"das Wesen" des Flügels als "Lehrer"

  • Ersteller des Themas kreisleriana
  • Erstellungsdatum

kreisleriana

kreisleriana

Dabei seit
29. März 2009
Beiträge
1.013
Reaktionen
604
Klingt vielleicht etwas metaphysisch,aber spannend allemal:hochwertige handgefertigte Instrumente haben,davon bin ich überzeugt, ihr eigenes "Wesen",ihren eigenen "Charakter",und verlangen vom Interpreten Respekt davor,ansonsten setzten sie sich zur Wehr.

Und jetzt setzt sich einer hin und beginnt drauf los zu spielen: wer hat schon einmal erlebt (was mir bei meinem inzwischen 1 1/2 Jahre alten Flügel mitunter passiert) , dass das Instrument "aufschreit" und sagt: "stop,ich will das nicht","spiel das anders" ??

Da ich aus Zeit/Platz Gründen auch erhebliche Übe-Zeit auf einem seelenlosen digi verbringen muss,mitunter auch auf meinem alten Yamaha Klavier,passiert mir das mitunter, wenn ich dann mal den Luxus habe, einen Vormittag auf meinem Steinway üben zu dürfen.

Klar,digi ist Scheiße bei Anschlagskultur etc,aber darum geht's nicht,ich hatte zuvor ja einen kleineren Steinway und der war sehr bieder,"schrie" nie unter Schmerzen auf,reagierte exakt und präzise auf alles,aber ohne sehr viel von "sich selbst" einzubringen.

Beim neuen Flügel ist das völlig anders,ich merkte das von Anbeginn. Er erwartet eine bestimmte Art,Töne zu erzeugen,dann antwortet er begeistert mit unglaublichen Klangfarben,unbedachtes Hingreifen,ein etwas zu schroff angeschlagener Akkord verursacht ihm offensichtlich unsägliche Qual und er bestraft einen augenblicklich mit einem Zusammenbruch des ganzen Klangbildes,kein Klavierlehrer könnte das besser 8)

Manchmal sind wir uneins, wo ich eher forsche Dramatik sehe,besteht er auf Zurückhaltung,da gibt's dann so mache "Ehekrisen"mit langen Diskussionen,ich versuch ihn zu überzeugen,"schau das geht doch nicht,hier gehört doch attackiert,das kann man doch ruhig mal etwas forscher angehen,sei doch vernünftig...",aber er hat natürlich immer das letzte Wort und wenn ich mich noch so ärgere! :roll:

Der letzte Steinway Techniker, der zur Stimm- und Intonationstour hier war, war ein Franzose, der das recht hübsch formulierte:"das ist ein sehr schönes Instrument,das Sie hier 'aben,aber er 'at einen sehr starken Charakter"

Auch hat er natürlich Präferenzen bei Komponisten:er LIEBT Beethoven und Schubert,auch Chopin hat er gern,zu Liszt hat er ein etwas kühleres Verhältnis,Bach mag er gar nicht,manchmal denk ich ,er will mich zum neben stehenden Cembalo verscheuchen,wenn ich es wage, mal Bach zu spielen,aber vielleicht entdecke ich noch eine Art des Anschlags,der ihm für Bach gefällt und ich kann ihn überzeugen, dass der alte J.S.auch schöne Sachen geschrieben hat...:)

Svjatoslav Richter sagte einmal,ihm sei es völlig gleichgültig,welcher Flügel vor ihm stünde,das Aussuchen eines Flügels für ein Konzert,sei eine einzige Qual für ihn,das solle der Klavierstimmer machen.(er spielte ja dann auch meist auf Yamaha)Wenn man seine Aufnahmen anhört, kann man das finde ich mitunter hören, er fasziniert durch Dramatik,Dämonie,viel seltener durch Schwelgen im Wohlklang des Flügels,sein Zugriff war (deshalb?)manchmal fast derb, ja brutal.....(trotzdem fast ätherisch hingegen seine symphonischen Etuden Einspielung oder das WTK,er war eben nicht nur grob,sondern ein Genie)
Das Leben eines reisenden konzertierenden Pianisten muss da wohl sehr schwer sein,es kann kaum möglich sein,sich ständig auf das gerade im Saal stehende Instrument "einzuschwingen"(außer man wählt die extrem teure Variante von Horowitz oder Michelangeli und reist mit eigenem Instrument),also ist man sicher gezwungen,es als Gebrauchsgegenstand,der eben zu funktionieren hat,zu benutzen,aber sind so wirkliche Spitzeninterpretationen möglich?
 
Das Leben eines reisenden konzertierenden Pianisten muss da wohl sehr schwer sein,es kann kaum möglich sein,sich ständig auf das gerade im Saal stehende Instrument "einzuschwingen"...
Das ist wohl der Grund dafür. dass solche Kisten vor einem Konzert noch mal intoniert werden, je nach dem wer drauf spielt und was er drauf spielt.
 
Das ist wohl der Grund dafür. dass solche Kisten vor einem Konzert noch mal intoniert werden, je nach dem wer drauf spielt und was er drauf spielt.

durch Intonation kann man Feinheiten korrigieren,die Seele des Instrumentes- sofern das Ding so eine hat,hängt sehr vom Instrument ab- kann man glaub ich nicht ändern, nur kaputt machen,wenn ein übereifriger Techniker sich "mit Biegen und Brechen" dran versucht.
 
durch Intonation kann man Feinheiten korrigieren,die Seele des Instrumentes- sofern das Ding so eine hat,hängt sehr vom Instrument ab- kann man glaub ich nicht ändern, nur kaputt machen,wenn ein übereifriger Techniker sich "mit Biegen und Brechen" dran versucht.
Ist sogar Franz Mohr passiert, als er den Horowitz-Flügel für das Golden Jubilee Concert am am 08.01.78 so intonierte, wie der Meister es forderte.
Ergebnis: klirrend und scheppernd...

Grüße

Toni
 
Bach mag er gar nicht,manchmal denk ich ,er will mich zum neben stehenden Cembalo verscheuchen,wenn ich es wage, mal Bach zu spielen,

Boah, ist der fies! Wie ich reagiere, wenn mein Flügel mich ärgern will, darüber hab' ich mich
hier schonmal
geäußert.
aber vielleicht entdecke ich noch eine Art des Anschlags,der ihm für Bach gefällt und ich kann ihn überzeugen, dass der alte J.S.auch schöne Sachen geschrieben hat...:)
Ja, zeig's ihm. Er wird's schon noch einsehen.
 

Zurück
Top Bottom