulturell bedingt ist!

Dazu bedarf es nicht langen Nachdenkens und Forschens.

Wenn einer (das galt jedenfalls bis vor wenigen Jahrzehnten, also vor Aufkommen der globalisierten Medienwelt) irgendwo z.B. in Asien oder Afrika aufwächst, dann wird er die Musik, mit der er groß wird, "normal" und gut finden, und andere Musik, z.B. "westliche", wird ihm fremd erscheinen.

Ist doch genauso hier: Wenn der Dönermann oder der Taxifahrer türkische Musik laufen haben, denkst Du doch auch: Hmmm, komisches Gegniedel, klingt alles gleich, nervt mit der Zeit...; die denken hingegen: Coole Mucke.

Im Falle von Popmusik oder Tiersen handelt es sich um Folgen der globalisierten Medienmaschine; genauso wie jeder Coke kennt, wird den Leuten tatgtäglich das von globalen Megakonzernen produzierte Zeug über Radio, Fernsehen, Filme, Youtube in die Birne gehämmert, und durch diese Behämmerung und dadurch, dass Leute denken, dass das, was alle gut finden, auch gut sei, nehmen sie das ganz selbstverständlich als Musikgeschmack an.

Es gehören ein gewisses Glück und ein gewisser spezieller Charakter dazu, nicht eines dieser "Massen-Schafe" zu sein, sondern etwas individueller zu forschen, was es denn für gute Musik gibt.

Dabei gibt es auch jede Menge "Schein-Individualität", das heißt, wie z.B. in Berlin-Prenzlauer Berg oder Kreuzberg eine bestimmte Art typischer Bewohner sich für voll individuell, urban und hip hält, der Außenstehende aber sehr leicht sieht, dass sie im Grunde alle gleich sind und nur dämlich einem Trend hinterherrennen, so gibt es insbesondere in der Jugendmusikkultur "alternative" Richtungen, die zahlenmäßig kleiner sind, aber wo ganz genauso sich die Anhänger "schafs"-mäßig verhalten, sich jedoch einbilden, voll individuell, unkommerziell und evtl. "protestmäßig" unterwegs zu sein (der Plattenproduzent reibt sich derweil die Hände).

LG,
Hasenbein
 
Ich würde "Hasi" hier völlig Recht geben. Allerdings muss man auch gewisse Einschränkungen machen. Es gibt einen großen Bereich recht komplexer Musik. (Ich würde den größeren Teil der sogenannten klassischen Musik, aber auch der moderneren ernsten Musik dazu zählen wollen.) Um diese Musik mit Genuss hören zu können bedarf es bestimmter Differenzierungsfähigkeiten des Gehörs. Diese Fähigkeiten zu erlangen ist durchaus nicht für alle Menschen gleich. Dem Einen gelingt es sofort, ohne vorher mit dieser Musik zu tun gehabt zu haben (also auch als blutige Musikanfänger), der Andere benötigt dazu etwas Übung und muss sich zunächst auf etwas -sagen wir mal- ohrschmeichelndere Klassik einlassen. Wieder andere haben überhaupt keine Chance anspruchsvolle Musik genießen zu können. Sie werden nie in der Lage sein, eine besondere Harmonik, einzelne Stimmführungen, bewußt plazierte Klänge.... heraushören zu können. Jedenfalls ist das so meine Erfahrung.
Tja, so ist das eben: Jeder Jeck ist anders und das genetische Material ist durchaus ungleich verteilt......Gott sei Dank übrigens :D
 
Ich gebe Hasi recht: man kann nur solche Musik überhaupt "gut" finden, mit der man überhaupt mal in Berührung kommt.

Dem zufolge kann sich der "Musikgeschmack" ja auch im Laufe des Lebens ändern.

Es mag auch noch charakterliche Abhängigkeiten geben, manche Leute bevorzugen eher ruhige, lyrische Musik, andere haben's lieber gern fetzig. Manche Leute können sich für beides begeistern, je nach Stimmungslage.

Und dann hängt der Musikgeschmack auch davon ab, wie man Musik "hören" kann. Wer in einer klassischen Sinfonie nur einen langweiligen Ton-Kauderwelsch hört, weil er musikalische Zusammenhänge, Bögen usw. nicht wahrnehmen kann, wird sich auch nicht dafür begeistern können.
 
Das stimmt, Pille! Danke für die Ergänzung!

Da tatsächlich die akustische Wahrnehmung bei jedem Menschen sehr unterschiedlich sein kann (welche Frequenzen stechen für einen am meisten hervor, nimmt man Obertöne stark oder schwach wahr etc.), ist es tatsächlich so, dass manche Leute harmonisch komplexe Musik schlechter "verdauen" können, da sie ihnen - da können sie gar nichts dafür - im Gegensatz zum "Normalhörer", der sich von Obertönen nicht verwirren lässt, sondern die Grundfrequenzen gut als solche wahrnimmt, einfach wie ein allzu verwirrendes Frequenzgemisch vorkommt.
 
IDem Einen gelingt es sofort, ohne vorher mit dieser Musik zu tun gehabt zu haben (also auch als blutige Musikanfänger), der Andere benötigt dazu etwas Übung und muss sich zunächst auf etwas -sagen wir mal- ohrschmeichelndere Klassik einlassen.

Ich würde sagen, keiner wird mit dem Verständnis komplexer klassischer Musik geboren. Aber es gibt sicher Unterschiede darin, wie schnell Menschen gewisse komplexe Strukturen durchschauen (und genießen) lernen.
 
Da tatsächlich die akustische Wahrnehmung bei jedem Menschen sehr unterschiedlich sein kann (welche Frequenzen stechen für einen am meisten hervor, nimmt man Obertöne stark oder schwach wahr etc.), ist es tatsächlich so, dass manche Leute harmonisch komplexe Musik schlechter "verdauen" können, da sie ihnen - da können sie gar nichts dafür - im Gegensatz zum "Normalhörer", der sich von Obertönen nicht verwirren lässt, sondern die Grundfrequenzen gut als solche wahrnimmt, einfach wie ein allzu verwirrendes Frequenzgemisch vorkommt.

Meinst Du...? Die Frequenz-Bandbreite des menschlichen Ohres ist zunächst mal genetisch bei allen Menschen ähnlich, z.B. auch die Fähigkeit, im Tonfrequenzbereich der menschlichen Sprache ganz besonders exakt hören zu können.

Deswegen wurde die Hifi-Norm ja auch so abgestimmt, wie sie abgestimmt worden ist (Wiedergabe auch der höchsten Töne, die das menschliche Ohr noch wahrnimmt, i.e. Obertöne).
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Generell, das muss ich noch ergänzen, sollte man aber klar sehen, dass "Individualität" stark fehl- und überbewertet wird.

Es gibt keine / fast keine wirkliche Individualität.

Es gibt nur entweder Imitieren sehr verbreiteter Verhaltens- und Denkweisen oder Imitieren weniger verbreiteter Verhaltens- und Denkweisen; das letztere bezeichnen wir dann als "individuell", insbesondere wenn wir aufgrund von Informations- oder Wahrnehmungslücken nicht wahrnehmen, woher derjenige das hat, was er da gerade tut oder von sich gibt.
 

Dabei gibt es auch jede Menge "Schein-Individualität", das heißt, wie z.B. in Berlin-Prenzlauer Berg oder Kreuzberg eine bestimmte Art typischer Bewohner sich für voll individuell, urban und hip hält, der Außenstehende aber sehr leicht sieht, dass sie im Grunde alle gleich sind und nur dämlich einem Trend hinterherrennen

Neeee, komm, dass sind doch total entspannte Menschen, die einfach nur ihr Ding machen wollen :kuss:

groooveman funny van dannen - YouTube
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Generell, das muss ich noch ergänzen, sollte man aber klar sehen, dass "Individualität" stark fehl- und überbewertet wird.

Es gibt keine / fast keine wirkliche Individualität.

Es gibt nur entweder Imitieren sehr verbreiteter Verhaltens- und Denkweisen oder Imitieren weniger verbreiteter Verhaltens- und Denkweisen; das letztere bezeichnen wir dann als "individuell", insbesondere wenn wir aufgrund von Informations- oder Wahrnehmungslücken nicht wahrnehmen, woher derjenige das hat, was er da gerade tut oder von sich gibt.

Naja, v.a. in Klavierforen gibt es davon auch Ausnahmen ! :D
 
Hasenbein ist mir ein Rätsel :D
da schreibt er erst ein paar vernünftige Sachen, um dann sowas loszuwerden:
Generell, das muss ich noch ergänzen, sollte man aber klar sehen, dass "Individualität" stark fehl- und überbewertet wird.

Es gibt keine / fast keine wirkliche Individualität.
:D:D
ob das vom fernsehen kommt?
Zitat von Life of Brian:
alle: wir sind alle Individuen
eine Stimme aus der Menge: ich nicht.
 
aber kurz vorher wird gesagt: "Ihr seid doch alle Individuen." - "Ja, wir sind alle Individuen." ;)

Ich habe mal ein halbes Jahr in der "großen" Bankenmetropolstadt gelebt. Wenn die Banker zu Mittag rauskamen, war JEDER ein absolutes Individuum, zumindest vom Gehabe her..... Da die dort aber in Scharen auftraten, war es letztlich ein uniformer Einheitsbrei der gleichen Typen.... es war echt grotesk und ich konnte mir manchmal das Grinsen nicht verkneifen....:D
 

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