Biete Noten mit neuer Notationsform (keyboard tablature) gegen Studienteilnahme

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ElisabethSysmus

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9. Dez. 2021
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Hallo, ich arbeite in einem Musikforschungszentrum in Graz, Österreich.




Wir machen eine Studie über "keyboard tablature". Das ist eine Musiknotation, die auf der Klaviatur leicht zu lesen ist - analog zur Gitarrentabulatur, die für die Gitarre leicht zu lesen ist. In unserer Keyboard-Tabulatur entsprechen die horizontalen Linien den schwarzen Noten.



Die Keyboard-Tabulatur hat eine lange Geschichte. In der Vergangenheit haben die Menschen gezögert, sie zu lernen, weil die Menge der verfügbaren Musik begrenzt war. Wir haben dieses Problem mit einer App gelöst, die es dem Benutzer ermöglicht, fast jede Klaviermusik aus einer Midi-Datei zu transkribieren. Heutzutage kann man von fast allem eine kostenlose Midi-Datei finden (z. B. in der Musescore-Bibliothek).


Wir wollen nun untersuchen, wie Menschen auf diese Weise Musik lernen. Wir laden jeden zur Teilnahme ein, der bereits nach dem Gehör Klavier spielen kann, aber Schwierigkeiten mit der herkömmlichen Notation hat. Wir bieten den Teilnehmern eine fast unbegrenzte Anzahl von Noten, die sie in unserer Keyboard-Tabulatur lesen können, und eine Anleitung, wie man sie benutzt. Im Gegenzug bitten wir um zwei Dinge:

Die Teilnahme an drei 30-minütigen Skype-Interviews (zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Projekts; alle privaten Daten werden streng vertraulich behandelt).

Führen Sie ein elektronisches Tagebuch, in dem Sie jedes Mal, wenn Sie üben, kurz notieren, was Ihnen leicht gefallen ist, was Ihnen schwer gefallen ist, was Sie anders machen würden und so weiter.

Die Dauer des Projekts ist Ihnen überlassen - sie hängt davon ab, wie oft Sie üben können.



Wenn Sie interessiert sind, antworten Sie bitte auf diesen Kommentar!
 
Hallo!
Gibt es ein "Notenbeispiel", so dass man sich mal ansehen kann, wie die notierte Musik dann aussieht?
 
Hier ein Beispiel vom Menuett in G-Dur von J.S.Bach

-> Die schwarzen Linien stehen für die schwarzen Tasten.
 

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Wer Partiturspielen kann, für den sollte diese Notation ein leichtes sein. Aber soviele „Systeme“ in der Vertikalen im Blick zu haben, dürfte die Meisten überfordern. Ein „normaler“ Keyboardspieler tut sich ja schon mit zwei Systemen schwer.

Merke: Nicht alles, was eine Jahrhunderte alte Tradition hat, ist per se schlecht. Alle Bemühungen, das Rad neu und anders zu erfinden, waren bislang zum Scheitern verurteilt.
 
Wie würde Rachmaninof in dieser Notation aussehen?
Die Frage ist doch: Warum lerne ich erst eine bestimmte Notation, die mich nicht weit bringen kann?
Dann muss ich wieder neu lernen...
Nicht alle Musik kommt mit vier Harmonien und einfachen Melodien aus.
 
Was macht man bei Stücken, deren benötigter Tonumfang sich vielleicht über 4 oder 5 Oktaven oder noch mehr erstreckt? Und wenn das "nur für Anfängerstücke gedacht ist" - siehe nächster Absatz ab "Und früher..." ;-)

Vom ersten Ansehen her kann ich mir, ehrlich gesagt, nur schwer vorstellen, dass das für Anfänger leichter zu lesen sein soll als konventionelle Noten. Und früher oder später kommt man - zumindest wenn man notierte Musik spielen möchte* - sowieso nicht darum herum, Noten lesen zu lernen. Das geht im Anfängerunterricht auch bei Kindern** spielerisch und Schritt für Schritt. Es verlangt ja niemand, dass man in der dritten Unterrichtsstunde eine komplette Sinfonie mit Violin-, Alt-, Tenor- und Basschlüsseln zzgl. diverser Schlagwerknotierung entziffern muss.

Ich meine es wirklich nicht böse, aber ich glaube nicht, dass das eine praktikable Alternative zum Notenlernen ist.

* Ich bin mir bewusst, dass das nicht zwingend nötig ist, um musikalisch erfolgreich zu sein, allerdings vermutlich weniger im "Klassik"bereich. Es gibt aber im Jazz, Blues, Rock... genug wirklich erfolgreiche Musiker, die nach eigenen Angaben keine Noten lesen können und es auch nie gelernt haben.

** Ich spreche da aus eigener Erfahrung - ich bekam 1975 zu meinem 8. Geburtstag meine erste Gitarre und dann auch Unterricht, da gehörte Notenlernen direkt mit dazu. "Zeigende und sprechende Gitarrenschule" von Leni Nelissen-Nicolai oder so ähnlich; der erste Band war gelb-schwarz, der zweite rot-schwarz.

Edit: Diese hier =>
Band 1
Band 2
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Dreh das Bild mal um 90 Grad im Uhrzeigersinn und stell Dir die langen Linien als schwarze Tasten vor, die kurzen Linien (die an Hilfslinien erinnern) als Trennlinie zwischen den weißen Tasten. Dann zeigen die leeren bzw. ausgefüllten Kreise die jeweils zu spielenden Tasten.

Leserichtung der Notation ist dann natürlich von oben nach unten.

Mit der Einschränkung "leere bzw. ausgefüllte Kreise" kriege ich aber maximal zwei Notenwerte (also von mir aus Halbe und Viertel) eindeutig differenziert. Und schon im geposteten Beispiel bräuchte man mindestens Achtel, Viertel, Halbe und punktierte Halbe.
 
Ich finde die Notationsform extrem unübersichtlich. Nicht nur, dass man sich nicht ohne Weiteres in den Oktaven zurechtfinden kann, sondern auch die Orientierung innerhalb der Oktave ist mit Hindernissen verbunden. Unglücklich ist auch, dass hier notenlinienähnliche Gebilde verwendet werden. „Zweisprachiges“ Erlernen der Notation, also das parallele Erlernen der konventionellen, außerordentlich praktikablen Notation mit Noten (die nicht nur über die Tonhöhe, sondern auch die Tonlänge informieren) wird dadurch unnötig erschwert. Hinzu kommt, dass man bei dieser unvorteilhaften Notation zudem den Zugang für andere Instrumente erschwert. Man kann also nicht ohne Weiteres eine Stimme z.B. mal von einer Flöte spielen lassen.

Fazit: Viel Lärm um nichts.
 
Das mit den "Hilfslinien" habe ich kapiert.


Warum sind die drei Hilfslinien für die Eingrenzung der drei schwarzen Tasten durchgezogen, die für die zwei schwarzen Tasten nur kurz?

Ich würde alle Linien kurz machen. Dann hätte jedes g eine Hilfslinie drunter und zwei drüber. Das könnte ich mir als Glyphe sogar merken und würde zielsicher die Taste g eindonnern.

Violin- und Bassschlüssel sind völlig sinnlos.

Man könnte stattdessen eine durchgezogene Linie machen für den Zwischenraum von h und c'. Das gilt dann aber nicht als Hilfslinie (ich spiele auf die "durchgezogenen" Hilfslinien an, die man von Manuskripten von Bach kennt.)

Die Notation ist für die paar Töne viel zu raumgreifend. Die Sekundschritte sehen wie Terzen aus.

Eigentlich ist das eine chromatische Notation, keine diatonische. Da gibt es schon ältere Versuche, die alle viel Platz brauchen.

In grün hatte man eine ähnliche Notation für Vierteltonklaviere.

(Ganz anderer Ansatz waren Klaviaturen, die nicht das 5-7-Schema haben. So Bienenwabentastaturen z.B. - da kann man ganz leicht in andere Tonarten transponieren, indem man die Hände räumlich versetzt.)

Ich finde, da kann man noch viel dran arbeiten, als jetzt schon nach Versuchskaninchen zu gucken.
 
Interessant ist doch die App, die Midi Dateien ausliest.
Die Notenwerte sind offenbar auch durch den Abstand der Noten voneinander geregelt. Das geht dann - wie beim Abspielen am Computer - immer mit der gleichen Geschwindigkeit von links nach rechts und die Noten kommen wann sie kommen.

Was natürlich verloren geht, ist Enharmonik etc.

Ist ein ganz netter Versuch, aber ich denke auch, dass es sinnvoller wäre, direkt das "richtige" Notenbild zu lernen - mit dem ich insgesamt auch sehr zufrieden bin.

Wenn man diese Studie wirklich sinnvoll behandeln möchte, muss man echt viel Zeit investieren, um das Notenbild zu lernen. Man stelle sich mal eine Beethoven Sonate so vor :D
 

So würde ich das nicht sagen. Forschung will Dinge ausprobieren, ohne vorher genau zu wissen, wozu sie gut sind oder was dabei herauskommt. Man kann Dinge nur ausschließen, wenn man sie genau kennengelernt hat. Manchmal ergeben sich aus ersten Ideen auch nützliche Werkzeuge für andere Bereiche.

Ich würde die Tabulatur oben auch nicht anwenden, denn ich halte sie auf den ersten Blick für zu kompliziert und das konventionelle Notensystem (trotz erheblicher Mängel!!) für zu simpel, um diese Art Alternative anzubieten. Dennoch ist die Fragestellung berechtigt.
 
Was für erhebliche Mängel hat das konventionelle Notensystem denn eigentlich?
 
„Zweisprachiges“ Erlernen der Notation, also das parallele Erlernen der konventionellen, außerordentlich praktikablen Notation mit Noten (die nicht nur über die Tonhöhe, sondern auch die Tonlänge informieren) wird dadurch unnötig erschwert. Hinzu kommt, dass man bei dieser unvorteilhaften Notation zudem den Zugang für andere Instrumente erschwert. Man kann also nicht ohne Weiteres eine Stimme z.B. mal von einer Flöte spielen lassen.
Ich würde sogar sagen, dass selbst leichteste Literatur dadurch nicht verständlicher erscheint. Das Bach-Menuett ist in konventioneller Notierung gut überschaubar und spätestens bei Berücksichtigung von Dynamik und Artikulation müssen auf dem Notenblatt genauso viel Zeichen dargestellt und durch den Spieler verstanden werden. Und das Lesen konventioneller Musiknotation ist selbst für wenig fortgeschrittene Instrumentalisten vermutlich eine der leichtesten Aufgaben und für weiter fortgeschrittene gar kein Problem. Dazu kommt, dass die bewährte Notationsweise für Spieler sämtlicher Instrumentengruppen praktikabel ist - man stelle sich Kammermusikpartituren mit Griffnotation für alle Instrumente vor, die sowohl für Ensembleleiter als auch für Mitspieler unübersichtlich bis unlesbar ist.

Dreh das Bild mal um 90 Grad im Uhrzeigersinn und stell Dir die langen Linien als schwarze Tasten vor, die kurzen Linien (die an Hilfslinien erinnern) als Trennlinie zwischen den weißen Tasten. Dann zeigen die leeren bzw. ausgefüllten Kreise die jeweils zu spielenden Tasten.

Leserichtung der Notation ist dann natürlich von oben nach unten.
Dieses Prinzip kennt man von diversen Video-Tutorials oder von den Lochstreifen mechanischer Tasteninstrumente, wo die Leserichtung der Aktionszeichen oder Stanzlöcher von oben nach unten führt.

ich bekam 1975 zu meinem 8. Geburtstag meine erste Gitarre und dann auch Unterricht, da gehörte Notenlernen direkt mit dazu. "Zeigende und sprechende Gitarrenschule" von Leni Nelissen-Nicolai oder so ähnlich; der erste Band war gelb-schwarz, der zweite rot-schwarz.
Was es gibt, sind diese Notenblätter mit der Melodie plus Gitarrengriffe für die Klampfe zum Lagerfeuer. Und ich erinnere mich an irgendwelche Heimorgelschulen mit Griffbildern diverser Akkorde zu populären Schlagernummern. Selbst bei relativ geringem Spielfortschritt werden diese "Krücken" sehr bald überflüssig.

Fazit: Schön, dass immer wieder nach Erleichterungen für den anstrengenden Weg bergauf gesucht wird. Aber es gibt eben sehr gute Gründe und plausible Erfahrungswerte, warum es auch nach jahrhundertelanger Beschäftigung mit Musik- und Notationskunde einfach nie mit einer wirklichen Alternative zum Selberlernen geklappt hat. Ich wage die Prognose, dass die vorgestellte Studie letztendlich zu keinem anderen Ergebnis gelangen wird.

LG von Rheinkultur
 
Was für erhebliche Mängel hat das konventionelle Notensystem denn eigentlich?

Zum Beispiel, dass man nur die Tonhöhe, nicht aber die Tondauer erkennen kann und Rhythmen recht kompliziert aussehen. Dass Balkung und Taktstriche Strukturen vorgeben, wo keine sind. Dass viele feine Nuancen nicht gut ausgedrückt werden können. Aber ich habe keinen besseren Vorschlag - Musik notieren ist, wie Gerüche notieren. Geht nur unvollständig...
 
Es gibt das Konzept der Rhythmoglyphen. Eine Art Zeichensprache, die für verschiedene Rhythmusgestalten spezielle Symbole verwendet. Entwickelt wurde das Konzept durch die musikpädagogische Idee, Rhythmen intuitiv und eindeutig darstellen und lesbar machen zu können. Auf Fortbildungen und in musikpädagogischen Fachzeitschriften spielt das Konzept immer mal wieder. eine Rolle, aber ich kenne keinen Musiklehrer, der danach unterrichtet. Ein Zeichen dafür, wie stark sich etablierte Konventionen erhalten.

Außerdem hat das System seine Grenzen. Die Grundidee ist aber logisch und klug überlegt. Müsste man vielleicht erweitern und ausdifferenzieren.
 

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Dass viele feine Nuancen nicht gut ausgedrückt werden können
hat ja vielleicht auch den Vorteil, dass wir als Interpreten mehr Spielraum haben, was sich ja gerade bei spärlicheren Hinweisen wie z. B. Bach oft zeigt. Aber ich komponiere nicht, deshalb sind mir in dem Prozess die Nachteile unserer Notation noch nie so bewusst geworden.
Zum Thema neue Notation: Von allen Hürden, die das Klavierspiel so bietet, ist das Notenlesen die kleinste.
 
hat ja vielleicht auch den Vorteil, dass wir als Interpreten mehr Spielraum haben,
Jaein. Natürlich kann das ein Vorteil sein, und es kann auch eine bewusste Entscheidung des Komponisten sein, einem diesen Raum zu lassen. Andererseits wäre es auch wünschenswert, viele Optionen für möglichst genaue Notation zu haben.
Zum Thema neue Notation: Von allen Hürden, die das Klavierspiel so bietet, ist das Notenlesen die kleinste.
Hm. Das ist irgendwann tatsächlich eine philosophische Frage. Nämlich dann, wenn "Notenlesen" über ein "ich weiß, wo das a2 ist" hinausgeht, und eher zu einem "aus den Noten herauslesen" wird. Wenn die technischen Fragestellungen langsam in den Hintergrund rücken, weil man theoretisch alle musikalischen Optionen sofort zur Verfügung und "an der Hand" hat, und hauptsächlich noch mit dem Kopf übt.
 
Oh mein Gott, beim Blick auf das Beispiel schwirrt einem ja der Kopf! :008: Ich verstehe es gar nicht....
Ich finde die Tabulatur hat bei der Gitarre eine Rechtfertigung: erstens gibts nur 6 Seiten, kann man also schön übersichtlich darstellen, und zweitens gibt es ja jeden Ton mehrmals, da kann die Tabulatur wirklich hilfreich sein, selbst wenn man Notenlesen kann.

Was mich aber schon immer kolossal an Tabulatur gestört hat, ist die fehlende Rhythmusangabe. Man hat durch einen Blick auf die Tabs (und das Machwerk hier ) einfach keine Ahnung vom Stück.

Und für Notendummies, die unbedingt welche bleiben wollen, gäbe es ja auch noch Synthesia. Das funktioniert ja echt intuitiv.
 

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