Der innere Ton, ein Feldversuch

Oliver Sacks schreibt anscheinend faszinierende Bücher. Ich habe bisher leider nur eines durchgelesen: Musicophilia: Tales of Music and the Brain.

Ich habe, seit ich mich erinnern kann, absolutes Gehör (ich bevorzuge heutzutage allerdings die Bezeichnung Ton- bzw. Frequenzgedächtnis, weil praktisch nichts im Leben "absolut" ist). Für mich hatten die Tonarten noch nie einen Charakter, sondern waren schlicht die jeweilige Tonart, die ich sofort als solche identifizierte. Das ist bei mir mit Farben genauso. Weinrot ist halt Weinrot, Signalrot ist Signalrot, und Rostrot ist Rostrot. Die Farben haben deswegen aber keinen Charakter.

Lieder, die im alten Gesangbuch einen Ganz- oder Halbton höher standen, haben für mich nichts an Charakter verloren oder dazugewonnen, weil dieser sich für mich aus dem Text, der Melodie usw. zusammensetzt.

WENN Tonarten denn einen Charakter hätten, dann müsste ein Hörer ohne Tongedächtnis, wenn man ihm dieselbe Melodie in allen 12 Tonarten vorspielt, die Tonart sofort anhand ihres "Charakters" erkennen können. Und das habe ich noch nie erlebt.

Was Guendola m.M.n. ein wenig abfällig beschreibt als "Ergehen in in langen Erklärungen über Intonation und Stimmungsmethoden" ist eben doch relevant, denn in ungleicher Temperierung klingen die verschiedenen Tonarten auch tatsächlich etwas verschieden. In gleicher Temperierung, dahingegen (zumindest meiner Meinung nach) tun sie es nicht.

Wenn ich als Jugendlicher ein mir unbekanntes Stück in sog. historischer Stimmung hörte, fiel mir nie auf, dass es einen Halbton tiefer als der mir geläufige Kammerton gespielt wurde. Wenn ich es aber kannte, fiel es mir sofort auf. Wenn nun die Tonarten tatsächlich jeweils einen eigenen Charakter hätten, dann hätte es mir doch auffällen müssen, dass die Tonhöhe (z.B. historisches E, klingt für mich wie Es) und der Charakter (nach wie vor E) nicht zusammenpassen.

Einen inneren Ton habe ich nicht. Ich kann (fast) auf Anhieb jeden Ton produzieren bzw. identifizieren - und weil der Kammerton nun mal die Norm ist, verwende ich meist diesen. Diesen kann ich, das prüfte ich vor ein paar Jahren, recht zuverlässig auf 438 bis 440 Hz angeben. Andere können das sicher noch viel genauer - mir reicht's auch so.;)

Ciao,
Mark
 
Dorisch bleibt dorisch

Hallihallo,

Bei dem von dir zur Diskussion gestellten und von vielen auch wahrgenommenem inneren Ton, handelt es sich meiner Auffasung nach um den sog. Eigenton.

In der Fachsprache auch als Indifferenzlage bezeichnet, handelt es sich nicht nur um einen einzigen spezifischen Ton. Diese Lage umfasst die Töne mit denen man am energiesparendsten sprechen kann. Es ist der Ton (bzw. Tonbereich) an dem sich die Stimme am wohlsten fühlt und enspannesten ist.

Hallo liebes Forum,

ich selbst, der ich diesen Thread initiiert habe, fühle mich mit der Erklärung von Rodrigo sehr wohl.
Mein innerer Ton ist also kein Anzeichen für eine sich ankündigende "Paralyse", die mich wie Nietzsche enden lässt.
Damit ist mein physikalisches Weltbild wieder in Ordnung.

Adnote:
Seit vielen Jahren bewundere ich den Jazz-Pianisten Bill Evans. Viele seiner bilderreichen Soli kann ich mitsummen.

Das Miles Davis Referenzalbum "Kind of Blue" kenne ich seit Jahrzehnten praktisch auswendig.
Zufällig stellte ich beim Mitklimpern fest, dass die "remasterte" Version, die ich seit 2 Jahren oft höre, einen Halbton höher ist, als das Original. Damals war eine Bandmaschine defekt. Das steht auch auf der CD. Kleingedruckt.

Ich wusste es bis vor kurzem nicht -aber die Musik und ihre herrlichen Bilder sind bei mir identisch. Vorher und Nachher.

Es bleibt nur übrig: dorisch bleibt dorisch bleibt dorisch, egal auf welchem Grundton.

Und hier sind wir uns wahrscheinlich alle einig.

So What!

Reiner

Warrnhinweis:
Die Vehemenz der vertretenen Meinung in diesem Artikel verhält sich umgekehrt proportional zur Qualifikation dieses Autors.
 
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Bitte um Entschuldigung.

ich bin zu blöde zum "Quoten".

ich verbeuge mich und zieh den Hut.

Reiner
 
Hallo Reiner, du bist nicht zu blöd zum Quoten ;)

es hat nur das [/Quote] gefehlt. :)

lg marcus
 
Hallo!

Gefunden auf Usedom: das Summloch.






Klavirus
 
da wird .. Altpapier zum gigantischen Wirschaftsfaktor erklärt und vieles anderes - ein herrlich burlesk-grotesker Tanz der Nebenfiguren.

Hallo Rolf,

nun, in der heutig geizgeilen Zeit IST eben Altpapier ein gigantischer Wirtschaftsfaktor geworden. Man erkennt es daran, mit welcher Vehemenz um die Vorherrschaft in Sachen "Blaue Tonne" privatwirtschaftlich und kreis- oder stadtwirtschaftlich gefochten wird, unbeträchlich dessen, ob die Optik des eigenen Wohnsitzes den Anblick Blauer Tonnen goutiere.. bei uns nicht, aber Madame meinte sich unbedingt eine Blaue Tonne beschaffen zu wollen ... und ich mag eben nicht gern zweiDREI Türen, Tore, Klappen öffnen müssen, bevor ich EINMAL Papier loswerde..

Tip für häufige Messe-Besucher und -Geschädigte:

Das Weiterreichen abstruser Pi-Berechnungen an "Experten", vorig Gestörte kenne ich analog von Messebesuchen.. Wozu ich mal den hier weitergereichten Tip erhielt, Visitenkarten an drei Stellen zu bunkern: meine eigene im Portemonnaie, die Visitenkarten interessanter Aussteller in die rechte Jackettasche zu stecken, und die aufdringlich überreichten Visitenkarten abstruser Standbetreiber in die linke.

Werde ich von Standbetreibern, mit denen ich keinen fürderen Kontakt wünsche, um eine Visitenkarte angegangen, greife ich statt ins Portemonnaie in die linke Jackettasche .. ;) ..und überreiche die Karte des vorigen Nervers.., wünsche dem guten Manne noch gute Geschäfte. :D

In Pausen beschrifte ich die links gelagerten Karten auch mal rückseitig mit der freundlichen Bitte um umfassende Übersendung von Infomaterial. Das ist volkswirtschaftlich wahrscheinlich wertvoll: Die Druckbranche solle ja etwas leidend sein.
 
Hallo BerndB und Rolf,

ich kann ich des Verdachtes nicht erwehren, dass auf diese Weise gezüchtete Expertengruppen mittlerweile in Beratungsfirmen agieren und maßgeblich an der Beratung von Politik und Wirtschaft beteiligt sind.

... ein Verdacht, den ich schon länger hege.
Durch den genialen Trick mit der Visitenkarte noch bestätigt.:p


Hallo Klavirus,

danke für die Fotos mit dem Summloch.

Ich hätte es bestimmt ausprobiert und dabei sogar gewusst, dass ich archaisch auf E brumme.
Schöne (Gitarristen) Blues-Tonart. :-)


Summender Gruß, Reiner
 
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