Wie soll man sich das konkret vorstellen ? Ist das ein meditativer Zustand, was genau sieht man da im Kopfkino ?
Wie ja bereits gesagt wurde, ist das kein meditativer Zustand. Es ist eine Art "Doppelempfindung". Einem akustischem Reiz wird spontan ein optischer Reiz zugeordnet.
Dieses Farbensehen kann ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Robert Lach (ein Wiener Musikforscher) beschrieb alle 19 Töne der Oktave (also auch die enharmonischen Varianten), alle Dur- und Molltonarten, alle Intervalle und vieles mehr in Farben in den unterschiedlichsten Abstufungen.
Rimski-Korsakow ordnete allen Tonarten unwillkürlich Farben zu, die er angeblich hörte/sah. Die Liste für die Dur-Tonarten sieht bei ihm so aus:
Fis-Dur - grau-grün
H-Dur - blau-bleiern
E-Dur - blau-saphiren
A-Dur - grün-golden
D-Dur - golden-strahlend
G-Dur - zimtfarben-golden
C-Dur - weiß
F-Dur - grün
B-Dur - dunkel-unbestimmt
Es-Dur - grau-blau
As-Dur - violett-grau
Des-Dur - violett
Die Theosophin Helena Blavatsky entwarf in ihrem Werk "Die Geheimlehre" eine diatonische Farb-Ton-Tabelle, die Skrjabin wohl bekannt war.
c - rot
d - orange
e - gelb
f - grün
g - blau
a - Indigo
h - violett
Skrjabins Tabelle enthält sowohl Gemeinsamkeiten, als auch Unterschiede mit der Tabelle Rimski-Korsakows. Dabei hält er sich an das natürliche Farbspektrum, weiß z.B. kommt also bei ihm nicht vor.
Skrjabin ordnet Farben zwar einzelnen Tönen zu, meint aber laut Sabanejew eigentlich die Klangzentren, also einfach gesagt den Dominantseptnonakkord mit tiefalterierter Quinte (bzw. übermäßige Quarte statt Quinte) und großer Sexte des jeweiligen Grundtons, dem Psychologen Charles Myers gegenüber sprach er aber auch von normalen Tonarten, die dieses Farbempfinden bei ihm auslösen.
Skrjabins Tabelle laut Sabanejew sah so aus.
c - rot
g - orange-rosa
d - gelb
a - grün
e - blau-weißlich
h - ähnlich dem e
fis - blau, grell
des - violett
as - purpur-violett
es - stahlartig mit Metallglanz
b - ähnlich es
f - dunkelrot
"Die Farbe unterstreicht die Tonalität; sie macht die Tonalität offensichtlicher.", soll Skrjabin gegenüber Myers geäußert haben.
Interessant ist auch, dass Skrjabin geäußert haben soll, dass nicht alle Kompositionen dieses Farbempfinden in ihm auslösten. So meinte er, dass Beethoven-Sinfonien zu intellektuell im Charakter sind, um Farbwahrnehmungen zu erzeugen.
Die berühmte "Luce"-Stimme hat Skrjabin ja im Prometheus notiert. Das vereinfacht die Aufgabe, den Prometheus harmonisch zu analysieren, da man sich einfach nur ansehen muss, welcher Ton in der "Luce"-Stimme gespielt wird. Damit liegt man fast immer richtig. Skrjabin macht dort übrigens keinen Unterschied in der Oktavlage des jeweiligen Klangzentrums. Ein bisschen verwirrend ist, dass Skrjabin noch eine zweite "Luce"-Stimme notiert hat. Hier wird es dann esoterisch. Die hat er Sabanejew gegenüber theosophisch gedeutet: "Diese Stimme entspricht der Involution und Evolution der Rassen. Am Anfang ist Geistigkeit - blaue Farbe -, dann geht es durch andere zur roten - der Farbe der Materialität -, und kehrt dann wieder zur blauen zurück." Dabei war ihm besonders wichtig, dass es sich um eine Ganztonskala (mit den chromatischen Zwischentönen h, des und eis) aus sieben Tönen (der heiligen Zahl) handelt. Im Prometheus werden also kurz gesagt zwei Farbebenen je nach Realisierungsweise kontrapunktisch oder sich vermischend verwendet.
Erwähnt werden sollte vielleicht noch, dass das Phänomen des Farbensehens trotz mehrere Ansätze wissenschaftlich bislang nicht vollumfänglich verifiziert werden konnte und so auch nie völlig aus dem Verdacht gekommen ist, auf reiner Täuschung oder sogar auf "Wahnsinn" zu beruhen.
Viele Grüße!