Rachmaninov Prélude op. 23 Nr. 5

Stilblüte

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Hallo!

Ich habe die letzte Zeit genutzt, um endlich ein paar Klaviervideos von mir zu sichten. Ähnlich wie manche Leute es nicht mögen, sich auf Fotos zu sehen oder die eigene Stimme zu hören, scheue ich mich, mir Aufnahmen von mir anzuhören. Aber je öfter ich es mache, desto weniger schlimm wird es vielleicht...? :003:

Im Dezember habe ich zu einer Prüfung die 10 Préludes op. 23 von Rachmaninov und eine Mozarsonate, KV 332 in F-Dur, gespielt. Ich dachte, ich lade euch jede Woche einen Satz daraus hoch und schreibe ein paar Worte dazu. Beginnen möchte ich mit dem vermutlich bekanntesten der Préludes, nämlich dem in g-moll, op. 23 Nr. 5.


View: https://youtu.be/iFXAmO9KONY

(Wie vermutlich viele klavierbegeisterte Jugendliche habe auch ich mich als Teenager an dieser harten Nuss versucht - mit mäßigem Erfolg.)

Ganz schlecht war das Ergebnis vermutlich nicht, aber das Motiv mit dem ungewöhnlichen Klaviersatz "Oktave - einzelner Ton - Oktave - einzelner Ton" und die Akkordrepetitionen der linken Hand (beides zweite Seite oben) waren nix, das weiß ich noch. Die rechte Hand konnte die Akkorde ganz gut repetieren, die linke nicht. Damals hab ich sie angeschaut und ihr gesagt "Mach es doch einfach wie die Rechte!", aber sie wollte nicht... Warum, hab ich bis heute nicht verstanden...

Genausowenig verstehe ich, wie die Linke es inzwischen gelernt hat :004: ich kann mich nicht erinnern, Akkordrepetitionen geübt zu haben; andere "Schwierigkeiten" kamen aber wohl vor, wie z.B. schnelle Oktaven (z.B. im Tschaikowsky Konzert b-moll).

Nachdem ich später zur Aufnahmeprüfung zwei Préludes aus op. 32 gespielt hatte (die bekannten G-Dur und gis-moll, Nr. 5 und Nr. 12) sowie ein paar Etüden, hatte ich mir schon sehr lang vorgenommen, etwas "Größeres" von Rachmaninov zu spielen. Außer den Paganini-Variationen hatte ich wenig gespielt. Da ich Miniaturen liebe und außerdem einige Préludes aus op. 23 (auch Nr. 9 hat eine besondere Geschichte - dazu wann anders mehr), fiel die Wahl auf op. 23.

Aufgrund meiner bisherigen Erfahrung mit Rachmaninovs Préludes habe ich dieses Op.23 in seiner Komplexität und im Anspruch etwas unterschätzt. Jedes Prélude hat einen völlig anderen Klaviesatz (also eine Art der Bewegung und Schichtung), alle Préludes sind polyphon und teilweise durchgehend drei- bis vierstimmig. Dazu kommt eine reiche Harmonik, die in ihrer Gesamtheit durchweg "traditionell", nachvollziehbar und keineswegs "freitonal" oder dergleichen ist - die aber durchaus beim ersten Hören und Spielen nicht sofort und ganz leicht durchschaubar ist (zum Beispiel bei Nr. 8 und 9).
Eine besondere Herausforderung für mich war also, besonders aufgrund der Polyphonie und Mehrstimmigkeit, der Harmonik und teilweise auch des sehr gleichförmigen bzw. nur geringfügig variierten Klaviersatzes (wie in Nr. 1, 4, 6, 7, 8 und 9) das Merken und Auswendiglernen.Dazu kommt wohl, dass die Préludes einem pianistisch einiges abverlangen und teilweise eine Bewegungsart erfordern, die ansonsten nicht so häufig vorkommt (z.B. in Nr. 8) oder einfach schwer ist (z.B. in Nr. 9). Warum die Préludes keine Etüden und die Etüden keine Préludes sind, kann einem nur teilweise einleuchten. Manche der Etüden würden sich wunderbar als Prélude machen (z.B. das bekannte in d-moll, Op. 33 Nr. 5), manche Préludes wären wunderbare Etüden (z.B. Nr. 7, 8, 9).

Tatsächlich würde ich rückblickend sagen, dass für mich op. 23 Nr. 5 in seiner Gesamtheit das einfachste Prélude von allen ist. Das mag daran liegen, dass ich es vorher schon sehr gut kannte und auch schon einmal geübt hatte. Vor allem liegt es aber daran, dass dieses ein Stück der Sorte ist, das immer leichter wird, je länger man es spielt (kann auch anders herum sein...). Sind die technischen Herausforderungen überwunden, d.h. die Akkordrepetitionen, Oktaven etc. im A-Teil und die Akkordbrechungen der linken Hand und die Mehrstimmigkeit der rechten Hand im Mittelteil, kann man sehr freudvoll und locker damit umgehen. Da ist nichts wahnsinnig komplex oder kompliziert, keine musikalischen Fragezeichen oder Ambivalenzen, es ist leicht verständlich und verhältnismäßig gut zu merken.
Damit will ich nicht sagen, dass ganz verschiedene Interpretationen möglich sind, z.B. hinsichtlich des Tempos oder der Temposteigerung nach dem Mittelteil im Übergang zum A-Teil, Pedalgebrauch etc. etc.

Für einen Amateurpianisten wäre vielleicht ein anderes Prélude leichter, z.B. Nr. 1, Nr. 6 oder Nr. 10. Warum ich das nicht so empfunden habe, werde ich erzählen, wenn ich bei diesen Préludes angelangt bin. Wie ihr seht, halte ich mich nicht an die Reihenfolge :005:

Zur Aufnahme: Ich hatte zwei externe Mikros (eines davon das ZoomH2, das andere ist im Raum installiert, darum weiß ich nicht, was für eines das ist) und das Mikrofon meiner Handykamera, das ich aber fast vollständig zurückgenommen habe. Gefilmt habe ich tatsächlich mit meinem Handy.
Dass hier nicht alles zu 100% sauber gespielt ist, müsst ihr nun in Kauf nehmen, ich hatte nicht wahnsinnig viel Zeit und habe alles im Ganzen zweimal durchgespielt. Vermutlich werden auch ein paar Préludes dabei sein, wo man den einen oder anderen falschen Ton hört. :musik018:

Ansonsten viel Freude und viele Grüße
Stilblüte
 
Hi Stilblüte,

vielen Dank! - Ich finde es toll, dass Du neben der Einspielung auch Deine Erfahrungen und Gedanken zu dem Stück mitteilst, behalte das bitte bei bei Deinen weiteren Beiträgen! Das ist echt gut und gewinnbringend.
Süß, dass Du an die Amateurpianisten denkst! Du hattest ja in Selianitika einige um Dich. Die Mozartsonate, ein paar Preludes und Etüden von Rachmaninov hatten wir dort ja auch von Dir gehört.

Liebe Grüße

Walter
 
:super:
Danke fürs Hochladen!
Ist das ein B-Flügel?
 
@Walter Stimmt, aber der Rachmaninov war da noch äußerst unausgegoren...

@Stefan379 Ja, ein Steinway B.
 
Im Dezember habe ich zu einer Prüfung die 10 Préludes op. 23 von Rachmaninov. Ich dachte, ich lade euch jede Woche einen Satz daraus hoch und schreibe ein paar Worte dazu. Beginnen möchte ich mit dem vermutlich bekanntesten der Préludes, nämlich dem in g-moll, op. 23 Nr. 5.

Hallo liebe Anne,

mir gefällt sehr deine Interpretation des g-moll Préludes!
Ich liebe Sergei Rachnaninoff! :herz:
Bin schon sehr gespannt auf das Prélude op. 23 Nr. 2! :-)

Viele Grüße, Mario.
 
Zitat: habe ich mich an diesem Stück versucht - mit mäßigem Erfolg.

Hallo Stilblüte, mir gefällt außerordentlich gut, wie Du das schwierige Stück dargeboten hast.
Wenn ich Dein Lehrer wäre, hätte ich gesagt, such Dir jetzt einen anderen, der Dich weiterbringen kann. Behalte aber bei allen Mühen immer im Auge, Musik machen soll auch Dir selbst Freude bringen.
Danke fürs Hochladen
Grüßle vom Piepenpfeif
 
Hallo @Stilblüte , Respekt vor Deiner Einspielung. Das Tempo ringt mir echte Bewunderung ab, aber natürlich auch Deine tolle Interpretation.

Die rechte Hand konnte die Akkorde ganz gut repetieren, die linke nicht. Damals hab ich sie angeschaut und ihr gesagt "Mach es doch einfach wie die Rechte!", aber sie wollte nicht...

Wenn einer Deiner Schüler obiges Problem hätte, wie würdest Du ihm heute raten zu üben? Ich spiele das Stück gerade und in langsameren Tempi (bis ca. 85) kommt die linke noch einigermaßen mit, aber darüber mutieren die 2 Sechzehntel links in der Repetition zu einem "verschlampten" Achtel. Ich glaube sogar, dass ich unbewusst versuche mir Zeit "zu borgen" für den darauffolgenden Sprung. Ich kann das langsam üben, aber das bringt nix, denn das Problem entsteht ja überhaupt erst im schnellen Tempo.
 
die linke noch einigermaßen mit, aber darüber mutieren die 2 Sechzehntel links in der Repetition zu einem "verschlampten" Achtel. Ich glaube sogar, dass ich unbewusst versuche mir
Hast Du mal versucht, die Hände durch eine synchrone Bewegung aneinander zu binden.
Ich empfinde es als erleichternd die 2 Sechzehntel und das folgende Achtel mit einem leicht nach vorne gerichteten Heben des Handgelenks zusammenzufassen.
Außerdem hilft es die Akkorde von unten nach oben zu "bauen'. Also die Gruppe zuerst nur mit dem tiefsten Ton zu üben (am Anfang d-d-d), dann den nächste dazu (dg-dg-dg , natürlich mit Links allein und dem korrekten FS und der zusammenzufassenden Spielbewegung), und dann mit drei und abschließend mit allen vier Tönen.
Ebenso die entsprechenden Stellen, insbesondere die Es-Dur Stelle auf der zweiten Seite oben. Immer von unten nach oben. Gelegentlich von innen nach außen.
Es hilft ebenfalls, die Betonung auf dem Achtel mit einem kräftigen Impuls des Zwerchfells zu unterstützen.
 

Hast Du mal versucht, die Hände durch eine synchrone Bewegung aneinander zu binden.
Ja habe ich, dabei ist mir aufgefallen, dass es immer nur bestimmte Akkorde sind, die nicht so gut "kommen", andere hingegen schon. In jedem Fall hilft das schon mal weiter.
Ich empfinde es als erleichternd die 2 Sechzehntel und das folgende Achtel mit einem leicht nach vorne gerichteten Heben des Handgelenks zusammenzufassen.
Ja, diesen Tipp habe ich auch schon auf YT gesehen. Der KL meint dazu vor allem in der Taste bleiben und nur minimal hochgehen, bis der Ton (am Flügel) wieder angeschlagen werden kann. Tatsächlich fällt mir die nach oben gerichtete Handgelenkbeweung insofern schwer als dann oft der 3. Anschlag wegbleibt.

In jedem Fall Danke für die Tipps. Ich werd' weiter experimentieren.
Übrigens geht das auf meinem Klavier inzwischen besser als am Flügel, weil der Flügel leider immer noch sehr zäh (neu) ist und extrem viel Kraft braucht, die in dem Tempo einfach nicht aufbringen kann.
 
Bei zahlreichen Akkorden bietet es sich an, die Töne anders auf linke und rechte Hand aufzuteilen, um unnötige Handspannungen zu vermeiden. Klanglich macht es keinen Unterschied. Es gelingen dadurch aber die Repetitionen elastischer. Mein alter KL hatte sich die Mühe gemacht, seine auf diese Weise „bearbeitete“ Version in einen lesbaren Notensatz zu bringen. Ich habe mittlerweile sein Placet erhalten, diese Noten weiterzugeben. Wer also Interesse hat, möge sich bitte per PN bei mir melden.
 
Wenn einer Deiner Schüler obiges Problem hätte, wie würdest Du ihm heute raten zu üben?
Es kommt darauf an, wie weit die technischen Fähigkeiten bzw. der Spielapparat generell entwickelt ist. Unter Umständen würde ich raten, das Stück zunächst für einige Zeit beiseite zu legen, so wie es bei mir auch geholfen hat.

Was man hier braucht ist eine sehr spezielle Technik, die nicht so oft vorkommt (und auch je nach Handgröße variiert - kann sein, dass Männer mit größeren Händen das anders lösen als ich). Bei verhältnismäßig schnellen Akkord-Repetitionen, die nicht so lang andauern, kann man die Hand "einstellen", das heißt, in gewissem Maße "fixieren". Ich gebrauche diese Wortwahl sehr vorsichtig, weil man hier wirklich aufpassen muss, nur an den nötigen Stellen und nur für die nötige Zeit und nur im nötigen Maße zu fixieren. Wichtig ist dabei, dass man bereits in der Lage ist, Muskeln und damit Gelenke willentlich in kürzester Zeit zu entspannen und anzuspannen.
Wichtig ist ebenfalls, wo genau fixiert wird, nämlich vor allem in der Mittelhand. Tendentiell ist die Mittelhand weich und Ober- /Unterarm angespannt. Hier brauchen wir exakt das Gegenteil.

Weiterhin hilfreich sein kann die vorgestellte und auch ausgeführte Bewegungsrichtung. Es ist nicht nur ein "Auf und Ab", sondern z.B. auch ein zum-Deckel-hin. Diese Positionsänderungen und Bewegungsrichtungen auf der Taste sind sowieso oft sehr nützlich.

Schließlich würde ich zu verschiedenen Übeansätzen raten und diese ausprobieren, dann entscheiden, welche vermutlich nötig / hilfreich sind. Das könnten sein: Langsam spielen, mittelschnell spielen, schnell spielen, im Originaltempo spielen. Keine Akkorde, sondern nur Oktaven spielen. Hände einzeln spielen. Sehr nützlich vermutlich: Nur wenige Repetitionen (z.B. drei oder vier), die aber im Originaltempo oder nur knapp darunter, mit höchster Konzentration und Perfektion in Bezug auf Spielgefühl und Hinhören. Dazwischen lange (!!) Pause machen, um die Hände komplett zu entspannen.

Nicht verzagen: Diese Stelle ist technisch wirklich anspruchsvoll, wie auch das ganze Prélude. Musikalisch ist es dafür recht leicht zu überblicken und es stellen sich keine komplizierten Denkaufgaben, über denen man Wochenlang grübeln müsste.
 
würde ich raten, das Stück zunächst für einige Zeit beiseite zu legen, so wie es bei mir auch geholfen hat.
Das habe ich schon hinter mit. Es lag fast 1 Jahr, bevor der KL vorgeschlagen hat es wieder auszupacken. In dem Jahr hat er (und ich) daran gearbeitet meinen Anschlag so zu ändern (entspannen), dass es Sinn macht das wieder aufzunehmen. In 14 Tagen darf/soll ich das am Klassenvorspiel vorspielen.

Bei verhältnismäßig schnellen Akkord-Repetitionen, die nicht so lang andauern, kann man die Hand "einstellen", das heißt, in gewissem Maße "fixieren".
Ich habe tatsächlich sehr große Hände und beim Suchen nach der richtigen "Technik" bin ich da auch schon drauf gestoßen, für sehr kurze Zeit die Hand auf dem Akkord zu "verriegeln". Vor einem Jahr konnte ich aber danach eben nicht mehr entspannen mit den entsprechenden Folgen... totale Verkrampfung. Jetzt gelingt die Entspannung - wenn ich daran denke - schon besser, aber es ist noch nicht automatisiert. Vor allem in der Coda kämpfe ich dann nach deutlich über 4 Minuten immer noch mit erheblichen "Ermüdungserscheinungen" :020:

Dazwischen lange (!!) Pause machen, um die Hände komplett zu entspannen.
Genau das hat der KL im letzten Jahr (mit anderen Stücken) "abverlangt". Akkord liegen lassen, langsam bis 4 zählen und in dieser Zeit vollständig entspannen. Nervt, aber ist sehr nützlich, weil man ein sehr gutes Gefühl bekommt "wie stark" die Hand eigentlich schon wieder verspannt ist.

In jedem Fall herzlichen Dank für Deine Übungstipps. Ich werde mal damit "spielen". Wenn ich Zeit finde und Du nichts dagegen hast, Deinen Thread zu "spammen", stelle ich mal ein YT rein auf dem man das "Problem" sehen (und hören) kann.
 
Du kannst auch gerne einen neuen Faden dazu aufmachen mit deiner Einspielung ;-)

Für mich ist dieses Stück inzwischen eine motorische Freude, wenn ich es mal so salopp ausdrücken darf. Die Akkordrepetitionen schüttle ich sozusagen aus dem Arm bzw. ganzen Spielapparat, und habe inzwischen meine Bewegung und Muskelnutzung so fein optimiert, dass es nicht Anstrengend ist, sondern Spaß macht. Ich weiß, das klingt kühn, aber es ist möglich, diesen Zustand zu erreichen. Ich will aber auch ergänzend dazu sagen, dass ich bis zu diesem Punkt wirklich viele tausend Stunden geübt und viele dutzend Stunden sehr guten Klavierunterricht genossen habe, außerdem ca. 10 Jahre älter war als beim ersten Versuch (den ich als musikalischer Amateur, noch vor dem Klavierstudium, unternommen hatte).

Das heißt aber nicht, dass auch mit weniger Üben und weniger Klavierunterricht ein schönes, musikalisches, leidenschaftliches Ergebnis mit diesem Stück gewonnen werden kann.
 

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