Paralleles Üben von Stücken

Dass ich mich mit dem ersten Stück recht schwer tue, hängt unter anderem damit zusammen, dass ich nicht sofort auf Klavierspielen „umschalten“ kann, sondern gedanklich noch halb woanders bin. Außerdem brauche ich immer ein paar Minuten, bis sich das Klavier nicht mehr "fremd" anfühlt.

Dafür kann ich Dir (und allen anderen, denen es ähnlich geht) einen exzellenten Tip geben.

Erstmal würde ich an Deiner Stelle zweckmäßigerweise das Problem etwas anders benennen: Nicht "auf Klavierspielen umschalten" sondern "auf Mit-Tönen-Arbeiten umschalten". Probiers aus, es macht einen großen Unterschied - das eine Mal bist Du primär beim Bewegen von Fingern und Tasten, das andere Mal bei dem, worum es geht: eine schöne Schallwelle zu erzeugen.

Dann würde ich konkret Folgendes machen, und zwar als richtiges Ritual mit der jedesmal gleichen Ruhe und Sorgfalt:

1) Dich in Ruhe am Klavier sitzmäßig einrichten. Hocker an günstige Stelle positionieren (insbesondere nicht zu nah dran!), dann sorgfältig hinsetzen, Füße haben satten Bodenkontakt, und Du spürst den Kontakt zum "2.Boden" des Hockers in Deinen "Sitzhöckern" des Beckens. Ein paar Atemzüge in den hoffentlich entspannten Bauch hinein nehmen.

2) "Ins Hören gehen", d.h., Deine Aufmerksamkeit geht in die Wahrnehmung dessen, was gerade zu den Ohren hineinkommt - die mehr oder weniger feinen Umgebungsgeräusche, Deine Atemgeräusche, Ohrgeräusche - was Du halt gerade so hörst. Dein Organismus wird darauf eingestimmt, daß es jetzt um Klang geht, die Muskulatur wird entspannt, und zwanghaftes Denken klingt ab.

3) Mit wenigen (am besten improvisierten) Tönen anfangen zu spielen. Nichts machen, was mit "Finger bewegen" oder "Töne treffen" zu tun hat, sondern einfach Klänge erzeugen und mit der Aufmerksamkeit "in" diesen sein. Auf diese Weise ganz natürlichen Kontakt mit dem Instrument aufnehmen und spüren, daß es nicht um "Anschlag" sondern um "Touch" geht.

Das ist sogar noch effektiver, wenn man's mit geschlossenen Augen macht.

Das mit dem Ins-Hören-Gehen auch jedesmal machen, wenn man aufgehört hat zu spielen und wieder anfängt.

Der größte Fehler, den man machen kann, ist, sich irgendwie -zack- hinzusetzen und sofort Tonleitern, Etüden etc. loszududeln nach dem Motto "Los, Finger, wollen doch mal sehen! Hü!" Leider machen das viel zu viele, weil sie mit einem "Sport"-Ansatz rangehen und denken, das sei "Warmspielen". FALSCH! Mein Punkt 3 ist Warmspielen - danach sind die Finger warm, auch wenn sie kaum bewegt wurden. Die Wärme der Finger hängt nämlich NICHT davon ab, ob sie viel bewegt wurden, sondern davon, daß die gesamte Strecke vom Nacken bis zu den Fingern entspannt ist und das Blut bis zu den Fingern gut durchfließen kann! (Und natürlich von meiner allgemeinen Entspanntheit, klar.)

LG,
Hasenbein
 
hallo,

möchte noch einen weiteren Tipp geben parallel Lieder üben zu können.
Ich spiele selber neben Klavier auch Orgel. Während meiner anfangszeit musste ich wöchentlich 4-5 neue Choräle einüben. Meine Orgellehrerin gab mir den Tipp manche Lieder von hinte zu üben.
Also je nach schwierigkeit zum Beispiel den letzten Takt, wenn man den kann den vorletzten und den letzten dran hängen und so weiter. Das hat mir sehr geholfen, da die Stücke einen gewissen authentischen übungscharacter erhalten und außerdem diese Herangehensweise eine Abwechslung mit sich bringt.

noch ein tipp: wie bei jedem lernprozess sind Pausen sehr wichtig. insofern du es dir einteilen kannst und normalerweise eine stunde am tag übst, teile die stunde so ein, dass du eine halbe Stunde spielst, eine halbe Stunde pause machst...(im garten mit dem hund spielen..auf jedenfall etwas neutrales) und dann wieder eine halbe stunde spielen. zum einen speichern sich die gelernten informationen (motorische abläufe..) und zum anderen wirst du zur 2. halbzeit einen erfolg feststellen, der wiederum euphorie auslöst..hormone, die auch die nächste halbe stunde erfolgreich machen

gruß daniel
 
Beim Spielen der Etüde spiele ich nur die Etüde. So, wie ich sie mir gedanklich vorstelle und so, wie ich sie höre und sonst nichts. Frank und frei und einfach nur so, wie ich sie kenne. Und glatt könnt' ich mitsingen.

Vielleicht liegt das einfach daran, daß du von der Etüde eine klare Vorstellung hast, während die dir bei anderen Stücken fehlt.

Anstatt "das musste jetzt gleich besonders betonen" halte lieber an, stelle dir die Stelle "besonders betont" vor, und spiele sie dann so. Und wenn du dir vorhalten mußt, daß du eine Stelle bereits tausendmal geübt hast, und sie trotzdem falsch spielst, hast du offensichtlich falsch geübt. Dann mußt du überlegen, wie du sie besser üben kannst, und nicht immer wieder versuchen, sie trotzdem richtig zu spielen.

"besonders betont" ist übrigens nicht besonders klar, das müßtest du so formulieren, daß du weißt, was du tatsächlich wie betonen willst. Am besten geht das, in dem du die Stelle in Gedanken "besonders betonst". Dann hast du es schon einmal richtig gehört und brauchst es nur noch nachzuspielen.
 
Musik lebt davon, dass sie Klänge in der Zeit (im Verlauf) aufblühen lässt - dabei wird die Zeit voll und ganz von den Klängen verbraucht oder absorbiert, also ist für schöne und sinnvolle Klänge einfach keine Zeit, um an Nebensächlichkeiten zu denken.
Da wäre doch eine Idee, die schnurzpiepegalen Etüden mit möglichst schönem Klang zu spielen - und das dann auch allmählich auf die Klavierstücke zu übertragen.

so schön ........!
 
Dafür kann ich Dir (und allen anderen, denen es ähnlich geht) einen exzellenten Tip geben.

Erstmal würde ich an Deiner Stelle zweckmäßigerweise das Problem etwas anders benennen: Nicht "auf Klavierspielen umschalten" sondern "auf Mit-Tönen-Arbeiten umschalten". Probiers aus, es macht einen großen Unterschied - das eine Mal bist Du primär beim Bewegen von Fingern und Tasten, das andere Mal bei dem, worum es geht: eine schöne Schallwelle zu erzeugen.

Dann würde ich konkret Folgendes machen, und zwar als richtiges Ritual mit der jedesmal gleichen Ruhe und Sorgfalt:

1) Dich in Ruhe am Klavier sitzmäßig einrichten. Hocker an günstige Stelle positionieren (insbesondere nicht zu nah dran!), dann sorgfältig hinsetzen, Füße haben satten Bodenkontakt, und Du spürst den Kontakt zum "2.Boden" des Hockers in Deinen "Sitzhöckern" des Beckens. Ein paar Atemzüge in den hoffentlich entspannten Bauch hinein nehmen.

2) "Ins Hören gehen", d.h., Deine Aufmerksamkeit geht in die Wahrnehmung dessen, was gerade zu den Ohren hineinkommt - die mehr oder weniger feinen Umgebungsgeräusche, Deine Atemgeräusche, Ohrgeräusche - was Du halt gerade so hörst. Dein Organismus wird darauf eingestimmt, daß es jetzt um Klang geht, die Muskulatur wird entspannt, und zwanghaftes Denken klingt ab.

3) Mit wenigen (am besten improvisierten) Tönen anfangen zu spielen. Nichts machen, was mit "Finger bewegen" oder "Töne treffen" zu tun hat, sondern einfach Klänge erzeugen und mit der Aufmerksamkeit "in" diesen sein. Auf diese Weise ganz natürlichen Kontakt mit dem Instrument aufnehmen und spüren, daß es nicht um "Anschlag" sondern um "Touch" geht.

Das ist sogar noch effektiver, wenn man's mit geschlossenen Augen macht.

Das mit dem Ins-Hören-Gehen auch jedesmal machen, wenn man aufgehört hat zu spielen und wieder anfängt.

Der größte Fehler, den man machen kann, ist, sich irgendwie -zack- hinzusetzen und sofort Tonleitern, Etüden etc. loszududeln nach dem Motto "Los, Finger, wollen doch mal sehen! Hü!" Leider machen das viel zu viele, weil sie mit einem "Sport"-Ansatz rangehen und denken, das sei "Warmspielen". FALSCH! Mein Punkt 3 ist Warmspielen - danach sind die Finger warm, auch wenn sie kaum bewegt wurden. Die Wärme der Finger hängt nämlich NICHT davon ab, ob sie viel bewegt wurden, sondern davon, daß die gesamte Strecke vom Nacken bis zu den Fingern entspannt ist und das Blut bis zu den Fingern gut durchfließen kann! (Und natürlich von meiner allgemeinen Entspanntheit, klar.)

LG,
Hasenbein

Und das auch : so schön!
 
In Ergänzung zu Pomurlas Post:

Alle, die hier immer wieder malö gegen Hasi und Rolf wettern, sollten dies mal durchlesen. Ich kann nur Pomurla wiederholen: So schön!
 

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