alla breve

Kommt ein Vogel geflogen,
setzt sich nieder auf mein' Fuß,
hat ein' Zettel im Schnabel,
von der Mutter ein' Gruß.
In deinem Beispiel würde ich den "Fuß" Takt auch durchaus als betont ansehen, eben
durch die ganze Viertel auf dem "Fuß" mit zusätzlicher Achtelpause danach, welche beim sprechen ja das "Komma", kennzeichnen würde, aber für mich gleichzeitig auch noch das "Fuß" hervorhebt da sie Zeit zum realisieren verschafft, das der Vogel sich eben ungewöhnlicherweise auf den "Fuß" setzt.
Ich komme auf einem etwas anderen Wege auf die "Fuß"-Betonung. Beginnen wir mit der gesamten Strophe:

Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß, hat ein' Zettel im Schnabel, von der Mutter ein' Gruß.

Deren erste Hälfte baut den melodischen Bogen auf:

Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß,

Die zweite schließt ihn ab:

hat ein' Zettel im Schnabel, von der Mutter ein' Gruß.

Der "Fuß" wird damit zu einem ersten Zielpunkt und bekommt dadurch ganz organisch Gewicht.

Die beiden Hälften kann man dann jeweils noch einmal unterteilen (und bekommt dann eine Struktur wie PP). Zu bedenken ist noch, daß die so identifizierten melodischen Schwerpunkte immer noch unterschiedliche Intensität haben.

Soviel zu meinem kleinen Exkurs zum Thema "top-down vs. bottom-up".
 
Hi,
schön, dass der Faden noch mal aufgegriffen wird. Möchte mich in die erneute
Diskussion nicht einmischen. Kurze Frage an alle Anfänger zwischendurch:
Wie ist der es Akkord in der Ges Dur Tonleiter aufgebaut?
Macht es Sinn das Stück hinsichtlich der Akkorde zu zerlegen? Bringt es etwas?

Hallo Feingeist,

So ganz weiß ich nicht, wie deine Frage gemeint ist, aber -es befindet sich eine kleine Terz oberhalb von -ges und ist somit die Mollparallele von -ges. Wenn du ein Stück hast, in dem ges-Dur die Tonika ist, kann es-Moll ges-Dur in der Funktion als Tonika vertreten, weiters öffnet es neue Möglichkeiten zur Modulation.

LG, PP
 
Aber Manha, du wirst doch hier nicht das Ende der musikalischen Phrase betonen wollen. :o :razz:
Der "Fuß" markiert zwar das Ende der Phrase, trägt aber doch eine klare Spannung in sich, die den zweiten Teil antizipiert. Von der Intensität her würde ich ihn zwischen "Vo-" und "nie-" ansiedeln.

Wie "gleich" Perioden in der Musik zu sein haben ist ja auch ein weites Feld, das fernab jeder Einigkeit liegt....
 
Herzlichen Dank auch für deine Antwort, Antatol, das hat mir sehr geholfen :)

Ich werde jetzt guten Gewissens die Aussagen von Flyinggregg zu schweren und leichten Takten wieder vergessen.

Viele Grüße an Alle!
 
Der "Fuß" markiert zwar das Ende der Phrase, trägt aber doch eine klare Spannung in sich, die den zweiten Teil antizipiert. Von der Intensität her würde ich ihn zwischen "Vo-" und "nie-" ansiedeln.

Wie "gleich" Perioden in der Musik zu sein haben ist ja auch ein weites Feld, das fernab jeder Einigkeit liegt....

Hallo Anatol,

Ich bin ja auch kein sonderlich großer Fan von Regelwerken, obwohl ich schon versuche, sie im Hinterkopf zu behalten - könnte ja irgendwann zu was nütze sein. ;)

Daß das "Vogerl" eine achttaktige Phrase ist, darüber braucht man ja wohl auch nicht lang zu diskutieren. Ganz klassisch, die ersten vier Takte Vordersatz, danach vier Takte Nachsatz. Die Spannung, die du ansprichst, wird ja schon vor dem "Fuß" aufgebaut, im Takt 4 kehrt das Lied auf "Fuß" wieder in die Tonika zurück, und die Spannung wird wieder rausgenommen. Takt 4 ist sicher stärker als Takt 2, sowie auch Takt 3 stärker als Takt 1 ist - aber die erste Zählzeit von Takt 4 ist m. E. schwächer als die erste Zählzeit von Takt 3.

Und jetzt brauch ich dringend eine Dosis Bartók um das Vogerl wieder aus meinem Kopf zu verscheuchen. ;)

LG, PP
 
Hallo Anatol,(...) Die Spannung, die du ansprichst, wird ja schon vor dem "Fuß" aufgebaut, im Takt 4 kehrt das Lied auf "Fuß" wieder in die Tonika zurück, und die Spannung wird wieder rausgenommen.

die Harmonisierung auf "Fuß" ist zwar ein F-Akkord, allerdings ist der ausschlaggebende Melodieton hier nicht F sondern ein C, d.h. die Melodie ist ganz klar noch nicht zu Ende "erzählt".

Abseits von all diesem Theoriekram, bei dem ich leider noch nicht so mithalten kann - mein Empfinden des Stückes ist so, wie Anatol es schrieb: ein Melodiebogen bis "Fuß" und "Fuß" hat ein klare Spannung.

Das erschließt sich für mich einfach auch aus dem Text - wer würde, wenn sich ein Vogel bei ihm auf den Fuß setzt, nicht automatisch fragen - ey, was machst du denn da :D.

Da "muss" für mich einfach eine Erläuterung hinterherkommen, das setzten auf den Fuß kann nicht alles gewesen sein.

Lach ich hätte nie gedacht, das ich mal über ein Kinderlied diskutiere :D

Herzliche Grüße!
 
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die Harmonisierung auf "Fuß" ist zwar ein F-Akkord, allerdings ist der ausschlaggebende Melodieton hier nicht F sondern ein C, d.h. die Melodie ist ganz klar noch nicht zu Ende "erzählt".

Abseits von all diesem Theoriekram, bei dem ich leider noch nicht so mithalten kann - mein Empfinden des Stückes ist so, wie Anatol es schrieb: ein Melodiebogen bis "Fuß" und "Fuß" hat ein klare Spannung.

Klar ist es hier nicht zu Ende (habe ich auch nie behauptet) und es wird Spannung vor dem -c des Fußes aufgebaut, das -c folgt übrigens im Sekundschritt hinunter gleich dem höchsten Ton des Liedes.

Aber du hast doch Audacitiy - sing das Liedl einfach mal und nimm' es auf... es ist richtig schwierig den "Fuß" zu betonen, man denkt, man habe es schon gemacht und noch immer klingt es in Realität dann schwächer. :D:D:D

Leichter fällt die Betonung des -c, wenn man die Note davor abändert und nicht -d singt, sondern auf dem -g bleibt. :razz:

LG, PP
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
(...)das -c folgt übrigens im Sekundschritt hinunter gleich dem höchsten Ton des Liedes.
(...)
Leichter fällt die Betonung des -c, wenn man die Note davor abändert und nicht -d singt, sondern auf dem -g bleibt. :razz:

DAS hat einmal ein Instrumentalpädagoge als "Tenorintelligenz" bezeichnet. :D

Um beim Thema zu bleiben: Wenn man nun den "Vogel" als Kinderlied auffaßt (also quasi semplice), dann sollten die ganzen "strukturellen" Betonungen zugunsten des (8-taktigen!) Melodiebogens zurücktreten. Ansonsten wirkt das doch sehr schnell etwas gestammelt.

Lach ich hätte nie gedacht, das ich mal über ein Kinderlied diskutiere
Das halte ich nun gar nicht für so abwegig. Gerade durch die Einfachheit kann man da Diskussionsobjekte recht einfach isolieren.


PS: Es mag sein, daß ich als "gebürtiger" Hornist ein ganz eigenes Verhältnis zu Melodieführungen entwickelt haben. Aber sei's drum.
 
DAS hat einmal ein Instrumentalpädagoge als "Tenorintelligenz" bezeichnet.

Diese Art von Intelligenz schein ja ganz was Schlimmes zu sein.

Naja, meist ist es halt doch so, daß aufsteigende Melodien lauter werden und absteigende leiser - da hat man dann wohl auch weniger Hemmungen etwas lauter zu werden, wenn man sieht es geht aufwärts. :D

Um beim Thema zu bleiben: Wenn man nun den "Vogel" als Kinderlied auffaßt (also quasi semplice), dann sollten die ganzen "strukturellen" Betonungen zugunsten des (8-taktigen!) Melodiebogens zurücktreten. Ansonsten wirkt das doch sehr schnell etwas gestammelt.

Eigentlich wollte ich ja nur anhand des Beispiels zeigen, wie das mit den schweren und leichten Takten zu verstehen ist. Das war ja wohl das eigentliche Thema, aber gut, nachdem dafür kein "Bedarf" mehr besteht, weiter mit dem Liedl.

Ursprünglich war das "Vogerl" kein Kinderlied, dazu wurde es erst im 20. Jahrhundert. Aber egal, auch Kinderlieder wollen ja richtig gesungen sein und da nützt es nichts von einer 8-taktigen Melodie auszugehen, denn man muß ja trotzdem wissen, wie phrasiert werden muß und dazu muß man halt ins Detail gehen.

Von meinem Gefühl her, ist hier eben der "Fuß" weniger betont als das "nie-". Ok, es gibt Widerspruch, na dann muß ich halt schauen welche Regeln es gibt und inwieweit sich die mit meinem Gefühl vertragen.

Nach der Regel, der schweren und leichten Takte, habe ich Recht. Nach den Regeln der Harmonielehre (Funktionsanalyse) habe ich Recht. Dann gibt es noch als Indiz, daß abfallende Melodielinien die Tendenz haben, dynamisch eher schwächer zu werden. (Tenorintelligenz? :D)

Also wenn ihr nun nachvollziehbare Argumente dagegen habt, nur her damit, ansonst ist es wohl besser die Diskussion sein zu lassen.


PS: Es mag sein, daß ich als "gebürtiger" Hornist ein ganz eigenes Verhältnis zu Melodieführungen entwickelt haben. Aber sei's drum.

Gelten für Hornisten eigene Gesetze? Eigentlich sollten die doch kantables Spiel aus dem ff beherrschen!

Kennst du das Kinderlied mit dem gesungenen Orchester, in dem jede Stimme ein anderes Instrument ist? Mein Bruder ist ein fauler Hund und hat immer das Horn gesungen - das blieb stets auf einem Ton und hatte den leichtesten Text: "Das Horn, das Horn, das ruht sich aus." Vielleicht erlaubt das ja Rückschlüsse auf den Hornisten, sogar der Pauker hat es in dem Liedl schwerer. :razz:

LG, PP
 
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ansonst ist es wohl besser die Diskussion sein zu lassen.

Liebe PP,

ich denke das ist es, wenn auch nicht aus dem von dir genannten Grund.

Es war für mich bisher keine Diskussion zwischen "Recht" und "Unrecht" und eine solche Diskussion mag und werde ich auch nicht führen.

Wenn es dich beruhigt: ich denke durchaus, das du Recht hast, ich denke aber auch, das Anatol und ich nicht Unrecht haben :)


Herzliche Grüße,
Manha
die sich damit endgültig aus diesem Faden verabschiedet :)
 
Es war für mich bisher keine Diskussion zwischen "Recht" und "Unrecht" und eine solche Diskussion mag und werde ich auch nicht führen.

Liebe Manha,

Es tut mir leid, daß du dich durch meine Ausdrucksweise auf den Schlips getreten fühlst. Mir geht es auch nicht darum, ob du oder Anatol oder ich Recht haben - mir geht es schlicht und einfach darum, was falsch und was richtig ist, und in der Musik geht es halt oft viel unbeliebiger zu, als man denkt.

Es gibt Kompositionen und Interpretationen die objektiv besser sind als andere, und es gibt richtig und falsch in der Phrasierung. Du kannst mir glauben, daß ich mich bei absolut sicheren Quellen informiere, ob ich nicht selbst auf dem Holzweg bin, wenn eine Diskussion mal an so einem Punkt angelangt ist. Mir ging es hier nicht um Meinungsaustausch, sondern um Wissenstransfer - wir sind also grundsätzlich von gänzlich unterschiedlichen Positionen ausgegangen, da kann eine Diskussion wohl nur scheitern.

Herzlichen Gruß, PP
 
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Diese Art von Intelligenz schein ja ganz was Schlimmes zu sein.

Naja, meist ist es halt doch so, daß aufsteigende Melodien lauter werden und absteigende leiser - da hat man dann wohl auch weniger Hemmungen etwas lauter zu werden.
Das heißt aber nicht, daß der höchste Ton einer Phrase das größte Gewicht erhält. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtrichtung einer Phrase. Aber es gibt auch genügend Musikbeispiele bei denen diese Regel nicht gilt (auch wenn keine expliziten Crescendi/Decrescendi notiert sind!)

Eigentlich wollte ich ja nur anhand des Beispiels zeigen, wie das mit den schweren und leichten Takten zu verstehen ist.
Das ist halt das teuflische an Beispielen: Kaum gibt es ein Detail das man unterschiedlich auffassen kann, kommt so ein Trampel und macht das auch...

Von meinem Gefühl her, ist hier eben der "Fuß" weniger betont als das "nie-". Ok, es gibt Widerspruch, na dann muß ich halt schauen welche Regeln es gibt und inwieweit sich die mit meinem Gefühl vertragen.
Ich habe eben nochmal den Text von der Sprachmelodie (ohne Lied) her betrachtet. Und letztlich sind beide Betonungsvarianten plausibel. (Mir geht es hier ja auch nicht darum, Dich von Deiner Interpratation abzubringen. Ich wehre mich nur dagegen, daß es die einzige sein soll. Und wenn dabei die Argumentationswerkzeuge auch für andere Musikstücke geschärft werden, schadet das gewiß auch nicht.)

Nach der Regel, der schweren und leichten Takte, habe ich Recht.
Sicher paßt das mit dieser Regel zusammen, jedoch habe ich immer noch meine Zweifel ob sie zum einen tatsächlich so allgemein anwendbar ist (unabhängig davon, daß die Textunterlegung dies eben auf unterschiedliche Arten motivieren kann), und ob sie zum anderen wenn anwendbar so einen entscheidenen Einfluß hat. Aus meinem ersten Beitrag zu diesem Thema ergibt sich ja gerade, daß die Zwei-Takt-Bausteine in der strukturellen Hierarchie eben ganz unten angesiedelt sind.

Nach den Regeln der Harmonielehre (Funktionsanalyse) habe ich Recht.
Selbst da bin ich nicht überzeugt, daß das die einzig mögliche Lesart ist. Bei zwei verwendeten Akkorden ist mir das zwingende nicht so klar. (Zumal man ja von der vorgegeben Harmonisierung ohne weiteres abweichen könnte. Aber das führte jetzt tatsächlich etwas weit ab).

Dann gibt es noch als Indiz, daß abfallende Melodielinien die Tendenz haben, dynamisch eher schwächer zu werden. (Tenorintelligenz?)
Die Melodielinie der ersten Hälfte ist aber klar aufsteigend. Sowohl über die gesamten vier Takte (a->c), als auch bei erneuter Unterteilung (sogar g->c). Man kann die Melodie sogar als Ausschmückung der Tonfolge "c a b c - c a b f" auffassen.

Gelten für Hornisten eigene Gesetze? Eigentlich sollten die doch kantables Spiel aus dem FF beherrschen!
Das kantable Spiel kriegt man aber nicht wirklich hin wenn man die Takte "eins-zwei-eins-zwei-eins-zwei" herunterexerziert. Das ist mir eindeutig zu preußisch. :D

Aber aus dem Repertoire habe ich mal zwei Beispiele rausgeschnippelt um zu verdeutlichen was ich meine. Zuerst Robert Schumanns op.70:
Schumann_Adagio.jpg
Die Tenorintelligenz gebietet das hohe (notierte) c fünf Takte vor B als stärksten Ton zu spielen, die Phrase führt jedoch zum d im folgenden Takt. Zudem hat das Stück zu Anfang eine Grunddynamik von piano bis pianissimo (mit einigen Crescendo-Decrescendo-Gabeln); erst im Takt vor B gibt es ein erstes echtes Forte (als Fortepiano aber gleichsam wieder mit Fragezeichen). Beides wird aber sehr oft nicht beachtet.

Dann noch der Beginn von Richard Strauss' Andante op.posth.:
Strauss_Andante.jpg
Das Stück beginnt mit einer zweigeteilten achttaktigen Phrase (von dem Vogel ein' Gruß...), die in den darauffolgenden sieben Takten variiert wird. Der Schwerpunkt der Eingangsphrase ist hierbei das h im vierten Takt und nicht etwa das c (oder gar das g, schauder!) im dritten. Die Kantilene führt aber dennoch über die gesamten acht Takte. Bei der darauffolgenden Variation ist wiederum das fis in Takt 10kein Schwerpunkt sondern erst wieder das e in Takt 11. Und trotz der Unterteilung in 3+4 Takte spannt sich die Melodie über die gesamten sieben Takte.

Worauf ich hinauswill: Strukturelle Unterteilung bedeutet keinesfalls ein Zerhacken der melodischen Linie.

Kennst du das Kinderlied mit dem gesungenen Orchester, in dem jede Stimme ein anderes Instrument ist? Mein Bruder ist ein fauler Hund und hat immer das Horn gesungen - das blieb stets auf einem Ton und hatte den leichtesten Text: "Das Horn, das Horn, das ruht sich aus." Vielleicht erlaubt das ja Rückschlüsse auf den Hornisten, sogar der Pauker hat es in dem Liedl schwerer. :razz:
Das Lied kenn' ich wohl, ist aber sicher nicht die letztgültige Quelle zur Charakterisierung der Instrumente (und Instrumentalisten). :D

PS: Das ist jetzt etwas länger geworden, aber ein paar meiner Anliegen wurden hoffentlich etwas klarer.
 
Hallo Anatol,

Danke für deinen ausführlichen Beitrag!

Leider werde ich heute nicht mehr auf alle Punkte antworten können und auch am Wochenende habe ich Besuch, sodaß ich wahrscheinlich erst später auf alles eingehen werde können.

Zuerst möchte ich aber ein Mißverständnis ausräumen, das hier meines Erachtens entstanden ist. Ich bin keineswegs der Meinung, daß die Regel über leichte und schwere Takte, so wie ich sie eingangs beschrieben habe, allgemeine Gültigkeit hat - das habe ich in meinem ersten Beitrag auch erwähnt und extra darauf verwiesen, daß man bei Bartók sicher fündig wird, wenn man Stücke sucht, die diesen Regeln nicht entsprechen. Es hat ja auch die Funktionstheorie ihre Grenzen, die umso deutlicher werden, je mehr man sich der Musik der Gegenwart nähert.

Ich wollte einfach Manhas Frage hier nicht unbeantwortet lassen, und habe somit den Hinweis auf Riemann gegeben (seinen Namen habe ich im Zusammenhang mit dem Thema öfter gelesen), sowie ein Beispiel anhand dessen sie einfach nachvollziehen kann, was damit gemeint ist. Gut das hat so nicht funktioniert aber was soll's - ich schätze jede Diskussion aus der ich lernen kann.

Das heißt aber nicht, daß der höchste Ton einer Phrase das größte Gewicht erhält. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtrichtung einer Phrase. Aber es gibt auch genügend Musikbeispiele bei denen diese Regel nicht gilt (auch wenn keine expliziten Crescendi/Decrescendi notiert sind!)

Den Verlauf der Tonhöhe sehe ich auch nur als Hinweis, aber der Punkt kommt ja unten noch mal, also näheres dazu später.

Das ist halt das teuflische an Beispielen: Kaum gibt es ein Detail das man unterschiedlich auffassen kann, kommt so ein Trampel und macht das auch...

Ach, damit muß man wohl leben - obwohl, die Kamele und Trampeltiere lassen wir lieber dort, wo sie hingehören. ;)

Ich habe eben nochmal den Text von der Sprachmelodie (ohne Lied) her betrachtet. Und letztlich sind beide Betonungsvarianten plausibel.

Mir erscheint die Betonung auf den Fuß forciert. Vielleicht kann ja Fredericus sich des Themas mal annehmen, werde ihn mal nach dem Wochenende fragen. Wenn er sich dazu äußert wird das sicher ein sehr informativer und spannender Beitrag.

Sicher paßt das mit dieser Regel zusammen, jedoch habe ich immer noch meine Zweifel ob sie zum einen tatsächlich so allgemein anwendbar ist (unabhängig davon, daß die Textunterlegung dies eben auf unterschiedliche Arten motivieren kann), und ob sie zum anderen wenn anwendbar so einen entscheidenen Einfluß hat. Aus meinem ersten Beitrag zu diesem Thema ergibt sich ja gerade, daß die Zwei-Takt-Bausteine in der strukturellen Hierarchie eben ganz unten angesiedelt sind.

Einwand vollkommen berechtigt - man kann ja nicht ein Beispiel bringen, das eine Regel illustrieren soll und diese Regel dann gleich auf dieses Beispiel anwenden, wenn es angezweifelt wird.

Selbst da bin ich nicht überzeugt, daß das die einzig mögliche Lesart ist. Bei zwei verwendeten Akkorden ist mir das zwingende nicht so klar. (Zumal man ja von der vorgegeben Harmonisierung ohne weiteres abweichen könnte. Aber das führte jetzt tatsächlich etwas weit ab).

Das kann ich nicht nachvollziehen, warum ändert die Tatsache, daß es nur zwei Akkorde gibt das Spannungsverhältnis zwischen Tonika und Dominante? Das erste Viertel aus Takt 3 ist eine Septime des Dominantakkords und verstärkt somit die Spannung noch, während das erste Viertel aus Takt 4 die Quinte der Tonika ist. Das mit der Reharmonisierung kann ich mir schwer vorstellen, wie könnte eine passende Akkordfolge in diesen Takten aussehen, damit sich das Spannungsverhältnis hier ändert?

Die restlichen Punkte, muß ich mir leider für später aufheben, da brauche ich etwas mehr Zeit und morgen muß ich um 5 Uhr aus den Federn.

Wünsche dir noch einen schönen Abend!

LG, PP
 
Liebe PP,

ich denke das ist es, wenn auch nicht aus dem von dir genannten Grund.

Es war für mich bisher keine Diskussion zwischen "Recht" und "Unrecht" und eine solche Diskussion mag und werde ich auch nicht führen.

Wenn es dich beruhigt: ich denke durchaus, das du Recht hast, ich denke aber auch, das Anatol und ich nicht Unrecht haben :)


Herzliche Grüße,
Manha
die sich damit endgültig aus diesem Faden verabschiedet :)

Och, vielleicht habe ich heute nur einen Anfall von Altersmilde, aber mir macht es gerade nicht so viel aus, der musikalischen Unwahrheit gezeiht zu werden, solange ich argumentativ mit spitzem Florett (oder Sarrazenenschwert :D) parieren kann. Solang der substantielle Inhalt überwiegt, taugts mir wohl.

Eigentlich sollten die doch kantables Spiel aus dem ff beherrschen!
(Aber mir vorwerfen, ich hätte keine Ahnung von Kantilenen...
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)
 
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Hallo PianoPuppy,

Ich schaffe es heute immer wieder während meiner Antworten andere Beiträge zu überspringen. Ein paar Präzisierungen meinerseits, bevor ich geduldig Deiner nächsten Ausführungen harren werde.

Zuerst möchte ich aber ein Mißverständnis ausräumen, das hier meines Erachtens entstanden ist. Ich bin keineswegs der Meinung, daß die Regel über leichte und schwere Takte, so wie ich sie eingangs beschrieben habe, allgemeine Gültigkeit hat - das habe ich in meinem ersten Beitrag auch erwähnt und extra darauf verwiesen, daß man bei Bartók sicher fündig wird, wenn man Stücke sucht, die diesen Regeln nicht entsprechen. Es hat ja auch die Funktionstheorie ihre Grenzen, die umso deutlicher werden, je mehr man sich der Musik der Gegenwart nähert.
Mir kommt die Bezeichnung als leichte bzw. schwere Takte ein bißchen unglücklich vor, schließlich erstrecken sich musikalische Schwerpunkte meist nicht über gesamte Takte (bei choralartigen Werken zum Beispiel kommt das aber durchaus vor). Daß nun musikalische/melodische Schwerpunkte bzw. (Zwischen-)ziele in einigen Takten vorkommen, in anderen wiederum nicht, ist allerdings eine Binsenwahrheit. (Auch daß ähnliche Teile eines Musikstücks eine ähnliche Betonungsstruktur aufweisen, stelle ich keineswegs in Abrede.) Mir scheinen nur Werke, die sich ganz oder zu großen Teilen quasi atomisch in minimale periodische Betonungseinheiten zerlegen lassen und dabei diese Regel nötig machen, eher die Ausnahme zu sein. (Und gerade für sangliche Stücke bin ich diesbezüglich skeptisch.)

Mir erscheint die Betonung auf den Fuß forciert. Vielleicht kann ja Fredericus sich des Themas mal annehmen, werde ihn mal nach dem Wochenende fragen. Wenn er sich dazu äußert wird das sicher ein sehr informativer und spannender Beitrag.
Flapsig gesprochen ist es ja geradezu das Wesen der Betonung, forciert zu sein. Es gibt zwar wahrscheilich prägnantere Beispiele als die Liedzeile, aber noch einmal können wir sie wohl noch - etwas launisch - verwursten:

Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Und legt sich nicht etwa.)
Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Keinen anderen.)
Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Nicht etwa herauf.)
Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Zielen kann er gut.)
Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Den Typen neben mir kann er, scheint's, nicht leiden.)
Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein' Fuß. (Glück gehabt. Am Kopf bin ich kitzlig.)

Mit anderen Sätzen lassen sich noch frappierendere Bedeutungsverschiebungen erzielen.

Das kann ich nicht nachvollziehen, warum ändert die Tatsache, daß es nur zwei Akkorde gibt das Spannungsverhältnis zwischen Tonika und Dominante? Das erste Viertel aus Takt 3 ist eine Septime des Dominantakkords und verstärkt somit die Spannung noch, während das erste Viertel aus Takt 4 die Quinte der Tonika ist. Das mit der Reharmonisierung kann ich mir schwer vorstellen, wie könnte eine passende Akkordfolge in diesen Takten aussehen, damit sich das Spannungsverhältnis hier ändert?
Ich glaube, hier habe ich ein paar Mißverständnisse provoziert. Als ich die Spannung in meinem ersten Beitrag ins Spiel brachte, bezog sich das lediglich auf den Melodieverlauf ohne Berücksichtigung der Harmonisierung. (Probier's aus: das c im vierten Takt erzwingt geradezu eine Fortsetzung - das b könnte dagegen als wahrer Ruhepunkt durchgehen. :cool:) Demgegenüber wirkt die Abfolge zweier Akkorde (trotz unbestreitbarer Spannungsbeziehung zueinander) einigermaßen handzahm.

Der Verweis auf eine alternative Harmonisierung war vor diesem Hintergrund pocchissimo scherzando gemeint und weniger als hauptsächliches Argument. (Da geht aber tatsächlich was auch ohne grobe Verrenkungen. Vielleicht geh' ich am Wochenende basteln...)
 
Als ich die Spannung in meinem ersten Beitrag ins Spiel brachte, bezog sich das lediglich auf den Melodieverlauf ohne Berücksichtigung der Harmonisierung. (Probier's aus: das c im vierten Takt erzwingt geradezu eine Fortsetzung - das b könnte dagegen als wahrer Ruhepunkt durchgehen. :cool:) Demgegenüber wirkt die Abfolge zweier Akkorde (trotz unbestreitbarer Spannungsbeziehung zueinander) einigermaßen handzahm.

Ihr Lieben,

wenn ich mich kurz einklinken darf: ich freue mich, wie ihr hier an die Sache herangeht! Ihr betrachtet die Melodie dieses Volksliedes von allen Seiten und versucht, so viele Aspekte wie möglich erkennen, um dann eine Entscheidung für eine schöne und sinnvolle Phrasierung zu treffen.

Diese Arbeit ist sehr wichtig und unumgänglich, will man ein Stück wirklich verstehen und wiedergeben! Und völlig klar ist auch, dass die Entscheidung für eine Phrasierung recht subjektiv sein kann. Je komplexer das Werk und je höher die Anzahl der zu beobachtenden und klanglichen Aspekte und Parameter, desto unterschiedlicher die Ergebnisse.

Allerdings handelt es sich hier um ein Volkslied, das recht schlicht und leicht fasslich in Melodie und Harmonie komponiert ist! Klar könnte man andere Harmonien verwenden wie es z.B. Distler bei Weihnachts- und Kirchenliedern gemacht hat. Aber wenn hier die Phrasierung untersucht wird, sollte man doch von der Harmonik ausgehen, wie sie im Volksgebrauch verwendet wird und für dieses Lied typisch ist.

Und da ist es völlig klar, dass sich "nieder auf mein" harmonisch in der Dominante bewegt. "mein" ist sogar in diesem Kontext die None, die sich einen Ganzton tiefer in die Quinte der Tonika auflöst. Wir haben also in diesem Takt harmonisch einen Dominantseptnonenakkord und der hat eine viel höhere Spannung als die diese Spannung auflösende Tonika auf "Fuß".

Deine sehr schönen Beispiele von Bruckner etc., lieber Anatol Analogicus, widersprechen dem nicht. Denn das ist eine ganz andere Musik mit erheblich komplexeren musikalischen Parametern (Bögen, dynamische Vorgaben, Länge der Phrasen, ....). Hier ist es ein schlichtes Volkslied.

Interessant ist aber, wie unterschiedlich doch offensichtlich diese Melodie gehört wird. Ich höre bei dieser Art von Musik immer das harmonische "Gerüst" mit, das von der Melodie nicht getrennt werden kann wie die zwei Seiten einer Medaille. Um zu hören, wie ich und vermutlich auch PP es hören, könntet ihr die Melodie mal mit Akkorden unterlegt spielen, vielleicht wird es dann klarer. Die Offenheit der Melodie, die ihr bei "Fuß" empfindet und weshalb ihr dort gern mehr betonen würdet, liegt also daran, dass dort die (höhere) Quinte der Tonika verwendet wird und nicht wie am Schluss der (tiefere) Grundton. Daraus ergibt sich, dass "Fuß" tatsächlich offener und betonter ist als "Gruß". Aber mehr auch nicht. Die Tonika ist bei einem solchen Volkslied niemals lauter als der vorhergehende D7/9.

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe Chiarina,

Natürlich darfst Du hier mittun (von mir aus jedenfalls gerne). Ich hatte gerade eine längere Antwort fast beendet als der Browser gestorben ist. Ich bin mir zwar sehr bewußt, was ich da geschrieben habe, und werde das zumindest inhaltlich rekonstruieren können; bis dahin bin ich aber wohl mehr notarius denn advocatus diaboli. :twisted:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich hatte gerade eine längere Antwort fast beendet als der Browser gestorben ist. Ich bin mir zwar sehr bewußt, was ich da geschrieben habe, und werde das zumindest inhaltlich rekonstruieren können; bis dahin bin ich aber wohl mehr notarius denn advocatus diaboli. :twisted:

Oh, du Armer - das ist so verdammt ärgerlich!!! :kuss: Ist mir auch schon ein paar Mal passiert.... .

Ich wollte mich aber nur ganz kurz einklinken!

Liebe Grüße

chiarina
 
(Aber mir vorwerfen, ich hätte keine Ahnung von Kantilenen...
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bevor du die Keule auspackst, denkst du bitte daran, dass Sänger viel mehr mit einem einzelnen Ton anstellen können, als wir am Klavier (z.B. können wir keinen zentralen Ton leise anfangen und anschwellen lassen) -- oft genug muss man am Klavier Notlösungen wählen

das aber nur nebenbei - ich will die fruchtbare Diskussion nicht stören :)
 
(z.B. können wir keinen zentralen Ton leise anfangen und anschwellen lassen)

Aber der Anatol, der kann das, denn der ist Hornist. :D

Das eröffnet nun aber eine weitere Möglichkeit, schön langsam wir es Zeit eine Umfrage zu starten:

Landet das Vogerl...

a) auf leichtem Fuß
b) auf schwerem Fuß
c) auf einem anschwellenden Fuß

:o :p :D

LG, PP
 

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