Nun merke ich aber genau das, was z.B. Chang auch behauptet, nämlich, dass die Bewegungen, die ich bei einer langsameren Geschwindigkeit (~80 bpm) anwende, für eine akzeptable Endgeschwindigkeit (~130 bpm) zu ausladend sind, ich also die falschen Bewegungen einstudiere.
Lieber Sven,
die Bewegungen müssen nicht generell falsch sein. Sie können auch richtig sein, sind im langsamen Tempo aber größer (du schreibst richtig "ausladend") und werden im schnellen Tempo immer kleiner - oft sind sie dann kaum noch zu sehen. Es ist durchaus sinnvoll, neue Bewegungsabläufe erst einmal zu übertreiben, um sie "fühlen" und wahrnehmen zu lernen. Nur müssen sie absolut richtig sein - die Instanz zur Kontrolle ist das Ohr.
Hier werden mal zwei, mal drei oder auch mehr Achtel jeweils unter einem Bogen zusammengefasst. Hast du schon einmal Seufzermotive
https://de.wikipedia.org/wiki/Seufzermotiv geübt/gespielt, bei denen man beim ersten Ton das erhöhte Handgelenk in die entsprechende Taste fallen lässt und beim zweiten leisen Ton (beim Seufzen atmet man ja aus, also ist der zweite Ton leiser als der erste) das Gewicht wieder ganz leicht heraus nimmt (dabei geht das Handgelenk wieder hoch)? Sozusagen "schwer-leicht" bzw. "tief-hoch". Dann hättest du bereits den grundsätzlichen Bewegungsablauf der rechten Hand/des rechten Arms ab Takt 17, bei denen der erste Ton - allerdings gegen den Taktschwerpunkt - der Bögen lauter ist als der zweite. Das macht man durch solche Tief-Hoch-Bewegungen des Handgelenks, also durch Schwünge. Und die muss man erst einmal langsam einstudieren, wobei das Ohr hört, ob das Motiv wirklich wie ein Seufzer klingt, der erste Ton nicht zu hart oder zu schwer gespielt ist, der zweite Ton wie ein Ausatmen sich leise und leicht an den ersten anschließt, so dass das Ganze
eine Bewegung und
eine klangliche Abfolge ist. Ist das klangliche Ergebnis nicht zufriedenstellend, stimmt die Bewegung nicht.
Hast du so etwas noch nicht gespielt, ist es so gut wie unmöglich, hier rein verbal dir zu helfen. Du kannst es probieren und dann lieber auf die nächste Klavierstunde warten. Um dieses Stück gut und schnell zu spielen, braucht es den Einsatz des Arms und des Handgelenks und gleichzeitig eine große Leichtigkeit (oft spielt man solche Sachen mit viel zu schwerem Arm, zu schwerer Hand). Die Bewegungen sind im schnellen Tempo kaum mehr zu sehen - sie sind aber da und ermöglichen die unterschiedlichen Gewichtsverteilungen der Achtelbögen in großer Gelöstheit und gutem Klang. Denn gehst du nun von den Zweierbögen zu den Dreierbögen, ist die Bewegung dort sehr ähnlich. Dadurch dass die "Strecke" etwas länger ist (drei statt zwei Achtel), geht der Arm bei den Aufwärtsbögen nun auch etwas nach rechts, bei den Abwärtsbögen etwas nach links, so dass statt einer Tief-Hoch-Bewegung nun ein U herauskommt. Der Arm führt das U. Dabei ist es immer noch so, dass der erste Ton eines Bogens etwas schwerer/lauter ist (Abwärtsbewegung mit dem Handgelenk, aber bitte nicht zu schwer!) und die anschließenden zwei Achtel immer leichter werden (beim 3. Finger geht das Handgelenk nach oben). Die Finger sind dabei an der Taste. Du kannst Übungen erfinden, bei denen du erst mal in Aufwärtsrichtung die Dreierbögen aneinanderreihst, später dann in Abwärtsrichtung (ist ungewohnter). Diese Übungen kannst du auch transponieren, z.B. erst mal auf weißen Tasten, später auch mal auf schwarzen (z.B. mal in D-Dur o.ä.).
Aber so ein Forum hat seine Grenzen und ohne Kontrolle durch einen Lehrer ist es oft schwierig. Dinge können falsch verstanden werden und das bekomme ich hier nicht mit. Probiere es vielleicht mal aus und achte immer darauf, dass es sich leicht und klangschön anhört und dass sich die Bewegungen ebenso leicht, weich und fließend anfühlen. Übertreibe sie erst einmal in langsamem Tempo und vertraue darauf, dass sie, wenn sie richtig sind, in schnellem Tempo dich nicht behindern werden, weil sie dann ganz klein sind.
Viel Erfolg und liebe Grüße!
chiarina