Béla Bartok - Für Kinder

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snowdrop83

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22. Feb. 2007
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Hallo ihr Lieben!

Ich bin relativ spät auf die Musik von Béla Bartók gestoßen - erst in meiner Studienzeit. Und ich muss gestehen, hätte ich damals kein Referat über ihn halten müssen, wäre er mir wahrscheinlich bis heute nicht so wichtig. Mich fasziniert an ihm, dass er so unglaublich talentiert und interessiert auf vielen Gebieten war und alles irgendwie dennoch ineinander floss. Er war Konzertpianist (ausgezeichneter Beethoven-Interpret), Volksmusiksammler, Komponist und Pädagoge.
Besonders liebenswürdig finde ich sein (pädagogisches) Werk "Für Kinder". Lasst euch von diesem Titel nicht irre führen - es sind keine "kindischen" Sachen, sondern sehr wertvolle und kostbare Musik.

Wie gefällt euch "Für Kinder"? Wurde eure bisherige musikalische Ausbildung überhaupt mit Werken von Bartok gespickt? Wie wurdet ihr an die Stücke aus "Für Kinder" herangeführt und habt ihr dazu irgendwelches Hintergrundwissen?
Ich empfinde besonders die Verquickung der Volksmusik mit der Kunstmusik als sehr spannend und ich bin über jede Info, eure Erfahrungen, Hinweise auf bestimmte Internetseiten etc. dankbar.:klavier:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Ramona,

ich kenne und verwende von Bartok den "Mikrokosmos". Ich halte diesen für ein sehr gutes Standardwerk zum Erarbeiten grundlegend guter Spieltechnik. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine gute Mischung aus Bartok und anderen Klassikern sinnvoll ist, da Bartoks Melodie- und Harmonieführung doch recht "ungarisch" bis hin zum Slawischen ist und für Schüler hiesiger Breiten zuweilen erhöhten Gewöhnungsbedarf aufweist.
Andererseits werden manche Stücke aus dem Mikrokosmos von den Kids besonders für ihr "Feuer" geschätzt" welches Bartok auch in einfachsten Stücken zu entfachen vermag.
Aber so insgesamt schwöre ich auf Bartok für junge Klavierschüler und befinde mich hier in gutem Einklang mit z. B. Rudolf Kratzert.
Seine "Technik des Klavierspiels" (als Buch erhältlich) stützt sich wesentlich auf den Mikrokosmos.
 
"Wenn er erschöpft vom Komponieren war, spielte er Klavier; war er durch das Spielen müde geworden, wandte es sich der Beschäftigung mit der Folklore zu; bekamen seine Finger schließlich einen Krampf, gab er noch Unterricht."

Möchte meinen Beitrag mit einem äußerst treffenden Zitat über Bartok beginnen. Kann es wirklich sein, dass hier in diesem Forum außer Rosenspieß niemand die Werke von Bartok (1881-1945) kennt?:confused:
Bartok, der liebe Herr Bartok, der so viel für die Kinder komponiert hat, wie z.B.:

"Für Kinder" - Zyklus von Volksliedbearbeitungen
- besteht aus 4 Bänden
- B. 1+2 nach ungarischen Volksmelodien (40 Klavierstücke)
- B. 3+4 nach slowakischen Volksweisen (39 -"-)

sehr typisch für Bartok: sehr exakte Spielanweisungen und genaue Zeitvorgaben (mit Minuten und Sekunden).

Im Anhang finden sich die Texte der Lieder (zum einen in der Originalsprache, zum anderen in der ungarischen und deutschen Übersetzung)

Meine CD-Sammlung ist zwar recht bescheiden, wen es aber interessiert und mal reinhören möchte:

1.) CD - Béla Bartok spielt Béla Bartok - dort ist ein Teil der "Sammlung" zu hören, vom Komponisten höchst persönlich gespielt.

2.) CD - Gesamtaufnahme von "Für Kinder" - Pianist: Dezsö Ránki

Mich als ebenfalls "Hobby-Sängerin" würde natürlich brennend interessieren, ob es die "Lieder" , sprich die Vorlage für seine Bearbeitungen auch in gesungener Form zu kaufen/anzuhören gibt. Auf eins bin ich zufällig gestoßen, hab es mal von einem Frauenchor, aber auf deutsch, gesungen gehört. Zudem habe ich es in einem Liederbuch für die Grundschule gefunden. Dort heißt es: Flackerndes Feuer - in "Für Kinder", Band 1, ist es der Rundtanz.

Bitte schreibt mir über eure Erfahrungen mit den Kompositionen von Bartok - sei es aus Schüler- oder Lehrersicht. Bin doch sooooooooooo neugierig! :D
 
Hallo Ramona,

ich hatte als Schülerin die ersten 4 Jahre Unterricht bei einem etwa 70-Jährigen. Inhaltlich war sein Unterricht wohl gut, aber Motivation konnte er mir nicht vermitteln.

Als er in den Ruhestand gegangen ist, und ich eine junge (ca. 35) Lehrerin bekam, änderte sich das schlagartig. Sie machte mit mir Dmitri Kabalewski und Bela Bartok (ob "Mikrokosmos" oder "Für Kinder" weiß ich nicht, sie hat mir die Noten nur geliehen, ich vermute ersteres) und ich war von den fremden Rhythmen und Harmonien so hingerissen, dass ich erstmals freiwillig(!) für den Unterricht geübt habe. Übrigens sehr zum Leidwesen meiner Mutter, die lieber "mal was von Richard Claydermann" gehört hätte:twisted:

Diese Lehrerin hatte ich leider nur ein halbes Jahr, bevor ich umgezogen bin:(
"Für Kinder I-IV" habe ich mir als Erwachsene gekauft und gespielt. Und auch da hat es mir wieder gefallen. Da ich nichts wiedererkannt habe, wird das im Unterricht wohl aus "Mikrokosmos" gewesen sein.

Gruß,

Daja
 
Vielen lieben Dank, Daja ! :-D

Ich war schon halb verzweifelt, weil ich glaubte niemand kennt und spielt Stücke von Bartok.
Es freut mich zu hören, dass du quasi (unter anderem) mit Bartok wieder zu deiner Spielfreude zurückgefunden hast.

Nun habe ich aber doch noch ein paar Fragen: Erinnerst du dich vielleicht, wie deine damalige Lehrerin die Stücke eingeführt hat? Wie hat sie dir sie schmackhaft gemacht? Hat sie dir vielleicht auch was über den Komponisten erzählt? Wie hat sie dich motiviert - oder hat sie bei dir einfach "nur" den Nerv getroffen (magst du folklore Musik)?

Da du und ich beide ja "Für Kinder" besitzen, würde ich auch gern wissen, welches deine Lieblingsstücke daraus sind. Ich finde ja schade, dass sie alle sooo kurz sind. Habe vor kurzem einer Schülerin zum ersten Mal "Spiel -Játek" gegeben - und sie liebt es! :D

Natürlich sind alle aufgefordert, hier ihr Statement abzugeben. Auch wenn ihr absolute Bartok-Hasser :twisted: seid und ihr euren Lehrer am liebsten auf den Mond schicken wollt, weil er euch solch eine Komposition angedreht hat - schreibt mir bitte !

Gruß, Ramona
 
Hallo Ramona,

ok., ich war nicht so glücklich mit Bartok. Habe am Anfang bei einem durchweg fähigen Lehrer (Kirchenmusiker) ein Heft "Die erste Zeit am Klavier" gehabt. Keine Ahnung, vielleicht ein Auswahlband...

Mir hat's nicht zugesagt, wollte als Schüler lieber Bach spielen. Wir haben diskutiert, er meinte, Bach habe auch Dissonanzen, ich solle eine Fuge mal langsam spielen. Geholfen hat's nicht viel. Habe bis heute zum ganzen "Ostblock" (Kabalewski, Prokowieff etc.) keinen rechten Bezug. Nehme die Sachen auch nie für meine Schüler, weil ich es nicht anhören mag. Sollte es mal versuchen, offenbar machts manchen ja auch Spaß.

Schöne Grüße
Axel
 
Nun habe ich aber doch noch ein paar Fragen: Erinnerst du dich vielleicht, wie deine damalige Lehrerin die Stücke eingeführt hat? Wie hat sie dir sie schmackhaft gemacht? Hat sie dir vielleicht auch was über den Komponisten erzählt? Wie hat sie dich motiviert - oder hat sie bei dir einfach "nur" den Nerv getroffen (magst du folklore Musik)?

Da du und ich beide ja "Für Kinder" besitzen, würde ich auch gern wissen, welches deine Lieblingsstücke daraus sind.

Hallo Ramona,

tschuldigung, dass ich Dich so lange auf eine Antwort hab warten lassen.

Also: soweit ich mich erinnere, hat sie nichts biographisches erzählt, sondern mir nur das jeweilige Stück vorgespielt. Ich war begeistert, dass Klaviermusik nicht so glatt und zahm sein muss, wie ich es von dem alten Lehrer kannte.

Es ist wohl die spannungsreichere Harmonik und die stärkeren rhythmischen Akzente, die mich angesprochen haben. Besonders gefallen mir Stücke, die rhythmische Brüche haben und gelegendlich Akkorde in tiefen Lagen einwerfen
(immer nur in den mittleren beiden Oktaven zu bleiben klingt so unvollständig).

Auf die Gefahr hin, dass all das auf die aufgeführten Stücke nicht zutrifft, zähl ich mal auf, an welche Stücke ich ein besonders dickes Kreuz gemacht habe (Ist schon ein paar Jahre her. Sind alle aus Heft I, viel weiter bin ich nicht gekommen, ehe ich auch mal wieder was anderes spielen wollte.)

#21 ohne Titel (Allegro robusto)
#18 Soldatenlied
#13 Ballade
#8 Kinderspiel

Folklore Musik? Ja, wenn sie "halb-fremd" klingt. Also z.B. ost-europäisch, Klezmer, spanisch oder irisch, aber nicht indisch, nepalesisch u.ä. und schon gar nicht a la "Volkstümliche Hitparade" :twisted:

Schöne Grüße,

Daja
 
Hallo Daja!

Vielen Dank für deine Antwort.

In der Tat, die Musik ist rhythmisch und harmonisch sehr interessant.
Bemühe mich derzeit, die einzelnen Stücke zu analysieren.
Einige sind gar nicht so leicht für Kinder zu spielen - vor allem die linke Hand hat es oftmals in sich (unbequemer Fingersatz; ungewöhnliche Begleitformen) - und auch die genaue Ausführung der Artikulation ist selbst für mich vom Blatt nicht so einfach - gute Schulung für die Unabhängigkeit beider Hände. Also, wer nicht nur Bach spielen möchte, sollte sich unbedingt an Bartok wagen :D

Aufruf an alle ! - Wer spielt Stücke aus "Für Kinder" ???
Schreibt mir bitte von euren Erarbeitungs- und Spielerfahrungen. - Reine Neugier :D
 
Je mehr ich mich mit dem Thema "Für Kinder" auseinander setze, desto mehr wachsen mir die Stücke ans Herz. Ich habe sie mir zumindest alle schon auf CD angehört, viele davon gespielt und analysiert und beginne auch meinen Schülern einige zu geben.

"Für Kinder", das wissen vielleicht nicht alle, wurde 1908/09 herausgegeben. Viele der ungarischen und slowakischen Volkslieder erscheinen hier zum ersten Mal in gedruckter Form und sind somit ein Resultat seiner Forschung und Sammlertätigkeit auf dem Gebiet der osteuropäischen Volksmusik. Bei "Für Kinder" handelt es sich nämlich um Volksliedbearbeitungen, das bedeutet, die Melodie und der Charakter des Liedes bleiben erhalten und Bartók komponiert eine Begleitung dazu. Oftmals lässt er die Melodie 3x oder öfters hintereinander erscheinen, jedesmal durch andere Harmonien, Begleitstil - in ein anderes Licht gerückt.

Meiner Meinung nach gehören die Stücke aus "Für Kinder" genauso zur Musikerziehung dazu wie Bach. Ich finde es schade, dass er scheinbar immer noch verkannt wird. Sicherlich, für unsere abendländischen Ohren mag diese Musik zweierlei fremdartig klingen/erscheinen: Einerseits die fremden Melodien und Rhythmen, andererseits Bartoks harmonische Umsetzung... Ich lebe in einer sehr interessanten Umgebung - die Volksmusik der Sorben und Polen habe ich schon öfters gehört und erlebt - vielleicht deshalb auch mein Faible für diese Art von Musik.

Ich muss auch an dieser Stelle gestehen, dass ich nicht unbedingt ein Freund von zeitgenössischer (Kunst-)Musik bin, wohl aber ein Freund von Bartók ;)
 
Aufruf an alle ! - Wer spielt Stücke aus "Für Kinder" ???
Schreibt mir bitte von euren Erarbeitungs- und Spielerfahrungen. - Reine Neugier :D

Ich oute mich!! :D Übe daran vom Blatt spielen und Rythmen und so^^ Und ganz ehrlich: schön sind se auch noch ;) Schade, dass meine Lehrerin das nicht mag, bin mit Stücken von Kabalewsky angefangen, selbst, wenn die auch alle seh schön sind. Was hälstn von dem?
 
@tapirnase:

Huch, Deine Klavierlehrerin mag nicht, dass Du Vom-Blatt-Spielen übst?
Oder findet sie die Stücke für Dich im Moment noch zu schwer, um sie korrekt vom Blatt zu spielen?
 

@tapirnase:

Huch, Deine Klavierlehrerin mag nicht, dass Du Vom-Blatt-Spielen übst?
Oder findet sie die Stücke für Dich im Moment noch zu schwer, um sie korrekt vom Blatt zu spielen?

Mit dem 'das' war eher das Werk für Kinder vom Bartok gemeint :D
Die Kinder werke kannsch wohl spielen, slebst wenn die BArtok Sonaten es ganz schön in sich haben. Meine Klavier Lehrerin ist ein fan vom Blattspielen, wär auch sonst etwas merkwürdig.^^
 
Wo "Für Kinder" drauf steht, ist nicht zwangsweise "Für Kinder" drin.

Finde es schade, dass der Zyklus von Bartok total unterschätzt wird. Frei nach dem Motto, na ja, ist ja nur für Kinder, also keine ernstzunehmende Literatur... Echt ein Trugschluss - wie ich finde.

Meine Lehrerin hat mir neulich etwas über ihre Studienzeit erzählt. Da gab es ein interessantes Projekt - Urheber davon war ihr Klavierprofessor. Die Stücke aus "Für Kinder" wurden unter den Studenten aufgeteilt und dann als gesamter Zyklus an einem Vortragsabend aufgeführt. Irgendwie kann sicherlich jeder die Stücke spielen. Doch technisch und musikalisch sauber - das ist eine Kunst!
 
Ich liebe Zitate ... deshalb hier an dieser Stelle eins von Prof. Dr. Bert Greiner:

Still, jedoch nicht unspürbar, aber in jedem Falle unaufhaltsam vollzieht sich im gegenwärtigen Konzert- und Kammermusikleben ein Wandel. Wir erleben eine Renaissance zauberhafter Musikwerke, die oftmals geraume Zeit ein trauriges Schattendasein als sogenannte "Schüler- und Studienliteratur" gefristet haben.
Ehrgeizige Instrumentalpädagogen und der "highlight"-orientierte merkantile Konzertbetrieb haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass mehr und mehr wertvolle Musikliteratur aus den Konzertsälen verschwand. De facto wurde damit eine Trennung zwischen "wertvoller" Konzertliteratur und "weniger wertvoller" Unterrichtsliteratur recht dauerhaft zementiert. [...] Komponisten wie Béla Bartók, Paul Hindemith, Dmitri Schostakowitsch, Sergei Prokofjew oder Dmitri Kabalewski (um nur einige zu nennen) wussten genau um diese Problematik und schufen konzeptionell zahlreiche Musikwerke mit gleichermaßen höchsten konzertanten und edukativen Ansprüchen (womit sie an eine Tradition anknüpften, derer sich - den spezifischen Ausbildungs- und Unterweisungsformen seiner Zeit verpflichtet - auch beispielsweise ein Johann Sebastian Bach bediente).

Bartók lag sein Werk "Für Kinder" besonders am Herzen - er spielte sogar eine Auswahl davon in seinen eigenen Konzerten. Auch andere Interpreten waren sich der "Kinderliteratur" nicht zu schade - darunter beispielsweise Jenö Takács.

"Für Kinder" ist in meinen Augen sehr wertvolle Musik. Und dabei gar nicht in jedem Fall sooo einfach - manch ein Stück aus diesem Werk wird sogar erst einem Beifächler im Studium "angeboten".
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

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