Chopin Präludium 28-15

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Ich mache mir momentan Gedanken, wie ich das spielen will. Den ersten Teil diktiert das Gefühl und ich bin mit meinem Klavierlehrer ziemlich einig.

Im zweiten Teil sieht es etwas anders aus. Ich denke mir, daß die Gis-Oktaven in Takt 35 ein Crescendo durchführen und dann zugunsten der linken Hand zurücktreten, die zusätzlichen Viertel rechts sind für mich dazwischen und bilden Klangakzente. In Takt 39 wieder Crescendo in den Oktaven, dann wieder das Gleiche, allerdings ein kleines Crescendo auf den letzten vier Oktaven in Takt 42. Mein Klavierlehrer sieht es anders herum, Decrescendo in den Oktaven auf Takt 35 und 39, dafür aber sonst die Oktaven wesentlich deutlicher, vor allem in den beiden FF Abschnitten.

"Die richtige Antwort" wird es wohl nicht geben und mit meinem Lehrer kann ich mich auch so einigen (ich habe sowieso das letzte Wort :D ) , es würde mich aber mal interessieren, wie andere das spielen.

Im drittletzten Takt (As7) gehört wohl noch das Es zur Melodie? Es sieht so aus, als hätte der Setzer dort einen Akzent links neben das Es gesetzt, damit er nicht für den gesamten Akkord gilt. Aber wie geht es dann weiter? F-Des klingt für mich richtiger, Des-Des ginge aber auch, dann wäre der Schlußakkord quasi nur eine Verlängerung...

PS: Hat Chopin eigentlich immer Pedal mit in seine Noten geschrieben? Ich sehe vor lauter Ped. und * streckenweise kaum die Noten und eigentlich ist es doch ziemlich offensichtlich, wo man das Pedal einsetzt (Haltepedal).

PPS: Die Diskussion braucht sich nicht auf diese Punkte zu beschränken, aber vielleicht sollten wir bei diesem Stück bleiben...
 
Der Nachteil an dem Workshop ist natürlich, daß die Diskussion dort bereits abgeschlossen ist. Ich habe ja meine Fragen nicht gestellt, weil ich etwas nicht weiß sondern weil ich mich darüber austauschen wollte. Aber egal.
 
ok, ich stelle mal "rein provokativ" eine Aufnahme hier rein. So ganz sicher bin ich noch nicht, wie ich es spielen will, ein bischen Freiheit lasse ich mir sowieso...

Was ich ärgert ist, daß ich die es als Oberstimme in Takt 62 noch nicht sauber hinbekomme und mir die Dynamik dadurch aus dem Ruder läuft.

[MP3="http://www.guendola-productions.de/Prelude_15_Op.28.mp3"]Musik[/MP3]

Bei den meisten Aufnahmen vom Workshop habe ich den Auftakt in Takt 19 vermißt (Haydnspaß schlug ja vor, etwas zu provozieren :D )

Hat eigentlich jemand die Aufnahme von Horowitz bei Youtube entdeckt? Das geht wirklich unter die Haut und er hat eine sehr interessante Weise, den Mittelteil zu spielen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nagut, das war klar. Der Workshop ist beendet, die Leute haben sich genug mit dem Stück auseinandergesetzt und einen allgemeinen Threads für die Workshops gibt es ja leider nicht, sonst hätte ich mich dort eingeklinkt.

Vielleicht mache ich gelegentlich noch eine neue Aufnahme, die letzte hier ist ziemlich überholt.
 
Hi Guendola,

habe mir grad mal die Aufnahme angehört. Was mir sofort auffiel: Ich denke, das der Themeneinsatz f-des-as stärker abgesetzt werden könnte. Im Barock ist das ja einfach: niemals in die eins binden, bei der Romantik sinds halt die Bögen, die die Artikulation "diktieren". Das ein Bogen zu Ende ist und ein neuer beginnt sollte man schon irgendwie hören (so wie in der rom. Orgelmusik!)

Die Dynamik (grad des Mittelteils) kann und möchte ich jetzt erstmal nicht kommentieren, da ich grad nur das imslp-Notenbild zur Hand habe und zu Hause noch in meine Noten gucken möchte und vor allem einmal selbst spielen.

Die ausgeschriebenen Verzierungen könnten flüssiger sein (Septolen und die Decanole).

Ansonsten gelungene Aufnahme, vor allem die Griffsicherheit in der Modulation am Ende des Mittelteils nach Cis-Dur, da habe ich so meine Probleme.

Gruß,
Sascha
 
Bei den meisten Aufnahmen vom Workshop habe ich den Auftakt in Takt 19 vermißt (Haydnspaß schlug ja vor, etwas zu provozieren :D )

Auf jeden Fall - Provokation ist immer gut :)

Was meintest du da jetzt genau? An dieser Stelle (die letzten 4 Achtel der LH in Takt 19) findet ja quasi eine Rückmodulation von b-moll nach Des-dur statt. Darüber sollte man wirklich nicht belanglos hinwegspielen.

Mir gefällt deine Interpretation insgesamt ausgesprochen gut! Das Tempo ist schön flüssig, die Melodie ist schön plastisch gestaltet. Das Anfangsmotiv ist vielleicht ein bißchen zu selbstwußt, so alla "Hoppla, jetzt komm ich!" Ich stell mir das mehr fragend vor, also schon in den ersten drei Tönen, nicht erst bei Ton 3 und 4.

Beim Mittelteil irritiert mich das militante decrescendo bei den Oktav-Gissen etwas. Immerhin steht dort ja cresc. ;)

Die Rückführung zur Reprise (wieder 4 Achtel in der LH) könnte etwas mehr ritardando und Ausdruck vertragen. Im Takt 79 und 80 hast du vermutlich das smorzando und das slentando (was beides dasselbe bedeutet) übersehen, und das hohe b (forte) steht plötzlich im Raum, ohne daß man sich erklären könnte, woher es kommt. Es ist doch die Fortführung der LH, oder nicht? Ein Oktav+Nonen-Sprung, in dem nochmal die ganze Verzweiflung des Mittelteils zum Ausdruck kommen sollte.
 
Pedalproblem

Zu der Frage der Pedalbezeicnungen versuche ich immer eins im Hinterkopf zu behalten: Soweit ich weiß, hatten die Instrumente zu Chopins Zeit noch nicht eine solch ausgeprägte (akustische) Resonanz wie die heutigen. Will sagen, dass Chopins Pedalangaben mit heutigen Instrumenten praktiziert oft matschig wirken. Ich stehe mit diesen Pedalangaben (ich bin ganz offen) auch auf Kriegsfuß: Ich finde es entweder staubtrocken oder schwammig.:mad: Deshalb versuche ich, die Pedalangaben als Interpretationshilfe zu verstehen (wie auch die Legatobögen) und nicht als strikte Handlungsanweisung. Ich glaube, Chopin will uns mit Legatobögen und Pedalbezeichnungen zeigen, wie wir sein Stück verstehen können, wie wir harmonische und melodische Abschnitte durchschauen und realisieren können.
So ist es auch deutlich angenehmer zu spielen und man hat eine große Interpretationshilfe:)
 
@ Guendola:
Du hast das Stück zu einem Punkt gebracht, wo es richtig Spaß macht, sich mit der Interpretation auseinanderzusetzen. (Schade das der Forums-Player keine Pausentaste hat, die wäre nämlich jetzt sehr hilfreich.)

Haydnspaß hat schon erwähnt, daß man den Einstieg fragender gestalten kann. Dann kommt nämlich auch der affirmative Charakter des Bogens ab T 9 besser zu Geltung. Ich würde die 16tel nach den punktierten Achteln in jedem Falle bis T 7 etwas weicher nehmen, um den zögerlichen Charakter plastischer herauszuarbeiten. Auch die T 20 ff. gestalte ich in Vorahnung des Kommenden eher resignativ. Erst in der Reprise wird daraus in bejahender Gesang - allerdings nur bis T 81. In diesem Takt sind die Achtel der linken Hand ein Fragezeichen, daß den melodischen Fluß aufhält und abstürzen läßt. Bei all den empo-Freiheiten, die u Dir nimmst, wundert es mich, daß Du Dir in den T 82-83 nicht mehr Zeit läßt. Die Viertel klingen hanseatisch akurat.

Doch ich greife vor. In den Septolen und Dekanolen kannst Du Dir viel mehr Zeit lassen (ebenso auch die Vorschläge in T 11 und ähnlichen). Du spielst Die Septolen sehr ausgeprägt als Gruppierung 4 + 3. Probier es doch mal aus, die Septole gleichmäßig laufen zu lassen und das letzte Achtel nach dem vierten Septolen-Achtel nachzuschlagen. (Funktioniert allerdings auch richtig schön nur im langsamen Tempo.

Interessant finde ich, wie akribisch Chopin bisweilen sein kann, wenn man sich die linke Hand in T 3 anschaut: ein ausgeschriebens Fingerlegato, um jede Pedalschmiererei zu vermeiden.

Sehr schön, wie das as in T 27 erstirbt.

Ich persönlich nehme den Mittelteil strenger im Puls - aus folgender Überlegung: Die Unerbittlichkeit der pochenden Achtel gis erzeugt Beklemmung. Der Hörer wäre froh, wenn es aufhörte oder sich auflöste. D.h. als Interpret darf ich dieses Spannungmoment nicht selber auflösen, sondern muß es (als ungeöffnete Büchse der Pandora) an den Hörer weiterreichen.

In T 39 den Vorschlag der linken Hand evtl. gleichzeitig mit der rechten Hand spielen (so daß der Doppelgriff "nachschägt").

Die T 27-43 werden wörtlich wiederholt. Ich würde bim ersten Mal die cresc.-Steigerung zum T 40 hin nicht ganz so extrem ausspielen, um beim zweiten Mal die Möglichkeit der Steigerung zu haben (evtl. mit dem cresc. verhältnismäßig spät einsetzen.) Beim Fortissimo (T 40 ff) auf keinen Fall schneller werden. Du bist nicht auf der Flucht, sondern die unerbittliche Rächerin aller Unterdrückten!

Die T 60-62 sind nach all der Beklemmung ein tröstlicher Lichtblick. Nimm Dir hier ruhig mehr Zeit. Spätestens ab T 64 wird auch dem letzten Ignoranten bewußt, wie leicht diese Gelassenheit wieder umschlagen kann.

Ich spiele die T 64-73 recht streng im Metrum und erlaube mir das Blumenpflücken (ritardando mit deutlicher Dehnung des letzten Achtels T 75) wirklich erst ab T 73/74.

Den Abstieg T 82-83 rezitativisch auffassen als erschöpftes Ende einer großen Arie. Damit ist musikalisch alles gesagt. Die T 84 bis Schluß sind "Orchesternachspiel". Ein formal ähnlicher Schluß (allerdings ausladender) findet sich in dem Nocturne H-Dur, op. 32,1.

Ich empfehle meinen Schülern, wenn sie Chopin spielen, immer, sich Arien aus Bellini- und Donizetti-Opern anzuhören. Chopin komponiert nämlich in solchen Fällen wie dem Des-Dur-Prélude regelrechte Opernszenen für Klavier. (Leider finden die meisten Oper "doof").

Puh, das war jetzt lang und anstrengend! Aber mir hat's Spaß gemacht. :D Ich hoffe, ich habe jetzt nichts vergessen. Schau einfach mal, was Du von den Ideen brauchbar findest.
 

Soviele Antworten auf einmal schaffe ich nicht mehr heute abend, aber ich fange mal mit Haydnspaß an ;)

Was meintest du da jetzt genau? An dieser Stelle (die letzten 4 Achtel der LH in Takt 19) findet ja quasi eine Rückmodulation von b-moll nach Des-dur statt. Darüber sollte man wirklich nicht belanglos hinwegspielen.

Ich meine ganz konkret in Takt 19 Ges und das As, die klassische Kadenz zurück zu Des - du offensichtlich auch.

Mir gefällt deine Interpretation insgesamt ausgesprochen gut! Das Tempo ist schön flüssig, die Melodie ist schön plastisch gestaltet. Das Anfangsmotiv ist vielleicht ein bißchen zu selbstwußt, so alla "Hoppla, jetzt komm ich!" Ich stell mir das mehr fragend vor, also schon in den ersten drei Tönen, nicht erst bei Ton 3 und 4.

Sehe ich jetzt auch so. Die ersten drei Töne bekommen jetzt ein Decrescendo und von b nach C bleibe ich sanft fragend. Der Rest baut sich dann auf (bis Takt 4). Interssanterweise ergab sich daraus für mich, daß ich den Vorschlag in Takt vier jetzt vorziehe, dadurch wird die Septole auch weicher.

Ich bin noch dabei auszuprobieren, wie der Rest des ersten Teils am besten funktioniert. Es klingt in der Aufnahme ziemlich unsicher und das ist auch logisch, denn ich wußte nicht so recht, wie ich das spielen will.

Beim Mittelteil irritiert mich das militante decrescendo bei den Oktav-Gissen etwas. Immerhin steht dort ja cresc. ;)

Ich habe lange Zeit gedanklich zwischen lauteren und leiseren Oktaven geschwankt. Jetzt, wo ich die Aufnahme noch mal höre, merke ich, wie deutlich das hörbar ist :)

Die Rückführung zur Reprise (wieder 4 Achtel in der LH) könnte etwas mehr ritardando und Ausdruck vertragen. Im Takt 79 und 80 hast du vermutlich das smorzando und das slentando (was beides dasselbe bedeutet) übersehen, und das hohe b (forte) steht plötzlich im Raum, ohne daß man sich erklären könnte, woher es kommt. Es ist doch die Fortführung der LH, oder nicht? Ein Oktav+Nonen-Sprung, in dem nochmal die ganze Verzweiflung des Mittelteils zum Ausdruck kommen sollte.

Die Schmerzen in Takt 79/89 nehme ich mir nochmal vor, das habe ich bislang tatsächlich nicht so sehr beachtet.

Mit dem Sprung nach b bin ich mit dir einig und spiele das inzwischen auch so.

@notenfresser:

Ich habe inzwischen diverse Pedalwechsel hinzugefügt. Hier und da kann man es etwas schwimmen lassen und am Digitalpiano macht das auch nichts, aber am Flügel wird es schnell kritisch - und das ist ja eigentlich das Instrument, für das ich übe. Das Stück sprengt sowieso die Möglichkeiten eines Digitalpianos (und der meisten Klaviere, die ich kenne).

Was ich noch als interessante Anregung meines Lehrers einbringen wollte: Die Vorschläge in Takt 39 und Takt 55 lasse ich jetzt per Pedal im ganzen Takt mitklingen. Dadurch wird der Oktavregen nochmal stärker :) Hat Chopin selbst eigentlich überhaupt Pedalanweisungen in die Noten geschrieben?

In der Aufnahme habe ich die oberen Töne der Oktaven meiner Meinung nach etwas zu leise gespielt - bzw. die unteren zu laut - das ist unterschiedlich.

Kölnklavier, deinen Kommentar habe ich auch gerne gelesen, da sind ein paar interessante Gedanken drin, die ich noch sacken lassen muß.

Hoffentlich schaffe ich es bald in die Kirche, um eine neue Aufnahme zu machen (mit Digi wird das nichts mehr, das klingt nicht!). Die Oberstimme in den Takten 60-63 und den darauf folgenden Takten habe ich zwar noch nicht unter Kontrolle aber das ist eine generelle Angelegenheit Entgegen meiner ursprünglichen Idee denke ich zur Zeit, daß die obersten Töne die intensivere Melodie bilden. Vielleicht hatte ich die Idee auch deswegen, weil das des sich gegen das es sowieso spielend durchsetzt, wenn man es nicht 100% kann...

@musiküsse: Die Griffsicherheit kommt vermutlich von meinen Schubertstudien an zwei Impromptus, As-Dur und Es-Dur (was ja in Moll endet). Eine gute Übung ist vermutlich auch der Marche Funebre von Alkan. Ich bin ja gespannt, was du zum Mittelteil sagen wirst.
 
Hi Guendola,

nachdem ich mich nun ausgiebig bei Mindenblues geäußert habe, bin ich Dir ja noch eine Antwort schuldig.

Du triffst in gewisser Weise die Interpretation des Mittelsteils, wie ich es gestalte. Jedoch würde ich ein Crescendo über die Takte 36-40 resp.52-56 gestalten. Es hört sich so an, als wenn Du nach jedem Takt mit der Dynamik zurückgehst, das entspricht aber nicht ganz dem (Spannungs)bogen. Aber in einer Hinsicht sind wir uns einig: wir nehmen beide die Dynamik in den Takten 35 und 51 zurück.

Ansonsten stimme ich koelnklavier zu, das der richtige Ausbruch erst in Takt 56 erfolgen darf und das mit Wehemenz - ich lasse mich da richtig in die Tasten fallen und genieße den vollen Klang der sich bei mir fast ins fff gestaltet, aber das will auch durch Takt 55 vorbereitet sein - deswegen nicht zurückgehen in der Dynamik. Die Akzente recht kräftig gespielt um dann in Takt 59/60 wieder in die sangliche Bescheidenheit zurück zu kehren. Die "rhytmische Verschiebung" in Takt 65/66 deutlich ausbilden (Betonung auf die zwei). Das Dim. erst an der besagten Stelle Takt 75 3.Schlag ausführen, bis dahin die eins deutlich betonen.

Vielleicht sollten wir uns mal treffen, es ist so komlpiziert, solche Details schriftlich zu formulieren.

Gruß,
Sascha
 
so, ich werde jetzt einfach mal den PC mitlaufen lassen und hoffentlich heute abend eine neue Aufnahme hochladen, denn mittlererweile verstehe ich mich selbst in der ersten Aufnahme nicht mehr so ganz :)
 

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