Continuo

  • Ersteller des Themas pianovirus
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Ich halte es teilweise auch für Wahnsinn, jeden Ton eines Klavierauszuges spielen zu wollen. In vielen Fällen stammt der von einem Musikwissenschaftler, der das nicht annähernd spielen konnte und einfach alles zusammengeschrieben hat, was er in der Partitur finden konnte. Nicht wirklich praxisnah. Ich brauche das ja nur in einer Probe mit einem Chor o.ä. Solange der dazu singen kann, finde ich, ist viel erlaubt.
Wenn es auf der Orgel dick wird, hilft ja oft luftige Artikulation.
 
@pianovirus
Danke für deinen Hinweis in Beitrag #19. Hatte den Faden von Anfang an mitgelesen und permanent gegrübelt, welche Messias-Arie wohl gemeint sein könnte.
 
Wenn es auf der Orgel dick wird, hilft ja oft luftige Artikulation.
genau, das meinte ich. Lange Liegetöne verdunkeln die Durchsicht evtl.
Klavierauszüge sind deshalb häufig komplex, weil sie das dichte Orchesterwerk möglichst getreu abbilden wollen. Es ist Aufgabe des Korrepetitors, die wichtigsten Stimmen zu extrahieren, also alles zur Verfügung haben, um selber zu bestimmen, was man davon benutzt.
Je nachdem, mit wem man übt, können das unterschiedliche Motive und Stimmen sein.
Wenn man allerdings den Klavierauszug von Brahms´Requiem in den Fingern hat, möchte man gar nicht mehr aufhören zu spielen, so wunderbar gekonnt ist er gesetzt. Das konnte nur Brahms. Bei dem hat man ja schonmal den Eindruck, daß auch andere seiner Klavierstücke Orchesterauszüge sind, so komplex sind sie...;-)
 
Mal eine peinliche Anfängerfrage:
Wenn ihr einen kurzen Sechzehntellauf im Bass für Continuo/Cello notiert habt, sagen wir d-e-d-c-b-a-g, spielt ihr dann nur d-moll, g-moll oder setzt ihr jede Note aus? Letzteres wäre dann ja eine seltsame Akkordfolge, die man erstmal ohne Oktavparallelen aussetzen muss.
 
Grundsätzlich verstehe ich Dein Beispiel so, daß die Sechzehntel nur Überleitung sind. Von der Harmonie d-moll nach g-moll. Dann würde ich sie nicht harmonisieren (nur das d und das g).
Aber daraus kann man nicht schliessen, daß alle Sechzehntel niemals harmonisiert werden, das kommt ja immer auf den Kontext an und auf das Tempo. Welche harmonischen Felder werden besucht.
 
Du bist kein Anfänger!
Willst du uns prüfen?
Oder so.

Gauf! :017:

Ich hab halt im C-Kurs gelernt, wie man die Teile aussetzt und konnte das eigentlich. Die wir bekommen haben, waren alle leicht. Verstehe nicht, dass die anderen das alle nicht konnten, war wie Mathegleichungen lösen fand ich.
Habe seitdem aber keinen mehr ausgesetzt und noch nie einen gespielt bis vor fünf Minuten.
 
Mal eine peinliche Anfängerfrage:
Wenn ihr einen kurzen Sechzehntellauf im Bass für Continuo/Cello notiert habt, sagen wir d-e-d-c-b-a-g, spielt ihr dann nur d-moll, g-moll oder setzt ihr jede Note aus? Letzteres wäre dann ja eine seltsame Akkordfolge, die man erstmal ohne Oktavparallelen aussetzen muss.
Unabhängig von der Tempowahl: Führe die Oberstimme in Gegenbewegung zur Basslinie, dann gibt es auch keine Parallelen.

LG von Rheinkultur
 
Mal eine peinliche Anfängerfrage:
Wenn ihr einen kurzen Sechzehntellauf im Bass für Continuo/Cello notiert habt, sagen wir d-e-d-c-b-a-g, spielt ihr dann nur d-moll, g-moll oder setzt ihr jede Note aus? Letzteres wäre dann ja eine seltsame Akkordfolge, die man erstmal ohne Oktavparallelen aussetzen muss.

Ich würde vermuten, eher nicht. Bei einem Allegro auf keinen Fall, bei einem Adagio muss man mal schauen, was darüber steht. Kannst du das Notenbeispiel mal einstellen? Also nicht nur die Basstimme. Ansonsten muss man aufpassen: Beispiele aus dem Harmonielehrebuch (z.B. Bölsche) sind eine Sache, Musik in freier Wildbahn die andere. Selbst wenn man das aussetzen würde, ist es höchst unwahrscheinlich, dass es alles Akkorde in Grundstellung sind (das ist dann tatsächlich schwierig und seltsam). Vermutlich wären dann einige Sextakkorde darunter, die der Komponist nicht beziffert hat, weil es ihm logisch erschien.
 
@Axel es ging um das Oboenkonzert von Marcello, u.a. 1. Satz Takt 33-34, sowie viele SStellen im 3. Satz. Aber wenn ich, bevor ich die Frage gestellt hätte, ein wenig nachgedacht hätte und nachgesehen hätte, was die anderen so machen, hätte ich mir die Frage wohl selbst beantworten können.
 
bend
Das ist ein schönes Thema.
Continio habe ich in Bach-Kantaten und WO , Messias von Händel, und vieles mehr gespielt.
Ich glaube kaum, dass du hier noch jemanden triffst der darin Erfahrung hat.
Eventuell @mick. Der lässt aber jede Orgel abreissen, wenn der Bratscher die anderen Mitwirkenden nicht mehr sieht oder hört. Oder so.
Bis demnächst.

Gauf! :017:
Hier bin ich schon - ein neuer, der als Coninuo-Knecht ein halbes Jahrhundert gewerkelt und sich durch Bachkantaten, WO, Messias, Händel-Orgelkonzerte, Vivaldis Jahreszeiten gespielt hat.
Ich habe zwar meinen ersten Text jetzt blöderweise nicht gespeichert.
Ich mache morgen weiter. Bis dahin:
Stichwörter: Dreistimmigkeit, durchsichtig bleiben, Zusammenspiel mit Cello, Klavierauszug nur als Anfangshilfe, nach Bezifferung spielen, nur heikle Stellen notieren, Orgelregister: weniger ist mehr. bin ich zu laut ? etc.etc..... ich freue mich auf einen Austausch
burton
 

So allgemein kann man das nicht sagen. Wenn man sich mal anschaut, was Muffat oder Heinichen dazu verfasst haben, dann ist (zumindest auf dem Cembalo) eine fünf- bis sechsstimmige Aussetzung gerade noch ausreichend. Muffat bringt sogar achtstimmige Beispiele, wobei er zugunsten des fetten Klanges selbst offene Parallelen in Kauf nimmt. Die Vollstimmigkeit wird nur dann aufgegeben, wenn im Continuo eigene, selbstständige Stimmen hinzu improvisiert werden ("contrappunto alla mente"). Das mündet musikhistorisch dann recht nahtlos ins Partimento-Spiel.
 
Hallo,
Dreistimmigkeit ist nur eines von vielen Stichwörtern.
Selbstverständlich ist auch zu berücksichtegen, ob es sich z.B. um ein Stück der mehrchörigen venezianischen Tradition handelt. Da wird man die drei Stimmen schon deshalb massiver aufstocken müssen, um einzelne homophone Sätze mit der nötigen Prachtentfaltung zu gestalten. Den schnellen Satz eines Brandenburgischen Konzerts z. B. den Schlußsatz des V. kann man allerdings mit ziemlicher Sicherheit auf fünf Stimmen "totklopfen" bzw. viel zu viel an Tempo und Virtuosität verlieren. Das ist dann eben Beton-Barock, dem die Leichtigkeit fehlt.
Danke für die Antwort auf mein Stichwort.
Man wird sicher wieder von einander hören.
burton
 
Man wird in bewegten Sätzen sicher nicht durchgängig fünfstimmig spielen, aber zumindest die Taktschwerpunkte sollten immer genügend Klang entfalten. Das 5. Brandenburgische ist ein eher schlechtes Beispiel, weil das Cembalo dort als konzertierendes Instrument nur an wenigen Tutti-Stellen genuinen Continuo-Satz spielt. Aber genau an diesen Stellen würde ich durchaus vollgriffig spielen...
 
Das V. habe ich deswegen genommen, gerade weil das Cembalo meist konzertierend ist und im 1. Satz ganz besonders virtuos daherkommt.
Der Kontrast 1. und letzter Satz macht es meines Erachtens nötig,
den Gegenpol von der großen Kadenz zur spielerischen Leichtigkeit des letzten
Satzes zu berücksichtigen und nicht zu sehr mit Vollgriffigkeit zu agieren.
Hängt aber sehr von der Qualität des Cembalos ab.
Ich habe vor einigen Monaten die Kopie eines zweimanualigen Mietke-Cembalos gespielt. Wunderbar leicht und trotzdem robust genug um ein tolles Konzert zu spielen. Da ist dann eine Vollgriffigkeit kein Problem- nur eine Frage der
klanglichen Ausgewogenheit.
 
".....widerstehe doch der Sünde der Vollgriffigkeit" :-)
Ich kann mit dieser Sünde ausgesprochen gut leben, auch weil ich heute vormittag zufällig ein ganz besonderes Choralvorspiel Bachs wieder vollgriffig spielte. Das muss allerdings so sein, wie am Notenbild von BWV 721 sofort zu entdecken ist. Gibts bei YT mehrfach, glaube ich, dazu die Noten unter IMSLP.
Unter den Bachschen Orgelchorälen eine große Ausnahme, manualiter, dazu streng akkordischer vierstimmiger Begleitsatz in Achteln, c.f. im Sopran meist in Halben.
Ab sofort heißt dieses á 5 voci - Stück bei mir "Apotheose der Vollgriffigkeit"
Ist genial, oder ? Bach ist wieder wie so oft zum Niederknien.
gruß burton
 
Wenn ich das recht in Erinnerung habe, ist das allerdings eine Bearbeitung aus einer Kantate von Buxtehude. Ich spiele das auch mit Pedal.
 

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